OsnabrückSicher gescannt
Als Osnabrück ein Dokumenten-Management-System (DMS) einführte, wurden die bei der Stadt eingehenden Sendungen zunächst gescannt und als Papieroriginale an die Dienststellen überstellt. Eine effizientere IT-Nutzung wurde durch den unsicheren Beweiswert gescannter Unterlagen behindert. Abhilfe schufen die geänderten gesetzlichen Grundlagen: Mit der elektronischen Gerichtsakte und den damit verbundenen Anpassungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Gesetzgeber erste wichtige Klarstellungen geliefert und den Stand der Technik mit dem Hinweis auf die Richtlinie TR-RESISCAN konkretisiert. Mitte 2014 wurde das rechtssichere ersetzende Scannen als dringlich eingestuft. Die DMS-Projektleitung in Osnabrück installierte eine Arbeitsgruppe aus IT-Management, Scan-Service und Rechtsamt zur Klärung der rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Fragen. Ab Ende 2014 bis Mitte 2015 hat diese Arbeitsgruppe die TR-RESISCAN umgesetzt. Da das ersetzende Scannen bei der niedersächsischen Stadt in eine bestehende IT-Infrastruktur integriert wurde, konnte die Arbeitsgruppe auch auf vorhandene Regelungen und Mechanismen der IT-Sicherheit verweisen. Die Gestaltung der Verfahrensdokumentation war in Osnabrück Gegenstand zweier Workshops. Im ersten Workshop wurden die Themenfelder abgegrenzt, im zweiten wurde der Entwurf geprüft, ergänzt und optimiert.
Vereinfacht und zentral
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Umsetzung der TR-RESISCAN war die Beschränkung auf einen zentralen Scan-Service. Die dezentrale Umsetzung – das heißt die dezentrale Bereitstellung der benötigten Infrastruktur wie abgeschlossene Räume, leistungsfähige IT-Systeme oder qualifiziertes Personal – wäre mit nicht vertretbaren Aufwänden verbunden. Eine Anforderung der TR-RESISCAN ist die Schutzbedarfsanalyse. Aufgrund der Vielzahl an Prozessen, gesetzlichen Vorschriften und Verarbeitungsvarianten ist die kommunale Umsetzung jedoch kompliziert. Zudem sind weder die Datenobjekte noch die Sicherheitsziele selbsterklärend und die Schutzbedarfskategorien enthalten ein erhebliches Kostenpotenzial, wenn die Einstufung „hoch“ allzu großzügig vorgenommen wird. Die Arbeitsgruppe in Osnabrück sah sich daher zu einer vereinfachenden Aufbereitung gezwungen. Dabei hat sie die notwendige Typisierung der Dokumente über die DMS-Dokumenttypen realisiert. Das ersetzende Scannen erzeugt diverse Metadaten, etwa den Bestätigungsvermerk, Signaturen, oder Zeitstempel. Für sie bedarf es einer technischen Infrastruktur. In Osnabrück war die mit der vorhandenen DMS-Lösung gegeben. Zudem macht das DMS eine einfache und zuverlässige Kommunikation zwischen Sachbearbeitung und Scan-Service möglich. Diese Rückkopplung war notwendig, da die Sachbearbeitung zugleich als Instrument der Qualitätssicherung fungieren sollte. Wird nämlich ein Scan-Produkt als mangelhaft erkannt, muss ein erneutes Scannen angesteuert werden. Wird ein Dokument als besonders schutzbedürftig erkannt, muss ein nachträgliches Weiterleiten des Originals möglich sein. Die Aufbewahrungsfrist der Scan-Vorlagen im Scan-Service von sechs Wochen unterstützt diese Prozeduren.
Qualitätssicherndes Scannen
Ein breites Spektrum möglicher Maßnahmen umfasst die Qualitätssicherung. Sie reichen von der Qualifikation des eingesetzten Personals bis zur Bereitstellung technischer Hilfsmittel. Wenn Qualität nicht nur geprüft, sondern vor allem produziert wird, lassen sich Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung konstruktiv verbinden. Das Gebot der wirtschaftlichen Arbeitsweise fordert einen schlanken Scan-Prozess mit hohem Durchsatz, was eine vollständige Sichtkontrolle ausschließt. Da Scan-Produkte durch die nachfolgende Sachbearbeitung ohnehin auf Lesbarkeit und Vollständigkeit geprüft werden, hat sich die Arbeitsgruppe in Osnabrück auf das frühe Scannen berufen. Die von der TR-RESISCAN geforderte Integritätssicherung wird meist mit der qualifizierten Signatur in Verbindung gesetzt – zu Unrecht. Für den Normalfall fordert die TR-RESISCAN lediglich geeignete Mechanismen, bei erhöhtem Schutzbedarf empfiehlt sie fortgeschrittene Signaturen oder Zeitstempel. Selbst bei sehr hohem Schutzbedarf ist die Forderung nach qualifizierten Signaturen und Zeitstempeln nicht zwingend. In Osnabrück entschied sich die Arbeitsgruppe, durchgängig Zeitstempel zu verwenden. Nur bei gesetzlicher Anforderung werden qualifizierte Signaturen eingesetzt.
Richtlinie ist ausbaufähig
Eine kommunale Umsetzung der Richtlinie TR-RESISCAN muss wirtschaftliche Restriktionen beachten. In Osnabrück waren die Voraussetzungen dank der vorhandenen DMS-Lösung und Projekterfahrung günstig. Der einmalige Projektaufwand konnte durch die Ausgrenzung der dezentralen Scan-Stationen (38 Prozent) und den vorläufigen Verzicht auf eine Zertifizierung erheblich reduziert werden. Die umfangreiche Eigenleistung hat den externen Anteil auf weniger als 15 Prozent begrenzt. Die laufenden Scan-Kosten entfallen vor allem auf die manuelle Vorbereitung der Dokumente. So konnte Osnabrück die TR-RESISCAN mit vertretbarem Aufwand umsetzen. Die Schutzbedarfsanalyse wird in der Richtlinie allerdings unnötig kompliziert dargestellt. Selbst bei einer vereinfachenden Vorbereitung ist ein wiederholter Aufwand den Kommunen wirtschaftlich nicht zumutbar. Hier bedarf es zentraler Vorgaben durch kommunale Interessen- oder Zweckverbände. Künftige Versionen der TR-RESISCAN sollten außerdem besser berücksichtigen, dass die Qualitätssicherung vor allem durch eine zweckmäßige Prozessgestaltung realisiert wird.
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