DigitalisierungSchlagkraft erhöhen
Regelmäßig bewertet der Nationale Normenkontrollrat (NKR) den Stand der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland – zuletzt ist die 6. Ausgabe des Monitors Digitale Verwaltung erschienen. Diesmal stehen acht Empfehlungen an die neue Bundesregierung im Fokus.
So spricht sich der NKR für die Einführung eines verbindlichen deutschlandweiten Standardisierungsregimes für die öffentliche IT aus. Denn das föderale Zusammenspiel bei der Verwaltungsdigitalisierung zeichnet sich durch hohe Komplexität aus. Einmal entwickelte IT-Lösungen sind nicht ohne Weiteres interoperabel und nachnutzbar. Die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) könnte in der FITKO aufgehen und als Standardisierungsorganisation fungieren, die einen Katalog von Standards und Schnittstellen erstellt und pflegt, der für jedwede öffentliche Software-Entwicklung verpflichtend wäre. So ließen sich verschiedene Lösungen bausteinartig kombinieren und nachnutzen, gleichzeitig würden Markteintrittshürden für Anbieter massiv abgebaut und der Wettbewerb gestärkt.
Antragslose Verfahren, Registerabfragen statt Papiernachweisen oder evidenzbasierte Entscheidungen der Politik – all das setzt die bessere Nutzung vorhandener Verwaltungsdaten voraus. „Datengetriebenes Regieren“ muss daher zum zentralen Leitmotiv und verbindlichen Grundprinzip zukünftigen Regierungshandelns werden. Die kommende Bundesregierung muss der Registermodernisierung und der Erarbeitung digitaltauglichen Rechts daher höchste Priorität einräumen. Die Daten der öffentlichen Hand sind in Deutschland auf tausende Register und Datenbestände verteilt und für übergreifende Bedarfe nur unzureichend nutzbar. Ihre Erschließung und datenschutzkonforme Verknüpfung ist Kern der dringend notwendigen Registermodernisierung. Die Registermodernisierung gleicht in ihrer Bedeutung dem Onlinezugangsgesetz. Dieser Dimension ist die Ressourcenausstattung nicht angemessen. Es braucht daher eine ressourcenstarke und durchsetzfähige deutschlandweite Gesamtkoordinierung.
Digitalisierungshindernisse identifizieren und beseitigen
Digitaler Verwaltungsvollzug benötigt nachnutzbare Daten verschiedener Verwaltungsbereiche. Diese müssen nach einheitlichen und klaren Prinzipien strukturiert sein. Das setzt voraus, dass auch die zugrundeliegenden Rechtsbegriffe in verschiedenen Rechtsdomänen das gleiche meinen und miteinander kompatibel sind. Wie das gelingen kann, hat der NKR kürzlich am Beispiel des Einkommensbegriffs untersuchen lassen. Die nächste Bundesregierung sollte die Vorschläge zügig umsetzen und in einen Digitaltauglichkeits-Check nach dänischem Vorbild einfließen lassen. Er sorgt dafür, dass sich jeder vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf für digitalen Verwaltungsvollzug eignet, etwa durch die Wiederverwendbarkeit von Daten oder die Vermeidung neuer Schriftformerfordernisse. Hinzu kommt: Die OZG-Digitalisierungslabore haben einen reichhaltigen Backlog an rechtlichen Digitalisierungshindernissen identifiziert. Deren Beseitigung muss schnellstmöglich angegangen werden.
Als sehr koordinationsaufwendig hat sich der bisherige Einer-für-Alle-Ansatz erwiesen. Es besteht keine Transparenz über Entwicklungsstände und Nachnutzungsmöglichkeiten; insgesamt sind Orientierungs- und Beschaffungsaufwände für IT-Lösungen seitens der Behörden deutlich zu hoch. Helfen kann ein deutschlandweiter App-Store für Behörden, der standardisierte, mit dem Portalverbund kompatible IT-Produkte einfach auffindbar und leicht beschaffbar macht. Für Einkäufer bestünde der Vorteil darin, dass eine Vielzahl von Prüfaufwänden von der Plattform übernommen werden könnten und aufwendige Ausschreibungen entbehrlich würden. Vergaberechtliche Hürden dafür müssen zügig abgebaut werden.
Abstimmungsprozesse beschleunigen
Des Weiteren regt der NKR an, IT-Entwicklung und -Betrieb durch Plattformkonzepte und ein föderales Architektur-Management zu vereinfachen und zu professionalisieren. In führenden Digitalisierungsnationen wurden Standardisierung und Architektur-Management bereits vor Jahren konsequent vorangetrieben – Deutschland steht hier noch am Anfang. Infrastrukturelle Einzelprojekte und Basisdienste wie Portalverbund, Servicekonten, Register oder Verzeichnisdienste müssen in einem gemeinsamen Plattformverbund von Bund und Ländern zusammengeführt werden. Standardisierte, cloudbasierte Entwicklungs- und Betriebsplattformen helfen, Kosten zu senken und gute Lösungen unter Wiederverwendung standardisierter Basiskomponenten schnell zu verbreiten.
Darüber hinaus müssen die föderalen Abstimmungsprozesse der Verwaltungsdigitalisierung schneller werden. Das Mittel dazu ist nicht mehr Zentralisierung, sondern eine Beschleunigung der Entscheidungen im Bund-Länder-Zusammenspiel. Wichtigstes Gremium hierfür ist der IT-Planungsrat. Es würde bereits sehr helfen, wenn dieser häufiger tagen und Entscheidungen mit einfacher Mehrheit seiner Mitglieder fassen könnte. Unabhängig davon sollte der Bund im Zweifelsfall bereit sein, von seinem Recht Gebrauch zu machen, die technischen Kommunikationsstandards im Portalverbund festzulegen.
Lebhaft diskutiert wird derzeit über die Gründung eines Digitalministeriums. Aus Sicht des NKR löst ein neues Bundesministerium aber nicht die eigentlichen Probleme der Verwaltungsdigitalisierung im Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen. Vielversprechender ist es, die operative Schlagkraft zu erhöhen. Daher braucht es eine Digitalisierungsagentur nach internationalem Vorbild, die aus der FITKO hervorgehen könnte. Mit mehreren hundert Mitarbeitenden wäre das Kernmandat der Agentur unter anderem die Entwicklung, Festlegung und Pflege föderaler IT-Standards, Schnittstellen und Architekturvorgaben sowie der Betrieb des App-Stores.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe November 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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