Donnerstag, 5. Dezember 2024

ErfurtMeilensteine erreicht

[09.09.2021] Bereits 2014 schrieb die Stadt Erfurt ein Dokumenten-Management-System aus. Den Zuschlag erhielt die E-Akte-Lösung von Anbieter Ceyoniq Technology. Dem Ziel einer digitalen Verwaltung ist die Kommune damit ein gutes Stück nähergekommen.
Rathaus Erfurt: Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung.

Rathaus Erfurt: Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung.

(Bildquelle: Stadtverwaltung Erfurt)

Es ist Zeit, die Digitalisierung anzugehen: Diese Erkenntnis war bei der Stadtverwaltung Erfurt bereits gereift, als die Thüringer Landesregierung im Mai 2014 eine Strategie für E-Government und IT des Freistaats beschloss. Denn schon zuvor hatten in Erfurt sowohl interne als auch externe Anforderungen des Öfteren den Wunsch nach einer elektronischen Aktenführung geweckt. Also schrieb die Stadt noch im Jahr 2014 ein Dokumenten-Management-System (DMS) aus. Den Zuschlag erhielt das Unternehmen Ceyoniq Technology mit seiner E-Akte-Lösung nscale. Heute hat die Stadt Erfurt wichtige Meilensteine auf dem Weg zur digitalen Verwaltung erreicht.
Welch großen Wert digitale Prozesse haben, wurde nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie deutlich. „Durch die Pandemie und die damit verbundene Notwendigkeit, im Homeoffice zu arbeiten, hat sich die Aufgeschlossenheit für unser Digitalisierungsprojekt noch einmal erhöht“, bestätigt Tarek Unger. Er ist Sachgebietsleiter DV-Organisation und verantwortlich für Fachverfahren sowie den technologischen Part der Digitalisierung bei der Stadtverwaltung Erfurt. Gemeinsam mit Cliff Hering, der die Fachverfahren technologisch sowie organisatorisch betreut, ist er für die Einführung der E-Akte-Lösung in seiner Behörde zuständig.

Beim Start des Projekts, Corona noch kein Thema

Die Kommune führte nscale schrittweise ein. So wurden zunächst diejenigen Fachbereiche ausgerüstet, in denen aufgrund der technologischen Voraussetzungen und einer großen Offenheit der Anwender eine einfachere Implementierung möglich war. Diese Bereiche konnten in der Krise im Homeoffice ganz normal arbeiten. Alle nötigen Informationen waren dank E-Akte verfügbar. Fachbereiche, die zu diesem Zeitpunkt noch analog arbeiteten, durften zum Teil aus Datenschutzgründen die physischen Akten nicht zwischen Homeoffice und dem Sitz des jeweiligen Amts hin- und hertransportieren. „Spätestens da wurde vielen klar: Auch mein Fachbereich muss die Digitalisierung angehen“, berichtet Unger.
Beim Start des Erfurter Projekts war die Corona-Pandemie jedoch noch kein Thema. Vielmehr ging es darum, Bürgern und Mitarbeitern der Stadt die Vorteile digitaler Prozesse bieten zu können. „Zudem konnte man davon ausgehen, dass die Einhaltung des Thüringer E-Government-Gesetzes künftig auch eine Anforderung an die Kommunen sein würde“, so Unger. Ziel der Stadt Erfurt war daher die Einführung einer standardisierten verwaltungsübergreifenden Lösung zur Aktenablage mit digitaler Ablaufsteuerung vom Posteingang über die Schriftgutverwaltung und Sachbearbeitung bis hin zur gesetzeskonformen Archivierung. „Wir haben eine Lösung gesucht, die eine große Schnittstellenoffenheit besitzt. Sie sollte einfach erweiterbar und an die Anforderungen anpassbar sein, die in der Behörde gegeben sind.“ Diese Möglichkeiten erfüllt nscale.

Quintessenz der Verwaltungsarbeit

Eingeführt wurden zunächst die Basisdienste E-Akte, Umlaufmappe und Postbücher. Die Verknüpfung der Basisdienste legt den Grundstein für eine medienbruchfreie Verwaltungsarbeit. Mit dem Basisdienst können viele standardmäßige Vorgänge in den einzelnen Ämtern ausgeführt werden. „Das ist sozusagen die Quintessenz der Verwaltungsarbeit, die wir jedem zur Verfügung stellen müssen.“ Als eine der größten Herausforderungen bei der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen bezeichnet Sachgebietsleiter Tarek Unger den Individualisierungsbedarf der jeweiligen Anwender. „Man kann nicht davon ausgehen, dass jedes Amt mit der Standardlösung arbeitet. Es geht aber auch nicht, dass für jedes Amt individuelle Programmierungen vorgenommen werden. Das ist zu aufwendig und behindert die Interoperabilität.“
Deshalb wird jeweils geprüft, ob eine bestimmte Anforderung generalisiert und in allen oder vielen Fachbereichen eingesetzt werden kann. Ist das der Fall, wird die Funktion als so genannter Zusatzdienst zur Verfügung gestellt. Eine neue Programmierung ist nicht nötig. Ein einfaches Beispiel ist der Aktenzeichengenerator: Da nicht jeder Fachbereich Aktenzeichen nutzt, schalten nur diejenigen Fachbereiche diese Funktion frei, die sie benötigen.
Für nscale sprach bei der Lösungswahl auch die große Schnittstellenoffenheit zur Anbindung von Fachanwendungen und Drittsystemen. Um den Bürgern die Kommunikation mit der Verwaltung zu erleichtern, können bestimmte Anliegen online über Formulare erledigt werden. Der dafür benötigte Formular-Server ist per Schnittstelle an nscale angebunden, sodass die Dokumente medienbruchfrei digital veraktet werden können. Gleiches gilt für die von der Stadt Erfurt genutzte Cloud-Lösung, die ebenfalls mit dem DMS verknüpft ist. So können Dokumente, die in nscale verwaltet werden, öffentlich zugänglich gemacht werden, ohne den externen Zugriff auf das System zu erlauben.

Ein ganzer Aktenschrank, den man mal eben einspart

Einen schon heute deutlich sichtbaren Effekt hat die Anbindung an das rechtssichere Langzeitarchiv. Das macht sich speziell im Bauamt bemerkbar. Hier fallen viele Dokumente an, die archiviert werden müssen. Deshalb existieren im Erfurter Bauamt fünf Räume allein für die Aufbewahrung der papierbasierten Aktenordner. Das ändert sich aktuell, da die Behörde mit dem ersetzenden Scannen nach TR-Resiscan begonnen hat. Die Unterlagen zu einem großen Möbelhaus beispielsweise füllten zuvor rund 90 Papierordner, die nun digitalisiert sind. „Das ist im Prinzip ein ganzer Aktenschrank, den man mal eben einspart“, freut sich Cliff Hering. Beim Scannen wird ein Behördensiegel, eine so genannte qualifizierte elektronische Signatur, aufgebracht, bevor das Dokument veraktet und archiviert wird. Eine andere Herausforderung stellt das Change Management dar. Hierbei ist die Unterstützung der Führungskräfte von großer Bedeutung. „In den Fachbereichen, in denen die Bereitschaft zum Digitalisieren besonders hoch war, standen die Vorgesetzten von Anfang an hinter dem Projekt“, betont Hering. Wichtig sei es, die Betroffenen mit ins Boot zu holen. „Meldet ein Fachbereich einen Bedarf an, vereinbaren wir zunächst einen Beratungstermin, an dem die Vorgesetzten, die IT-Verantwortlichen und die Key User des Fachbereichs teilnehmen.“ Im Zuge der Einführung werden letztere gesondert geschult, sodass sie anschließend die Kollegen anleiten können. Ergänzend gibt es digitale Einführungskurse, die teils ausführlich das Programm erklären und teils nur kurze Vorgänge zeigen. Letztere dienen dazu, noch nicht eingewiesenen Mitarbeitern einen Überblick über die Verwendung der Software zu verschaffen und mögliche Ängste und Vorbehalte abzubauen.
„Um von Anfang an eine möglichst hohe Akzeptanz zu erreichen, haben wir viele Begriffe aus den analogen, papierbasierten Prozessen ins Digitale übertragen. Wir wollten ein Produkt, das wir möglichst einfach anpassen können. Heute können wir sagen: Was wir bisher umgesetzt haben, funktioniert gut“, sagt Cliff Hering.
Die Einführung einer E-Akte-Lösung in der Stadtverwaltung Erfurt war von Anfang an als langfristiges Projekt geplant. Die Ergebnisse zeigen, dass das schrittweise Vorgehen richtig war.

Philipp Laufenberg ist Redakteur für Technologie- und IT-Themen in Bonn.




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