Mittwoch, 8. Januar 2025

Nordrhein-WestfalenMut zur Fusion

[10.05.2012] Die Landschaft der kommunalen IT-Dienstleister in Nordrhein-Westfalen steht vor großen Veränderungen. Kostendruck und demografischer Wandel zwingen dazu, Synergien künftig besser zu nutzen. Dass sich Fusionen lohnen, zeigt das Beispiel der ITK Rheinland.
ITK Rheinland: Fusion generiert Synergien.

ITK Rheinland: Fusion generiert Synergien.

(Bildquelle: MEV Verlag)

Die kommunale IT in Nordrhein-Westfalen stößt in ihrer jetzigen Struktur an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Viele Städte und Gemeinden stehen unter einem enormen finanziellen Druck und müssen nach Effizienzgewinnen und Kostensenkungen Ausschau halten. Ganz besonders im rückwärtigen Servicebereich der IT schlummern noch viele Konsolidierungs- und Konzentrationspotenziale, wie das Beispiel ITK Rheinland belegt.
Die kommunale IT-Landschaft in Nordrhein-Westfalen ist einzigartig: Kein anderes Bundesland leistet sich eine Fülle von etwa 100 selbstständigen IT-Dienstleistern, denen es trotz aller bisherigen Bemühungen an Standardisierung, Kommunikations- und Verbundfähigkeit fehlt. Die Erkenntnis, dass es gemeinsam besser geht, haben die schon seit 1983 bestehende KDVZ Neuss, IT-Dienstleister für die Verwaltungen im Rhein-Kreis Neuss, und die Landeshauptstadt Düsseldorf im Jahr 2007 dazu bewegt, ihre IT im neuen Zweckverband IT-Kooperation Rheinland stufenweise zusammenzuführen: ab Januar 2008 zunächst im Bereich Anwendungsmanagement, ab 2009 in der Systemtechnik. Seit Beginn des Jahres 2011 agiert die ITK Rheinland am neuen gemeinsamen Standort in Neuss: eine Fusion, die nicht aus der Not heraus geboren wurde, sondern als Leuchtturm die Möglichkeiten regionaler und arbeitsteiliger Kooperation unter Beweis stellen soll.

Lockerer Verbund keine Lösung

Die Zusammenführung wurde vor allem von der Einschätzung getrieben, dass ein lediglich lockerer Verbund im Sinne arbeitsteilig organisierter Competence Center nicht die längerfristige, strategische Lösung sein konnte. Nur in einer echten Fusion sind Personal- und Sachressourcen gemeinsam zu organisieren. Ein renommierter Berater wurde damit beauftragt, Synergiepotenziale einer Fusion detailliert zu untersuchen, Voraussetzungen für deren Hebung zu benennen und Entscheidungs- und Organisationsstrukturen vorzuschlagen, die einerseits den Einfluss der beteiligten Kommunen sicherstellen, andererseits die Arbeitsfähigkeit des Zweckverbands gewährleisten. Ergebnis war ein prognostiziertes Einsparpotenzial von rund vier Millionen Euro jährlich, das nach einer Konsolidierungsphase von vier Jahren erreicht werden könnte, wenn die Verbandsmitglieder alle Entscheidungen zur Standardisierung und Konzentration von Verfahren und Betriebsformen zügig und einheitlich treffen.

Einsparungen in Millionenhöhe

Als Kriterium für den Erfolg der Fusion wurde vertraglich eine Einsparung von mindestens 2,6 Millionen Euro pro Jahr vereinbart. Diese Kostensenkung sollte nach einem Konsolidierungszeitraum von vier Jahren entstehen, bezogen auf die Leistungen zu Beginn der Fusion. Finanzmittel für Investitionen, die zur Konsolidierung im Rahmen der Fusion notwendig würden, wurden nicht bereitgestellt. Sie sollten zusätzlich während des Umsetzungsprozesses aus den Synergien selbst erwirtschaftet werden. Die Zahlen sprechen schon jetzt eine mehr als deutliche Sprache: Bereits im ersten Jahr der Fusion konnten 1,76 Millionen Euro eingespart werden. Dieser Wert konnte 2009 mit 3,63 Millionen Euro mehr als verdoppelt werden. Für das Jahr 2010 konnten die Zweckverbandsmitglieder ihren Haushalt um 4,55 Millionen Euro entlasten. Die Prognosen für 2011 und die kommenden Jahre sehen weitere und stetige Entlastungen vor – künftig bereits im Vorfeld durch Absenkung des Wirtschaftsplans um 2,77 Millionen Euro. Zusätzlich ist es gelungen, kostenintensive Qualitätsverbesserungen ohne weitere Inanspruchnahme der Verbandsmitglieder zu realisieren. Ein Beispiel ist die Errichtung eines neuen, energieeffizienten Rechenzentrums nach dem aktuellen Stand der Technik, welches vollständig im Rahmen der Konsolidierung finanziert wurde. Zusätzlich wurden neu entstandene weitere Aufgaben und Kosten abgefedert, die im Untersuchungszeitraum noch nicht absehbar waren, so zum Beispiel die Einführung des neuen Personalausweises.

Verfolgenswerter Weg

Die Ergebnisse sprechen für sich. Der noch in Arbeit befindliche Jahresabschluss 2011 wird aller Voraussicht nach ebenfalls sehr positiv ausfallen. Solche Ergebnisse vorzeitig zu erreichen – und das in einem Zweckverband mit einer Spannbreite von der 13.000-Einwohnerstadt Rommerskirchen bis hin zur international aufgestellten Landeshauptstadt Düsseldorf mit einem Haushaltsvolumen von knapp drei Milliarden Euro – zeigen das Potenzial auf, das, den gemeinsamen Willen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe vorausgesetzt, im Zuge einer Fusion möglich ist. So hat denn auch die Gemeindeprüfungsanstalt NRW in einem Prüfbericht vom Juli 2011 festgestellt: „Den eingeschlagenen Weg und die weitere Ergebnisentwicklung der ITK Rheinland halten wir für verfolgenswert, und zwar sowohl für die Verbandsgemeinschaft als auch für alle anderen kommunalen Dienstleister in NRW. Wenn die ITK detailliert und plausibel vorrechnet, welches Synergiepotenzial sich allein bei der Personalstruktur erschließt und noch erschließen wird, müsste dies in vielen Kommunen Entscheidungen hervorrufen, die zu einer breiten Reorganisation der kommunalen IT in Nordrhein-Westfalen beitragen.“

Handlungsdruck nimmt zu

Das gelungene Beispiel der ITK Rheinland verstärkt den Handlungsdruck in Nordrhein-Westfalen: Die vom Stärkungspakt profitierenden Kommunen dürften die ersten sein, die mit den in der IT nachgewiesenen Einsparpotenzialen angesprochen und konfrontiert werden. Ungünstige Altersstrukturen und der zunehmende Wettbewerb um IT-Fachkräfte werden den Druck weiter erhöhen, Personal zu konzentrieren. Erste weitere Fusionen, wie die von regio iT aachen und Infokom Gütersloh zur regio iT oder auch die geplante Fusion von Citkomm mit der Kommunalen Datenzentrale Westfalen-Süd zu einer südwestfälischen Datenzentrale (Südwestfalen-IT) belegen dies.

Weiterentwicklung der ITK Rheinland

Die ITK Rheinland, mittlerweile zweitgrößter IT-Zweckverband in Nordrhein-Westfalen, wird in den nächsten Jahren synergetisch weiter an sich arbeiten, auch mit dem Anspruch, Impulse für effizientere und kostengünstigere Strukturen, neue Formen, Inhalte und Plattformen kommunaler IT zu liefern: Eingesetzte Verfahren und praktizierte Betriebsformen, Fertigungsbreiten und -tiefen der IT-Dienstleistungen werden auch künftig dahingehend überprüft, ob durch Standardisierung und Konzentration wirtschaftliche Optimierungen möglich sind. Neue Betriebsmodelle wie Cloud Computing können und sollen ebenfalls einen Beitrag dazu leisten, die Kosten einzudämmen. Darüber hinaus ist selbst eine Ausweitung der angestammten Tätigkeitsfelder durch IT-nahe Verwaltungsdienstleistungen, beispielsweise in der Rechnungseingangsbearbeitung oder im Buchungsgeschäft, inzwischen durchaus diskussionsfähig. Strategisch könnte zu den Aufgaben der IT-Dienstleister auch die Beratung zur Prozessoptimierung beim E-Government gehören – niemand kennt die Organisation und die Strukturen der eigenen Verbandsmitglieder besser. Dies ist im Übrigen auch ein Feld für ÖPP-Modelle im IT-Bereich.
Der hohe Kostendruck, unter dem die kommunalen Verwaltungen in Nordrhein-Westfalen stehen, fordert auch und ganz besonders die kommunalen IT-Dienstleister, eine aktive Rolle zu übernehmen. Wenn sie sich selbst neu organisieren und neue Wege einschlagen, können sie einen substanziellen Beitrag dazu leisten, dass Kommunalverwaltungen auch zukünftig leistungsfähig bleiben.

Wilfried Kruse ist Verbandsvorsteher der ITK Rheinland und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kommunaler IT-Dienstleister in NRW – AKDN; Dr. Bodo Karnbach ist Vorsitzender der Geschäftsführung, Beate van Kempen Leiterin des Fachbereichs Kunden-Management bei der ITK Rheinland.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Screenshot, der die drei Webinarteilnehmer zeigt.
bericht

Kommune21 im Gespräch: Mammutprojekt RegMo

[08.01.2025] Im jüngsten Webinar aus der Reihe Kommune21 im Gespräch diskutierten Jasmin Deling, Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW, sowie Hartje Bruns von Governikus die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Registermodernisierung. mehr...

Lübeck: Faxgeräte abgeschaltet

[08.01.2025] Die Hansestadt Lübeck hat zum Jahresende 2024 die analogen Faxgeräte abgeschaltet. Feuerwehr und der Bereich Wahlen bleiben weiterhin über Fax erreichbar. mehr...

Logo des Ko-Pionier-Preises auf dunkelblauem Hintergrund

Ko-Pionier-Preis: Verwaltungslösungen besser nachnutzen

[07.01.2025] Der neue Ko-Pionier-Preis würdigt Verwaltungen, die bewährte Lösungen erfolgreich übernehmen. Die Initiative Re:Form will damit Nachnutzung fördern und Verwaltungsabläufe effizienter gestalten. Die Preisvergabe erfolgt im März 2025 in Berlin. mehr...

Winterlandschaft Nordschweden

In eigener Sache: Wir machen Winterpause

[23.12.2024] Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr. Aktuelle Meldungen gibt es hier wieder ab dem 6. Januar 2025. mehr...

Marcus Witzke vom Fraunhofer FOKUS, Beauftragte Regina Vollbrecht und Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner beim Start der Indoor-Navigation everGuide im Bezirksamt Reinickendorf.

Berlin: Bezirksrathaus mit Indoor-Navi

[13.12.2024] Im Rathaus in Berlin-Reinickendorf erleichtert eine barrierefreie Indoor-Navigation die Orientierung. Die App everGuide vom Fraunhofer FOKUS ermöglicht Besucherinnen und Besuchern – ob blind oder sehend – eine präzise Navigation zu Räumen, Aufzügen und Ausgängen. mehr...

Screenshot aus dem Bayernportal

Regensburg: Bei der Digitalisierung weit vorne

[12.12.2024] Regensburg bietet inzwischen 327 digitale Verwaltungsleistungen an und erreicht Platz 2 im bayerischen Digitalranking. Bei den Bürgerinnen und Bürgern kommen die Services gut an, wie die Nutzerzahlen zeigen. mehr...

Illustration in hellen, freundlichen Farben: Blick in einen Kita-Raum aus Vogelperspektiv, auf dem Boden spielen Kinder und viel Spielzeug liegt herum.

Magdeburg: Kitas präsentieren sich neu im Netz

[09.12.2024] Magdeburger Eltern, die ihre Kinder bei einer kommunalen Kita anmelden möchten, finden die benötigten Informationen nun gebündelt und übersichtlich auf einer neu eingerichteten Website. mehr...

Das Bild zeigt den belebten Markplatz von Halle (Saale), im Hintergrund sind die fünf Türme der Händelstadt zu erkennen.

Halle (Saale): Gesundheitsamt wird digital

[06.12.2024] Das Modellprojekt Digitales Gesundheitsamt in Halle (Saale) wurde erfolgreich abgeschlossen. Ziel war es, den Fachbereich Gesundheit der Stadt mit digitalen Lösungen nutzerfreundlicher und effizienter zu gestalten. Die Einführung neuer Systeme legt zudem ein Fundament für künftige Innovationen. mehr...

Potsdam: Onlinedienst für Fundsachen

[03.12.2024] Verlorene oder gefundene Gegenstände können in Potsdam jetzt auch online gemeldet werden. Der neue Service erleichtert das Verfahren sowohl für Finderinnen und Finder als auch für Suchende. mehr...

Augsburger Altstadt aus der Vogelperspektive.

Augsburg: Digitaler Stadtplan zur Barrierefreiheit

[26.11.2024] Mit dem digitalen Stadtplan Augsburg barrierefrei hat die bayerische Kommune ein neues Projekt gestartet, das Menschen mit Behinderung detaillierte Informationen zur Barrierefreiheit von Orten und Gebäuden bietet. Alle Angaben wurden durch Begehungen vor Ort überprüft und digital erfasst. mehr...

Baustelle: Blick durch Zaundraht auf einen Pumpenkran zum Heben und Gießen von Beton, im Hintergrund ein Gebäude, das eine Schule sein könnte.

Leipzig: Baumaßnahmen-Dashboard ist online

[26.11.2024] Die Stadt Leipzig hat ein Online-Dashboard zur Schul- und Kitabaustrategie veröffentlicht. Es bietet aktuelle Einblicke in laufende und geplante Baumaßnahmen im Bildungsbereich, übersichtlich dargestellt auf einer Stadtkarte mit detaillierten Informationen zu jedem Projekt. mehr...

Oberbürgermeister Marcus König und Eugenia Strasser halten gemeinsam die Auszeichungsurkunde.

Nürnberg: E-Government-Beauftragte der Stadt ausgezeichnet

[19.11.2024] Nürnbergs E-Government-Beauftragte, Eugenia Strasser, ist mit dem WIN-Award der Vogel IT-Akademie ausgezeichnet worden. Sie belegt somit den zweiten Platz als Woman of the Year 2024. mehr...

Illustration: Klemmbrett mit einem Formular und einem Stift daneben vor hellblauem Hintergrund.

Köln: Bürgerfreundliche Bescheide ausgezeichnet

[18.11.2024] Das Public Service Lab hat die Stadt Köln für ihr Projekt Formularwerkstätten mit dem Preis für gute Verwaltung 2024 ausgezeichnet. Das Kölner Innovationsbüro hilft Fachämtern dabei, Formulare verständlicher zu gestalten und so den Zugang zu staatlichen Angeboten zu verbessern. mehr...

Illustration: Symbolbild für den Public Sector. Mehrere klein dargstellte Menschen arbeiten zwischen einem überdimensionalen Laptop, Tablet und anderen Gegenständen.

Bitkom: Neuer Geschäftsbereich „Public Sector“

[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom strukturiert sich neu: Die Geschäftsbereiche „Public Sector“ und „Digitale Gesellschaft“ werden eigenständige Kompetenzbereiche. Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitale Souveränität rücken stärker in den Fokus. mehr...

Historishcer Marktbrunnen der Stadt Eisenach, im Hintergrund das moderne Gebäude der Stadtverwaltung.
bericht

Immobilienmanagement: Stadt Eisenach setzt Maßstäbe

[11.11.2024] Eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen verpflichtet Kommunen zum sicheren Betrieb ihrer Immobilien. Die Stadt Eisenach hat durch Digitalisierung und Prozessoptimierung die Verwaltung ihrer Immobilien neu strukturiert. Dabei setzte die Kommune auf externe Unterstützung und internen Kompetenzaufbau. mehr...