MoersPragmatisch zum Ziel
Der Hype um den Einsatz von Social-Media-Plattformen durch die öffentliche Verwaltung ist noch nicht abgeflaut, da wird schon das nächste Thema durch die Amtsstuben gejagt: Open Data. Spätestens mit dem Start des Bundesportals GovData ist der Begriff in aller Munde. Zusätzlichen Schwung erhält die Debatte durch die vielerorts aufgestellte Forderung nach einem umfassenden Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild.
Als eine der ersten Städte in Deutschland ist Moers am 15. Februar 2013 mit einem Open-Data-Portal gestartet. Zugegeben: Es war ein recht bescheidener Anfang mit 30 Datensätzen. Neben dem Haushaltsplan wurden Infrastruktur-, Geo-, Bevölkerungs- und Veranstaltungsdaten angeboten. Trotz der überschaubaren Anzahl an Datensätzen hat das Moerser Projekt jedoch große Beachtung gefunden.
Neben der Gunst der frühen Stunde war für die positive Resonanz auch die Teilnahme am wenige Tage später gestarteten GovData-Datenportal förderlich. Dessen Online-Gang war durch eine kritische Begleitmusik der Netzgemeinde gekennzeichnet und stand dadurch umso mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Der Hauptvorwurf lautete, dass in das Portal auch für kommerzielle Zwecke nicht freigegebene Datensätze aufgenommen werden und somit gegen ein grundlegendes Open-Data-Prinzip verstoßen wird. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass das Bundesinnenministerium als Betreiber des Portals eine eigene Lizenz entwickelt hat, anstatt auf vorhandene und international etablierte Lizenzmodelle, wie etwa Creative Commons, zurückzugreifen. Insofern wurde von der Open Data Community nicht nur begrüßt, dass sich mit Moers nach Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Köln nun auch eine kleinere Kommune dem Open-Data-Gedanken öffnet, sondern auch, dass alle Datensätze für die kommerzielle Nutzung freigegeben wurden.
Ergebnis eines Kulturwandels
Für die besondere Aufmerksamkeit hat jedoch insbesondere der Umstand gesorgt, dass zwischen der Entscheidung des Verwaltungsvorstandes für Open Data und dem Start des Moerser Portals nur rund zwei Wochen lagen. Dieses Tempo ist bei der häufig unterstellten Reformunwilligkeit deutscher Verwaltungen eher ungewöhnlich, sodass die von verschiedener Seite aufgeworfene Frage nach den Hintergründen nicht verwundern durfte. Wie also die Geschwindigkeit des Umsetzungsprozesses erklären? Das Thema Open Data fügt sich konsequent in die bisherige E-Government-Strategie der Stadt Moers ein, die seit dem ersten Internet-Angebot einen starken Fokus auf Transparenz und Öffnung der Verwaltung setzt. Die Nutzung von Foren, Chats, Blogs sowie einer breiten Social-Media-Palette sind hierfür ebenso Beleg wie das Ratsinformationssystem und das Ideen- und Beschwerde-Management. Hinzu kommt, dass die bisherigen Erfahrungen durchweg positiv waren. Insofern fielen die Argumente, die für Open Data sprechen, bei der Verwaltungsleitung auf fruchtbaren Boden.
Die Vorlage für den Verwaltungsvorstand listet rund 30 Stichworte zu Chancen und Nutzen von Open Data auf. Dagegen stehen sieben Punkte zu den Problemen und Risiken, wie etwa Urheberrecht und Datenschutz, aber auch technisch-organisatorische Aspekte. Zwei Punkte stehen in der Diskussion allerdings häufig im Vordergrund: die Gefährdung bewährter Geschäftsmodelle und der Verlust der Deutungshoheit. Wenn man allerdings den Datenbestand einer Kommune betrachtet, wird man feststellen, dass ein Großteil der Daten bisher nicht vermarktet, sondern eher für interne Zwecke oder als Basis für die Entscheidungen politischer Gremien herangezogen wird. Daher ist ein Start mit diesen Daten völlig unproblematisch. Die Entscheidung über Daten, mit denen Einnahmen erzielt werden, muss gerade in finanziell gebeutelten Kommunen gut überlegt, aber eben auch nicht als erstes getroffen werden. Auch die Sorge um den Verlust der Deutungshoheit ist unbegründet. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben vielfach gezeigt, dass missliebige oder irreführende Interpretationen von Sachverhalten im Zweifel auch ohne eine vernünftige Datenbasis geliefert werden. Hier ist es geradezu hilfreich, als Verwaltung überprüfbare Daten ins Netz zu stellen und bei Bedarf eine eigene Deutung mitzuliefern. Wichtig ist auch, dass viele Daten bereits jetzt in den kommunalen Websites veröffentlicht werden, nur eben nicht in maschinenlesbaren offenen Formaten und unter einer freien Lizenz.
Trotz der schnellen Entscheidung pro Open Data hat man sich in Moers im Rahmen eines Praxisprojektes mit Studenten der Hochschule Rhein-Waal mit dem Thema befasst. Ziel sollte sein, konzeptionelle Vorarbeiten zu leisten und ein erstes Daten-Monitoring zu betreiben. In der Kürze der Zeit konnten nicht mehr als erste Basisarbeiten geleistet werden, aber insbesondere mithilfe von Elmar Burke, der neben seinem Studium aktiv an der Open-Data-Bewegung partizipiert, war es möglich, viele technische Grundlagen vor allem für die Zusammenarbeit mit dem GovData-Portal zu schaffen. Dies hat auch gezeigt, dass gerade der Kontakt zu Interessierten, die engagiert mit den Daten arbeiten möchten, ein wichtiger Bestandteil der Open-Data-Praxis ist.
Zudem hat die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) Anfang Dezember 2012 Vertreter von Kommunen, IT-Dienstleister, der Wissenschaft und Modellprojekten in Österreich an einen Tisch gerufen, um ein Positionspapier Open Data auf den Weg zu bringen. Es gab spannende Diskussionen, und vor allem der Input der österreichischen Vorbilder hat viele Anregungen für das Moerser Projekt geliefert. Insbesondere das umfangreiche Open-Government-Vorgehensmodell des Wiener KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung war hilfreich.
Daten-Monitoring und Technik
Vor dem Start des Portals wurden in einem ersten Schritt gezielt Bereiche angesprochen, die über interessante Datensätze verfügen, unter anderem die Statistikstelle, Vermessung, Stadtplanung sowie die Kämmerei. Recht schnell konnte so ein Datenbestand aufgebaut und mit einfachen technischen Mitteln aufbereitet werden. Nach dem Online-Gang sind umfangreiche Informationen im Intranet zur Verfügung gestellt worden. Gleichzeitig wurde an alle Fachbereiche und Einrichtungen die Bitte gerichtet, anhand der maßgeblichen Kriterien zu prüfen, ob Daten für das Portal bereitgestellt werden können. Die Resonanz war relativ ernüchternd. Daher wurde ein auf dem Vorgehensmodell des KDZ basierendes Formular für das Daten-Monitoring ins Intranet eingebunden. Damit können die Mitarbeiter sehr schnell und sicher prüfen, ob ein Datensatz geeignet ist oder ob zum Beispiel rechtliche Gründe einer Veröffentlichung entgegenstehen. Die Ergebnisse sowie der Status der Veröffentlichung werden im Intranet dokumentiert. Das Formular hat sich als sehr hilfreich erwiesen, trotz allem bleibt aber die persönliche Ansprache der wichtigste Erfolgsfaktor für das Daten-Monitoring.
Inzwischen sind unter dem Moerser Portal 54 Datensätze abrufbar (Stand 13. Juni 2013), weitere sind in Planung. Technisch wurde das Portal mithilfe des vorhandenen Internet-Redaktionssystems umgesetzt. Gemeinsam mit dem Kommunalen Rechenzentrum Niederrhein wird jedoch zurzeit geprüft, ob und wie man auf CKAN als Standard-Lösung für Datenportale umsteigen kann. Dies wäre ein wichtiger Schritt in die Zukunft, dem allerdings weitere Schritte folgen müssen. Auch Moers steht mit seinen Bemühungen erst am Anfang.
Dieser Beitrag ist in der August-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Open Government erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Bayern: Open-Data-Plattform wächst
[16.10.2024] Die von der Bayerischen Agentur für Digitales (byte) entwickelte Open-Data-Plattform open.bydata hat sich zu einem zentralen Bestandteil des Datenökosystems in Bayern entwickelt. Sie konnte sich nun im unabhängigen Ranking der Open Knowledge Foundation (OKF) in der Kategorie Datenportal auf Platz 1 positionieren. mehr...
Berlin: Geodatenschätze entdecken
[30.07.2024] Einen digitalen Stadtführer durch die Geodatenwelt des Landes Berlin bietet jetzt das gemeinnützige KI-Tool GeoExplorer. Entwickelt wurde es von der Open Data Informationsstelle (ODIS) der Technologiestiftung Berlin. mehr...
Bonn: Auf dem Weg zum Urban Data Management
[22.07.2024] Im städtischen Kontext fallen eine Vielzahl von Daten aus allen Bereichen der Gesellschaft an und werden gesammelt. Die Stadt Bonn hat eine Datenstrategie und Datengovernance für urbane Daten verabschiedet und will ihren Datenschatz durch ein umfassendes Urban Data Management zugänglich machen. mehr...
Open Data: Ideen für ländliche Kommunen gesucht
[20.06.2024] Innovative Lösungen zum Einsatz von offenen Verwaltungsdaten in ländlichen Kommunen sucht jetzt das Bundeslandwirtschaftsministerium im Zuge eines Ideenwettbewerbs. mehr...
Dresden: Digitale Lösungen gegen Extremwetter
[16.05.2024] Beim diesjährigen Open Data Camp der Stadt Dresden und der Sächsischen Staatskanzlei sollen die Teilnehmenden unter dem Motto „Cool down – Hack die Extreme“ kreative digitale Lösungen zur Anpassung an Extremwetterlagen entwickeln. mehr...
Bayern: Kompetenz für Open Data
[10.05.2024] Ein Kompetenzzentrum für Open Data wollen in Bayern das Digitalministerium und die Digitalagentur byte etablieren. Das Portfolio des Kompetenzzentrums umfasst neben dem Open-Data-Portal umfassende Serviceleistungen, die den Einstieg in die Datenbereitstellung auch für kleinste Behörden und Kommunen möglich machen. mehr...
Open Government: Haushaltsdaten digital veröffentlichen
[03.05.2024] Neben der Haushaltssatzung sollten die Bürgerinnen und Bürger auch auf den kommunalen Haushaltsplan jederzeit unkompliziert zugreifen können. Es empfiehlt sich deshalb die Online-Veröffentlichung. Der Einsatz digitaler Methoden sorgt darüber hinaus für mehr Transparenz und bessere Auswertungsmöglichkeiten. mehr...
Open Data Barcamp: Raum für Austausch und Networking
[11.03.2024] Das Open Data Barcamp bietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und sich im Bereich Open Data auszutauschen. Das Besondere: Sie haben die Möglichkeit, das Programm selbst zu gestalten. mehr...
Rhein-Kreis Neuss: Open Data interkommunal
[16.02.2024] Der Rhein-Kreis Neuss und die angehörigen Kommunen setzen auf ein gemeinsames Open-Data-Portal. Die interkommunale Kooperation bringt viele Vorteile. Und macht den Rhein-Kreis Neuss zum führenden Landkreis bei der Bereitstellung von offenen Daten. mehr...
Open Data: Katalysator für Fortschritt
[01.02.2024] Das Open-Data-Portal GovData spielt in der nationalen Datenstrategie „Fortschritt durch Datennutzung“ eine wichtige Rolle. Auch viele Kommunen stellen ihre offenen Daten bereits über die Plattform zur Verfügung. mehr...
Open Source: Open CoDE für Kooperation
[16.01.2024] Um Open Source rechtssicher einzusetzen und gemeinsam voranzubringen, tauschen sich aktuell mehr als 2.900 Nutzende aus Kommunen, Bund und Ländern sowie deren IT-Dienstleister auf der Plattform Open CoDE aus und entwickeln Code weiter. mehr...
Augsburg: Statistikportal macht Daten verfügbar
[09.01.2024] Das Augsburger Amt für Statistik und Stadtforschung sammelt, prüft und verarbeitet Daten aus den unterschiedlichsten Bereichen. Nun wurde ein neues Online-Portal gelauncht, das diese Informationen aufbereitet und – auch als Open Data – öffentlich zugänglich macht. mehr...
Bayern: Open Data für jede Kommune
[04.12.2023] Um die heterogene Datenlandschaft zu harmonisieren und jeder Kommune die Möglichkeit zu geben, ihre Daten zu veröffentlichen, hat Bayern im Frühjahr ein Open-Data-Portal gestartet. Neben dem Portal gibt es auch umfassende Beratung. Immer mehr Kommunen nutzen das Angebot. mehr...
Berlin: Weihnachtsmarkt-App mit neuen Funktionen
[01.12.2023] Der Berliner Weihnachtsmarkt-Finder zeigt auf einer interaktiven Karte fast alle Märkte der Hauptstadt und dazugehörige Angaben wie Anfahrt oder Öffnungszeiten an. Neu hinzugekommen sind in diesem Jahr Infos zum Wetter und ein Filter zur Barrierefreiheit. mehr...
Bundeshaushalt: Mittel für digitale Souveränität halbiert
[23.11.2023] Im Bundeshaushalt für 2024 sind die Mittel für Projekte im Bereich digitale Souveränität und Open Source deutlich gekürzt worden. Die Bundesregierung habe es damit erneut verpasst, finanziell die notwendigen Akzente zu setzen, um die digitalen Abhängigkeiten der Verwaltung zu reduzieren, kritisiert die OSB Alliance. mehr...