Dienstag, 12. November 2024

HeidelbergMit Lumi in die Zukunft

[16.02.2023] Bei ihren Dienstleistungen achtet die Stadt Heidelberg auf Bürgernähe. Im Jahr 2022 sind mit dem virtuellen Bürgeramt und der künstlichen Assistenz Lumi zwei prominente Beispiele für eine umkomplizierte Abwicklung von Online-Services an den Start gegangen.
Vom Modell zur virtuellen KI-Assistenz: Lumi.

Vom Modell zur virtuellen KI-Assistenz: Lumi.

v. l. : Heidelbergs Oberbürgermeister ­Eckart Würzner; Jonas Andrulis, CEO und Gründer von Aleph Alpha

(Bildquelle: Stadt Heidelberg)

Bürgernah, unkompliziert und effektiv – nach dieser Devise arbeitet die Stadt Heidelberg stetig am Ausbau ihres Dienstleistungsangebots. Zwei Projekte stachen 2022 dabei besonders hervor: das virtuelle Bürgeramt und die künstliche Intelligenz (KI) Lumi. Als kleine Rathäuser vor Ort bieten die Heidelberger Bürgerämter der Bevölkerung einen umfassenden, persönlichen Service. Was die Stadt am Neckar 1992 als weltweites Leuchtturmprojekt startete, hat inzwischen Schule gemacht. Heute bietet die Technik neue Möglichkeiten, den Bürgerservice weiter zu verbessern und näher an die Stadtgesellschaft zu bringen. In der jüngsten Außenstelle der Heidelberger Stadtverwaltung, dem Bürgeramt Virtuell, ist sogar das persönliche Gespräch mit einem Sachbearbeiter oder einer Sachbearbeiterin möglich, ohne sich auf den Weg ins Amt zu machen (wir berichteten). Einzige Voraussetzung ist ein internetfähiges Endgerät mit Kamera und Mikrofon. Termine können unter termin.heidelberg.de gebucht werden.
Oberbürgermeister Eckart Würzner sagt: „Die Digitalisierung kann uns dabei helfen, unsere Dienstleistungen passgenau auf die individuellen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zuzuschneiden. Dazu gehört auch die unkomplizierte Erreichbarkeit unserer Bürgerämter per Video-Call. Was für den einen ein bequemer Weg ist, seine Anliegen zu klären, bedeutet für den nächsten einen wichtigen Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe. Gemeinsam mit vielen Partnerinnen und Partnern treiben wir die Entwicklung zur digitalen Stadt aktiv voran. Dabei ist es uns besonders wichtig, alle Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitzunehmen.“

Einfacher für die Bürgerinnen und Bürger

Zu den Leistungen des virtuellen Bürgeramts zählen An- und Ummeldungen bei einem Wohnungswechsel sowie Abmeldungen bei einem Umzug ins Ausland. Zudem können Melde- und Aufenthaltsbescheinigungen beantragt sowie Auskünfte aus dem Einwohnermelderegister eingeholt werden. Ebenso lassen sich Führungszeugnisse online ausstellen. Wer einen Heidelberg-Pass/Heidelberg-Pass+ oder Landesfamilienpass beantragen möchte, kann dies ebenfalls virtuell tun und bekommt den Pass im Anschluss an das Gespräch per Post zugeschickt. Auch Bewohnerparkausweise oder Schwerbehindertenparkausweise erhalten Bürgerinnen und Bürger künftig unkompliziert im Bürgeramt Virtuell.
An seine Grenzen stößt das Bürgeramt Virtuell derzeit noch, wenn Fingerabdrücke gescannt werden müssen, etwa beim Antrag auf einen Reisepass. „Entsprechende Lesegeräte für Fingerabdrücke haben die allerwenigsten zu Hause, weshalb wir diesen Teil unserer Dienstleistungen noch nicht digital anbieten können“, erklärt Bernd Köster, Leiter des Bürger- und Ordnungsamts der Stadt Heidelberg. „Eine Beratung, etwa zu Personalausweis oder Reisepass, ist natürlich trotzdem im virtuellen Bürgeramt möglich. Dadurch wird die Zeit für den Antrag vor Ort für die Bürgerinnen und Bürger immerhin verkürzt.“ In den Bürgerämtern in den Stadtteilen stehen obendrein Selbstbedienungsterminals samt Fingerabdruck-Scanner und Kamera für ein biometrisches Passfoto bereit, sodass Lichtbildausweise oder Reisepässe auf Wunsch unkompliziert selbstständig beantragt werden können (wir berichteten).

KI Made in Europe

Neben konkreten Verwaltungsdienstleistungen bietet Heidelberg auf seiner Website umfangreiche Informationen über das Leben in der Stadt, Veranstaltungen oder politische Entscheidungen an. Um den Bürgerinnen und Bürgern die Navigation in diesem Informationsangebot zu erleichtern, erprobt die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Bevölkerung aktuell die KI Lumi. Dabei handelt es sich um ein Assistenzsystem, das dank innovativer künstlicher Intelligenz Made in Europe eine völlig neue Interaktion mit der Stadt ermöglichen soll – ganz bequem per Chat-Fenster auf der Startseite von www.heidelberg.de. Nach einer umfassenden internen Testphase hat die Stadt die Bevölkerung ins Boot geholt. Wie bereits bei der Namensfindung – der Name Lumi wurde im Rahmen eines Wettbewerbs aus 70 Einsendungen von Bürgerinnen und Bürgern ausgewählt (wir berichteten) – freut sich die Stadt weiterhin über rege Beteiligung. Je mehr Gespräche Lumi führt, desto besser können die Fähigkeiten der Bürgerassistenz werden. Im Hintergrund arbeiten das Amt für Digitales und Informationsverarbeitung sowie die Entwickler von Aleph Alpha stetig an neuen Funktionen.
„Mit Lumi geht die Stadt Heidelberg zusammen mit Aleph Alpha einen mutigen Schritt in die Zukunft und erprobt eine völlig neue, zukunftsweisende Technologie in der Praxis (wir berichteten)“, sagt Oberbürgermeister Würzner und ergänzt: „Dabei ist es uns besonders wichtig, die Heidelbergerinnen und Heidelberger auf diesem Weg mitzunehmen und mit ihnen zusammen auszuloten, wohin sich das Projekt entwickelt. Schon jetzt verfügt unsere KI-Assistenz über beeindruckende Fähigkeiten, aber auch ebenso viel Potenzial.“

Erst Smalltalk, dann maßgeschneiderte Antwort

Lumi unterstützt beispielsweise bei Behördengängen und weiß, wie man seinen Wohnsitz innerhalb Heidelbergs ummeldet oder wann die Papiertonne abgeholt wird. Zu diesem Zweck greift die künstliche Intelligenz auf öffentlich verfügbare Informationen der Stadt zurück, um bei jedem Anliegen eine möglichst maßgeschneiderte Antwort geben zu können. Damit Lumi verstehen lernt, was die Heidelbergerinnen und Heidelberger genau interessiert und auf welche Weise sie Anliegen formulieren, muss die KI Erfahrungen sammeln – und das klappt am besten im Gespräch mit den Nutzerinnen und Nutzern. Als Basis für Lumi dienen KI-Sprachmodelle, die das 2019 in Heidelberg gegründete Unternehmen Aleph Alpha entwickelt hat. Damit können große Datenmengen schnell ausgewertet und aufbereitet sowie bürokratische oder juristische Sprache zusammengefasst, strukturiert und in leicht verständliche Alltagssprache übersetzt werden. Nominiert für die Forschung an der „KI der nächsten Generation“ zählte Aleph Alpha 2022 zu den drei Finalisten des Deutschen Gründerpreises.
Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Chatbot ist Lumi in der Lage, ganz individuell auf die Fragen der User einzugehen und eine maßgeschneiderte Antwort zu liefern. „Eine anfangs etwas ungewohnte, aber eigentlich sehr angenehme Besonderheit von Lumi ist es, dass man die besten Informationen bekommt, wenn man wirklich ein Gespräch in ganzen Sätzen aufnimmt“, erklärt Manfred Leutz, Leiter des Amts für Digitales und Informationsverarbeitung: „Lumi ist keine Stichwortsuchmaschine, der man ein paar Brocken hinwirft, sondern verarbeitet dank der komplexen KI im Hintergrund den ganzen Kontext einer Frage. Lumi beherrscht auch Smalltalk. Wer möchte, kann mit der KI ruhig ein wenig plaudern.“

Lumi lernt laufend dazu

Während Lumi dazulernt, muss natürlich auch die Technik im Hintergrund auf dem Laufenden gehalten werden. „Der Wechsel von einem Thema zum nächsten ist ein Aspekt, an dem wir aktuell noch verstärkt feilen“, berichtet Philipp Lechleiter, Abteilungsleiter Digitale Stadt beim Amt für Digitales und Informationsverarbeitung. „Unterhält man sich zum Beispiel eine Weile mit Lumi über Konzertveranstaltungen am Wochenende und will dann plötzlich eine Umweltplakette fürs Auto haben, kann die künstliche Intelligenz noch etwas durcheinanderkommen.“

Sascha Balduf ist Redakteur im Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Heidelberg.




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