E-BeschaffungMeilenstein erreicht
Kein abgestimmtes Regelwerk, eine Vielzahl von Vergabeplattformen und komplizierte Prozesse, um an öffentlichen Vergabeverfahren teilzunehmen: Das war bis vor Kurzem noch die Realität für den öffentlichen Einkauf in Deutschland und vielen europäischen Mitgliedstaaten. Das führte zu hohen operativen Aufwänden bei Bietern und Vergabestellen sowie zu einer schlechten Qualität der erfassten Daten, wodurch diese nicht hinreichend für Auswertungen genutzt und Optimierungspotenziale nicht ausgeschöpft werden konnten.
Ein wesentlicher Schritt, um diese Hürden für den öffentlichen Einkauf zu überwinden, war die Einführung des Standards eForms auf Grundlage der EU-Durchführungsverordnung zu digitalen Bekanntmachungsformularen. Die Regelung verpflichtet seit dem 25. Oktober 2023 dazu, alle Bekanntmachungsformulare in Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte digital und standardisiert an die europäische Ausschreibungsplattform Tenders Electronic Daily (TED) zu übermitteln. Als nationaler TED-eSender – und gleichzeitig als Dreh- und Angelpunkt für die Beschaffungs-/Vergabestellen sowie für Bieter – fungiert der Datenservice Öffentlicher Einkauf (DÖE).
Fristgerecht eForms-ready
Der Online-Dienst DÖE wurde als Kooperationsprojekt des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI), des Beschaffungsamts des BMI (BeschA) und der Freien Hansestadt Bremen umgesetzt. Peter Büsing, Koordinator des Umsetzungsprojekts Vergabe bei der Freien Hansestadt Bremen, erklärt: „Bei der Digitalisierung eines komplexen Vorhabens wie dem öffentlichen Beschaffungs- und Einkaufsprozess hat sich gezeigt, dass der Einsatz von digitalen Standards ein wesentlicher Erfolgshebel ist. Standards schaffen Verlässlichkeit und Transparenz – nicht nur national durch die Harmonisierung der Beschaffungsprozesse auf Bund-Länder-Ebene, sondern auch EU-weit.“
Am 1. Oktober 2023 wurde das Umsetzungsprojekt offiziell abgeschlossen, die fachliche und technische Verantwortung für den Datenservice Öffentlicher Einkauf ist damit offiziell an das BeschA übergegangen. „Mit der erfolgreichen Umsetzung der digitalen Standardformulare für EU-weite Bekanntmachungen sind Bund, Länder und Kommunen fristgerecht eForms-ready. Ein wichtiger Schritt für einen strategischen Beschaffungsprozess, denn einheitliche Standards sind die Grundlage für die verlässliche Auswertung und verantwortungsvolle Nutzung von Daten, um einen transparenten und nachhaltigen, aber auch innovativen Beschaffungsprozess zu ermöglichen“, so Frank Schmitz, Leiter der Abteilung Beschaffungsmanagement und Zentrale Dienste des BeschA. „Als Nächstes steht die Verarbeitung unterschwelliger Vergaben im Format eForms-DE ganz oben auf der Agenda, was zu einer noch breiteren Datenbasis führt und so neue Möglichkeiten der Datenanalyse eröffnet.“
Service besteht aus fünf Komponenten
Der DÖE ist eine Kombination aus fünf Komponenten: dem Vermittlungsdienst, dem Bekanntmachungsservice, dem eSender-Hub, einem Redaktionssystem und einem Self-Service-Portal. Der Vermittlungsdienst validiert alle eingehenden Bekanntmachungsdokumente, die Vergabesysteme entweder über das Peppol-Netzwerk oder per RESTSchnittstelle einliefern können. Anschließend werden Oberschwellenformulare zwecks Weiterleitung an die TED-Plattform an den eSender-Hub geschickt, nachdem sie dort in das eForms-Format der EU konvertiert wurden. Nach Veröffentlichung auf TED leitet der eSender-Hub die Oberschwellenformulare an den Bekanntmachungsservice weiter. Unterschwellenformulare sendet der Vermittlungsdienst direkt an den Bekanntmachungsservice.
Dieser publiziert Ober- und Unterschwellenformulare. Hierfür wurde eine Web-Oberfläche erstellt, auf der Bieter und Interessenten nach allen veröffentlichten Bekanntmachungen suchen können. Vereinfacht wird die Suche durch umfangreiche Filtermöglichkeiten. Über einen Link in der Bekanntmachung gelangen Bieter direkt zum Vergabeverfahren auf der jeweiligen Plattform des Vergabesystems. TED-eSender können Bekanntmachungsdokumente als strukturierte Dateien im Standard eForms an das Amt für Veröffentlichungen senden. Hierfür ist zunächst ein Qualifizierungs- und Testverfahren zu bestehen.
Zugang für Bieter wird erleichtert
Der DÖE kombiniert somit das Ziel der standardbasierten Einführung von eForms in Deutschland und die Schaffung eines vereinfachten Zugangs für Bieter zur öffentlichen Beschaffung. Unternehmen müssen also künftig nicht mehr eine Vielzahl von Vergabeplattformen durchsuchen, um relevante Ausschreibungen zu finden und an ihnen teilzunehmen. Die kürzlich erfolgte Anpassung der Vergabeverordnung führt dazu, dass Vergabestellen ihre Oberschwellenformulare seit dem 25. Oktober 2023 im neuen Standard eForms-DE direkt an den DÖE senden müssen. Diese werden an TED weitergeleitet sowie über den Nationalen Bekanntmachungsservice (BKMS) zentral publiziert und können dort von Bietern gesucht und abgerufen werden.
Als zentrale Stelle für die Kommunikation mit der europaweiten TED-Plattform dient der eSender-Hub zur Veröffentlichung von EU-weiten Ausschreibungen. Er konvertiert die Bekanntmachung vom eForms-DE in das notwendige eForms-EU-Format und übermittelt diese an TED. Außerdem liefert der eSender-Hub die vom Vermittlungsdienst bereitgestellten oberschwelligen Bekanntmachungen an den Bekanntmachungsservice. Das Redaktionssystem ist ein Angebot für Vergabestellen und für Dienstleister von öffentlichen Auftraggebern oder Zuwendungsempfängern, die kein elektronisches Vergabesystem nutzen. Damit werden Bekanntmachungen zu europaweiten Vergabeverfahren erfasst, bearbeitet und korrigiert, um sie an das Amt für Veröffentlichungen der EU versenden zu können. Zudem ist das Zurückziehen eines Verfahrens möglich. Das Self-Service-Portal wiederum stellt weiterführende Informationen für Vergabestellen, Fachverfahrenshersteller und Wirtschaftsunternehmen im Kontext des Datenservices und der eForms-Umstellung in Deutschland bereit.
Effizienter und transparenter
Der Datenservice Öffentlicher Einkauf sowie die Einführung von eForms bedeuten einen enormen Schritt für die Verwaltungsdigitalisierung: Durch verbindliche Standards, effiziente Abläufe und nutzeroptimierte Oberflächen wird die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen unkomplizierter und weniger aufwendig, wodurch auch Start-ups und KMU größere Chancen haben, erfolgreich an Vergabeverfahren teilzunehmen. Gleichzeitig verbessert sich durch die Erfassung der Vergabedaten in einheitlichen Datenfeldern die Qualität der Daten erheblich, wodurch Vergabeprozesse nicht nur effizienter, sondern auch transparenter werden. Zudem lässt sich aus den erfassten Daten eine Vielzahl wertvoller Informationen ableiten, die als Grundlage für bestmögliche Einkaufsentscheidungen und andere strategische Erwägungen dienen. Eine verbesserte Datengrundlage kann auch den Weg für Innovationen in der Welt der Beschaffung ebnen, beispielsweise für KI-gestützte Beschaffungsprozesse oder Vorhersagemodelle, die Bedarf und Beschaffungsanforderungen voraussagen und so präzise Planungen, Echtzeitreaktionen und Kostenanalysen ermöglichen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März 2024 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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