Donnerstag, 5. Dezember 2024

OsnabrückSicher gescannt

[26.10.2015] Osnabrück ist es gelungen, mit dem ersetzenden Scannen die Richtlinie TR-RESISCAN zu verwirklichen. Das bereits vorhandene Dokumenten-Management-System war dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Osnabrück scannt rechtssicher.

Osnabrück scannt rechtssicher.

(Bildquelle: Achim Lückemeyer/pixelio.de)

Als Osnabrück ein Dokumenten-Management-System (DMS) einführte, wurden die bei der Stadt eingehenden Sendungen zunächst gescannt und als Papieroriginale an die Dienststellen überstellt. Eine effizientere IT-Nutzung wurde durch den unsicheren Beweiswert gescannter Unterlagen behindert. Abhilfe schufen die geänderten gesetzlichen Grundlagen: Mit der elektronischen Gerichtsakte und den damit verbundenen Anpassungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Gesetzgeber erste wichtige Klarstellungen geliefert und den Stand der Technik mit dem Hinweis auf die Richtlinie TR-RESISCAN konkretisiert. Mitte 2014 wurde das rechtssichere ersetzende Scannen als dringlich eingestuft. Die DMS-Projektleitung in Osnabrück installierte eine Arbeitsgruppe aus IT-Management, Scan-Service und Rechtsamt zur Klärung der rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Fragen. Ab Ende 2014 bis Mitte 2015 hat diese Arbeitsgruppe die TR-RESISCAN umgesetzt. Da das ersetzende Scannen bei der niedersächsischen Stadt in eine bestehende IT-Infrastruktur integriert wurde, konnte die Arbeitsgruppe auch auf vorhandene Regelungen und Mechanismen der IT-Sicherheit verweisen. Die Gestaltung der Verfahrensdokumentation war in Osnabrück Gegenstand zweier Workshops. Im ersten Workshop wurden die Themenfelder abgegrenzt, im zweiten wurde der Entwurf geprüft, ergänzt und optimiert.

Vereinfacht und zentral

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Umsetzung der TR-RESISCAN war die Beschränkung auf einen zentralen Scan-Service. Die dezentrale Umsetzung – das heißt die dezentrale Bereitstellung der benötigten Infrastruktur wie abgeschlossene Räume, leistungsfähige IT-Systeme oder qualifiziertes Personal – wäre mit nicht vertretbaren Aufwänden verbunden. Eine Anforderung der TR-RESISCAN ist die Schutzbedarfsanalyse. Aufgrund der Vielzahl an Prozessen, gesetzlichen Vorschriften und Verarbeitungsvarianten ist die kommunale Umsetzung jedoch kompliziert. Zudem sind weder die Datenobjekte noch die Sicherheitsziele selbsterklärend und die Schutzbedarfskategorien enthalten ein erhebliches Kostenpotenzial, wenn die Einstufung „hoch“ allzu großzügig vorgenommen wird. Die Arbeitsgruppe in Osnabrück sah sich daher zu einer vereinfachenden Aufbereitung gezwungen. Dabei hat sie die notwendige Typisierung der Dokumente über die DMS-Dokumenttypen realisiert. Das ersetzende Scannen erzeugt diverse Metadaten, etwa den Bestätigungsvermerk, Signaturen, oder Zeitstempel. Für sie bedarf es einer technischen Infrastruktur. In Osnabrück war die mit der vorhandenen DMS-Lösung gegeben. Zudem macht das DMS eine einfache und zuverlässige Kommunikation zwischen Sachbearbeitung und Scan-Service möglich. Diese Rückkopplung war notwendig, da die Sachbearbeitung zugleich als Instrument der Qualitätssicherung fungieren sollte. Wird nämlich ein Scan-Produkt als mangelhaft erkannt, muss ein erneutes Scannen angesteuert werden. Wird ein Dokument als besonders schutzbedürftig erkannt, muss ein nachträgliches Weiterleiten des Originals möglich sein. Die Aufbewahrungsfrist der Scan-Vorlagen im Scan-Service von sechs Wochen unterstützt diese Prozeduren.

Qualitätssicherndes Scannen

Ein breites Spektrum möglicher Maßnahmen umfasst die Qualitätssicherung. Sie reichen von der Qualifikation des eingesetzten Personals bis zur Bereitstellung technischer Hilfsmittel. Wenn Qualität nicht nur geprüft, sondern vor allem produziert wird, lassen sich Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung konstruktiv verbinden. Das Gebot der wirtschaftlichen Arbeitsweise fordert einen schlanken Scan-Prozess mit hohem Durchsatz, was eine vollständige Sichtkontrolle ausschließt. Da Scan-Produkte durch die nachfolgende Sachbearbeitung ohnehin auf Lesbarkeit und Vollständigkeit geprüft werden, hat sich die Arbeitsgruppe in Osnabrück auf das frühe Scannen berufen. Die von der TR-RESISCAN geforderte Integritätssicherung wird meist mit der qualifizierten Signatur in Verbindung gesetzt – zu Unrecht. Für den Normalfall fordert die TR-RESISCAN lediglich geeignete Mechanismen, bei erhöhtem Schutzbedarf empfiehlt sie fortgeschrittene Signaturen oder Zeitstempel. Selbst bei sehr hohem Schutzbedarf ist die Forderung nach qualifizierten Signaturen und Zeitstempeln nicht zwingend. In Osnabrück entschied sich die Arbeitsgruppe, durchgängig Zeitstempel zu verwenden. Nur bei gesetzlicher Anforderung werden qualifizierte Signaturen eingesetzt.

Richtlinie ist ausbaufähig

Eine kommunale Umsetzung der Richtlinie TR-RESISCAN muss wirtschaftliche Restriktionen beachten. In Osnabrück waren die Voraussetzungen dank der vorhandenen DMS-Lösung und Projekterfahrung günstig. Der einmalige Projektaufwand konnte durch die Ausgrenzung der dezentralen Scan-Stationen (38 Prozent) und den vorläufigen Verzicht auf eine Zertifizierung erheblich reduziert werden. Die umfangreiche Eigenleistung hat den externen Anteil auf weniger als 15 Prozent begrenzt. Die laufenden Scan-Kosten entfallen vor allem auf die manuelle Vorbereitung der Dokumente. So konnte Osnabrück die TR-RESISCAN mit vertretbarem Aufwand umsetzen. Die Schutzbedarfsanalyse wird in der Richtlinie allerdings unnötig kompliziert dargestellt. Selbst bei einer vereinfachenden Vorbereitung ist ein wiederholter Aufwand den Kommunen wirtschaftlich nicht zumutbar. Hier bedarf es zentraler Vorgaben durch kommunale Interessen- oder Zweckverbände. Künftige Versionen der TR-RESISCAN sollten außerdem besser berücksichtigen, dass die Qualitätssicherung vor allem durch eine zweckmäßige Prozessgestaltung realisiert wird.

Wilfried Hoebel war bis Mitte 2015 IT-Leiter der Stadt Osnabrück und in dieser Funktion verantwortlich für das städtische DMS-Projekt. Rolf Meyer ist Berater für Dokumenten- und Workflow-Management und selbstständiger IT-Consultant im Informations- und Prozess-Management.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Dokumenten-Management

d.velop: Beteiligung an optiGov

[17.10.2024] Mit der Beteiligung an der Firma optiGov kann das Unternehmen d.velop künftig eine ganzheitliche Digitalisierungslösung anbieten – von der Authentifizierung über die interne Abwicklung in den Fachbereichen bis hin zur rechtlich konformen Zustellung von Dokumenten. mehr...

Leichlingen: Umstieg auf die E-Akte

[09.10.2024] Die Einführung der elektronischen Aktenführung sowie die fortschreitende Digitalisierung von Dienstleistungen im Bereich Bürgerservice stehen im Fokus der aktuellen E-Government-Strategie der Blütenstadt Leichlingen. mehr...

3D-Outlines eines Briefumschlages mit @-Zeichen, dargestellt vor einem blauen Hintergrund.

Lecos: E-Mail-Archiv für die Stadt Leipzig

[09.10.2024] Mit der Einführung eines zentralen E-Mail-Archivs unterstützt IT-Dienstleister Lecos die Mitarbeitenden der Stadt Leipzig dabei, ihre Postfächer effizient zu organisieren. E-Mails, die älter als ein Jahr sind, werden automatisch archiviert, um das System zu entlasten. Die Lösung verspricht mehr Sicherheit, und die Mitarbeitenden sparen Zeit. mehr...

bericht

Bremerhaven: Ganz oder gar nicht

[26.09.2024] Das Projekt zur Umsetzung einer vollständig medienbruchfreien elektronischen Rechnungsbearbeitung hat sich in Bremerhaven als Erfolgsgeschichte erwiesen. Mittlerweile wurden alle 87 Organisationseinheiten der Stadt an die E-Rechnung angeschlossen. mehr...

Barsbüttel beschleunigt die digitale Transformation.
bericht

Barsbüttel: Mit System zur E-Akte

[25.09.2024] Wie auch kleine Gemeinden in Rekordzeit die E-Akte einführen können, macht Barsbüttel vor. Eine leistungsstarke, vielseitige Lösung, regelmäßige Schulungen und der Austausch mit anderen Anwendern gehören zum Erfolgsrezept. mehr...

Die E-Akte ist eine der drei strategischen Säulen der Verwaltungsdigitalisierung.
bericht

E-Akte: Mit Plattform vernetzt

[11.09.2024] Der IT-Dienstleister ekom21 hat die E-Akte und die Digitalisierungsplattform civento vernetzt. Ende 2023 wurden bei ersten Kunden civento-Prozesse über die komplette Antragsstrecke hinweg bis hin zur Ablage vollständig digitalisiert. mehr...

Die Langzeitaufbewahrungslösung proNEXT Archive Manager des Herstellers procilon wurde vom BSI nach TR-ESOR 1.3 zertifiziert.

procilon: BSI-Zertifikat für den Archiv-Manager

[09.09.2024] Bei der elektronischen Speicherung von Dokumenten sind Unternehmen und Institutionen an verschiedene gesetzliche Vorgaben gebunden. Die BSI-Richtlinie TR-ESOR will zur Beweiswerterhaltung solcher Dokumente beitragen. Die Lösung proNEXT Archive Manager des Herstellers procilon erhält nun als erste Lösung das BSI-Zertifikat in der aktuellen Version 3.1. mehr...

Bremen: Posteingang wird digital erfasst

[03.09.2024] Mit der Einführung einer Software für das Falleingangsmanagement will das Bremer Amt für Soziale Dienste sicherstellen, dass eingehende Anträge künftig zentral erfasst werden. Bei einer Überprüfung waren zuvor mehrere hundert Schriftstücke im Datenmüll gefunden worden, die noch nicht hätten entsorgt werden dürfen. mehr...

Bei der Hamburger Verwaltung eingehende Papierpost wird künftig digitalisiert.

Hamburg: Papierpost wird digital

[27.08.2024] Hamburg führt eine elektronische Posteingangsbearbeitung ein. Diese sorgt dafür, dass eingehende Papierpost vollständig digitalisiert und automatisch vorsortiert wird, rasch an die richtigen Stellen kommt und dort zügig bearbeitet werden kann. Das Verfahren ergänzt die bereits etablierte E-Akte. mehr...

Im Odenwald gehen vier Kommunen die Herausforderungen der Digitalisierung gemeinsam an.

Hessen: Interkommunale Zusammenarbeit im Odenwald

[25.07.2024] Die vier Kommunen Erbach, Michelstadt, Oberzent und Brombachtal gehen den Weg von einem papierbasierten Verwaltungsmodell hin zu einer digital agierenden Verwaltungsorganisation gemeinsam. Die Zusammenarbeit bewährt sich – und wird vom Land Hessen gefördert. mehr...

Akten der Stuttgarter Ausländerbehörde werden digitalisiert.

Stuttgart: Ausländerbehörde stellt auf E‐Akte um

[16.07.2024] Die Ausländerbehörde in Stuttgart will ihre Akten künftig elektronisch führen. Der Gemeinderat hat nun die Mittel zur Finanzierung des Projekts beschlossen. Rund 1,6 Millionen Euro werden für die Digitalisierung der Akten veranschlagt. mehr...

Lorenz Orga/ekom21: Wirksames Akten-Management

[20.06.2024] Die Unternehmen Lorenz Orga-Systeme und ekom21 haben ihr Produktportfolio vernetzt: Die elektronische Akte von Lorenz Orga-Systeme wurde Teil von civento, der Digitalisierungsplattform der hessischen Kommunen. Damit wird ein wirksames Akten-Management möglich. mehr...

regisafe: Umfassendes Update

[08.05.2024] Ein Update seiner Dokumenten-Management-Lösung hat der Software-Hersteller comundus regisafe herausgebracht. Wichtigste Neuerungen sind die Cloud-Lösung, die Möglichkeit zur steuerlichen Prüfung nach §2b UStG und erweiterte Funktionen für die digitale Signatur. mehr...

Die Integration generativer KI erweitert das Anwendungsspektrum einer intelligenten Such-Software.

Generative KI: Wenn die E-Akte auf Fragen antwortet

[08.05.2024] Die öffentliche Verwaltung muss täglich große Mengen an Informationen verarbeiten, gleichzeitig erwarten die Bürger immer schnellere Services. Intelligente Such-Software hilft den Behörden dabei, diesen Spagat zu meistern. Noch mehr Möglichkeiten bietet die Integration generativer KI. mehr...

Sagen der Arbeit im Aktenarchiv ade: Elena Taboada

Ehringshausen: E-Akte optimiert Arbeitsgrundlage

[02.05.2024] Binnen drei Monaten konnte die Gemeinde Ehringshausen alle ihre Bauakten in die elektronische Akte transferieren. Da die bisherigen Daten der Papierakten um Metadaten aus dem Geo-Informationssystem ergänzt wurden, fand mit der Digitalisierung auch eine qualitative Aufwertung statt. mehr...