Dokumenten-ManagementPraktisch scannen
Bereits im Jahr 2007 hat sich das oberbayerische Landratsamt Weilheim-Schongau entschieden, Akten künftig elektronisch zu führen und ein Dokumenten-Management-System (DMS) zu realisieren. Gemäß einem Beschluss der IT-Lenkungsgruppe und der Geschäftsführung des Landratsamts ist bis 2020 die flächendeckende Einführung einer Allgemeinen Schriftgutverwaltung ASV sowie die Anbindung von Fachverfahren geplant. Um das Projekt kompetent zu begleiten, wurde eigens die Stelle Projektmanagement DMS geschaffen. Zusätzlich werden durch ein zentrales Prozess-Management die Prozesse rund um die digitale Akte erfasst und für die elektronische Führung optimiert und dokumentiert.
Insgesamt bettet das Landratsamt die E-Akten-Einführung in eine ganzheitliche Strategie zur Digitalisierung der Geschäftsprozesse ein. Dazu gehört nicht nur ein zentraler organisatorischer Verzeichnisdienst mit Adressdatenbank, Leistungskatalog und Basisdaten für den Internet-Auftritt. Mit dem Bürgerserviceportal und der Bayern ID ist auch eine Plattform für digitale Kontakte zum Bürger oder zu Unternehmen enthalten. Aufgrund des aktuell größeren Potenzials in der Wertschöpfungskette liegt der Fokus auf der Digitalisierung. Zudem ist eine sukzessive Digitalisierung der Fachverfahren geplant. Ein flexibler (Remote)-Zugriff auf Daten des Landratsamts für interne Mitarbeiter macht beispielsweise Heimarbeitsplätze oder mobiles Arbeiten möglich. Nicht zuletzt umfasst die Strategie auch eine zentrale Collaboration-Plattform, die es erlaubt, digitale Daten sicher auszutauschen.
Aktenrelevante Dokumente werden als selbsttragendes Archiv realisiert
Das Dokumenten-Management-System enaio von Optimal Systems dient als Fachverfahren, um die elektronischen Akten zu führen. Die Lösung stellt Mehrwertdienste zur Verfügung – vom übersichtlichen Front End über Verschlagwortung, Recherche und Workflows bis hin zur Mitzeichnung, zum elektronischen Signieren, zur Verifikation von Signaturen oder zum Aktenim- und Export. Die aktenrelevanten Dokumente und Metadaten werden künftig als standardisiertes, selbsttragendes Archiv – XML formatted Archival Information Package (XAIP) – realisiert. Begleitende Dienste wie die Signaturprüfung, das Aufbringen von Signaturen, die Verschlüsselung oder die rechtssichere Führung der E-Akte werden über die virtuelle Poststelle (VPS) proGOV von Anbieter Procilon realisiert.
XAIP erlaubt eine Versionierung von Dokumenten. Alle für den Scan-Prozess und die Aktenführung relevanten Metadaten wie Verschlagwortung, Protokollierung, Mitzeichnung oder Anmerkungen liegen an einem Ort (Container), ferner wird die E-Akte selbst unabhängig vom DMS-Anbieter realisiert. Über ein noch zu definierendes Format können E-Akten strukturiert und inklusive Metadaten rechtssicher ausgetauscht werden. Schlussendlich betreibt das Landratsamt mit XAIP eine rechtssichere E-Akte und ein rechtssicheres Langzeitarchiv (TR-ESOR). Wichtig ist, dass alle Dokumente, von Scans über E-Mails bis hin zu PDF-Dokumenten, dem gleichen Prozess bei der Veraktung unterliegen. Alle aktenrelevanten Dokumente werden also über das DMS und die VPS ins XAIP überführt.
Der ordnungsgemäße E-Akte-Betrieb muss sichergestellt sein. Dazu enthält unter anderem das Bayerische E-Government-Gesetz Vorgaben, die aber nicht konkret ausgeführt sind. Gefordert wird beispielsweise, dass das ersetzende Scannen gemäß dem Stand der Technik erfolgt.
Das Landratsamt Weilheim-Schongau ist über zehn Standorte verteilt, in denen Post eingeht und gescannt werden muss. Um die Prozesse nicht zu verlangsamen, kommt nur ein dezentrales Scannen über die im Haus vorhandenen Hochleistungsscanner, Multifunktionsgeräte oder Arbeitsplatz-Scanner infrage. Zusammen mit der Projektgruppe Ersetzendes Scannen der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, dem Runden Tisch Rechtskonforme E-Akte und der Firma Itellent entwickelt das Landratsamt aktuell eine Musterverfahrensbeschreibung für das ersetzende Scannen in Kommunen. In diesem Zusammenhang werden die Themen Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit beim Scannen in Kommunen definiert.
Virtuelle Poststelle im Rechenzentrum vergibt Zeitstempel
Wie sich bereits abzeichnet, wird der Schutzbedarf für die Integrität beim ersetzenden Scannen in der Regel auf dem Niveau „normal“ liegen. Ein Signieren der Dokumente ist somit nicht erforderlich. Wer Zugriff auf die Dokumente während des Scannens und beim Überführen des Scans in die elektronische Akte hat, ist je nach Aktenart zu definieren. Der Schutzbedarf für das Thema Vertraulichkeit unterscheidet sich aber grundsätzlich nicht von dem der analogen Aktenführung. Das Thema Verfügbarkeit muss im Rahmen einer Musterverfahrensbeschreibung nicht explizit definiert werden. Diese Maßnahmen werden im Rahmen der Umsetzung von ISIS12 beziehungsweise IT-Grundschutz definiert. Gemäß des bayerischen E-Government-Gesetzes sind sie bis Januar 2018 verpflichtend für alle Kommunen des Freistaats einzuführen.
Als erste Maßnahme zur Integrität wird in einer Dienstanweisung der Prozess „Sichtprüfung der gescannten Dokumente auf Vollständigkeit und Lesbarkeit“ definiert. Ferner wird definiert, dass mit dem Ablegen oder Speichern des Dokuments im DMS die Vollständigkeit und Lesbarkeit, also die Übereinstimmung mit dem Original, bestätigt wird. Über die Verschlagwortungsmaske werden die dazugehörigen Metadaten, etwa der Zeitpunkt des Scannens oder das Posteingangsdatum, ins XAIP-Archiv zum Dokument geschrieben. Im Rechenzentrum werden sie über die virtuelle Poststelle mit einem Zeitstempel versehen, künftig lassen sie sich beispielsweise auch über ein elektronisches Siegel digital signieren.
Maßnahmen zur Vertraulichkeit sind ebenfalls wichtig. So wird beispielsweise beim Schutzbedarf „hoch“ definiert, dass ein Scannen nur über einen Arbeitsplatzscanner, nur durch berechtigte Personen und nur direkt in die E-Akte oder in speziell geschützte Bereiche erlaubt ist. Außerdem sind Prozessanpassungen vorzunehmen. Denn je mehr Dokumente bereits in elektronischer Form eingehen, desto weniger muss gescannt werden. So hat das Landratsamt Weilheim-Schongau beispielsweise im IT-Bereich eine Initiative gestartet: Auf allen Bestellungen findet sich ein Hinweis, dass Rechnungen als PDF-Dokument gestellt werden sollen.
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