LecosMit Verständnis gestalten
Herr Kühne, zum 1. Juli 2015 hat Lecos eine neue Organisation aufgesetzt. Was hat den Anstoß gegeben?
Der Markt und die Kundensituation haben sich verändert. War es vor zehn Jahren noch ein Highlight, wenn die Verwaltungsmitarbeiter einen neuen PC bekommen haben, bedeutet das heute vor allem eine unerwünschte Arbeitsunterbrechung. Früher traten die Kunden mit genauen Lösungswünschen an den IT-Dienstleister heran. Heute können die Ämter ihre Probleme oft nicht genau definieren, weshalb der IT-Dienstleister anhand ihrer Anforderungen zu einer Lösung beraten muss. Deshalb haben wir vor zwei Jahren das Projekt Neuausrichtung gestartet.
Wie sah die Organisation vor der Neuausrichtung aus?
Lecos wurde im Jahr 2001 als IT-Dienstleister der Stadt Leipzig mit einer Mehrheitsbeteiligung des Unternehmens IBM gegründet. Eineinhalb Jahre später kam es wieder zur Trennung – es hatte sich gezeigt, dass ein großer Konzern die für eine Kommune erforderliche IT-Vielfalt und Feingliedrigkeit nicht wirtschaftlich erbringen kann. Lecos wurde zur 100-prozentigen Tochter der Stadt Leipzig. Die mit IBM umgesetzte Strukturierung ist dem IT-Dienstleister allerdings geblieben: Es gab einen Großrechner und eine Server-Farm, eine Anwendungsentwicklung und das Kunden-Management. Aber heute brauchen eigentlich fast alle Projekte ein bisschen was aus all diesen Bereichen. Die Umsetzung solcher Projekte hatte dann bislang hohe interne Organisationsaufwände zur Folge.
Wie wurde die neue Organisation erarbeitet?
Uns war wichtig, dass wir diesen Weg mit allen und von innen heraus gehen. Anstatt von oben eine Struktur zu verordnen, habe ich deshalb gezielt Mitarbeiter aus der Belegschaft gefragt, ob sie in einem Veränderungsteam mitarbeiten möchten. Dieses Team hat Lecos auf allen Ebenen kritisch hinterfragt und Themen abgeleitet, an denen wir schrauben müssen. Auch für deren Bearbeitung wurden Teams aus den Reihen der Mitarbeiter gebildet. Letztere haben beispielsweise geklärt, wie unsere IT-Services auf der Basis einer einheitlichen Grundstruktur abgebildet oder unsere Prozesse neu organisiert werden können, insbesondere ein ganzheitlicher Auftragsprozess. Auch Themen wie die Kommunikation, die Unternehmenskultur und der Umgang miteinander haben uns beschäftigt.
Was hat sich geändert?
Es hat sich gezeigt, dass Lecos eine andere Art von Serviceverantwortung erarbeiten muss. Diese neue Serviceverantwortung sollte agiler und mit mehr Eigenverantwortung gestaltet werden. Aus der konsequenten Anwendung des IT-Service-Modells entstanden deshalb Bereiche, die vollumfänglich für bestimmte Services verantwortlich zeichnen. Der Servicebereich Finanzmanagement beispielsweise befasst sich mit allen Services, die für das Finanzwesen relevant sind. Ihm gehören Anwendungsentwickler ebenso an wie Fachberater und Mitarbeiter mit Datenbank- und Server-Know-how. So blicken die Mitarbeiter aus Servicesicht ganzheitlich auf ein Thema.
„Das Thema Eigenverantwortung ist für viele Mitarbeiter eine Herausforderung.“
Die Stellen der Servicebereichsleiter haben Sie neu ausgeschrieben. Was war der Grund für diese Entscheidung?
Bislang waren unsere Fachbereichsleiter meist die besten Techniker. Sie haben klare Anweisungen gegeben, der die Mitarbeiter Folge geleistet haben. Die Mitarbeiter sind aber ja selbst gut ausgebildet und hatten oft vielleicht sogar die bessere Idee. Um dieses Potenzial zu heben, sollen sich die Servicebereichsleiter – anders als bisher – ganz auf ihre Führungsaufgabe konzentrieren können. Ihre Aufgabe ist es zu führen, zu fördern, zu unterstützen und ihre Teams zu motivieren, die Dienstleistungen für das jeweilige Verfahren vollumfänglich und in hoher Qualität zu erbringen – und das eigenverantwortlich auf der Basis eigener Ideen und eigener Lösungen. Das hat im Umkehrschluss aber auch zur Folge, dass der Mitarbeiter mehr Spaß an seiner Arbeit hat. Er kann sich besser selbst organisieren und sich direkt einbringen. Und welche Motivation ist größer als eigene Erfolgserlebnisse?
Wie nehmen die Mitarbeiter die Veränderungen an?
Auf der einen Seite haben wir wirklich Erfolge vorzuweisen. Einige Servicebereiche haben beispielsweise neue moderne, agile Methoden etabliert, wie etwa Scrum oder Kanban. Es gibt aber auch Mitarbeiter, die an den herkömmlichen Strukturen festhalten. Es ist nicht leicht, alte Gewohnheiten abzuschütteln. Die neue Organisation kann aber die eigentliche Veränderung von Lecos nur unterstützen, denn die muss von der Belegschaft selbst kommen. Unser Hauptaugenmerk liegt deshalb derzeit darauf, der Mannschaft einen klaren Weg für die nächsten Jahre aufzuzeigen.
Was war besonders schwierig?
Das Thema Eigenverantwortung ist für viele Mitarbeiter eine Herausforderung. Bewusst eigene Entscheidungen zu treffen und sich kein Backup durch den Vorgesetzten einzuholen, sondern die Verantwortung für das Gelingen oder Misslingen eines Vorhabens selbst zu tragen, erfordert zunächst einmal Mut. Und den fördern wir, indem wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitern eine neue Fehlerkultur etablieren. Fehler sind wichtig, um aus ihnen zu lernen.
Wie haben Sie die Mitarbeiter auf die neue Struktur vorbereitet?
Wir haben intensiv kommuniziert – über das Intranet, in Mitarbeiterversammlungen und viele waren ja auch in den Veränderungsteams und haben Informationen in die Bereiche getragen. Als die neue Struktur und die Zuordnung der Mitarbeiter stand, haben wir jeden gebeten zu signalisieren, ob er sich in der ihm zugedachten neuen Rolle sieht oder nicht. Mit allen, die Letzteres angaben, haben wir in persönlichen Gesprächen die Gründe ermittelt, Lösungswege gesucht und Anpassungen vorgenommen.
Wie nimmt der Kunde die Veränderungen wahr?
Vor allem nimmt er wahr, dass sich die Ansprechpartner geändert haben. Einen Qualitätsabbruch – eines der größten Risiken, wenn eine neue Struktur aufgesetzt wird – gab es nicht. Mit Blick auf die Neuausrichtung haben einige Kunden außerdem Rückmeldung gegeben, was Lecos verbessern könnte. So wurden Schwachstellen deutlich, die wir ausgemerzt haben.
Welche sind die nächsten Schritte?
In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt beim Kulturwandel und der Entwicklung einer neuen Sicht auf die Kunden. Unser Ziel ist es, unseren Kunden eine kompetente Unterstützung für wirklich alle Verwaltungsaufgaben zu bieten. Unsere Kunden erwarten daher zu Recht Beratung, die an der Schnittstelle von Verwaltungsorganisation und IT ansetzt. Das heißt, wir müssen unsere Arbeitsweise und unser Kundenverständnis verändern. Wie uns das gelingen kann, wird jetzt in Workshops servicebereichsweise mit allen Mitarbeitern gemeinsam diskutiert. Wir wollen ihre Anregungen und Impulse auf- und wirklich alle mitnehmen. Gemeinsam ist so gesehen eines unserer Schlüsselwörter bei der Neuausrichtung. Nur wenn jeder Verantwortung übernimmt und dabei klug nach links und rechts schaut, können wir gemeinsam unser Ziel erreichen.
Dieser Beitrag ist in der April-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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