Dienstag, 8. Oktober 2024

KielMit Vollgas zum digitalen Bescheid

[21.02.2024] Im Schnelldurchlauf hat die Stadt Kiel den Prozess der Antragsabwicklung für das „Mobile Halteverbot“ digitalisiert. Innerhalb von nur zehn Wochen wurde eine vollautomatisierte Bescheiderstellung realisiert.
Stadt Kiel auf klarem Kurs Richtung Digitalisierung.

Stadt Kiel auf klarem Kurs Richtung Digitalisierung.

(Bildquelle: LHstadt Kiel/Bodo Quante)

Um die Verwaltungsdigitalisierung voranzutreiben nutzt die Stadt Kiel das sich zunehmend etablierende Hilfsmittel Hackathon. Ziel dieser meist mehrtägigen Events ist es, gemeinsam mit etwa Software-Herstellern, IT- und Fachexperten innovative, kreative und nützliche Software-Produkte und Lösungen für vorgegebene Herausforderungen (Challenges) zu finden. Im Rahmen des ersten OZG-Verwaltungshackathon Schleswig-Holstein (wir berichteten) konnte die Landeshauptstadt Kiel 46 digitale Anträge für die Stadtverwaltung entwickeln.
Während der Fokus im Juli 2022 auf der Gestaltung von Online-Diensten lag, sprich: Die Sicht der Bürgerinnen und Bürger in Form von intelligenten Antragsassistenten verbessert wurde, stand im September 2023 die Abarbeitung der Anträge im Mittelpunkt. Ziel des zweiten SH:digital Hackathons war es daher, über Online-Anträge hinaus den gesamten Verwaltungsprozess vollständig zu digitalisieren. „Beim ersten landesweiten Hackathon SH:digital wurde Zukunft greifbar gemacht – und durch die Mitarbeitenden der kommunalen Verwaltungen aktiv mitgestaltet. Wir schaffen uns hier als Verwaltungen Freiraum, gemeinsam sinnvolle digitale Lösungen auf den Weg zu bringen, die für alle intuitiv nutzbar sind“, betonte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer. „Denn Automatisierung entlastet die Mitarbeitenden und ermöglicht den flexiblen Gang zum Amt für alle Bürgerinnen und Bürger – egal zu welcher Uhrzeit und ohne unnötige Wege.“

Paradebeispiel Mobiles Halteverbot

Bei der Frage: „Was kann automatisiert werden?“ beziehungsweise „Was erfordert die meiste Handarbeit?“ wurde das Paradebeispiel schnell gefunden: das Mobile Halteverbot. Für den Online-Dienst „Mobiles Halteverbot“ gehen bei den vier Mitarbeitenden der Kieler Straßenverkehrsbehörde jährlich etwa 7.000 Anträge ein, Tendenz steigend. Die Abarbeitungszeit pro Antrag betrug bisher etwa sieben bis zehn Minuten. Das Erstellen der Bescheide war äußerst aufwendig: Datenübernahme, Stempel, Unterschrift, dann das Ganze einscannen und per E-Mail an die antragstellende Person zurücksenden. Die Lösung: Ein digitaler Bescheid muss her, am besten komplett vollautomatisiert. Gesagt, getan.
Der neue Verwaltungsprozess läuft nun wie folgt ab: Die antragstellende Person meldet sich mit dem eigenen Account beim Servicekonto Schleswig-Holstein an und stellt den Online-Antrag auf „Mobiles Halteverbot“. Nach dem Absenden landet dieser im Posteingang des Fachverfahrens Alfa (Allgemeine Fachanwendung) innerhalb der OZG-Cloud. Im Anschluss folgt die Prüfung auf Vollständigkeit sowie Richtigkeit. Bei fehlenden Unterlagen wird die antragstellende Person über das Servicekonto informiert, sodass diese online nachgereicht werden können. Diese Prüfung ist derzeit seitens der Fachabteilung noch gewünscht, kann in einem weiteren Schritt jedoch auch entfallen. Sind alle Angaben und Unterlagen vollständig und korrekt, wird per Knopfdruck der Bescheid erstellt und wieder in das Postfach des Servicekontos der antragstellenden Person zurückgespielt.

Viele Komponenten spielen zusammen

Für die Umsetzung des digitalen Verwaltungsprozesses kommen die Komponenten OZG-Cloud, die Allgemeine Fachanwendung, die Antragsmanagement-Lösung von Form-Solutions sowie das Vorlagen-Management-System SmartDocuments des gleichnamigen Herstellers zum Einsatz.
Die OZG-Cloud ist eine verwaltungsseitige IT-Systemlandschaft für Kommunen und öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Anstalten, die von Kommunen initial ins Leben gerufen wurden. Seit dem Jahr 2022 wird die OZG-Cloud von einer breiten Initiative des Landes Schleswig-Holstein, des ITV.SH, der schleswig-holsteinischen Kommunen und des IT-Dienstleisters Dataport vorangetrieben und mit Mitteln des Bundes entwickelt. Die OZG-Cloud ist für eine medienbruchfreie und digitale Sachbearbeitung von Verwaltungsleistungen konzipiert. Sie besteht aus einer webbasierten Allgemeinen Fachanwendung, die in einer Cloud-Umgebung läuft. Mit Alfa können Kommunen sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten Anträge aber auch Anfragen von Bürgern und Unternehmen mit digital gestützten Workflows einfach bearbeiten.
Die mit dem Antragsassistenten eingereichten Daten werden von der Fachanwendung Alfa weiterverarbeitet und via Web-Service-Schnittstelle an SmartDocuments übergeben. Über das zentrale Vorlagen-Management-System wird im Hintergrund die Vorlage für den Bescheid des „Mobilen Halteverbots“ aufgerufen. Diese wird mit den erforderlichen Daten aus der Fachanwendung befüllt, der Bescheid generiert und an die Fachanwendung Alfa zurückgespielt.

Umsetzung im Schnelldurchlauf

Die Umsetzung des Digitalisierungsprojekts erfolgte im Schnelldurchlauf. Von der Prototypgestaltung im September bis zur Live-Schaltung Anfang Dezember 2023 vergingen nur circa zehn Wochen. „Wir sind begeistert, wie schnell Online-Dienste an den Start gehen können, wenn alle Beteiligten Hand in Hand arbeiten. Auch die ersten Erfolge können sich wirklich sehen lassen“, schwärmt Jonas Dageförde, Chief Digital Officer (CDO) der Landeshauptstadt Kiel.
Mit dem neuen vollautomatisierten Prozess wird pro Antrag nur noch knapp eine Minute Bearbeitungszeit benötigt. Das bedeutet eine Zeitersparnis von etwa vier Monaten pro Jahr. Die Straßenverkehrsbehörde sieht das als Chance, sich zeitraubende Standardarbeiten vom Hals zu halten und sich lieber aufwendigeren, komplexeren Themen und Projekten zu widmen.
Neben dem „Mobilen Halteverbot“ wurden in Kiel noch weitere Online-Dienste mit einer vollautomatisierten Bescheiderstellung ausgestattet, so beispielsweise die „Windelförderung“, die „Mitteilung zum Kauf eines Kraftfahrzeugs“ oder die „Hundesteueran- sowie -abmeldung“. Perspektivisch werden weitere Fachbereiche folgen.

Christoph Steuber ist E-Government-Manager in der Stabsstelle Digitalisierung (OB.D) bei der Landeshauptstadt Kiel.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Fachverfahren

Nordrhein-Westfalen: Update fürs Bauportal

[08.10.2024] Bauplanungen und Antragstellungen sollen nach der Überarbeitung des Bauportals Nordrhein-Westfalen künftig noch digitaler, einfacher und nutzerfreundlicher möglich sein. mehr...

Moderner Fahrtenschreiber mit eingesteckter Fahrerkarte.

Bayern: Fahrtenschreiberkarten online beantragen

[08.10.2024] Von der digitalen Ausgabe und Verwaltung der unerlässlichen Fahrtenschreiberkarten profitieren Berufskraftfahrer sowie Sachbearbeitende in Behörden. Jetzt ist der Onlinedienst auch in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen verfügbar. Entwickelt wurde der EfA-Dienst von der AKDB. mehr...

Gütersloh: Trautermin online reservieren

[01.10.2024] Ein neues Serviceangebot für heiratswillige Paare stellt das Standesamt der Stadt Gütersloh zur Verfügung: Wunschtermine für Eheschließungen können nun online reserviert werden. mehr...

Niedersachsen: Digitale Erfassung von Ordnungswidrigkeiten

[30.09.2024] Mit dem Projekt „elektronischer Datenerfassungsbeleg“ (eDEB) startet Niedersachsen die Digitalisierung der Erfassung von Ordnungswidrigkeiten. Polizei und Kommunen sollen von einem vereinfachten und schnelleren Verfahren profitieren, das den klassischen Papierzettel ablöst. mehr...

Bielefeld: Migration auf KDO-KFZ

[27.09.2024] Die Stadt Bielefeld migriert auf die Kfz-Lösung der Kommunalen Datenverarbeitung Oldenburg. Damit einher geht der Wechsel ins Rechenzentrum des IT-Dienstleisters. mehr...

Mit digitaler Hundemarke entspannt unterwegs.
bericht

Ordnungswesen: Digitale Hundemarke

[27.09.2024] Auf dem Smartphone statt am Halsband des Vierbeiners befindet sich die digitale Hundemarke von GovConnect. Das bringt Haltern und der Verwaltung Vorteile. mehr...

Digitale Lösungen entzerren die Aufgabenlast im Ausländerwesen.
bericht

Ausländerwesen: Grenzen überwinden

[23.09.2024] Die Verwaltung im Ausländerwesen ist für viele Kommunen eine große Herausforderung. Moderne Softwarelösungen bieten bei ihrer Bewältigung eine wichtige Unterstützung. mehr...

Hamburg: Online-Dienst eWA gestartet

[17.09.2024] In Hamburg können ab sofort bestimmte Gruppen die elektronische Wohnsitzanmeldung (eWA) nutzen. Der Online-Dienst soll nach und nach erweitert werden und so perspektivisch allen Kommunen bundesweit zur Verfügung stehen. mehr...

Niedersachsen: Bovenden ist eWA-Vorreiter

[17.09.2024] In Niedersachsen ist der Flecken Bovenden Vorreiter bei der Einführung des EfA-Onlinediensts Elektronische Wohnsitzanmeldung (eWA). 35 Kommunen befinden sich in dem Bundesland bereits im Roll-out. mehr...

Die No/Low-Code-Lösung Nextcloud Flow erlaubt das Erstellen von Fachverfahren auch mit geringen Programmierkenntnissen.

Nextcloud: Open-Source-Plattform für OZG-Umsetzung

[13.09.2024] Der Softwareanbieter Nextcloud hat eine Open-Source-Plattform für die OZG-Umsetzung vorgestellt. Nextcloud Flow soll Verwaltungen ein digital souveränes Tool bieten, um Behördenleistungen online anzubieten und zu automatisieren. Über die ZenDiS-Plattform Open CoDE können dann einmal erstellte Fachverfahren ausgetauscht werden. mehr...

Termine für die Trauung im Schloss Philippsruhe können Heiratswillige per Traukalender nun online bei der Stadt Hanau reservieren.

Hanau: Trautermine online buchen

[09.09.2024] Als neuen digitalen Service bietet die Stadt Hanau den Traukalender-Online an. Heiratswillige finden hier nicht nur die freien Trautermine der kommenden sieben Monate im Trausaal von Schloss Philippsruhe. Sie können ihren Wunschtermin auch gleich online reservieren. mehr...

Digitaldezernent Norbert Wett und Melanie Mitna

Kassel: Online zum begleiteten Fahren

[06.09.2024] Das „Begleitete Fahren ab 17“ kann bei der Stadt Kassel jetzt auch online beantragt werden. Und auch der Führerschein werde nach Hause zugestellt. Das Amt muss für diesen Prozess nicht mehr aufgesucht werden. mehr...

i-Kfz kommt an – aber nicht in allen Regionen gleichermaßen.

i-Kfz: Millionenmarke geknackt

[02.09.2024] Am 1. September 2023 hat der Bund die Voraussetzungen für automatisierte Verfahren bei der Fahrzeugzulassung geschaffen. Über eine Million Vorgänge wurden seitdem digital abgewickelt. Bundesverkehrsminister Wissing fordert Kommunen aber auch auf, den Dienst anzubieten und stärker zu bewerben. mehr...

Wer in München umzieht

München: Behördenklick statt Behördengang

[21.08.2024] Nach einem Wohnortwechsel muss man diesen der Meldebehörde des neuen Wohnsitzes innerhalb von zwei Wochen mitteilen. Die elektronische Wohnsitzanmeldung ermöglicht es, den Gang zum Amt zu sparen und die Anmeldung online zu erledigen. Nun steht der Service auch in München zur Verfügung. mehr...

Abschied vom Papierantrag: Der Ostalbkreis hat die EfA-Leistung zum digitalen Bauantrag aus Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich implementiert.

Ostalbkreis: Virtuelles Bauamt startet

[21.08.2024] Einen neuen digitalen Kundenservice bietet das Landratsamt Ostalbkreis: Dort startet das Virtuelle Bauamt, eine im Zuge der OZG-Umsetzung vom Land Mecklenburg-Vorpommern entwickelte Onlineleistung. Das Ende-zu-Ende digitalisierte Verfahren entlastet Antragstellende und Verwaltung. mehr...