Webinar Kommune21 im GesprächPolizei Berlin vs. Maverick-Buying
Das eWarenhaus der Polizei Berlin stand im Zentrum des Webinars „Kommune21 im Gespräch“.
v.o.: Achim Florin, Projektleiter eWarenhaus bei der Polizei Berlin; Alexander Schaeff, Chefredakteur Kommune21; André Schwarz, Vice President Government Affairs & Public Private Partnerships bei Unite; Monika Schmidt, Mitbegründerin und Aufsichtsvorsitze
(Bildquelle: K21 Media AG)
Am 18. Oktober 2022 fand eine weitere Ausgabe der Webinar-Reihe „Kommune21 im Gespräch“ statt. In knapp einer Stunde legten Achim Florin von der Polizei Berlin, André Schwarz vom Marktplatzbetreiber Unite und Monika Schmidt vom Dienstleistungsunternehmen TEK-Service die Funktionsweise und Vorteile des elektronischen Einkaufs dar. Das Gespräch moderierte Kommune21-Chefredakteur Alexander Schaeff. Zwischen den einzelnen Themenblöcken nutzten die Webinar-Teilnehmenden immer wieder die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Zu Beginn des Webinars zeichneten die Referierenden zunächst ein heterogenes Bild vom aktuellen Status des digitalen Einkaufs. Achim Florin bemerkte, dass viele Dienststellen, die in der Verwaltung verankert sind, zum einen durchaus über Einheiten verfügen, die als Vorreiter beim digitalen Einkauf fungieren. Zum anderen gebe es aber auch weiterhin viele Einheiten, die noch analog arbeiten. Für dieses widersprüchliche Bild machte Florin den Gegensatz zwischen Anspruch und Umsetzung verantwortlich. Zwar bestehe durchaus eine Aufgeschlossenheit gegenüber der Digitalisierung, sobald es aber darum gehe, diese umzusetzen, verpuffe die Begeisterung. Da Finanzen und Personal hierfür fehlten, werde das Thema aufgeschoben.
Weshalb es sich lohnt, gegen diese Widerstände anzukämpfen, legte Monika Schmidt dar, indem sie auf die Vorteile der digitalen Beschaffung verwies. Ein zentraler Vorteil bestehe in den auf diese Weise gewonnenen Daten. Eine Verwaltung, der die Daten zur Verfügung gestellt werden, erhalte so einen Einblick in die tatsächlichen Bedarfe. In einem zweiten Schritt lassen sich mithilfe der neugewonnenen Transparenz die Abläufe steuern. Schmidt veranschaulichte diesen Befund anhand der seit 2015 andauernden Krisen, für deren Bewältigung der E-Einkauf zentral ist. Auftakt dieses Reigens bildete die Flüchtlingskrise, bei der die Kommunen plötzlich etliche neue Artikel beschaffen mussten. Hierbei hat sich die 2014 ins Leben gerufene kommunale Einkaufsgemeinschaft in Nordrhein-Westfalen, KoPart, bewährt. Auf Zuruf konnten Rahmenverträge katalogisiert werden, wobei die so genannten Refugee-Kernsortimente dann wiederum anderen Kunden zur Verfügung gestellt wurden. Die dadurch gewonnenen Lerneffekte erwiesen sich im Folgenden – während der Pandemie und des Hochwassers im Ahrtal – als nützlich. Zumindest über Ausschreibung und Vergabe, so Schmidt, mussten sich die Kommunen in diesen schwierigen Situationen keine Gedanken mehr machen.
Praxisbeispiel: eWarenhaus Berlin
Als Praxisbeispiel diente während des Webinars das von TEK-Service entwickelte eWarenhaus Berlin. Projektleiter Achim Florin zufolge war für dessen Gründung das Ziel ausschlaggebend, die Rahmenverträge der einzelnen Dienststellen zur Verfügung zu stellen. In dem 2019 gestarteten Pilotprojekt wurde ein vereinzelter Katalog bereitgestellt, um den Einkauf digital abzuwickeln und nicht mehr – wie bisher – per E-Mail als PDF-Dokument. Obgleich die Polizei Berlin für die Digitalisierung des Einkaufs nicht originär zuständig ist, hat sie das Projekt gestartet. Bei der vollelektronischen Bestellabwicklung werden die Rahmenverträge als Einzelkataloge hinterlegt. Die Bestellung erfolgt, wie bei anderen großen Marktplätzen auch, durch das Ablegen der Artikel in den Warenkorb. Eine besondere Herausforderung sei dabei die Anbindung an das Haushalts- und Kassensystem der Polizei Berlin gewesen. Für den Bestellprozess sei dies allerdings essenziell: Erst die Freigabe durch das System entscheidet darüber, ob die Bestellung an den Lieferanten weitergeleitet wird. Dass es sich gelohnt hat, diese Hürde zu überwinden, unterstreichen die Rückmeldungen der Nutzerinnen und Nutzer: Das System werde gut angenommen, vor allem auch deshalb, weil es eine Arbeitserleichterung bedeutet.
Das eWarenhaus Berlin ist nun auch an den Spot-Markt von Unite (ehemals Mercateo) angebunden. Durch dessen bereitgestellte Sortimentstiefe und -breite könne das eWarenhaus dem im öffentlichen Einkauf bestehenden Problem des Maverick-Buying, also der Beschaffung jenseits von Rahmenverträgen, etwas entgegensetzen. Wurzel des Problems Maverick-Buying ist, dass die Rahmenverträge oft an ihre Grenzen stoßen. Sobald ein Artikel benötigt wird, den die Rahmenverträge nicht abdecken, werde er über andere Kanäle akquiriert. Dadurch gehen auch die Daten der einzelnen Bestellungen verloren. Indem der Unite-Marktplatz über ein breiteres Warensortiment verfügt, entzieht er dem Maverick-Buying jegliche Grundlage. Willkommener Nebeneffekt: Auf diese Weise lassen sich Regelbedarfe ermitteln, die dann mithilfe neuer Rahmenverträge erfasst werden können.
Kombination von E-Einkauf und Marktplatz schafft Mehrwerte
Mit ihrem eWarenhaus geht die Polizei nicht nur gegen das Maverick-Buying vor, sondern befreit sich auch aus der Abhängigkeit von Monopolisten, was ohnehin nicht im Sinne des Vergaberechts ist. Indem das eWarenhaus die Lösung von TEK-Service nutzt, können auch weitere Vorgaben eingehalten werden, wie Barrierefreiheit oder die Datenschutz-Grundverordnung (DSGV). Außerdem handelt es sich bei Unite, wie André Schwarz betont, nicht um einen Anbieter, sondern um einen Markplatz. Dies hat zur Folge, dass auf dem Markplatz etliche regionale Unternehmen eingebunden werden können. Die Beschaffung lässt sich dadurch nachhaltig gestalten und gibt Kommunen die Gelegenheit, sich in Richtung Fair Trade Town zu entwickeln.
Zum Abschluss hielt Achim Florin ein Plädoyer für die von der Polizei Berlin ergriffene Eigeninitiative. Es habe sich bezahlt gemacht, anstehende Probleme nicht immer weiter zu vertagen, sondern in Angriff zu nehmen. André Schwarz legte der öffentlichen Hand deshalb nahe, sich den Rat von Kunden einzuholen, die den Einkauf bereits digitalisiert haben. Er bemerkte: „Das Rad muss man nicht neu erfinden, da sich die Themen doppeln.“ Dass sich eine Umstellung auf den digitalen Einkauf lohnt, weiß er aus der Praxis: „Diejenigen, die den Marktplatz bereits nutzen, sind begeistert.“
https://www.tek-service.de
https://unite.eu/de-de
https://www.berlin.de/polizei
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