Kreis Marburg-BiedenkopfModell für Open Government
Das Bundesinnenministerium hat im Jahr 2017 ein Modellprojekt zum Thema Open Government ausgelobt, für das sich Kommunen mit konkreten Projekten bewerben konnten. Der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist eine von insgesamt neun Kommunen, die als Modellkommunen Open Government an diesem bis Ende 2019 laufenden Projekt teilnehmen. Ziel des Vorhabens ist es, die Praktikabilität und Effektivität von Open Government auf kommunaler Ebene aufzuzeigen und Handreichungen zu erarbeiten, die Kommunen motivieren, sich mit dem Thema auseinander- und es praktisch umzusetzen.
Open Government als Konzept zielt darauf ab, die Arbeit von Politik, Regierung, Verwaltung und Justiz offener, transparenter, partizipativer und kooperativer zu gestalten. Diesem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass sowohl politische als auch Verwaltungsaufgaben besser gelöst und umgesetzt werden können, wenn die Anforderungen und Potenziale der Bürger, der Wirtschaft und anderer zivilgesellschaftlicher Akteure systematisch und von Beginn an in deren Entwicklung und Ausgestaltung einbezogen werden. Auf diesem Anspruch aufbauend haben die Modellkommunen Open Government eine Definition des offenen Verwaltungshandelns erarbeitet: „Kommunales Open Government ist die bewusste und systematische Öffnung von Lokalpolitik und Kommunalverwaltung für die Interessen, Anforderungen und Fähigkeiten der vielfältigen, mobilen, digitalen und zunehmend globalisierten Gesellschaft in den Gemeinden, Städten und Kreisen.“
Im Zentrum dieser Definition steht also der Begriff Offenheit. Gemeint ist damit, dass kommunales Open Government eine aktiv gestaltete und als Prozess verstandene Veränderung kommunalen Verwaltungshandelns ist. Gleichzeitig ist damit das Ziel dieses Prozesses benannt: Es geht darum, die Arbeit kommunaler Verwaltungen so zu organisieren, dass ein möglichst hohes Maß an Offenheit sowohl für die Anforderungen und Wünsche der Bürger als auch für deren Erfahrungen und Kompetenzen entsteht. Denn sie sind die gesellschaftlichen Auftraggeber von Lokalpolitik und Kommunalverwaltung. Darüber hinaus werden Kommunen künftig immer stärker auf die systematische Mitwirkung der Bürger angewiesen sein, um die gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen meistern und gestalten zu können.
Fester Bestandteil des Verwaltungshandelns
Seit dem Jahr 2014 ist die Kreisverwaltung Marburg-Biedenkopf auf dem Weg, ihre Arbeit und ihre Strukturen offener zu gestalten. Der in der Folge eingerichtete Fachdienst „Bürgerbeteiligung & Ehrenamtsförderung“ legt dafür die Grundlage, da hier die Zivilgesellschaft in dieser Form und Konsequenz erstmals, systematisch und aktiv in die Arbeit der Verwaltung eingebunden wird. Damit will der Kreis eine offene Kommunalverwaltung werden. Marburg-Biedenkopf ist hier bundesweit ein Vorreiter, wie auch der aktuelle Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Bürgerbeteiligungsprozesses belegt. Vor Kurzem wurde zudem der von der Kreisverwaltung gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen entwickelte Bürgerdialog Biodiversität vom Bundesumweltministerium als beispielhafter Beteiligungsprozess ausgezeichnet.
Dass der Open-Government-Gedanke mittlerweile fester Bestandteil des Verwaltungshandelns im Kreis Marburg-Biedenkopf ist, belegen weitere Beispiele. Damit Bürger nachvollziehen können, was mit den Steuern und Abgaben geschieht, die der Landkreis verbraucht, bemüht sich die Verwaltung seit 2015 um möglichst große Haushaltstransparenz. Auf der Homepage des Kreises werden nicht nur die Haushaltspläne und Jahresabschlüsse der letzten Jahre zur Verfügung gestellt, sondern auch ein Erklärvideo und umfangreiche Recherchemöglichkeiten in einer Haushaltsdatenbank angeboten. Hier können sich die Bürger einen Überblick über den Kreishaushalt verschaffen und gezielt nach bestimmten Einnahmen und Ausgaben recherchieren. Ergänzt wird das digitale Angebot durch öffentliche Haushaltsworkshops für unterschiedliche Zielgruppen.
Dialog zum Radverkehr
Ein weiteres Beispiel dafür, wie die Kreisverwaltung bereits heute offenes Verwaltungshandeln umsetzt, ist der Radverkehrsdialog, in dessen Rahmen ein abgestimmtes Radwegenetz für den gesamten Landkreis definiert wurde. Die Festlegung der Routen, die in den Radverkehrsentwicklungsplan aufgenommen wurden, erfolgte mit intensiver Beteiligung der Bürger. Ziel war es, diejenigen, die das Fahrrad im Alltag, in der Freizeit oder auf dem Weg zur Schule und Arbeit nutzen, mit ihren Erfahrungen und ihrer Kompetenz in den Entwicklungsprozess einzubinden sowie Anregungen, Hinweise und Wünsche zu berücksichtigen. Dies geschah sowohl auf der Beteiligungsplattform als auch in einer Reihe von öffentlichen Veranstaltungen. Herausgekommen ist eine Prioritätenliste für die Umsetzung von Investitionsmaßnahmen. Sie wurde von den Bürgern, welche die Beteiligungsangebote genutzt haben, entscheidend mitgeprägt. Durch das Bürgerengagement hat zum Beispiel das Thema Verkehrssicherheit eine größere Bedeutung bekommen, als dies ursprünglich der Fall war – was Einfluss auf die Priorisierung der Investitionsmaßnahmen hatte. Darüber hinaus wurde die Bürgerbeteiligung verstetigt und institutionalisiert, indem ein Radverkehrsforum etabliert wurde. In dieses bringen sich neben vielen Fachleuten auch kompetente Bürger unter anderem in den Arbeitsgruppen Schulradeln, Qualitätsmanagement, Radschnellwege und Alltagsradeln kontinuierlich ein.
Grundlage für einen internen Modernisierungsprozess
Und schließlich bündelt die Beteiligungsplattform www.mein.marburg-biedenkopf.de zahlreiche Beteiligungsverfahren der Kreisverwaltung und schafft die Basis dafür, dass auch Menschen aus dem Landkreis die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung nutzen können, ohne an Veranstaltungen vor Ort teilnehmen zu müssen. Die Informations- wie auch die Beteiligungsangebote sind dabei vielfältig. Die Erstellung des neuen Regionalen Nahverkehrsplans zum Beispiel wurde auf der Beteiligungsplattform vorbereitet, indem umfassende Informationen unter anderem zu Linienverbindungen und Taktungen online gestellt wurden. 81 Anregungen aus der Bürgerschaft wurden im Regionalen Nahverkehrsplan berücksichtigt und haben diesen nicht unwesentlich optimiert.
Mittlerweile hat sich die Kreisverwaltung auf den Weg gemacht, die Prinzipien des Open Government auch als Grundlage eines internen Modernisierungsprozesses umzusetzen. Hintergrund ist die Überzeugung, dass die Anforderungen an die Verwaltungsarbeit durch die Zivilgesellschaft, durch Digitalisierung und demografischen Wandel anders nicht zu bewältigen, vor allem aber nicht aktiv zu gestalten sind.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Dezember 2018 von Kommune21 im Schwerpunkt Open Data erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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