Mittwoch, 2. April 2025

Serie Smart CitiesRaumwirkung der Digitalisierung

[24.08.2023] Wie lassen sich Smart-City-Ansätze für die Stadt- und Regionalentwicklung nutzen? Dieser Frage widmet sich eine Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft im Rahmen der Modell­projekte Smart Cities.
Digitalisierung: Ein zentraler Treiber des räumlichen Wandels.

Digitalisierung: Ein zentraler Treiber des räumlichen Wandels.

(Bildquelle: Urban Catalyst/Johanna Amtmann)

Die fortschreitende Digitalisierung bringt enorme Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen mit sich. Von der Art und Weise, wie wir kommunizieren, darüber, welche Wege und Verkehrsmittel wir nutzen, bis hin zu unseren Einkaufsgewohnheiten. Digitale Angebote verändern und erleichtern nicht nur viele alltägliche Abläufe und Prozesse, die Digitalisierung wird auch zu einem zentralen Treiber des räumlichen Wandels. Die anhaltende Verlagerung vom stationären Einzelhandel hin zum Online-Handel ist beispielsweise mitverantwortlich für den Strukturwandel in deutschen Innenstädten und führt gleichzeitig zu einer erhöhten Frequenz im Lieferverkehr. Exemplarisch ist auch, wie die Etablierung des Homeoffice durch digitale Kommunikationswege die Raumstruktur in der Stadt und auf dem Land beeinflusst. Büroräume verlieren an Bedeutung und durch hybride Arbeitsmodelle werden plötzlich neue Pendeldistanzen in die Ballungsräume denkbar.
Das hat zur Folge, dass sich die kommunale Planung verstärkt mit diesen Veränderungen auseinandersetzen muss. Dabei geht es nicht allein darum, die unbeabsichtigten Auswirkungen der Digitalisierung in aktuelle Planungsaufgaben zu integrieren. Vielmehr haben viele Kommunen auch das Gestaltungspotenzial von Smart-City-Initiativen erkannt, indem sie digitale Ansätze und Instrumente für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung nutzen. Jede Stadt und Region hat ihre eigenen räumlichen Bezüge und Herausforderungen, die es entsprechend der lokalen Prägung und Eigenart herauszuarbeiten gilt.

Neue Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft

So hat beispielsweise das Modellprojekt Smart Cities „digital.interkommunal“ aus Kalletal und Lemgo mit der Digitalisierung der Weserfähre ein spezifisches Anliegen der Rad- und Wanderwegenutzung erfolgreich adressiert. Durch den Einsatz von Sensoren werden kontinuierlich Umweltbedingungen gemessen, welche die Verfügbarkeit der Fähre beeinflussen. Diese Informationen werden mithilfe der LoRaWAN-Technologie übertragen. So können Radfahrende und Wandernde jederzeit auf die aktuellen Abfahrtszeiten der Fähre zugreifen und diese in ihre individuelle Routenplanung integrieren.
Unter den vom Bund geförderten Modellprojekten Smart Cities haben sich im Herbst 2022 interessierte Kommunen zu einer Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft (AEG) zusammengeschlossen, um die räumlichen Auswirkungen der Digitalisierung stärker zu adressieren. Im Vordergrund steht zunächst der Austausch über zukunftsfähige Handlungsansätze. Dieses Wissen soll dann aufbereitet und anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden.
Eine Themengruppe konzentriert sich auf das Thema „Teilhabe in unterschiedlichen Sozialräumen“. Ausgangspunkt ist die gemeinsame Beobachtung, dass die Kommunen mit ihren Smart-City-Initiativen nur dann alle Bevölkerungsgruppen erreichen, wenn sie zielgruppenspezifische Kommunikations- und Beteiligungsformate anbieten. Gleichzeitig wird die Beteiligung möglichst vieler Bevölkerungsgruppen als wichtige Grundlage für eine breite Akzeptanz der räumlichen Auswirkungen der Digitalisierung gesehen.

Thema für alle greifbar kommunizieren

Dabei gilt es zunächst, die Anforderungen und Bedürfnisse der verschiedenen Quartiere in den Kommunen mit ihren unterschiedlichen sozialräumlichen Prägungen zu verstehen, um anschließend passgenaue Beteiligungsangebote etablieren zu können und aus Praxisbeispielen voneinander zu lernen. Eine zentrale Frage ist etwa, wie das komplexe und teilweise abstrakte Thema Smart City für alle greifbar kommuniziert werden kann. Gerade die Einbindung von Jugendlichen und Senioren gestaltet sich bei kommunalen Beteiligungsangeboten zum Thema Smart City oft schwierig. Hier wurde beobachtet, dass jüngere Menschen vor allem über einen attraktiven Ort oder Treffpunkt erreicht werden können, während sich Ältere über ganz konkrete Maßnahmen oder spezifische Fragestellungen informieren und beteiligen.
Die Stadt Iserlohn konnte beispielsweise durch die Veranstaltung Maker­thon kreative Ideen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Gestaltung der Innenstadt sammeln. Hierfür wurde ein attraktiver Arbeitsraum in einem Co-Working-Space gewählt. Zusätzlich wurde ein Medienmobil mit innovativer Ausstattung und Programmier-Workshops integriert, um weitere Anreize zu schaffen. Um viele Jugendliche für den Workshop zu erreichen, hat Iserlohn gute Erfahrungen mit der Einbindung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren gemacht sowie mit der Ankündigung über bestehende Netzwerke und der Verteilung von hochwertigen Goodie Bags an alle Teilnehmenden. Die eingebrachten Ideen reichten von WLAN für die ganze Stadt über ein Jugendcafé mit Bühne bis hin zu einem neuen Skatepark.

Sozialplanung als Impulsgeberin

Neben dem Lernen an konkreten Beispielen möchte die Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft auch die Sozialraumanalyse als etabliertes Instrument der Stadtplanung nutzen. Ein nächster Schritt könnte hier der Aufbau eines Sozialraummonitors sein, der Handlungsräume im gesamtstädtischen Kontext aufzeigt und eine differenzierte Betrachtung auf Raumwirkungen der Digitalisierung erlaubt. Grundlage hierfür ist die Schärfung und Entwicklung geeigneter Indikatoren, die es ermöglichen, die räumlichen Auswirkungen digitaler Transformationsprozesse zu messen. Im stetigen Austausch sollen so modellhafte Lösungen für passgenaue Beteiligungsformate generiert werden.
Auch bei der Frage, welche Bürgerinnen und Bürger von welchen räumlichen Veränderungen besonders betroffen sind, kann die Sozialplanung interessante Impulse liefern. Wird in einem Quartier beispielsweise eine neue Mobilitätsstation geplant, können sozialräumliche Informationen über den Umkreis, wie etwa die demografische Verteilung oder der Zugang zu einem digitalen Endgerät, die Kommunikation der Maßnahme mit den Bürgerinnen und Bürgern erleichtern und so eine gerechte Teilhabe an digitalen Transformationen im öffentlichen Raum fördern.
Um die räumlichen Auswirkungen der Digitalisierung auch aus anderen Blickwinkeln zu beleuchten, sind weitere Themenkomplexe in Planung. So soll beispielsweise die Betrachtung konkreter Raumtypologien, wie Gewerbegebiete, Innenstädte und Quartiere vertieft werden. Die gemeinsame Arbeit der Modellprojekte ist ein wichtiger Schritt, um sich dem abstrakten Thema der räumlichen Auswirkungen digitaler Prozesse zu nähern, Risiken zu minimieren und gemeinsam zukunftsfähige Räume zu gestalten.

Johanna Amtmann, Christoph Walther, Urban Catalyst GmbH, Berlin; Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities (KTS).

Serie Smart Cities, Teil 1: Stärker durch interkommunale Kooperationen
Teil 2: Urbane Datenplattformen
Teil 3: Digitale Zwillinge
Teil 4: Smarte Regionen
Teil 5: Resilienz und Klimaanpassung
Teil 6: Raumwirkung der Digitalisierung



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City
Zweiräder, autos und Fußgänger an einer großstaädtischen Kreuzung.

Fraunhofer FOKUS: Digital Twin hilft beim Routing

[02.04.2025] Das Smart Mobility-Team von Fraunhofer FOKUS hat im Projekt KIS’M eine Fahrrad-App entwickelt, die auf einem digitalen Zwilling des Berliner Straßenverkehrs basiert. Die App berücksichtigt individuelle Präferenzen bei der Routenplanung und bietet einen Ampelphasenassistenten. mehr...

Virtuell abstrakte 3D-Vektorflagge der Europäischen Union aus dreieckigen Polygonen auf blauem Hintergrund.

Local Digital Twins Toolbox: EU-Projekt für Kommunen

[31.03.2025] Mit der Local Digital Twins Toolbox unterstützt die Europäische Kommission Kommunen bei der Einführung entsprechender Lösungen. Teilnehmende Städte und Gemeinden bekommen wichtige Werkzeuge an die Hand und werden individuell beraten. mehr...

Startbildschirm der Website Smart City Dresden

Dresden: Website zu Smart-City-Projekten

[31.03.2025] Eine neue Website mit Informationen zu ihren Smart-City-Projekten hat die Stadt Dresden jetzt online gestellt. Zu den momentan 17 geförderten Vorhaben zählen unter anderem die Entwicklung eines interaktiven 3D-Stadtmodells und ein Testfeld für zukunftsfähige Verkehrsstrukturen. mehr...

Startseite des Webauftritts Smartes Fichtelgebirge

Landkreis Wunsiedel: Digitaler Zwilling im Aufbau

[31.03.2025] Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge soll einen Digitalen Zwilling bekommen. Die Ausschreibung für die Anschaffung der nötigen LoRaWAN-Technologie ist bereits gestartet. Erste Anwendungen sollen noch in diesem Jahr in Betrieb gehen, insbesondere im Bereich Katastrophenschutz. mehr...

Troisdorfer Smart City Maskottchen SmarTa schaukelt in einer Hängematte

Troisdorf: Mit der smarT:app die Freizeit gestalten

[28.03.2025] Die smarT:app der Stadt Troisdorf unterstützt Nutzende mit einer interaktiven Karte jetzt auch bei der Freizeitgestaltung. mehr...

Cover der Studie Smart City Apps

Smart-City-Apps: Marktüberblick für Kommunen

[27.03.2025] Das Angebot an Smart-City-Apps auf dem deutschen Markt wächst stetig. Eine aktuelle Publikation des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) soll Kommunen einen Überblick über App-Angebote für ihre Region geben. mehr...

Blick aus der Vogelperspektive auf den Parkplatz am Gütersloher Marktplatz

Gütersloh: Daten zum Parken in der City

[26.03.2025] In Gütersloh sollen temporäre Kameras an Parkplätzen, Parkhäusern und Straßenlaternen analysieren, wie Autos und Fahrräder parken. Die erhobenen Daten will die Kommune für eine nachhaltige Verkehrsplanung nutzen. mehr...

Diskussionspanel mit vier Personen auf einer warm ausgeleichteten Bühne, im Hintergrund eine Projektion.

Pforzheim: Erfolgreiche Smart City Days

[24.03.2025] Mit einer mehrtägigen Veranstaltungsreihe präsentierte die Stadt Pforzheim den Bürgerinnen und Bürgern verschiedenste Themen und Aspekte aus den Bereichen Smart City, Digitalisierung und KI. Ziel war es, zu zeigen, wie innovative Technologien zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen. mehr...

Landrätin Anita Schneider und Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher sitzen nebeneinander an einem Tisch und unterzeichnen ein Dokument.

Gießen: Stadt und Landkreis kooperieren

[20.03.2025] Der Kreis und die Stadt Gießen arbeiten jetzt gemeinsam an digitalen Lösungen. Unter anderem wollen sie digitale Anwendungen austauschen. Auch wollen die beiden Kommunen in einer Arbeitsgemeinschaft noch intensiver zusammenarbeiten. mehr...

Augsburg: Im Gespräch bleiben

[20.03.2025] Bei ihrer Bürgerkommunikation setzt die Stadt Augsburg auch auf das Medium Podcast. Oberbürgermeisterin Eva Weber spricht mit einem Moderator und manchmal weiteren Gästen über ein breites Spektrum an Themen. In der aktuellen Folge geht es um Smart City. mehr...

Mehrere Personen stehen um eine Drohne versammelt.

SmartCity-Summit.Niederrhein: Vierte Auflage mit Teilnehmerrekord

[20.03.2025] Zum vierten Mal hat in Mönchengladbach der SmartCity-Summit.Niederrhein stattgefunden und einen Teilnehmerrekord von über 600 Anmeldungen erreicht. Thematisiert wurden unter anderem die nächsten Smart-City-Projekte der Stadt. mehr...

Mehrere Personen stehen auf einer Bühne und halten eine Urkunde in der Hand.

Smart City Aachen: Erfolgreicher Smart-City-Ideenwettbewerb

[17.03.2025] Ein Smart-City-Ideenwettbewerb wurde in Aachen ausgerichtet. Gewonnen haben eine Plattform zur Echtzeitanzeige freier Lernräume, interaktive Informationsstationen, an denen ein Chatbot Auskunft gibt, ein Softwareassistent für smarte Stromnetze und eine Lösung für den strategischen Ausbau der Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge. mehr...

Vektorgrafik, die einen Menschen vor mehreren hintereinander aufgestellten Hürden zeigt.
bericht

Smart City: Rechtliche Fragen

[13.03.2025] Was ist bei der Vergabe von innovativen Lösungen zu beachten? Wie können Kommunen miteinander kooperieren? Und wie kann sichergestellt werden, dass Daten rechtssicher erhoben werden? Auch mit solchen Fragen müssen sich smarte Städte und Regionen beschäftigen. mehr...

Wolfsburg: Sensorik hält Rettungswege frei

[12.03.2025] Um Rettungswege am Klinikum dauerhaft freizuhalten und im Notfall schnelle Hilfe zu gewährleisten, setzt die Stadt Wolfsburg auf innovative Technologien: An besonders kritischen Halteverbotszonen wurden jetzt 22 Bodensensoren installiert, die erkennen, ob ein Fahrzeug dort widerrechtlich parkt. mehr...

BMWSB: Start der Smart City Akademie

[06.03.2025] Die Smart City Akademie der KTS startet jetzt mit kostenfreien Weiterbildungen für kommunale Fachkräfte. Das BMWSB-geförderte Angebot vermittelt praxisnahes Wissen zu digitalen und nachhaltigen Stadtentwicklungsstrategien – von Stadtplanung bis Cybersicherheit. mehr...