InterviewRoutine durch Praxis
Herr Breitenfelder, vor der Erstellung des Gesamtabschlusses herrscht in vielen Kommunen eine gewisse Angst. Ist diese berechtigt?
Nicht nur in vielen Kommunen herrscht diese Angst. Nachdem in fast allen Bundesländern die Verpflichtung zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses im Kommunalrecht verankert wurde, ist man inzwischen vielerorts wieder zurückgerudert. Mit Argumenten wie „zu aufwendig“, „für Politik und Bürger nicht verständlich“ und „ohne konkreten Nutzen“ wurden jetzt zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen viele Kommunen von der Pflicht zur Aufstellung des Gesamtabschlusses befreit.
Wird also der Gesamtabschluss wieder abgeschafft?
Das sicherlich nicht. Man erkennt inzwischen nur, dass es nicht sinnvoll ist, Instrumente der privatwirtschaftlichen Konzernberichterstattung kritiklos auf das kommunale Umfeld zu übertragen. Für eine aussagefähige Berichterstattung über die wirtschaftliche Betätigung der Kommune bedarf es nicht in jedem Fall eines Gesamtabschlusses. So wird jetzt nach adäquaten Berichtsinstrumenten gesucht. Wir als Software-Hersteller sehen uns in der Pflicht, hierfür geeignete Werkzeuge zu entwickeln.
Also nochmal: Ist die Angst vor dem Gesamtabschluss berechtigt?
Natürlich nicht. Der Gesamtabschluss ist weder schwierig noch geheimnisvoll – geht man mit dem richtigen Blick an die Sache heran. Da liegt allerdings ein Problem: Es gibt so gut wie keine Literatur, in der das Thema einfach, verständlich und gleichzeitig sachgerecht dargestellt wird. Und dann sind da noch die Wirtschaftsprüfer, die den Konzernabschluss als ihre Königsdisziplin der Rechnungslegung mit einem Nimbus umwölkt haben.
„Geht man mit dem richtigen Blick heran, ist der Gesamtabschluss weder schwierig noch geheimnisvoll.“
Sie haben bereits zahlreiche Kommunen bei der Erstellung des Gesamtabschlusses begleitet. Wie sollten diese das Thema am besten angehen?
Mit der richtigen Orientierung, einer praxisbezogenen Vorgehensweise und einem kommunaltauglichen Werkzeug. Wer einen Gesamtabschluss aufstellt, benötigt ein solides Bilanzwissen. Das ist die Grundvoraussetzung. Dann kommt es darauf an, den richtigen Blick zu entwickeln. Orientierungspunkt ist die Einheitsfiktion: Das Zahlenwerk des Gesamtabschlusses ist so aufzustellen, als seien die Stadtwerke, das Wohnungsbauunternehmen und der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) Ämter der Kommune. Damit ist dann schon mal klar, wie die gegenseitigen Leistungen zu sehen sind: als interne Leistungsverrechnungen, die sich nach außen aufheben. Wird dieser Gedanke weiterverfolgt, kann man auch mit Sonderfällen umgehen. Wir stellen uns vor, was Frau Fleißig – die Buchhalterin des Abfallwirtschaftsbetriebs – gebucht hätte, wenn sie a) alles richtig gemacht und b) gewusst hätte, dass ihr AWB eigentlich ein Amt der Stadt ist. Dies wird im Gesamtabschluss quasi stellvertretend für Frau Fleißig gebucht. Eine solche Vorstellung führt auch zur richtigen Behandlung des Falls im Folgejahr – und sie ist viel griffiger als die üblichen Lehrbuch-Erklärungen der echten und unechten Differenzen.
Wie lernt man eine solche richtige Orientierung?
Es ist wie beim Autofahren: Die Routine kommt durch die Praxis. Ein intensives Training kann man in unserem zweitägigen – übrigens kostenfreien – Einsteigerseminar erhalten. Auf unserer Website finden sich darüber hinaus Rezeptkarten, in denen wir häufig vorkommende Sachverhalte darstellen – immer mit dem richtigen Blick. Dann gibt es unsere Schriftenreihe „Hinweise zur Methodik“, in der wir Spezialthemen anschaulich und verständlich erläutern. Wer einen umfassenden Eindruck gewinnen möchte, liest den Bericht zum Gesamtabschluss-Pilotprojekt der Stadt Bruchsal. Hier hat das Gesamtabschluss-Team – speziell bezogen auf die Bestimmungen des Kommunalrechts in Baden-Württemberg – seine Vorgehensweisen ausführlich beschrieben.
Welche Vorgehensweisen bei der Aufstellung des Gesamtabschlusses haben sich bewährt?
Die bei Weitem aufwendigste Aufgabe betrifft die Eliminierung der aus konzerninternen Leistungs- und Geldflüssen herrührenden Posten. Eigentlich kein Problem, wenn man weiß, was konzernintern läuft. Genau hier liegt allerdings der Knackpunkt. Sie können versuchen, dieses Wissen aus den Buchhaltungen der Unternehmen zu schöpfen – und haben damit eine gute Chance, sich im Klein-Klein zu verlieren und die großen Brocken zu übersehen. Gute Erfahrungen haben wir damit gemacht, das Wissen um die konzerninternen Sachverhalte aus den Köpfen der Beteiligten zu sammeln, diese Sachverhalte zu katalogisieren und sie dann Jahr für Jahr mit den Zahlen aus den Buchhaltungen zu unterlegen.
Welche Fehler sollten vermieden werden, wo lauern Fallstricke?
Da sind zum einen typisch handwerkliche Fehler wie zum Beispiel eine falsche Berücksichtigung der Umsatzsteuer oder die fehlerhafte Behandlung von Buchungsvorgängen im Folgejahr. Solche Fehler finden sich durchaus häufig, wenn Kommunen ihren Gesamtabschluss mit Excel oder einem anderen ungeeigneten Werkzeug erstellen. Aber viel schlimmer: Durch unüberlegte Vorgehensweisen, organisatorische Ungeschicklichkeiten und mangelnde Kommunikation zwischen der Kernverwaltung und den Konzernunternehmen entstehen Reibungsverluste, die den Aufwand für den Gesamtabschluss enorm in die Höhe treiben.
Mit welchem Aufwand müssen Kommunen bei der Erstellung des Gesamtabschlusses in etwa rechnen?
Nehmen wir als Maßstab eine mittelgroße Stadt mit fünf Konzernunternehmen. Manche Kommunen dieser Größenordnung haben ihren ersten Gesamtabschluss innerhalb weniger Wochen erstellt, andere benötigen mehrere Jahre. Das hängt ganz von den drei Erfolgsfaktoren ab: der richtigen Orientierung, der praxisbezogenen Vorgehensweise und dem kommunaltauglichen Werkzeug.
Welche Unterstützung kann Ihre Konsolidierungslösung Doppik al dente! den Kommunen beim Gesamtabschluss bieten?
Das wichtigste: Die Software gibt dem Zahlenwerk des Gesamtabschlusses ein solides Gerüst. Sie ist kommunaltauglich und unterstützt den richtigen Umgang mit allen Abstimmungs- und Buchungsvorgängen. Zahlreiche Buchungsschritte werden automatisch durchgeführt. Leistungsfähige Werkzeuge unterstützen die tägliche Arbeit. Ein Highlight ist die Berichterstellung: Der Gesamtabschlussbericht entsteht auf Knopfdruck in der gewünschten Gestaltung, mit stets aktuell ermitteltem Zahlenwerk und aktuell berechneten Kennzahlen. Das alles ergänzen wir momentan um eine Komplett-Lösung für das Konzern-Reporting. Hier kommen die Darstellung von Leistungszahlen, die unterjährige Berichterstattung und die Konzernergebnisplanung samt Soll-Ist-Vergleich ins Spiel. Sozusagen als Nebenprodukt entsteht daraus der Beteiligungsbericht – natürlich auch wieder in unserer bewährten Technologie und auf Knopfdruck mit jederzeit aktuell ermitteltem Zahlenwerk.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2019 von Kommune21 im Schwerpunkt Gesamtabschluss erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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