InterviewOhne Flaschenhals
Herr Landgraf, mit Blick auf das Onlinezugangsgesetz (OZG) zeigt sich einmal mehr: Föderale Strukturen sind Fluch und Segen zugleich. Inwiefern ist das OZG ein Katalysator für die Digitalisierung der Verwaltungen?
Die Zielsetzung ist ganz klar positiv geprägt. Wir müssen in Deutschland besser, das heißt bürger- und unternehmerfreundlicher werden. Dass sich durch den Druck des Bundes nun die Schnelligkeit im E-Government erhöht, ist positiv und begrüßenswert. Mit dem OZG einen verbesserten Zugang zu digitalen Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen zu schaffen, ist der richtige Schritt. Es muss auch nicht jede Kommune, jede kommunale Volkshochschule oder jedes Stadtwerk das Rad immer wieder neu erfinden und ihre Anwendung mit hohem Aufwand weiterentwickeln und pflegen. Standardisierung und Interoperabilität sind die Lösung.
Wie realistisch ist für Sie die Umsetzung des OZG?
Das hängt davon ab, mit welcher Hartnäckigkeit der Bund seine Bestrebungen nach Zentralisierung aufrechterhält. Verwaltungsleistungen und damit auch Online-Services werden zu über 90 Prozent von Kommunen angeboten. Wenn der Bund anerkennt, dass die Musik auf kommunaler Ebene spielt und nach gemeinsamen Lösungen mit Kommunen und deren IT-Dienstleistern sucht, die ja bereits gute, praxisnahe Portale und zahlreiche Online-Anwendungen zur Verfügung stellen, wird die derzeitige Diskussion schnell Früchte tragen.
Der Kurs der Bundesregierung hatte aber ursprünglich die Schaffung eines einheitlichen Bundesportals zum Ziel…
Würden Online-Services nur über ein zentrales Portal angeboten, wäre dies den Bürgern weder zu vermitteln noch für sie attraktiv. Der Bürger sucht und erwartet Dienstleistungen dort, wo er lebt oder arbeitet, also im regionalen Kontext. Wenn Herr Meyer oder die Jedermann GmbH am Samstagabend etwas von Behörden, auch bundesländerübergreifend, benötigen und erledigen möchten und dieses online bis hin zur Bezahlung geliefert bekommen, dann wären wir am Ziel. Nur das überzeugt, nur so steigen Akzeptanz, Nachfrage und Nutzungsverhalten. Erfolgreiche Lösungen wachsen von unten aus dem täglichen Bedarf heraus. Was Bürger und Unternehmen nicht annehmen würden, ist ein einheitliches Verwaltungsportal, welches als Flaschenhals fungiert und praxisferne Anwendungen bietet.
Damit unterstützen Sie den Standpunkt der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der kommunalen IT-Dienstleister, Vitako?
Ja. Vitako setzt klar auf Interoperabilität, auf eine intelligente Verknüpfung heute bereits vorhandener, guter, spezifisch auf Kunden oder Regionen abgestimmter Portalstrukturen von Städten, Kreisen oder Gemeinden aber auch von Ländern und Bund. Die Mitglieder unseres Verbands kennen die Praxis, stehen tagtäglich vor den praktischen Anforderungen um Lösungen für Bürger und Unternehmen anzubieten. Der Weg sollte zu einem Portalverbund führen, in dem zentrale Leitplanken, also Standards für Interoperabilität, Sicherheit und homogene Anwendungen definiert und umgesetzt sind. Einmalig angelegte Nutzerkonten von Bürgern oder Unternehmen sollten überall verfügbar sein. Auch müssen wir Vertrauensniveaus in Bezug auf den Zugang senken – muss es denn immer eine Authentifizierung durch Personalausweis und Lesegerät sein? Für all das gibt es schon viele gute Ansätze, wir müssen sie nur zusammenführen.
„Der Bürger sucht und erwartet Dienstleistungen dort, wo er lebt oder arbeitet, also im regionalen Kontext.“
Im vergangenen Jahr hat ITEBO die Kooperation mit IT-Dienstleister regio iT verstärkt. Was hebt diese Kooperation hervor?
Zur Ergänzung unserer Lösungen suchten wir nach guten, am Markt bereits vorhandenen Lösungen. Mit regio iT haben wir einen starken Kooperationspartner im kommunalen Bereich gefunden. Deren Serviceportal und unser OpenR@thaus basieren auf der gleichen Philosophie, dem gleichen Kern, gleichen technologischen Standards. Die unterschiedlichen Anwendungen sind in beiden Lösungen durch die Arbeit mit den jeweiligen Kunden gewachsen und entwickelt worden. Wir haben unsere Lösungsangebote zusammengelegt und entwickeln diese gemeinsam weiter. Mit allen Vorteilen, die die Entwicklung in einer Community für die Unternehmen, für die Portallösung – und noch viel wichtiger: für die kommunalen Kunden – bietet. Das Ergebnis sind Vorreiterlösungen für die jeweiligen Bundesländer.
Wie schätzen Sie den derzeitigen Digitalisierungsstand in Niedersachsen ein?
Für Niedersachsen ist es wichtig, sich im föderalen Wettbewerb der Bundesländer weit vorne zu positionieren. Das Land hat Nachholbedarf in standardisierten Lösungsangeboten für E-Government und sollte mehr konkrete Anwendungen für seine über 400 Kommunen schaffen. Mit anderen Worten: Wir müssen ganz schnell dorthin, wo zum Beispiel Bayern schon ist. Die Kommunen selbst kommen nicht mehr an der Umsetzung vorbei. Das Interesse und die Nachfrage steigen massiv. Der Lösungsdruck kommt aber nicht mehr aus den IT-Abteilungen, sondern von Bürgermeistern und Landräten.
Was erwarten Sie für die weitere Entwicklung in Niedersachsen?
Die kommunalen Spitzenverbände, GovConnect als Gemeinschaftsunternehmen der niedersächsischen Datenzentralen und die kommunalen IT-Dienstleister selbst haben lange miteinander diskutiert und sind sich über einen Weg der Umsetzung grundsätzlich einig. Es gibt ein Konzept für ein standardisiertes und länderübergreifend wettbewerbsfähiges E-Government-Angebot. Die ITEBO-Unternehmensgruppe bietet mit OpenR@thaus eine konkrete Antwort für Niedersachsen, welches von GovConnect als pmOnline landesweit angeboten wird. Eine Basis für unser Bundesland und für den kommenden Portalverbund wäre somit verfügbar.
Was macht OpenR@thaus so attraktiv?
OpenR@thaus ist ein modularer Baukasten mit Standardfunktionen für das Bezahlen, das Authentifizieren und einem Servicekonto. Wir bieten integrierte Online-Dienstleistungen, die gebraucht werden, realistische und bezahlbare Umsetzungen und eine konsequente Ausrichtung an Standards. Darüber hinaus ist OpenR@thaus eine Lösung, die sich jederzeit erweitern lässt. All das, was befeuert durch die intensive Diskussion um das OZG an standardisierten Lösungen aus Bund und Ländern kommt, kann in OpenR@thaus schnell umgesetzt werden.
Ihr Fazit?
Wir reden seit Jahren über E-Government, ohne dass allzu große Fortschritte erkennbar wären. Weder eine EU-DLR noch i-Kfz haben bisher für den erhofften Durchbruch gesorgt. Durch die Initiativen des Bundes könnte sich nun die Schnelligkeit erhöhen. Ein zentrales Portal für sämtliche Verwaltungsdienstleistungen ginge allerdings an den Bedürfnissen der Praxis vorbei. Es gilt, die bereits existierenden modernen Portal-Lösungen der kommunalen Dienstleister aus verschiedenen Bundesländern untereinander und natürlich auch mit Länder- und Bundesportalen zu vernetzen.
Dieser Beitrag ist in der November-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Portale erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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