Montag, 10. Februar 2025

Rhein-Kreis NeussSchneller Cashflow

[25.10.2021] Beim Investitionskostenzuschuss für Pflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen hat der Rhein-Kreis Neuss die Vorteile der Digitalisierung intelligent genutzt. Wege- und Bearbeitungszeiten eines Antrags haben sich auf weniger als zehn Minuten verkürzt.
Rhein-Kreis Neuss: Projekt Digitale Transformation.

Rhein-Kreis Neuss: Projekt Digitale Transformation.

v.l.: IT-Dezernent Harald Vieten; Philipp Molitor, Leiter Solutions X-NRW; Tobias Schellhorn und Jürgen Brings, Stabsstelle Digitalisierung.

(Bildquelle: Axel Küppers)

Das Szenario: Petras Mutter ist 92 und kann sich noch ganz gut helfen. Täglich eine Stunde kümmert sich die 54-jährige Petra um sie. Für den Sommer- und Weihnachtsurlaub weiß die Grevenbroicherin ihre Mutter – pflegebedürftig nach SGB XI mit Pflegegrad 2 – in einer nahen Senioreneinrichtung bestens versorgt. Für die Kurzzeitpflege zahlt Petra für ihre Mutter die vereinbarte Vergütung an die Einrichtung. Der Träger der Einrichtung erhält für die Leistung der Kurzzeitpflege einen Investitionskostenzuschuss. Voraussetzung ist, dass die Einrichtung fristgerecht einen Antrag bei der zuständigen Behörde einreicht.
Die Investitionskosten darf der Heimbetreiber für die Pflegebedürftigen erheben, um seine Ausgaben für die Anschaffung von längerfristigen Gütern – zum Beispiel für das Gebäude oder die Ausstattung – bestreiten zu können. In Nordrhein-Westfalen legen die Landschaftsverbände die Sätze fest. Grundlage ist Paragraph 13 des Alten- und Pflegegesetzes NRW. Da notwendige Investitionen sich zu einem erheblichen Kostenfaktor entwickelt haben, spricht man von einem zweiten Heimentgelt. Investitionskosten fallen nicht nur bei der Kurzzeitpflege an, sondern auch bei anderen teilstationären und ambulanten Pflegeformen, zum Beispiel der ambulanten Versorgung oder Tages- und Nachtpflege. Entsprechend explodiert ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Anträge auf Investitionskostenzuschuss bei den zuständigen Ämtern.

Regelung hat bürokratischen Tiger von der Kette gelassen

Fördermaßnahmen wie die von Petra und ihrer pflegebedürftigen Mutter haben sich in Nordrhein-Westfalen und einigen weiteren Bundesländern bewährt. In den Amtsstuben in NRW hat die Regelung einen bürokratischen Tiger von der Kette gelassen. Beim Rhein-Kreis Neuss – um beim oben genannten Beispiel zu bleiben – landen pro Jahr weit über 1.000 Anträge auf Investitionskostenzuschuss auf den Schreibtischen der Sachbearbeiter. Die Kommune ist als Träger der Sozialhilfe zuständig. Es geht um ein Auszahlungsvolumen in Höhe von 1,25 Millionen Euro. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels geht die Kurve nach oben, insbesondere in der Tagespflege. In den Büros in Grevenbroich türmen sich die Akten.
Nun hat sich der Rhein-Kreis Neuss dem Thema digitale Transformation verschrieben. Am Dezernat von Harald Vieten ist eine Stabsstelle Digitalisierung angesiedelt. Dessen Leiter Jürgen Brings hat unter Einbindung eines IT-Unternehmens aus Neuss eine Offensive eingeläutet, die den Posten Investitionskostenzuschuss vom analogen aufs digitale Gleis gesetzt hat. Zusammen mit dem Unternehmen X-NRW ist auf Basis einer Standard-Software eine strategische Lösung entwickelt worden, die die vormals aufwendigen Verwaltungsvorgänge automatisiert.

Zäher Pfad ist zur Datenautobahn geworden

Der zuvor zähe Pfad zwischen Pflegeeinrichtung und Amt ist so zur Datenautobahn geworden. „Binnen kurzer Zeit sind Go und Cashflow gegeben“, beschreibt Jürgen Brings die Vorteile. Die digitale Transformation entlastet nicht nur die Bewilligungsstelle beim Kreis, sondern sorgt auch zwischen Behörde und Pflegeeinrichtung für Lean Administration. „Durch die Digitalisierung und Entbürokratisierung werden die Investitionskosten nicht nur schneller beantragt, es wird auch kein Papier mehr benötigt“, sagt Aileen Wallrafen von Pflegedienst & Tagespflege Billen in Meerbusch. Der Dienst gehört mit zu den ersten, die das vom Rhein-Kreis Neuss aufgebaute und zur Verfügung gestellte Online-Portal nutzen. Die digitale Schnittstelle sei verständlich und übersichtlich aufgebaut.
Anfang des Jahres hatte die Kreisverwaltung die Testphase mit fünf Einrichtungen erfolgreich abgeschlossen. Nach den Sommerferien soll der digitale Bausatz zunächst allen antragstellenden Einrichtungen im Kreisgebiet angeboten werden. Aber auch Pflegeeinrichtungen aus anderen Regionen Nordrhein-Westfalens, die Anträge im Zuständigkeitsbereich des Kreissozialamts stellen, können ihr Interesse am zeitgemäßen Antragsverfahren über die Website des Kreises anmelden. Sobald die Stabsstelle Digitalisierung die notwendigen Benutzer-Accounts eingerichtet hat, können die Pflegeheime auf dem Dashboard sämtliche Daten einsehen, aktualisieren und die Zuschussanträge schnell und einfach stellen. „Wege- und Bearbeitungszeiten eines Antrags haben sich so von mehreren Tagen auf weniger als zehn Minuten verkürzt. Perspektivisch kann damit eine Zwei-Drittel-Stelle anderweitig eingesetzt werden“, sagt Christian Böhme, Abteilungsleiter Alter/Pflege/Senioren beim Rhein-Kreis Neuss.

Schlanke Verfahren einläuten

„Unser Angebot steht, dass Kommunen daraus Nektar saugen und aus unserem Piloten im E-Government schlanke Verfahren im Zuge der digitalen Verwaltung einläuten“, sagt IT-Dezernent Harald Vieten. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke freut, dass seine Mannschaft bürgerorientiert arbeitet. „Die Investitionskosten amortisieren sich binnen eines Jahres, wenn alle Pflegeheime den digitalen Weg einschlagen“, berichtet der Behördenleiter. Das jährliche Einsparpotenzial für Personal und Sachkosten liegt nach Einschätzung des Rhein-Kreises Neuss bei rund 50.000 Euro.
Weitere Vorteile liegen auf der Hand. Für die Kommune bringt die Lösung eine gestiegene Qualität der Arbeit, eine höhere Motivation der Mitarbeitenden, mehr Homeoffice und flexibles Arbeiten mit sich, für Pflegeeinrichtungen und mittelbar für Pflegebedürftige und deren Angehörige bedeutet sie weniger Bürokratie, schlanke Abläufe, einen schnelleren Cashflow und einfache Antragswege. Für alle ist es ein transparentes Verfahren mit Zeitersparnis, Entlastung des Steuerzahlers und ökologischer Nachhaltigkeit.
„Zurzeit zieht das Produkt zu unserem Rechenzentrum, damit wir die Anwendung für alle interessierten Einrichtungen öffnen können“, beschreibt der Leiter der Stabsstelle Digitalisierung, Jürgen Brings, an welchen Stellschrauben man zurzeit dreht. „Sobald das erledigt und die Anwendung endgültig freigegeben ist, ist die Heimaufsicht (WTG-Behörde) am Zuge, die noch rund 40 Einrichtungen im Rhein-Kreis Neuss einzubinden.“
In den kommenden Monaten plant die Stabsstelle Digitalisierung beim Rhein-Kreis Neuss, eine Schnittstelle zwischen Kommunalverwaltung und der gängigsten Fach­anwendung der Pflegeeinrichtungen einzurichten. „Wir wollen den Aufwand für die antragstellenden Einrichtungen weiter minimieren“, betont Jürgen Brings. Außerdem wird eine Schnittstelle zwischen Antragsplattform und Finanzbuchhaltung geschaffen. „Hierdurch werden die Auszahlungen teilautomatisiert – sprich, das Geld fließt schneller.“

Axel Küppers ist Geschäftsführer des Medienbüros Küppers Kommunikation, Kempen.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Fachverfahren
AKDB-Dataport_OKEWO_SH

Schleswig-Holstein: AKDB betreut Einwohnermeldeämter

[05.02.2025] Zum Jahresbeginn hat die AKDB vom IT-Dienstleister Dataport den Fachsupport für 28 Einwohnermeldeämter in Schleswig-Holstein übernommen, die das Fachverfahren OK.EWO einsetzen. mehr...

Oldenburg/Kaiserslautern: Schnell zum Elterngeld

[04.02.2025] Junge Eltern aus den Städten Oldenburg und Kaiserslautern können ihre Anträge auf Elterngeld ab sofort digital stellen. Ein intuitives Design führt die Eltern durch die erforderlichen Schritte, Dokumente können hochgeladen werden, die Übertragung erfolgt verschlüsselt. mehr...

Rathaus der Freien und Hansestadt Bremen, mit Arkaden und drei markanten Stufengiebeln, Deutschlandflagge wehtt, blauer Himmel.

Bremen: Online-Anmeldung für Kfz gestartet

[28.01.2025] Bremens Bürgeramt hat die internetbasierte Fahrzeugzulassung (iKfz) vollständig eingeführt. Bürgerinnen und Bürger können Fahrzeuge nun online zulassen. Mit dem System erweitert Bremen sein digitales Angebot und optimiert Verwaltungsabläufe. mehr...

München: Wahlvorbereitung digital

[21.01.2025] München nutzt innovative digitale Technologien zur Vorbereitung der Bundestagswahl: Ein QR-Code erleichtert die Briefwahl, Schulungsplattformen unterstützen Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, und der Chatbot Muckl informiert und ermöglicht direkten Kontakt zur Stadtverwaltung. mehr...

Porträt von Peter Fazekas.
interview

Bauwesen: Ludwigsburg genehmigt virtuell

[16.01.2025] Seit über zwei Jahren setzt die Stadt Ludwigsburg auf das virtuelle Bauamt. Im Interview berichtet Peter Fazekas, Leiter des städtischen Fachbereichs Bürgerbüro Bauen, über die Einführung der Lösung und erste Erfahrungen. mehr...

Gütersloh: Neues Portal für Kitaplatzvergabe

[16.01.2025] In Gütersloh erfolgt die Bedarfsanmeldung für Betreuungsplätze seit Mitte Dezember vergangenen Jahres über das neue Portal webKita, das die bisherige Plattform KIVAN ablöst. mehr...

Bayern setzt bei Bauantrag auf cit intelliForm.

Bayern: Mit cit intelliForm zum digitalen Bauantrag

[15.01.2025] Mehr als 90 Prozent der bayerischen Bevölkerung können ihre Bauanträge digital einreichen. Grundlage dafür ist die Plattform cit intelliForm von Anbieter cit. mehr...

Drei Männer stehen an einem Schreibtisch und blicken auf zwei Computermonitore.

Kreis Olpe: Komplett digitale Bauaufsicht

[14.01.2025] Die Verwaltung des Kreises Olpe wurde erfolgreich an das Bauportal.NRW angebunden. Als erste Bauaufsichtsbehörde in Nordrhein-Westfalen arbeitet Olpe jetzt vollständig digital. Baugenehmigungsanträge laufen über die Zentrale Datenaustausch-Infrastruktur des Landes. mehr...

Auf einem Bildschirm ist der digitale Vorgang zur Baugenehmigung zu sehen.

Offenbach: Erste digitale Baugenehmigung erteilt

[13.01.2025] Einen Bauantrag per Mausklick zu stellen, ist künftig in Offenbach möglich. Meterweise Papier und Aktenberge gehören damit der Vergangenheit an. Noch läuft das digitale Bauportal im Testbetrieb, ab April sollen dann alle genehmigungspflichtigen Anträge online gestellt werden können. mehr...

Mainz: Aufenthaltstitel online beantragen

[09.01.2025] Bei der Stadt Mainz können Aufenthaltstitel und aufenthaltsrelevante Bescheinigungen jetzt online beantragt werden. Ganz ohne Vor-Ort-Termin kommen Bürgerinnen und Bürger dennoch nicht aus. mehr...

Eine Frau und zwei Männer, gekleidet unter anderem mit gelber Warnweste und Baustellenschutzhelm, stehen auf einer Baustelle und blicken auf einen Laptop bzw Papierunterlagen.
bericht

Gifhorn: Digitale Baugenehmigung

[20.12.2024] Bei der Stadt Gifhorn können Baugenehmigungen ab sofort online, rechtssicher und medienbruchfrei beantragt werden. Das Projekt hat die niedersächsische Kommune mit dem Unternehmen MACH ProForms umgesetzt. mehr...

AKDB: Erleichterte Anhörung von Ordnungswidrigkeiten

[20.12.2024] Ihren Onlinedienst zur Anhörung von Ordnungswidrigkeiten hat die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) auf eine neue technische Basis gestellt. Von der Modernisierung profitieren Bürger und Behörden gleichermaßen: Das Verfahren ist schneller, einfacher und nutzerfreundlicher. mehr...

Kreis Göttingen: Digitale Vergabe von Kitaplätzen

[19.12.2024] 
Als erste Kreisverwaltung setzt der Landkreis Göttingen die Lösung NOLIS | Kita-Platz für eine vollständig digitale Kitaplatzvergabe ein. Für weitere fünf Gemeinden im Kreisgebiet ist damit ab sofort eine Onlinevoranmeldung möglich. mehr...

Reihe von Autos, die in einer Straße parkt,, der Bildhintergrund ist unscharf.

Lemgo: Parkausweis per Klick

[18.12.2024] In Lemgo können Bewohnerparkausweise ab sofort vollständig digital beantragt werden. Ein schlanker, automatisierter Prozess spart den Gang zum Amt und erleichtert die Bearbeitung. Möglich wurde dies durch eine Lösung des Dienstleisters OWL-IT. mehr...

Braut mit Blumenstrauß bekommt den Hochzeitsring angesteckt

Rheinland-Pfalz: Einfacher heiraten

[13.12.2024] In Rheinland-Pfalz können Brautpaare die Anmeldung zur Eheschließung künftig ohne den Gang zum Amt über das Internet vornehmen. Das Land führt dazu den von der Hansestadt Bremen entwickelten Service „Ehe digital“ ein. mehr...