Digitale BildungMut zu Neuem
Digitale Bildung ist keine Kür, sie ist Pflicht. Es ist Aufgabe der Schule, Heranwachsende auf ein Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorzubereiten. Doch das geschieht momentan noch nicht in ausreichendem Maße. Deutschlands Schulen sind – bis auf wenige Ausnahmen – immer noch analoge Inseln in einer ansonsten zunehmend digitalen Welt. Damit die Bundesrepublik international nicht den Anschluss verliert, muss sich das dringend ändern. Der digitale Wandel im Bildungsbereich ist aber eine riesige Aufgabe, die nur gemeinsam unter Anstrengung aller beteiligten Akteure gelingen kann.
Entweder-Oder ist der falsche Weg
Viele Schulen fühlen sich jedoch alleingelassen und sind überfordert mit der Frage, wie sie den digitalen Wandel konkret angehen können. Die notwendigen finanziellen Mittel stehen oftmals nicht zur Verfügung. Während wir über Schul-Clouds und flächendeckendes WLAN sprechen, scheitert es vielerorts an einer zuverlässigen Infrastruktur und Breitband-Versorgung. Nicht zuletzt fehlt es an Weiterbildungsangeboten für die Lehrerschaft sowie an passenden Unterrichtskonzepten für einen sinnvollen Einsatz digitaler Medien.
Während die Verantwortung für die Aus- und Weiterbildung der Lehrer in der Zuständigkeit der Länder liegt, sind die Kommunen für Gebäude und Ausstattung der Schulen verantwortlich. Bei der digitalen Inhouse-Infrastruktur sind die Schulen auf Unterstützung angewiesen, hier steht vor allem der Schulträger in der Pflicht. Ein häufig angeführtes Argument lautet, dass die Sanierung von Schulgebäuden deutlich wichtiger sei und verfügbare Mittel zunächst an dieser Stelle investiert werden müssten. Natürlich ist die Instandhaltung von Dächern und Schultoiletten wichtig – doch darf das nicht zulasten der digitalen Infrastruktur gehen. Ein Entweder-Oder ist der falsche Weg. Der angekündigte Digitalpakt ist ein erster, richtiger Schritt, damit die Kommunen vom Bund bei dieser Aufgabe unterstützt werden.
Den Wandel strategisch von oben steuern
Abgesehen von den angesprochenen institutionellen und infrastrukturellen Gegebenheiten stellt sich die Frage, was Schulen ganz konkret vor Ort tun können, um den digitalen Wandel anzustoßen. Auch kleine Schritte können hierbei einen Beitrag leisten. Best Practices aus digitalen Vorreiterschulen zeigen, wie der Prozess eingeleitet werden kann und was es dabei zu beachten gibt. Digitalisierung an Schulen ist noch zu oft von der Initiative einzelner Fachlehrer oder IT-Beauftragter abhängig. Sollten diese die Schule verlassen, liegen angestoßene Prozesse oftmals wieder brach. Digitalisierung ist aber eine Gemeinschaftsaufgabe, die nicht mit dem Engagement Einzelner stehen und fallen darf. Wie in einem Wirtschaftsunternehmen ist es auch in einer Schule entscheidend, dass der Prozess von oben strategisch gesteuert wird: Der digitale Wandel muss aktiv von der Schulleitung getrieben werden.
In den Prozess sollen dabei alle am Schulleben Beteiligte einbezogen werden: Schüler, Lehrer, Eltern, Schulleitung und Schulträger. Für jede Schule, die den Wandel anstrebt, ist es ratsam, zunächst ein Gremium zu gründen, in dem die Beteiligten auf Augenhöhe zusammenkommen und gemeinsam das Digitalisierungsvorhaben voranbringen. Viele Schulen, die als Vorreiter der digitalen Bildung gelten, kooperieren zudem mit außerschulischen Institutionen, die sie auf ihrem Weg unterstützen – zum Beispiel Landesmedienanstalten, Lehrerfortbildungszentren, Hochschulen, gemeinnützige Vereine oder Akteure aus der Wirtschaft.
So kann die Schule der Zukunft aussehen
Die Ernst-Reuter-Schule (ERS) in Karlsruhe setzt viele dieser Elemente bereits erfolgreich um und zeigt, wie die Schule der Zukunft aussehen kann. Digitale Medien werden über Fächergrenzen hinweg sinnvoll in den Unterricht eingebunden, ActiveBoards und Tablets werden so selbstverständlich genutzt wie Tafel und Kreide. Offene und virtuelle Lernszenarien ergänzen traditionelle Lehrformen. Vor einem GreenScreen im Makerspace lernen Schüler eigenverantwortlich das Drehen und Schneiden von Filmen sowie kreatives Denken mit innovativen Methoden wie Design Thinking. Für die Online-Ausgabe der Schülerzeitung werden Videobeiträge erstellt, für Selbstlernphasen eigene Erklärfilme produziert. Ausgebildete Schülermedienmentoren stehen als Referenten und Paten den Mitschülern der unteren Klassen sowie den Lehrkräften bei Fragen und Problemen zur Seite. Sie werden befähigt, AGs zu leiten und bei Unterrichtsprojekten zu unterstützen – voneinander lernen findet an der ERS in beiden Richtungen statt. Darüber hinaus ist ein InnovationLab in Planung, in dem Freiräume für individuelle und interaktive Lernformen entstehen sollen.
Im Netzwerk voneinander lernen
Nicht zuletzt dank des breiten Rückhalts im gesamten Kollegium ist die ERS Vorzeigeschule. Gemeinsam mit der Schulleitung sind die Lehrkräfte ganz neue Wege gegangen und haben mit Ausdauer und Begeisterung die Transformation vorangetrieben. Bei allen Neuerungen gelingt es der Ernst-Reuter-Schule, Mut zu Neuem und Bewusstsein für alte Stärken zu verbinden.
Für diesen Ansatz hat der Branchenverband Bitkom die Ernst-Reuter-Schule im vergangenen Jahr als eine der ersten Schulen bundesweit als Smart School ausgezeichnet. Weitere Einrichtungen, die ebenso Vorreiter der digitalen Bildung sind, werden folgen und sollen andere Schulen für den Weg ins digitale Zeitalter inspirieren. Mit dem Netzwerk Smart School möchte Bitkom dazu beitragen, den Best-Practice-Austausch im Bildungssektor zu fördern. Wenn die ERS in Karlsruhe viele Nachahmer findet, ist die Zukunft der Bildung in Deutschland auf einem guten Weg.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai 2018 von Kommune21 im Schwerpunkt Digitale Bildung erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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