E-PartizipationMitmachstadt für morgen
Damit Stadtentwicklungsprojekte und konkrete Gebietsentwicklungen erfolgreich verlaufen, wird eine transparente und frühzeitige Beteiligung aller relevanten Akteure immer entscheidender. Die drei Hauptakteure Bürgerschaft, Gemeinderat und Stadtverwaltung müssen in den Prozessen möglichst gut vernetzt und informiert miteinander und untereinander agieren können. Durch die passende Beteiligungsmethode sowie den richtigen Einsatzzeitpunkt können Vorhaben konfliktärmer, oftmals schneller und vor allem in höherer Qualität umgesetzt werden. Diese Erkenntnis aus der Praxis kommunaler Projekt- und Stadtentwicklung war ausschlaggebend dafür, dass sich Herrenberg am interdisziplinären Projektantrag „Reallabor Stadt:quartiere 4.0 – Frühzeitige gestaltende Bürgerbeteiligung für eine nachhaltige Entwicklung Baden-Württembergs“ beteiligt hat. Mit im Boot waren die Universität Stuttgart, das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO sowie die Städte Stuttgart und Meßstetten. Im Oktober 2015 wurde der Antrag mit sechs anderen Projekten aus insgesamt 27 Anträgen ausgewählt und erfolgreich in die Förderkulisse des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst aufgenommen. Damit stehen in den kommenden drei Jahren Projektmittel des Landes in Höhe von knapp 1,2 Millionen Euro für die Projektpartner zur Entwicklung interaktiver und gestaltender Bürgerbeteiligung zur Verfügung. Bei einem Besuch im Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart übergab Forschungsministerin Theresia Bauer im Dezember 2015 den Projektpartnern der Institute und Vertretern der Städte Stuttgart und Herrenberg den Förderbescheid. Die Projektbeteiligten der beiden Institute und Städte nutzten die Gelegenheit zu einem ersten vorbereitenden Arbeitstreffen, um in die Planung der nächsten Schritte einzusteigen. Im Forschungsprojekt sollen neuartige und zukunftsweisende Verfahren für eine frühzeitige gestaltende Bürgerbeteiligung entwickelt und gemeinsam mit den Städten Stuttgart und Herrenberg an ausgewählten Referenzquartieren zusammen mit der Bevölkerung erprobt werden. Stadtverwaltung und Gemeinderat erhoffen sich, dass damit die Mitmachstadt Herrenberg nochmals einen Schritt nach vorne machen kann. Insbesondere die Übertragbarkeit vom technisch Möglichen auf die kommunale Planungsrealität kleinerer Städte wird einen spannenden Teilaspekt darstellen.
Virtual Reality für mehr Durchblick
Weder Forschung noch Stadtplanung wird heutzutage nur in den Räumen der Universitäten oder Rathäuser betrieben. Die Verantwortlichen in Herrenberg sind sich daher sicher, dass insbesondere die Qualität der Stadtentwicklung von der frühzeitigen Einbindung aller relevanten Akteure – allen voran der Bürgerschaft – deutlich profitieren wird. Durch den richtigen Einsatz moderner Virtual-Reality-Techniken können die immer komplexer werdenden Planungsvorhaben in den Städten und Gemeinden von Bürgern leichter verstanden werden. Die Qualität der Beteiligung aller Akteure kann verbessert werden, weil sich inhomogene Kenntnisstände und Verständnisebenen ein Stück weit ausgleichen lassen. Ebenso können Planungsvarianten schnell miteinander und sogar in ihren Auswirkungen verglichen werden, beispielsweise mit Blick auf Luftströme, Lärm oder Verschattung. Durch den Einsatz der Virtual Reality können sich Bürger aus ihrer realen (Fußgänger-)Perspektive über Planungen informieren – und zwar unabhängig davon, ob sie die abstrakten Darstellungen eines Modells oder zweidimensionalen Plans verstehen. Das Forschungsvorhaben passt deshalb wie der berühmte Deckel auf den Topf zur Mitmachstadt Herrenberg und den Projekten aus dem Stadtentwicklungskonzept Herrenberg 2020. Das Know-how und die technischen Möglichkeiten der Forschungsinstitute einerseits und die praktischen Erfahrungen der Städte andererseits sollen dabei zusammenwirken. Stadtentwicklungsprojekte aus Herrenberg 2020 – zum Beispiel das Gelände des ehemaligen Freibads oder das BayWa-Areal – profitieren. Im Reallabor Stadtquartiere 4.0 werden solche Vorhaben durch optimale Beteiligungs- und Planungsprozesse auf eine breite Basis gestellt und viele Ideen aus Bürgerschaft, Gemeinderat und Verwaltung besser eingebracht. Bürger sollen nicht nur frühzeitig in die Stadtentwicklung einbezogen werden, sondern sich mithilfe digitaler Verfahren und Simulationen ein Bild von den Zukunftsplanungen machen können. Zusätzlich wird das Zusammenspiel von Wissenschaft, Kommunen, Bürgern und Wirtschaft bei der Gestaltung lebenswerter Städte für die Zukunft gestärkt. Insofern ist dieses Forschungsprojekt eine echte Chance für die nachhaltige und qualitätvolle Entwicklung unserer Städte und Gemeinden.
Dieser Beitrag ist in der März-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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