Donnerstag, 5. Dezember 2024

Kreis TuttlingenOhne Zettelwirtschaft

[17.08.2016] Der Kreis Tuttlingen empfängt E-Rechnungen im ZUGFeRD-Standard und rechnet elektronisch per Gutschriftverfahren ab. Außer Transparenz und Effizienz gewinnt die Verwaltung dadurch auch Zeit. Die Abrechnung für das ganze Amt ist in wenigen Stunden erledigt.
Der Kreis Tuttlingen rechnet mit elektronischen Lösungen.

Der Kreis Tuttlingen rechnet mit elektronischen Lösungen.

(Bildquelle: Landratsamt Tuttlingen)

In deutschen Kommunen ist die papiergestützte Beschaffung ein Auslaufmodell. Schließlich soll laut der EU-Richtlinie 2014/55/EU ab dem Jahr 2018 die Rechnungsstellung für öffentliche Aufträge nur noch elektronisch erfolgen. Der Landkreis Tuttlingen rechnet deshalb zunehmend elektronisch per Gutschriftverfahren ab und empfängt E-Rechnungen im ZUGFeRD-Standard. Beim Landratsamt Tuttlingen sind in vier Dezernaten und 22 Ämtern 800 Mitarbeiter beschäftigt. Früher wurden Rechnungen in der baden-württembergischen Behörde dezentral bearbeitet. Eingehende Rechnungen wurden also verteilt, die offenen Beträge in der jeweiligen Abteilung verbucht, aufwendig durch das ganze Haus geschickt und dann zentral gesammelt.
Aufgrund der verschiedenen Anlaufstellen dauerte die Rechnungsbearbeitung mindestens eine Woche. Auch für die Belegaufteilung waren viele Schritte erforderlich. Das von der Firma TEK-Service entwickelte, webbasierte Gutschriftverfahren bedeutet hier eine erhebliche Erleichterung. „Seit November 2015 rechnen wir nun über das Gutschriftverfahren ab“, berichtet Gabriela Wöhlert, Leiterin des Organisationsamts in Tuttlingen. „Dazu werden die Gutschriftdateien elektronisch in das verwaltungsinterne Finanzsystem importiert, sodass der gesamte Betrag – ganz ohne Zettelwirtschaft – zentral und gleichzeitig aufgeschlüsselt auf die einzelnen Kostenstellen verbucht wird.“ Heute ist die Abrechnung in nur wenigen Stunden für die ganze Verwaltung erledigt.

Gewinn an Transparenz

Die Einführung des neuen Verfahrens gestaltete sich relativ einfach. Die einzige Voraussetzung für die Abrechnung per Gutschrift war – wie bei allen anderen von TEK angebotenen Services – ein Internet-Zugang. Auf technischer Seite musste für die Umstellung lediglich eine Schnittstelle an das Haushalts-Kassen-Verfahren des Landratsamts angepasst werden. „Da es sich bei unserem System um eine standardisierte Lösung handelt, wurde das bisherige, dezentrale Abrechnungsverfahren über Bord geworfen und gemeinsam mit der Finanzverwaltung und dem Rechnungsprüfungsamt ein neuer Prozess für das Gutschriftverfahren definiert, der die Besonderheiten und Anforderungen des Landratsamts Tuttlingen berücksichtigt“, erläutert Monika Schmidt von TEK-Service. „Da es sich bei diesem Verfahren um digitale, standardisierte und bewährte Prozessabläufe handelt, ließ sich der bestehende Ablauf der papiergestützten Rechnungsverarbeitung für den Landkreis Tuttlingen erstaunlich schnell durch das Gutschriftverfahren ersetzen“, erklärt Schmidt weiter. „Die Projekt- und Testphase konnte bereits nach acht Wochen vorzeitig erfolgreich abgeschlossen werden.“
Die Akzeptanz des Gutschriftverfahrens war bei den Beschäftigten von Anfang an hoch. Durch die langjährige Erfahrung mit dem E-Einkauf oder der E-Vergabe wussten sie um den damit einhergehenden Gewinn an Transparenz und die Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge. Bereits seit dem Jahr 2005 kommen in Tuttlingen Technologie und Services von TEK zum Einsatz: Da in der zentralen Beschaffung zu wenig Personal zur Verfügung stand, wurde die E-Procurement-Lösung des externen Dienstleisters eingeführt. Mithilfe des Portals konnten personelle Defizite kompensiert und Verfahren effizient organisiert werden. Gabriela Wöhlert: „Zunächst gab es durchaus Vorbehalte, doch das Thema E-Government hat über die Jahre eine gewisse Eigendynamik entwickelt, zumal die Vorteile offensichtlich waren. Seither steuern wir unterschiedlichste Materialien und Lieferanten über eine webbasierte Einkaufsplattform.“
Einer der wichtigsten Gründe, die für den digitalisierten Einkauf in der Verwaltung sprechen, ist die umfassende Transparenz. Durch das Gutschriftverfahren konnte außerdem eine weitere Prozessoptimierung erreicht werden. So können die Mitarbeiter jetzt auf einen Blick den aktuellen Status einer Bestellung oder Lieferung einsehen. Da durch die Zentralisierung und Digitalisierung viele Arbeitsschritte wegfallen, ist außerdem weniger Personal durch die Beschaffung gebunden.

Verfahren soll ausgedehnt werden

Die periodisch von TEK erstellten Berichte und Leistungsbeschreibungen sind belastbar, aussagekräftig und dienen dem Kunden zur Steuerung. Erkennbar wird beispielsweise, wie sich der Anteil eines bestimmten Produktbereichs entwickelt oder welchen Anteil ein Lieferant gemessen am Gesamtumsatz hat. Es wird ersichtlich, ob man sich kundenseitig bereits im ausschreibungspflichtigen Bereich bewegt oder wie nah man sich am Schwellenwert befindet. Heute steuert das Tuttlinger Landratsamt jährlich fast 150.000 Euro über das Einkaufssystem von TEK. Der Anteil der Artikel, die über das Gutschriftverfahren abgerechnet werden, liegt derzeit bei über 100.000 Euro. In absehbarer Zeit soll das Verfahren auf andere Lieferanten ausgedehnt werden. Weitere Sortimente werden entwickelt und ebenfalls in die Einkaufslösung aufgenommen. „Bei der Ausarbeitung der branchenspezifischen Musterkernsortimente oder wenn Leistungsverzeichnisse für bevorstehende Ausschreibungen erforderlich sind, steht TEK dem Amt unterstützend zur Verfügung“, erläutert Monika Schmidt. Damit der Träger frei in der Wahl seiner Lieferanten ist, gleicht TEK außerdem technologische Defizite kleiner Partner aus, die nicht E-Business fähig sind.
Seit Oktober 2015 empfängt das Landratsamt außerdem elektronische Rechnungen ZUGFeRD analog. Dabei handelt es sich um ein PDF mit eingebetteten XML-Dateien. „Noch fehlen uns zwar intern die Voraussetzungen, um diese medienbruchfrei weiterverarbeiten zu können, aber wir arbeiten daran, das zu ändern“, sagt Amtsleiterin Gabriela Wöhlert. „Da bislang auf 80 eingehende Rechnungen pro Jahr nur eine nach dem vom BMWi vorgegebenen ZUGFeRD-Standard kam, bleibt uns dafür jedoch noch Zeit.“ Wie schnell die Entwicklung in den nächsten Jahren vonstatten geht, hängt vorrangig von den Partnern ab, meint Wöhlert: „Je nachdem ob es eine gesetzliche Verpflichtung gibt oder nicht, wird das Ganze noch eine Weile dauern. Vor allem kleine Unternehmen oder Handwerker beschäftigen sich derzeit, wenn überhaupt, nur nebenbei damit. Durch die Services von TEK sind wir aber auf jeden Fall gerüstet, wenn es dann soweit ist.“

Bettine Kuhnert ist freie Redakteurin in München.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: E-Procurement
Stilisierte Darstellung von Zahnrädern, die ineinanergreifen. Hellblau auf dunkelblauem Grund.

TEK-Service/B_I Medien: Einkauf und Vergabe eng verzahnt

[19.11.2024] Die Firmen B_I Medien und TEK-Service bieten künftig gemeinsam Lösungen und Services für Verwaltungen, um Einkauf und Vergabe zu kombinieren und digital zu steuern. Ziel ist, Prozesse zu vereinfachen und Zeit für Kernaufgaben zu schaffen. mehr...

Ein Tablet liegt auf dem Tisch, darüber eine Hand. Über dem Tablet schweben Symbole für die digitalen Einkauf, wie ein Einkaufswagen sowie Symbole für Cloud Computing und IT-Sicherheit.
bericht

Öffentlicher Einkauf: Die Beschaffung der Zukunft

[16.09.2024] Um die öffentliche Beschaffung zu vereinfachen, wurde als EfA-Leistung das Lieferantencockpit entwickelt. Privatwirtschaftliche IT-Unternehmen und deren Verbände sehen sich nicht nur hier durch das EfA-Prinzip übergangen – etablierte Lösungen gäbe es längst. mehr...

Um die 400 Teilnehmer werden zur 25. Beschaffungskonferenz in Berlin erwartet.

25. Beschaffungskonferenz: Gut einkaufen für öffentliche Auftraggeber

[13.08.2024] Vom 23. bis 24. September findet die 25. Beschaffungskonferenz in Berlin statt. Teilnehmer aus den Bereichen Beschaffung, Vergabe, Wissenschaft, Politik und der Wirtschaft kommen hier zusammen und erhalten Ein- und Ausblicke rund um den öffentlichen Einkauf. mehr...

AKDB: BayKIT eG übernimmt Vergabeverfahren

[16.05.2024] Die Bayerische Kommunale IT-Einkaufsgenossenschaft (BayKIT) ist ins Genossenschaftsregister eingetragen, in München hat die Geschäftsstelle ihren Betrieb aufgenommen. Schon jetzt stößt das Angebot auf breites Interesse der kommunalen Träger. mehr...

E-Procurement: E-Einkauf bewährt sich

[28.03.2024] Eine elektronische Abwicklung des Einkaufs hat nicht nur wirtschaftliche und vergaberechtliche Vorteile, sondern sorgt angesichts des Fachkräftemangels auch für spürbare Entlastung. Das zeigen Beispiele aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin. mehr...

Deutschland ist fristgerecht eForms-ready.

E-Beschaffung: Meilenstein erreicht

[25.03.2024] Mit der Einführung von eForms als digitalem Standard für EU-weite Bekanntmachungen ist ein Meilenstein bei der Digitalisierung der Beschaffung erreicht. Als Dreh- und Angelpunkt für Vergabestellen und Bieter fungiert künftig der Datenservice Öffentlicher Einkauf. mehr...

Im Webinar aus der Reihe „Kommune 21 im Gespräch“ berichtete die Einkaufsgenossenschaft KoPart von ihrer Kooperation mit TEK-Service.

Webinar „Kommune 21 im Gespräch“: Einblick in die Blackbox

[21.03.2024] Am 7. März widmete sich eine Folge der Webinar-Reihe „Kommune21 im Gespräch“ dem digitalen Einkauf. Das Unternehmen TEK-Service und die Einkaufsgenossenschaft KoPart gaben dabei Einblicke in ihre Zusammenarbeit. Eine ihrer Besonderheiten: Seit diesem Jahr ermöglicht die KoPart mit Unterstützung von TEK-Service die Kombination von Rahmenverträgen und Einzelbestellungen. mehr...

In der Webinar-Reihe „Kommune21 im Gespräch“ geht es am 7. März 2024 um Synergien zwischen Ausschreibungen der öffentlichen Hand und Online-Marktplätzen.

Live-Webinar „Kommune21 im Gespräch“: Synergien bei Ausschreibungen

[02.02.2024] In der Webinar-Reihe „Kommune21 im Gespräch“ geht es am 7. März 2024 um Synergien zwischen Ausschreibungen der öffentlichen Hand und Online-Marktplätzen. Ralf Togler und Andreas Pokropp von der Einkaufsgemeinschaft KoPart sowie Monika Schmidt von der TEK-Service AG diskutieren über die innovative Kombination von Ausschreibungsverfahren und Marktplatzmodellen. mehr...

Die neu gegründete Einkaufsgenossenschaft BayKIT will bayerische Kommunen beim IT-Einkauf entlasten.

Bayern: Einkaufsgenossenschaft für Kommunen

[31.01.2024] Auf Initiative der AKDB erfolgte die Gründung einer Bayerischen Kommunalen IT-Einkaufsgenossenschaft. Sie soll Hardware und verbundene Dienstleistungen für ihre Mitglieder beschaffen – zunächst im Schulbereich. mehr...

Dataport hat für seine Vergabestelle den Hamburger Vergabepreis 2024 erhalten

Hamburger Vergabepreis: Auszeichnung geht an Dataport

[29.01.2024] Der IT-Dienstleister Dataport fungiert auch als Vergabestelle. Dabei liegt der gesamte Vergabeprozess in einer Hand. Die Jury des Hamburger Vergabepreises zeigte sich von dieser Aufstellung überzeugt. mehr...

Thüringen: E-Vergabe-Plattform etabliert

[11.01.2024] Im Jahr 2023 wurden 2.304 Ausschreibungen auf der E-Vergabe-Plattform des Freistaats Thüringen veröffentlicht. Die Landesvergabeplattform ist in einen Kooperationsverbund mit der Bundesverwaltung und mehreren Bundesländern eingebunden. mehr...

Hamburg vereinfacht Vergabe.

Hamburg: Vereinfachte Vergabe

[08.01.2024] Durch eine Experimentierklausel werden die Vergabeverfahren der Freien und Hansestadt Hamburg bis zu einem bestimmten Auftragswert deutlich vereinfacht. mehr...

Die E-Vergabe-Plattformen von RIB Software wurden pünktlich an den neuen Veröffentlichungsstandard angepasst.

E-Vergabe: Reibungsloser Start der eForms


[18.12.2023] Im Rahmen des digitalen Wandels des öffentlichen Auftragswesens spielen die eForms als neuer Veröffentlichungsstandard innerhalb der EU eine wichtige Rolle. Über die Vergabeplattformen von RIB Software sind in den ersten sechs Wochen seit dem Start bereits mehr als 1.000 eForm-Veröffentlichungen erfolgt. mehr...

CGI: Volldigitales Wettbewerbsregister

[06.12.2023] Um den fairen Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen zu sichern, betreibt das Bundeskartellamt das Wettbewerbsregister. Dafür hat CGI jetzt als eines der ersten volldigitalen Register der öffentlichen Verwaltung ein durchgängig digitalisiertes Fachverfahren entwickelt. mehr...

adesso: Mitarbeit an Beschaffungsplattform

[04.12.2023] Die Plattform „Datenservice Öffentlicher Einkauf“ soll für Transparenz bei öffentlichen Ausschreibungen sorgen und entspricht der aktuellen EU-Durchführungsverordnung, die den Standard eForms-DE vorschreibt. adesso hat das Beschaffungsamt bei der Umsetzung zentraler Komponenten unterstützt. mehr...