Dienstag, 3. Dezember 2024

ErfurtNachhaltigkeit durch E-Einkauf

[25.08.2021] Dass sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen, beweist Thüringens Landeshauptstadt Erfurt. Vor zehn Jahren hat sie ihren Einkauf digitalisiert und konnte damit sowohl eine höhere Wirtschaftlichkeit erzielen als auch die Grundlage für mehr Nachhaltigkeit schaffen.

Vor zehn Jahren hat sich die Landeshauptstadt Erfurt aus rein wirtschaftlichen Gründen für den elektronischen Einkauf entschieden. Wie TEK-Service berichtet, wurden in der Kommune bis zum Jahr 2011 die Bedarfe von circa 3.300 Mitarbeitern aus sechs Dezernaten, 63 Schulen und vier Eigenbetrieben überwiegend dezentral und papiergestützt beschafft. Das sei unwirtschaftlich, intransparent und kaum zu steuern gewesen. Von der Digitalisierung des Einkaufs habe man sich mehr Transparenz und Steuerungsmöglichkeit erhofft, um den Einkauf für die Zukunft noch wirtschaftlicher und vergabekonform ausrichten zu können.
Laut TEK-Service wurden all diese Hoffnungen erfüllt. Innerhalb eines Jahres haben sich bereits kleine Bündelungseffekte ergeben. Auf Grundlage belastbarer Leistungsverzeichnisse, basierend auf Daten des E-Einkaufs, konnten neu ausgeschriebene Rahmenverträge mit einem Volumen von circa 70.000 Euro per Vergabe am Markt vereinbart werden. Seither seien regelmäßig für alle anstehenden Ausschreibungen beziehungsweise Vergaben die elektronischen Daten aus dem Einkaufssystem für die Vorbereitung und Durchführung der Vergaben für gleichartigen Bedarf generiert worden. Preisvorteile oder Preisstabilität für die einzelnen Sortimente seien die Tagesordnung für alle Nutzer des elektronischen Katalogs. Heute, zehn Jahre später, nutzen 200 Besteller aller Organisationseinheiten, nachgeordneten Einrichtungen (wie etwa Kitas, Jugend- und Seniorenclubs) sowie die Eigenbetriebe der Landeshauptstadt Erfurt das Einkaufsportal des Dienstleisters TEK-Service aus Lörrach.

Akzeptanz als größte Hürde

17 Kataloge sowie mehrere tausend Artikel aus der Open-Catalog-Interface (OCI)-Schnittstelle bilden eine vielfältige Auswahl. Der jährliche Umsatz betrage derzeit 700.000 Euro, Tendenz steigend. Aktuell seien 1.800 Artikel nach Umweltschutzkriterien gekennzeichnet und damit leicht für Besteller erkennbar. Sie werden bevorzugt eingekauft.
Projektleiterin Denise Böttcher erinnert sich: „Die Akzeptanz zur Notwendigkeit des elektronischen Einkaufs war damals die größte Hürde. Es gab viele Bedenken in der Verwaltung bis in die Reihen des Stadtrats.“ Auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit habe es dicke Bretter zu bohren gegeben. So sei man zwar generell nicht gegen Umweltschutz oder Regionalität gewesen, habe aber Bedenken wegen der damit einhergehenden Kosten gehabt. Und das, obwohl in der Agenda 21 der Landeshauptstadt Erfurt bereits 1992 fest geschrieben wurde, heute so zu leben, dass auch Kinder und Enkel eine Chance haben, ihre Zukunft in einer lebenswerten Welt zu gestalten. 2014 sei Erfurt der Titel Fair Trade Town verliehen worden. „Wir fühlten und fühlen uns diesem Anspruch stets verpflichtet“, sagt Denise Böttcher.

Digitalisierung ermöglicht Nachhaltigkeit und Regionalität

TEK-Service berichtet, dass heute örtliche Einzelhändler sowie Handwerksbetriebe in die Einkaufsstrategie integriert sind. Nachfolgendes Beispiel zeige, wie durch die Digitalisierung des Einkaufs Nachhaltigkeit und Regionalität möglich werde: So habe das Erfurter Einkaufsteam örtliche Bäcker zu handwerklich gefertigten Backwaren, aus Getreide von regionalen Bauern und nahe gelegener Mühle, verpflichtet. Industrieteiglinge seien ausdrücklich nicht zulässig. Bäckereikataloge seien in das Erfurter Einkaufsportal übernommen worden. Unter dem Motto „Gesundes Brot für unsere Erfurter Kinder“ rufen heute Besteller aus Kindergärten, Kindertagesstätten und Schul-Internat hierüber zweimal pro Woche ihre Bestellungen bei zugeordneten örtlichen Bäckern ab. Ebenso werde Literatur über spezielle Schnittstellen beim örtlichen Buchhandel bestellt. „Spätestens nach Corona wird klar, dass es nicht nur um Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im Einkauf geht. Vielmehr gilt es jetzt, den örtlichen Handel digital im Einkauf zu erreichen“, bemerkt Denis Böttcher und resümiert abschließend: „Nur indem wir vor zehn Jahren die Weichen in Richtung Digitalisierung des Einkaufs gestellt haben, wurden wir in unserem Handeln effizienter, erzielten höhere Wirtschaftlichkeit und schafften die Grundlage für mehr Nachhaltigkeit und Regionalität im Einkauf der Landeshauptstadt Erfurt. Darüber hinaus gelang es uns, den E-Einkauf mit der E-Vergabe zu verknüpfen. Unser Einkaufsportal gibt das bereits her; wir müssen nur zugreifen.“



Stichwörter: E-Procurement, Erfurt


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