Elektronisches SiegelLücke geschlossen
Die Einsatzszenarien für das neue elektronische Siegel sind vielfältig. „Bürger erhalten schneller und einfacher wichtige Behördendokumente und die Geschäftsprozesse von Kommunen werden deutlich effizienter“, sagt Elisabeth Grießl von der Bundesdruckerei. Die Expertin für elektronische Siegel betont, dass Behörden das neue Werkzeug sofort nutzen können – und das bei niedrigen Einstiegshürden und mit hohem Beweiswert vor Gericht.
Den gesetzlichen Rahmen für die elektronischen Siegel legt die eIDAS-Verordnung fest. Zentraler Bestandteil sind Verfahren und Werkzeuge, die für eine sichere elektronische Kommunikation sorgen. Zu diesen so genannten Vertrauensdiensten gehört auch das elektronische Siegel, das eine Lücke in der elektronischen Kommunikation von Verwaltungen schließt. „Um die Herkunft und die Unversehrtheit eines digitalen Dokuments zu bestätigen, gab es bisher nur die elektronische Signatur, nun ist eine Alternative hinzugekommen“, erläutert Grießl. Elektronische Signaturen und Siegel würden aber keineswegs konkurrieren, sondern sich perfekt ergänzen. Signaturen sind immer an Einzelpersonen gebunden, mit ihnen wird eine Willenserklärung abgegeben. E-Siegel hingegen sind auf eine Organisation ausgestellt, sie dienen als Herkunftsnachweis und schützen Dokumente gleichzeitig vor Manipulationen. Elisabeth Grießl beschreibt das folgendermaßen: „Das elektronische Siegel führt den Behördenstempel und das Amtssiegel ins digitale Zeitalter.“
Große Chancen für die Kommunen
Elektronische Siegel bieten nach Meinung der Expertin große Chancen für die Kommunen. Sie ermöglichen erstmals digitale Abläufe für Verfahren, die bisher an die Papierform gebunden waren. Ein typisches Beispiel sind nach Aussage von Elisabeth Grießl Beglaubigungen. Diese zählen zu den stark nachgefragten Behördendienstleistungen. Kommunen müssen dabei eine Abschrift von einem existierenden amtlichen Dokument erstellen, zum Beispiel einer Geburtsurkunde. „Elektronische Siegel sorgen für einen rechtsverbindlichen Nachweis, dass die Zweitschrift auch tatsächlich mit dem Original übereinstimmt und von der zuständigen Behörde kommt“, sagt Grießl.
Zudem können elektronische Siegel Verfahren, die bereits teilweise digitalisiert sind, in durchgängig elektronische Workflows überführen. So kann ein Gewerbe in vielen Gemeinden bereits online angemeldet werden. Die Bestätigung der Gewerbeanmeldung, der Gewerbeschein und die Gebührenrechnung werden jedoch weiterhin per Post zugestellt. Grießl: „Sind alle drei Dokumente elektronisch gesiegelt, lässt sich alles direkt an das E-Mail-Postfach des Antragstellers schicken.“
Außerdem stellen elektronische Siegel Verfahren, die bis dato ungesichert durchgeführt wurden und mit erheblichem Betrugspotenzial behaftet waren, auf eine verlässliche Basis. Das betrifft beispielsweise Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden sowie insbesondere Zeugnisse. „Gefälschte Zeugnisse und Prüfungsnachweise sind in der Praxis leider keine Seltenheit mehr. Gegen solche Betrügereien hilft ein elektronisches Siegel der Schule, der Universität oder der zuständigen Handelskammer“, erklärt Grießl. „So plant beispielsweise die Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft, wichtige Studiendokumente – wie Immatrikulationsbescheinigungen – elektronisch zu siegeln. Studenten können dann über das Web-Portal die entsprechenden Dokumente abrufen. In einer nächsten Phase sollen auch digital erstellte Zeugnisse gesiegelt werden.“
Aufwand und Kosten
In der Behördenpraxis lassen sich elektronische Siegel eigenständig, aber auch in Kombination mit digitalen Signaturen nutzen. Kommunen können etwa ein Formular siegeln und der zuständige Mitarbeiter die Fallbearbeitung durch seine Signatur bestätigen.
Die Anwendungsfälle zeigen das Potenzial des elektronischen Siegels auf. Doch wie hoch sind der technische Aufwand und die Kosten für eine Siegellösung? Und wie sieht die rechtliche Situation für einen Siegeleinsatz aus? „Technisch entspricht ein E-Siegel einer elektronischen Signatur – nur mit dem Unterschied, dass die Zertifikate anders ausgestellt sind: beim Siegel auf eine Organisation, bei der Signatur auf eine Person“, sagt Grießl. Bei aktuellen Lösungen, etwa von der Bundesdruckerei, befindet sich das Organisationszertifikat mit dem kryptografischen Schlüsselpaar auf einer Siegelkarte. Das spart Kosten, weil mehrere Behördenmitarbeiter damit Dokumente siegeln können. Es genügt der Kauf einer Siegelkarte, unabhängig von der Zahl der siegelführenden Personen. Die restlichen Komponenten für den Einsatz sind bereits aus Signaturverfahren bekannt: ein Kartenlesegerät und eine gängige Signatur-Software. Grießl: „Kommunen, die bereits Dokumente signieren, können die vorhandene Infrastruktur aus Hardware und Software auch für das elektronische Siegel nutzen.“
Schwung für E-Government
Als Verordnung ist eIDAS bereits seit September 2014 geltendes Recht in allen EU-Mitgliedstaaten und besitzt damit Vorrang vor nationalen Regelungen. Aktuell wird die Verordnung praktisch umgesetzt, entsprechende Produkte und Lösungen dürfen seit Juli 2016 angeboten werden. Die Signaturrichtlinie auf EU-Ebene ist ebenso aufgehoben wie das deutsche Signaturgesetz, das durch das so genannte Vertrauensdienstegesetz (VDG) ersetzt wurde. „Das VDG ist ein reines Durchführungsgesetz der eIDAS-Verordnung. Wo es sinnvoll war, wurden Inhalte ergänzt und konkretisiert. So wird das E-Siegel im VDG ausdrücklich erwähnt und der Unterschied zur elektronischen Unterschrift klar definiert“, erläutert Elisabeth Grießl.
Dem elektronischen Siegel und allen weiteren Vertrauensdiensten spricht die eIDAS-Verordnung eine starke Rechtswirkung zu. Sie sind grundsätzlich ein Beweismittel in Gerichtsverfahren. Grießl: „Viele Gründe sprechen für einen Siegeleinsatz: Die Technologien sind ausgereift, die rechtliche Grundlage vorhanden und der Nutzen hoch. Kommunen können mit E-Siegel-Lösungen ihren E-Government-Aktivitäten weiteren Schwung geben.“
http://www.bundesdruckerei.de
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