Donnerstag, 26. Dezember 2024

Termin-ManagementNutzerfreundlichkeit als Ziel

[24.05.2024] Chris Rosenthal, Digitalisierungsbeauftragter der Gemeinde Wenden, berichtet über die Fortschritte bei der Digitalisierung von Bürgerdiensten – unter anderem dank der Einführung eines Terminvereinbarungs- und Besucherleitsystems.
Chris Rosenthal

Chris Rosenthal

(Bildquelle: Gemeinde Wenden)

Herr Rosenthal, seit 2021 sind Sie Digitalisierungsbeauftragter der Gemeinde Wenden. Welche Projekte haben Sie seitdem für Bürgerinnen und Bürger sowie Beschäftigte umgesetzt?

Eine meiner ersten Aufgaben war der Ausbau des bereits eingeführten Anregungs- und Ereignismanagements (AEM). Darüber können Bürgerinnen und Bürger Anliegen wie defekte Straßenlaternen oder illegale Müllablagerungen rund um die Uhr, auch über eine App, melden. Parallel zu diesen Arbeiten begann der Aufbau unseres Bürgerserviceportals. So konnten die Bürgerinnen und Bürger bis zum Cyber-Angriff auf unseren IT-Dienstleister Südwestfalen-IT (SIT) bereits über 90 Dienstleistungen online beantragen, und bei 20 kostenpflichtigen Dienstleistungen war die Bezahlung mittels E-Payment möglich. Im Jahr 2021 haben wir uns außerdem für ein neues Dokumenten-Management-System (DMS) entschieden. Dieses ging im Mai 2022 in den Produktivbetrieb. Kurz vor dem bereits angesprochenen Cyber-Angriff waren sämtliche bestellte Module im DMS eingerichtet. Seit Anfang dieses Jahres nutzen wir die digitale Terminvereinbarung des Anbieters JCC Software im Einwohnermelde- und im Standesamt.

Wie war die Ausgangssituation, als Sie beschlossen haben, eine Terminvereinbarungssoftware und ein Besucherleitsystem einzuführen?

Für die Bürgerinnen und Bürger gab es schlicht keine Terminvereinbarungen, außer in Zeiten der Corona-Pandemie. Sie konnten telefonisch und persönlich mit uns in Kontakt treten. So entstanden vor allem montag- und donnerstagnachmittags Wartezeiten, die weder für die Bürgerinnen und Bürger noch für die Kolleginnen und Kollegen angenehm waren.

Wie konnten Sie mithilfe der Terminvereinbarungssoftware dem Personalmangel entgegenwirken?

Da die Öffnung des Besucherverkehrs nach dem Cyber-Angriff im Einwohnermeldeamt und Standesamt auf denselben Tag fiel, konnten wir diesen von Anfang an koordinieren. Unser Einwohnermeldeamt stand hier vor der besonderen Herausforderung, dass durch einen personellen Wechsel nur zwei der drei Vollzeitkräfte die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger abarbeiten konnten. Zusätzlich fiel eine Kollegin krankheitsbedingt eine Woche lang aus. Nur durch den engagierten Einsatz der verbliebenen Kollegin im Einwohnermeldeamt und der Nutzung der Terminbuchungssoftware konnten wir diesen Pro­blemen erfolgreich entgegentreten.

Wie sind die Reaktionen der Bürger und Beschäftigten auf die digitale Terminvereinbarung?

Bisher sind die Reaktionen der Mitarbeitenden durchweg positiv. Von den Bürgerinnen und Bürgern gab es vereinzelt den Wunsch, dass man sofort einen Termin haben möchte. Grundsätzlich ist aber auch hier die Akzeptanz vorhanden. Für nicht-digitalaffine Bürger ist unsere Infozentrale zu den Öffnungszeiten durchgehend besetzt und nimmt telefonische und persönliche Termine entgegen, um diese in die Terminvereinbarungssoftware einzutragen.

„Bisher sind die Reaktionen der Mitarbeitenden durchweg positiv.“
Welche Vorteile haben sich durch die digitale Terminvereinbarung für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergeben?

Die Termine werden über den ganzen Tag verteilt und nicht mehr ausschließlich zu stark frequentierten Zeiten, wie beispielsweise an Nachmittagen, wahrgenommen. Dadurch gibt es weniger Wartezeiten und eine gleichmäßigere Verteilung der Arbeitsbelastung. Zudem kann perspektivisch eine halbe Stelle des Einwohnermeldeamts einen anderen Bereich unterstützen.

Warum haben Sie sich für JCC Software entschieden?

Im Arbeitskreis der Südwestfalen-IT konnte ich mich von den Funktionalitäten überzeugen. Vor allem die intuitive Bedienung für die Bürgerinnen und Bürger und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war hierbei ausschlaggebend. Alles in allem passte die Lösung sehr gut zu unserer Gemeindeverwaltung. Und wenn wir von einer Software überzeugt sind, dann setzen wir die Einführung auch möglichst zeitnah um.

Welche Digitalisierungsmaßnahmen sind in der Gemeinde Wenden in Zukunft geplant?

In den ersten Monaten nach dem Cyber-Angriff haben wir in vielen Bereichen versucht, einen so genannten Workaround zu finden. Aus diesem Grund werden wir dieses Jahr parallel zum weiteren Aufbau der Systeme neue Software-Produkte einführen. Wir diversifizieren somit unseren Datenbestand auf weitere Server und gleichzeitig werden Produkte gesucht, die für die Anwenderinnen und Anwender noch besser sind. Einsatzgebiete sind ein neues Baumkataster sowie die Straßen- und Spielplatzkontrollen. Zudem wird dieses Jahr unsere Homepage komplett neu aufgesetzt. Und die digitale Terminvereinbarung wird zeitnah in den Bereichen Sozialamt und Gewerbeamt zum Einsatz kommen. Die noch ausstehenden Arbeiten werden nach der erneuten Installation unseres Dokumenten-Management-Systems voraussichtlich ab April 2024 fortgesetzt.

Welchen Digitalisierungsherausforderungen stehen kleine Kommunen gegenüber?

Insbesondere die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und bald auch die des OZG 2.0 stellt die Kommunen vor große Herausforderungen. Dass der Gesetzgeber hier aber eine konsequente Umsetzung fordert, ist der richtige Weg, und bisher konnten wir in Wenden den Anforderungen nachkommen. Um für die Sachbearbeitung jedoch den bestmöglichen Nutzen erreichen zu können, wird das Hauptaugenmerk auf der medienbruchfreien Abwicklung liegen. Deshalb wird es meine Aufgabe sein, von den Online-Anträgen Schnittstellen in die Fach-Software oder das Dokumenten-Management-System entwickeln zu lassen.

Interview: Alexandra Braun




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