AhausSmart mit ID
Im Unterschied zu Großstädten wird das Thema Smart City in kleinen und mittleren Städten nicht immer unter den Aspekten Ver- und Entsorgung, Energiewirtschaft oder Verkehrslenkung und -planung betrachtet. In ländlichen Regionen stehen andere Ziele im Vordergrund, die Voraussetzungen für den Einsatz smarter Technologien sind ebenfalls vollkommen anders. Vielfach stehen auch existenzielle Anforderungen auf der Agenda einer smarten Stadt, die dabei helfen sollen, die Kommune für Bürger und Gäste attraktiv zu halten und lebenswerter zu machen – vor dem Hintergrund zunehmender Online-Käufe und der Veränderung im Einkaufs- und Ausgehverhalten der Bevölkerung eine echte Herausforderung.
Die nahe der niederländischen Grenze gelegene Stadt Ahaus zählt mit den umliegenden Gemeinden knapp 40.000 Einwohner. Auf den ersten Blick ein beschauliches Städtchen, typisch für das Münsterland. Doch wer zu Fuß in der Einkaufsstraße unterwegs ist, stellt fest, dass erstaunlich viele Menschen per Smartphone Einkäufe und Bestellungen erledigen. Die breite, autofreie Straße beherbergt eine große Auswahl an Einzelhandelsgeschäften, an zwei Tagen in der Woche bietet ein Markt frische Produkte aus der direkten Umgebung, die Tische von Cafés und Bäckereien sind gut besetzt, Leerstände sind keine zu sehen. Ein guter Mix aus Shopping und Erlebnis, Gastronomie und Events sorgt für attraktive Angebote, die durch ein aktives Stadtmarketing befeuert werden. Aber das ist noch lange nicht alles: In Ahaus nutzen die Bürger mehr smarte Technologien als in manch anderer Stadt; das Smartphone ist beim Einkaufen und Ausgehen ständiger Begleiter, ganz selbstverständlich wird es in Gastronomie und Einzelhandel zum Bezahlen genutzt.
Digitaler Stadtgutschein
Um die Bürger mit Handel und Gastronomie optimal zu vernetzen und attraktive Angebote und Services zur Verfügung zu stellen, kommt in Ahaus eine zentrale digitale Plattform zum Einsatz. Wichtigster Bestandteil dabei ist eine persönliche ID. In den USA steht ID für Identity Document, also Ausweis oder Pass – und genau diese Aufgabe übernimmt auch die ID für die Ahauser. Sie sorgt für eine eindeutige Zuordnung und erlaubt es, individuelle Dienste zu nutzen und diese dann direkt elektronisch abzurechnen.
Seit Anfang dieses Jahres kommt im Ahauser Einzelhandel der digitale Stadtgutschein zum Einsatz. Dieser kann online sowie an verschiedenen Verkaufsstellen als Papierdokument oder über einen QR-Code für das Smartphone erworben werden und dann als Geschenk oder steuerbegünstige Zuwendung an Mitarbeiter vergeben oder weiterversendet werden. Der Einzelhandel in Ahaus nimmt den Gutschein ganz oder in Teilbeträgen entgegen. Dafür nutzt er den QR-Code-Scanner seiner Kasse oder setzt ein Smartphone oder Tablet zur Eingabe ein. Alle weiteren Prozesse laufen dann vollständig digital ab: Buchungen, Rechnungen und Quittungen erledigt das System. Arbeitsaufwand, der beim analogen Gutschein einen Mitarbeiter beschäftigte, wird automatisch erledigt.
120 Einzelhändler nehmen den digitalen Stadtgutschein bereits als Akzeptanzstellen entgegen. In der Gastronomie hat die Digitalisierung ebenfalls Einzug gehalten. Bestellen und Bezahlen mit dem Smartphone sind bei einem Großteil der Gastronomiebetriebe, von der Dönerbude bis zum Steakrestaurant, an der Tagesordnung. Für den Gast, der es gewohnt ist, Produkte online zu kaufen, macht es keinen Unterschied, ob er bei Amazon oder in seinem Lieblingsrestaurant bestellt. Nur die Lieferung erfolgt dann nicht an die Heimatadresse, sondern direkt an den Tisch. Dem Gastronom bringen die digitalen Dienste eine echte Erleichterung. Er benötigt weniger Personal für den Service, in Zeiten des Fachkräftemangels ein echtes Argument. Außerdem nimmt der Umgang mit Bargeld deutlich ab oder kann sogar ganz vermieden werden.
Digitalstes Hotel Deutschlands
Ohne den Einsatz smarter Lösungen wäre das gastronomische Angebot in der Innenstadt deutlich geringer. Während in anderen Städten immer mehr Kneipen aufgrund fehlender Mitarbeiter schließen, herrscht in Ahaus ein breites Angebot zum Ausgehen. Und was für die Gastronomie gilt, gilt auch für die Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt. Das smartel.com ist das wohl digitalste Hotel in Deutschland. Hier gibt es keinen Empfang, keinen umständlichen Check-in oder Check-out und auch keine Zimmerschlüssel. Der Gast öffnet die Türen mit dem Smartphone oder einem PIN-Code und steuert sein Zimmer über Smartphone oder Display. Das trifft den Nerv der Airbnb-Generation, wie die Bewertung mit 8,9 auf der Plattform booking.com zeigt. Nach der Aufgabe des Hotelbetriebs durch den ehemaligen Pächter wurde das Hotel vor knapp zwei Jahren umgebaut und ist heute eines der digitalen Vorzeigeobjekte in Ahaus.
Treiber der Digitalisierung
Kaufkraftbindung, eine attraktive Innenstadt, ein guter Mix aus Handel, Gastronomie und Marketing sowie die Vernetzung aller Beteiligten sorgen für Leben in Ahaus. Die Nutzung einer persönlichen ID, über die auch elektronische Zahlungsvorgänge abgewickelt werden, macht das Shoppen, Ausgehen und Übernachten einfacher und smarter, und bietet den Ahauser Bürgern noch weitere Vorteile. Wer sein Kfz-Kennzeichen registriert hat, kann zum Beispiel Parkflächen benutzen, bei denen die Parkzeiten automatisch und minutengenau abgerechnet werden. Für das Ausleihen von E-Bikes genügt es, sich mit seiner ID anzumelden, ebenso wie beim Verleih von Ruderbooten am Wasserschloss. Abrechnet wird auch hier nach Nutzungszeit. Carsharing-Modelle setzen ebenfalls auf die ID. Und wer am Stadtquiz teilnehmen möchte, kann das ebenfalls über seine persönliche Kennung tun.
Gebündelt werden alle Angebote, Services und Leistungen auf dem zentralen Stadtportal ahaus.app, das Bürgern und Touristen einen guten Überblick bietet, die Buchung von Tickets sowie das Freischalten für verschiedene Angebote erlaubt. Hier zeigt der Einzelhandel sein Profil und der Gastronom seine Mittagsgerichte. Hier berichten die Sportvereine und Unternehmen, und hier wirbt das Stadtmarketing für seine Aktionen.
Als Treiber der Digitalisierung sorgt das Unternehmen Tobit Software seit vielen Jahren für die ständige Weiterentwicklung in Ahaus. Eigene Objekte in der Stadt und auf dem Unternehmenscampus dienen dabei als Showcases. Hier werden smarte Anwendungen nicht nur in der Theorie, sondern im Praxiseinsatz gezeigt. Gemeinsam mit der Stadt und dem Stadtmarketing entstehen ständig neue Angebote, die Ahaus noch attraktiver und immer smarter werden lassen.
https://ahaus.app
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Oktober 2019 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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