InterviewNächste Evolutionsstufe

Ulrich Künkel
(Bildquelle: ekom21)
Herr Künkel, trotz steigender Einnahmen ist die Haushaltslage vieler Kommunen immer noch schlecht. Wie wirkt sich diese Situation auf die Investitionsfreudigkeit im IT-Bereich aus?
In der Tat haben die Kommunalverwaltungen derzeit eine Vielzahl von Problemen zu bewältigen. Die angespannten Haushaltslagen haben sich in jüngster Vergangenheit noch zugespitzt. Es gibt dennoch keinen Stillstand bei den IT-Investitionen. Für uns als IT-Dienstleister geht es vor allem darum, Lösungen zu erarbeiten und bei den Kommunen zum Einsatz zu bringen, mit denen sie, gekoppelt mit organisatorischen Veränderungen, zu Einsparungen kommen. Eine Fülle von Beispielen zeigt schon heute, dass der Ausbau einer funktionierenden und aufeinander abgestimmten IT-Infrastruktur Kosten senkt und die Akzeptanz der Verwaltung bei den Bürgern steigen lässt. Das wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen, wenn erst einmal die jüngeren Jahrgänge, die Digital Natives, in das Geschäftsleben eintreten. Diese Generation wird automatisierte und über das Internet verfügbare Prozesse nicht nur nutzen, sondern auch vehement fordern.
Das heißt, die Kommunen müssen sogar verstärkt in den Ausbau der IT-Infrastruktur investieren?
Ja, dabei ist es hilfreich, dass sich die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen derzeit erheblich verbessern. Mit dem Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung ist ein wichtiger Schritt hin zu echtem E-Government, also dem Aufbau und der Nutzung von Online-Diensten und elektronischer Vorgangsbearbeitung, gemacht worden. Das wird in den kommenden Jahren zu einer vermehrten Nachfrage nach entsprechenden IT-Systemen, aber auch nach geeigneten Konzepten zur Einführung und Nutzung der elektronischen Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen führen.
„Der Ausbau einer funktionierenden und aufeinander abgestimmten IT-Infrastruktur senkt Kosten.“
Können sich gerade kleinere Kommunen dies überhaupt leisten?
Eine wichtige Rolle wird hier die interkommunale Zusammenarbeit spielen. Dabei meine ich nicht das Zusammenlegen von IT-Infrastrukturen – das machen wir bei ekom21 seit über vierzig Jahren. Es geht darum, Fachkompetenz bei der Abwicklung von Verwaltungsvorgängen in Shared Service Centern zu bündeln.
Welche Bedeutung haben die IT-Dienstleister angesichts des rasanten technischen Wandels heute für die Kommunen?
Wir haben gerade bei der eben genannten Entwicklung eine wachsende Bedeutung. Dabei wird auch deutlich, wie vielseitig und komplex die Beratungsleistungen heutzutage sind. Konzepte und Lösungen für globale Themen der IT müssen ebenso im Repertoire der IT-Dienstleister sein, wie die Entwicklung von Fachanwendungen. Darüber hinaus sehen wir uns in einer Rolle, die vielleicht so noch gar nicht wahrgenommen wird. Kommunale IT-Dienstleister identifizieren Trendthemen und setzen sie in die Praxis um. In den vergangenen Jahren haben wir beispielsweise Green IT und Server-Konsolidierung auf die Agenda gesetzt. Dadurch sparen unsere Kunden jährlich über zwei Millionen Kilowattstunden Strom und damit über 2.000 Tonnen CO2 ein.
Welche technischen Trends prägen derzeit die kommunale IT?
Ein aktuelles Thema ist Cloud Computing. Dabei denke ich primär an Private Clouds, die von öffentlich-rechtlichen IT-Dienstleistern betrieben werden. Private Clouds werden für die kommunale IT an Bedeutung gewinnen, vor allem, wenn man an gemeinsam mit mehreren kommunalen IT-Dienstleistern betriebene Cloud-Lösungen wie die von uns unterstützte GovCloud-Inititative denkt.
Welche Verfahren lassen sich über die Cloud nutzen?
Kommunikationsdienste wie E-Mail, Unified-Communication-Anwendungen, eine Reihe von Fachanwendungen und Bürgerservices im Internet, aber auch virtualisierte Desktops lassen sich in Cloud-Infrastrukturen sehr gut abbilden. Dieser Trend wird gefördert durch die zunehmenden Bandbreiten der Datennetze, hier entstehen völlig neue Nutzungsmöglichkeiten. Zu den Trends, die eine große Bedeutung für die Kommunalverwaltungen haben, zähle ich darüber hinaus Mobile Computing und vor allem die bevorstehende Evolutionsstufe bei den E-Government-Lösungen. Mit dem integrierten Einsatz von Workflow-Systemen, integriertem Dokumenten-Management, Scannern, E-Payment-Lösungen und sicheren Kommunikations- und Identifizierungsmöglichkeiten, wie De-Mail und eID, bieten sich völlig neue Perspektiven.
Ein wichtiges Thema ist die Konsolidierung der IT-Infrastruktur. Worauf müssen sich die IT-Abteilungen hier einstellen?
Zunächst wird aus der Sicht einer kleinen oder mittleren Verwaltung der Betrieb einer umfangreichen IT-Infrastruktur in der Kommune vor Ort in dieser Form nicht mehr realisierbar sein: Aufgrund steigender Betriebskosten, die durch zunehmende technologische Anforderungen verursacht werden, aber auch durch den Fachkräftemangel und immer höhere Anforderungen an die IT-Compliance. Diese Rahmenbedingungen werden die dezentralen IT-Infrastrukturen in den nächsten Jahren nachhaltig verändern. Ich denke aber, dass die Konsolidierung der IT-Infrastruktur nicht bei den Kommunen endet, sondern auch bei den IT-Dienstleistern selbst stattfinden wird. Es gibt eine Reihe von kommunalen IT-Dienstleistern, für die ein Zusammenschluss mit anderen die einzige Überlebenschance sein wird.
Werden die Kommunen also bald alles aus der Cloud beziehen, sodass eine IT-Kompetenz im Rathaus oder Landratsamt nicht mehr nötig ist?
IT-Kompetenz wird auch künftig zu den wichtigen Aufgaben einer Kommunalverwaltung gehören, wenn auch mit geänderten Rollen. Kommunen müssen künftig keine Server mehr betreiben, selbst die Betreuung der Arbeitsplatzsysteme wird im Zuge der Desktop-Virtualisierung kaum noch nötig sein. Bleiben werden die System-Administration und das Customizing vor Ort. Weiterhin erforderlich ist das Know-how zur Konzeption und Einführung von neuen IT-gestützten Methoden des Verwaltungshandelns. Hier gilt es, IT- und Organisationskompetenzen aufzubauen, um die zukünftigen Transformationsprozesse in der Verwaltung herbeizuführen und unterstützen zu können.
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