PortaleLust statt Frust
Weit verbreitetet ist die Frustration über das Onlinezugangsgesetz (OZG), etwa über nicht vorhandene EfA-Leistungen. Dennoch erkennen immer mehr Kommunen, dass die Digitalisierung von Dienstleistungen viele Vorteile bringt. Wesentliche Voraussetzung dafür ist ein flexibles und pragmatisches Vorgehen – mit dem richtigen Online-Service für das jeweilige Anliegen.
Lennart Schaer, Leiter der Taskforce Digitalisierung bei der Stadt Hannover, berichtet: „Wir konnten seit Juli 2022 mit dem Go-live unseres neuen Serviceportals die Auffindbarkeit unserer Dienstleistungen im Netz massiv verbessern. Mit dem Ziel, unsere User möglichst schnell zu den passenden Online- oder Offline-Dienstleistungen zu führen, haben wir die Relevanz unseres Online-Dienstleistungsangebots seitdem kontinuierlich und messbar gesteigert. So hat nach den ersten zehn Monaten knapp eine Million Besucher den Weg auf unser Serviceportal gefunden.“
Die niedersächsische Landeshauptstadt setzt wie mittlerweile mehr als 250 Kommunen auf NOLIS | Rathausdirekt als Datendrehscheibe für Dienstleistungsangebote, Online-Services und damit verknüpfte Basisleistungen.
Nahe an der Praxis
„Unsere mehr als 20-jährige Erfahrung beim Aufbau inhaltsreicher Kommunalportale sowie die damit verbundene umfassende Erfahrung in der Administration beispielsweise von Dienstleistungen haben sich als unschätzbarer Vorteil erwiesen“, resümiert David Jauch, Leiter Projektmanagement und Kundenbetreuung bei Nolis. Er fügt hinzu: „Wir haben über viele Jahre gelernt, was in Verwaltungen bei der Realisierung von Online-Angeboten wichtig ist. Das hat unsere Vorgehensweise beim OZG stark beeinflusst. Nahe an der Praxis und nicht dominiert von dem Willen, zwingend eine völlig neue Lösung aus dem Boden zu stampfen.“
Ähnlich wie Hannover gehen auch andere Kommunen vor. Getreu dem Motto übersichtlich und informativ startete im August 2022 das neue Serviceportal der Stadt Oldenburg, ebenfalls umgesetzt mit NOLIS | Rathausdirekt. Frank Hinrichs, Leiter des Büros des Oberbürgermeisters, sagt: „Uns war und ist es wichtig, den Nutzenden einen direkten, leicht verständlichen Einstieg in die städtischen Dienstleistungen zu bieten. Da hilft eine zentrale Suche mit Vorschlagsfunktion. Und ein übersichtliches Layout, das natürlich auch mobil gut funktioniert.“
Priorisierung der Dienste oft nicht möglich
Viele Kommunen haben mittlerweile erkannt, dass bei der OZG-Umsetzung und der Digitalisierung eine praxisorientierte und auf Wirtschaftlichkeit bedachte Vorgehensweise Erfolg verspricht. Dies betont unter anderem Dörthe Wilhelms, Abteilungsleiterin Digitalisierung und zentrale Projekte beim Kreis Helmstedt: „Als finanzschwacher Landkreis müssen wir bei jedem Prozess auch auf die Wirtschaftlichkeit achten. Eine Priorisierung durch uns, also welcher Prozess für Bürgerinnen, Bürger und Verwaltung einen echten Mehrwert bringt, ist in vielen Fällen leider nicht möglich. So sind wir beispielsweise durch die EU-DLR verpflichtet, etwa 40 Dienstleistungen anzubieten, die sehr geringe bis gar keine Antragszahlen haben.“ Dörthe Wilhelms ergänzt: „Das sorgt bei den Mitarbeitern für wenig Verständnis, wenn man betrachtet, dass es Bereiche gibt, in denen die Antragszahlen – beispielsweise beim Wohngeld – explodieren und dringend Arbeitserleichterung durch digitalisierte Antragsstrecken notwendig wäre.“
Die grundlegende Frage ist in nahezu allen Kommunen, wie Online-Services bereitgestellt werden können. Christian Schumacher, OZG-Consultant bei Nolis sagt: „Es gilt, für jeden Prozess den richtigen Online-Service auszuwählen. Das können ein Einer-für-Alle (EfA)-Dienst oder ein anderes Web-Formular sein, aber auch das Front End eines bewährten Fachverfahrens. Der frühere Ansatz, alles über den gleichen Weg zu lösen, hat sich als teure Sackgasse erwiesen.“
Formulare in Eigenregie erstellt
Das haben auch viele Kommunen erkannt. Dazu Dörthe Wilhelms vom Landkreis Helmstedt: „Eine große Herausforderung ist die Auswahl der Online-Services. Bei geringen Fallzahlen, einfachen Prozessen oder einem nicht vorhandenen Fachverfahren setzen wir gerne auf die Lösung von Nolis, mit der wir unsere Anträge mithilfe des Formular-Editors selbst bauen. Des Weiteren setzen wir auf die Anträge, die uns momentan noch kostenlos über das NAVO (Niedersächsisches Antragsverfahren Online) bereitgestellt werden (wir berichteten).“ Ähnlich geht man in Oldenburg vor. Grundlage der Antragsassistenten ist Form Solutions – die Formulare werden bei der Stadt in Eigenregie erstellt – aber auch andere Lösungen, wie NAVO oder der NOLIS | Formular-Editor, werden genutzt.
Bei den Formularen setzen viele Verwaltungen auf interkommunale Kooperation. Partho Banerjea, CIO der Gemeinde Neu Wulmstorf, erläutert: „Einzelne Kommunen waren und sind schlichtweg überfordert damit, eigenständig Formulare zu erstellen und einzubauen.“ Mit der interkommunalen Tauschbörse, einer auf Kundenwunsch von Nolis bereitgestellten Plattform, in der Formulare nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit bereitgestellt werden können, sieht Partho Banerjea die Gemeinde Neu Wulmstorf auf einem guten Weg, die OZG-Angebote kontinuierlich erweitern zu können.
EfA-Leistungen sind Mangelware
Gute Angebote sorgen für steigende Nutzung. Das zeigt sich in allen Kommunen. Lennart Schaer präsentiert Zahlen der Stadt Hannover: „Seit Ende 2021 haben wir neben der Nutzung von Fach-Software und EfA einen eigenen Formularservice etabliert. Hier konnten wir eine rasante Steigerung der Relevanz für unsere Kundinnen und Kunden verzeichnen. Im Schnitt produzieren wir zwei neue smarte Antragsassistenten pro Monat und haben seit Januar 2022 nun bereits über 14.000 Antragseingänge auf diesem Kanal erhalten.“
Unisono kritisch gesehen wird das Angebot an EfA-Leistungen, sie werden als Mangelware eingestuft. „Mit Spannung verfolgen wir, wann EfA-Angebote verfügbar sind, denn da besteht sicherlich Nachholbedarf“, meint Kai de Barse, Stellvertretender Leiter des Fachdiensts Informations- und Kommunikationstechnik und Projektleiter OZG bei der Stadt Oldenburg, und drückt damit aus, was vielerorts gedacht wird.
Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Weiterverarbeitung der über Online-Services eingehenden Daten. Hedda Rosenboom, Leiterin des Amts für Personal- und Verwaltungsmanagement in Oldenburg, sagt: „Das städtische Ziel, die Daten im Idealfall direkt in Fachverfahren laufen zu lassen, um den digitalen Prozess komplett umzusetzen, ist von vielen Variablen abhängig. Und die können wir leider nicht immer beeinflussen.“
Noch lange nicht am Ziel
Dass der Weg noch lange nicht zu Ende ist, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Beispielhaft drückt dies Frank Hinrichs von der Stadt Oldenburg aus: „Wir planen in diesem Jahr Ausbaustufen mit eID, der BundID und einer Schnittstelle zum städtischen DMS. Insgesamt hat sich im Kontext OZG und Digitalisierung der Austausch mit den anderen Kommunen in Niedersachsen als besonders wertvoll erwiesen.“
https://serviceportal.hannover-stadt.de
https://serviceportal.oldenburg.de
https://www.landkreis-helmstedt.de
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