Samstag, 26. April 2025

Serie Smart CitiesRaumwirkung der Digitalisierung

[24.08.2023] Wie lassen sich Smart-City-Ansätze für die Stadt- und Regionalentwicklung nutzen? Dieser Frage widmet sich eine Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft im Rahmen der Modell­projekte Smart Cities.
Digitalisierung: Ein zentraler Treiber des räumlichen Wandels.

Digitalisierung: Ein zentraler Treiber des räumlichen Wandels.

(Bildquelle: Urban Catalyst/Johanna Amtmann)

Die fortschreitende Digitalisierung bringt enorme Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen mit sich. Von der Art und Weise, wie wir kommunizieren, darüber, welche Wege und Verkehrsmittel wir nutzen, bis hin zu unseren Einkaufsgewohnheiten. Digitale Angebote verändern und erleichtern nicht nur viele alltägliche Abläufe und Prozesse, die Digitalisierung wird auch zu einem zentralen Treiber des räumlichen Wandels. Die anhaltende Verlagerung vom stationären Einzelhandel hin zum Online-Handel ist beispielsweise mitverantwortlich für den Strukturwandel in deutschen Innenstädten und führt gleichzeitig zu einer erhöhten Frequenz im Lieferverkehr. Exemplarisch ist auch, wie die Etablierung des Homeoffice durch digitale Kommunikationswege die Raumstruktur in der Stadt und auf dem Land beeinflusst. Büroräume verlieren an Bedeutung und durch hybride Arbeitsmodelle werden plötzlich neue Pendeldistanzen in die Ballungsräume denkbar.
Das hat zur Folge, dass sich die kommunale Planung verstärkt mit diesen Veränderungen auseinandersetzen muss. Dabei geht es nicht allein darum, die unbeabsichtigten Auswirkungen der Digitalisierung in aktuelle Planungsaufgaben zu integrieren. Vielmehr haben viele Kommunen auch das Gestaltungspotenzial von Smart-City-Initiativen erkannt, indem sie digitale Ansätze und Instrumente für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung nutzen. Jede Stadt und Region hat ihre eigenen räumlichen Bezüge und Herausforderungen, die es entsprechend der lokalen Prägung und Eigenart herauszuarbeiten gilt.

Neue Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft

So hat beispielsweise das Modellprojekt Smart Cities „digital.interkommunal“ aus Kalletal und Lemgo mit der Digitalisierung der Weserfähre ein spezifisches Anliegen der Rad- und Wanderwegenutzung erfolgreich adressiert. Durch den Einsatz von Sensoren werden kontinuierlich Umweltbedingungen gemessen, welche die Verfügbarkeit der Fähre beeinflussen. Diese Informationen werden mithilfe der LoRaWAN-Technologie übertragen. So können Radfahrende und Wandernde jederzeit auf die aktuellen Abfahrtszeiten der Fähre zugreifen und diese in ihre individuelle Routenplanung integrieren.
Unter den vom Bund geförderten Modellprojekten Smart Cities haben sich im Herbst 2022 interessierte Kommunen zu einer Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft (AEG) zusammengeschlossen, um die räumlichen Auswirkungen der Digitalisierung stärker zu adressieren. Im Vordergrund steht zunächst der Austausch über zukunftsfähige Handlungsansätze. Dieses Wissen soll dann aufbereitet und anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden.
Eine Themengruppe konzentriert sich auf das Thema „Teilhabe in unterschiedlichen Sozialräumen“. Ausgangspunkt ist die gemeinsame Beobachtung, dass die Kommunen mit ihren Smart-City-Initiativen nur dann alle Bevölkerungsgruppen erreichen, wenn sie zielgruppenspezifische Kommunikations- und Beteiligungsformate anbieten. Gleichzeitig wird die Beteiligung möglichst vieler Bevölkerungsgruppen als wichtige Grundlage für eine breite Akzeptanz der räumlichen Auswirkungen der Digitalisierung gesehen.

Thema für alle greifbar kommunizieren

Dabei gilt es zunächst, die Anforderungen und Bedürfnisse der verschiedenen Quartiere in den Kommunen mit ihren unterschiedlichen sozialräumlichen Prägungen zu verstehen, um anschließend passgenaue Beteiligungsangebote etablieren zu können und aus Praxisbeispielen voneinander zu lernen. Eine zentrale Frage ist etwa, wie das komplexe und teilweise abstrakte Thema Smart City für alle greifbar kommuniziert werden kann. Gerade die Einbindung von Jugendlichen und Senioren gestaltet sich bei kommunalen Beteiligungsangeboten zum Thema Smart City oft schwierig. Hier wurde beobachtet, dass jüngere Menschen vor allem über einen attraktiven Ort oder Treffpunkt erreicht werden können, während sich Ältere über ganz konkrete Maßnahmen oder spezifische Fragestellungen informieren und beteiligen.
Die Stadt Iserlohn konnte beispielsweise durch die Veranstaltung Maker­thon kreative Ideen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Gestaltung der Innenstadt sammeln. Hierfür wurde ein attraktiver Arbeitsraum in einem Co-Working-Space gewählt. Zusätzlich wurde ein Medienmobil mit innovativer Ausstattung und Programmier-Workshops integriert, um weitere Anreize zu schaffen. Um viele Jugendliche für den Workshop zu erreichen, hat Iserlohn gute Erfahrungen mit der Einbindung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren gemacht sowie mit der Ankündigung über bestehende Netzwerke und der Verteilung von hochwertigen Goodie Bags an alle Teilnehmenden. Die eingebrachten Ideen reichten von WLAN für die ganze Stadt über ein Jugendcafé mit Bühne bis hin zu einem neuen Skatepark.

Sozialplanung als Impulsgeberin

Neben dem Lernen an konkreten Beispielen möchte die Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft auch die Sozialraumanalyse als etabliertes Instrument der Stadtplanung nutzen. Ein nächster Schritt könnte hier der Aufbau eines Sozialraummonitors sein, der Handlungsräume im gesamtstädtischen Kontext aufzeigt und eine differenzierte Betrachtung auf Raumwirkungen der Digitalisierung erlaubt. Grundlage hierfür ist die Schärfung und Entwicklung geeigneter Indikatoren, die es ermöglichen, die räumlichen Auswirkungen digitaler Transformationsprozesse zu messen. Im stetigen Austausch sollen so modellhafte Lösungen für passgenaue Beteiligungsformate generiert werden.
Auch bei der Frage, welche Bürgerinnen und Bürger von welchen räumlichen Veränderungen besonders betroffen sind, kann die Sozialplanung interessante Impulse liefern. Wird in einem Quartier beispielsweise eine neue Mobilitätsstation geplant, können sozialräumliche Informationen über den Umkreis, wie etwa die demografische Verteilung oder der Zugang zu einem digitalen Endgerät, die Kommunikation der Maßnahme mit den Bürgerinnen und Bürgern erleichtern und so eine gerechte Teilhabe an digitalen Transformationen im öffentlichen Raum fördern.
Um die räumlichen Auswirkungen der Digitalisierung auch aus anderen Blickwinkeln zu beleuchten, sind weitere Themenkomplexe in Planung. So soll beispielsweise die Betrachtung konkreter Raumtypologien, wie Gewerbegebiete, Innenstädte und Quartiere vertieft werden. Die gemeinsame Arbeit der Modellprojekte ist ein wichtiger Schritt, um sich dem abstrakten Thema der räumlichen Auswirkungen digitaler Prozesse zu nähern, Risiken zu minimieren und gemeinsam zukunftsfähige Räume zu gestalten.

Johanna Amtmann, Christoph Walther, Urban Catalyst GmbH, Berlin; Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities (KTS).

Serie Smart Cities, Teil 1: Stärker durch interkommunale Kooperationen
Teil 2: Urbane Datenplattformen
Teil 3: Digitale Zwillinge
Teil 4: Smarte Regionen
Teil 5: Resilienz und Klimaanpassung
Teil 6: Raumwirkung der Digitalisierung



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City
Panoramaansicht der Innenstadt von Jena

Jena: Smarter und vernetzter

[25.04.2025] Im Rahmen des Smart-City-Projekts der Stadt Jena sind bereits zahlreiche innovative Lösungen für aktuelle Herausforderungen entwickelt worden – vom Umweltschutz über digitale Teilhabe bis hin zu Gesundheitsversorgung und Mobilität. mehr...

Luftaufnahme von Regensburg.

Regensburg: Verbessertes Verkehrsmanagement

[24.04.2025] Mit einem umfassend modernisierten Verkehrsmanagementsystem arbeitet jetzt die Stadt Regensburg. Herzstück ist der erneuerte zentrale Verkehrsrechner. Auch wurden Ampelanlagen modernisiert, Umweltsensoren installiert und ein digitales Qualitätsmanagement eingerichtet. mehr...

Svenja Schönert, Robin Eisbach, Sebastian Klein und Dennis Ignasiak stehen vor einem großen Bildschirm plus Whiteboard, auf denen jeweils ein Screenshot der Datenplattform der Smart City Menden zu sehen sind.

Menden: Digitaler Zwilling veröffentlicht

[23.04.2025] Einen Digitalen Zwilling der Stadt bietet jetzt die Smart City Menden an. Die neue Onlineplattform zeigt lokale Umwelt- und Klimadaten in Echtzeit an und bietet damit praktische Funktionen für den Alltag – vom Hochwasserschutz mithilfe von Live-Pegeldaten bis hin zum digitalen Besuch eines 3D-Stadtmodells. mehr...

Duisburg: Smart City sucht Bürgerideen

[17.04.2025] Ihren Smart-City-Masterplan will die Stadt Duisburg gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern weiterentwickeln. Noch bis Ende Mai können diese ihre Ideen online einbringen. Die Stadt will alle Vorschläge sichten, bewerten und, sofern möglich, in den neuen Masterplan einbringen. mehr...

Grafik mit den Daten zur Teilnahme am Smart-City-Masterplan der Stadt Stuttgart.

Stuttgart: Smart-City-Masterplan in Arbeit

[16.04.2025] Unter Beteiligung der Stadtgesellschaft erarbeitet Stuttgart einen umfassenden Smart-City-Masterplan. In Workshops diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft entsprechende Ideen und Projekte. Online können außerdem Vorhaben bewertet und kommentiert werden. mehr...

Markus Wartha, Bundesdigitalminister Dr. Volker Wissing, Landaus Oberbürgermeister Dr. Dominik Geißler und Dr. Beate Ginzel, Leiterin des Referats Digitale Stadt in Leipzig.

Leipzig / Landau in der Pfalz: Modellstädte für KI-gestützte Verkehrssteuerung

[15.04.2025] Die Städte Leipzig und Landau in der Pfalz werden als Pilotregionen im Forschungsprojekt AIAMO (Artificial Intelligence And MObility) an der KI-gestützten Verkehrssteuerung arbeiten. Die Ergebnisse sollen auf kleine und mittlere Kommunen übertragbar sein. mehr...

Regionalkonferenz MPSC: Smart sein

[11.04.2025] Wie Städte digital und nachhaltig wachsen können, steht im Mittelpunkt der 22. Regionalkonferenz des Bundesprogramms Modellprojekte Smart Cities am 3. Juni 2025 in Halle (Saale). mehr...

Digitalstaatssekretär Stefan Sauer in einem Park, gemeinsam mit den drei Bürgermeistern Marc Friedrich, Jochen Engel und Marcus Merkel.

Interkommunale Zusammenarbeit: Smarte Daten helfen Bauhöfen

[11.04.2025] Daten aus Sensoren und eine App unterstützen die Orte Nauheim, Trebur und Büttelborn dabei, Baumbewässerung und Streueinsätze gezielt zu planen und künftig auch die Beleuchtung bedarfsabhängig zu steuern. Die Kommunen haben das Projekt gemeinsam umgesetzt. mehr...

Eine Ampel mit Pfeil nach rechts zeigt grün.
bericht

Digitale Verkehrssteuerung: KIMONO sorgt für Neustart

[10.04.2025] Kaiserslautern hat seiner verkehrstechnischen Infrastruktur bis 2033 eine umfassende Modernisierung und Digitalisierung verordnet. Von den im Rahmen des Projekts KIMONO entstehenden Lösungen können auch andere Kommunen profitieren. mehr...

Parkzone entlang einer Hamburger Straße.
bericht

Hamburg: Parkraum effizient prüfen

[09.04.2025] In Hamburg können Parkberechtigungen digital beantragt und von den Kontrollkräften online überprüft werden. In Zukunft sollen Scan-Fahrzeuge für noch mehr Effizienz bei der Parkraumkontrolle sorgen – vorausgesetzt, die rechtliche Grundlage wird geschaffen. mehr...

Vektorgrafik einer Smart City.

Kreis Hameln-Pyrmont: Smart City geht in Verlängerung

[09.04.2025] Der als Modellprojekt Smart Cities geförderte Kreis Hameln-Pyrmont hat die kostenneutrale Verlängerung der Projektlaufzeit um ein Jahr beantragt – mit Erfolg. Durch den zeitintensiven Abstimmungsbedarf wäre der ursprünglich vorgesehene Zeitraum bis Ende 2026 zu kurz für die Kommune gewesen. mehr...

Porträtaufnahme von Sarah Berberich, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens endura kommunal.
interview

Interkommunales Netzwerk: Mobiler in der Ortenau

[08.04.2025] Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau setzt auf nachhaltige Verkehrslösungen und will die analoge sowie digitale Verkehrsinfrastruktur verbessern. Wie die 14 Kommunen vorgehen, erläutert Sarah Berberich, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens endura kommunal. mehr...

Stadt Wolfsburg will sich zukunftsorientiert aufstellen.

Wolfsburg: Mehr als ein Parkleitsystem

[07.04.2025] Die Stadt Wolfsburg plant – ergänzend zu den Informationen, die sie per App übermittelt – ein dynamisches Parkleitsystem in der Innenstadt. Dieses soll eine effiziente Verkehrssteuerung ermöglichen und darüber hinausgehende Informationen liefern, etwa zu Veranstaltungen. mehr...

Zweiräder, autos und Fußgänger an einer großstaädtischen Kreuzung.

Fraunhofer FOKUS: Digital Twin hilft beim Routing

[02.04.2025] Das Smart-Mobility-Team von Fraunhofer FOKUS hat im Projekt KIS’M eine Fahrrad-App entwickelt, die auf einem digitalen Zwilling des Berliner Straßenverkehrs basiert. Die App berücksichtigt individuelle Präferenzen bei der Routenplanung und bietet einen Ampelphasenassistenten. mehr...

Virtuell abstrakte 3D-Vektorflagge der Europäischen Union aus dreieckigen Polygonen auf blauem Hintergrund.

Local Digital Twins Toolbox: EU-Projekt für Kommunen

[31.03.2025] Mit der Local Digital Twins Toolbox unterstützt die Europäische Kommission Kommunen bei der Einführung entsprechender Lösungen. Teilnehmende Städte und Gemeinden bekommen wichtige Werkzeuge an die Hand und werden individuell beraten. mehr...