WiesbadenSoftware für Soziale Arbeit
Wenn Kinder und Jugendliche auf ihrer Schullaufbahn ins Straucheln geraten, kommen sozialpädagogische Fachkräfte zum Einsatz: Sie begleiten Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf, helfen ihnen beim Übergang in den Beruf und bauen soziale, kulturelle oder persönliche Benachteiligungen ab. Vorreiter auf diesem Feld ist die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. Um alle Fördermaßnahmen besser koordinieren zu können und den eingesetzten Fachkräften die Arbeit zu erleichtern, entschied sie sich für den Einsatz einer Branchen-Software.
Bereits seit Ende der 1970er-Jahre ist die Schulsozialarbeit in Wiesbaden Teil des Jugendhilfeangebots und als eigenständige Fachabteilung im Amt für Soziale Arbeit verortet. Aufgrund der gewachsenen Strukturen ist sie sehr flächendeckend aufgestellt: Insgesamt profitieren rund 5.000 Jugendliche an 16 Schulen von den Maßnahmen. Ende 2010 hatte die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung beschlossen, auch jene Schüler zu begleiten, die in die Berufsvorbereitung an berufliche Schulen übergehen. In Anlehnung an ein Förderprogramm des Bundes sollte eine Koordinierungsstelle im Übergang Schule – Beruf geschaffen und damit der erste Schritt zur Ausweitung der Schulsozialarbeit an die beruflichen Schulen vollzogen werden.
Arbeitsabläufe mit Branchenlösung unterstützen
Hierfür war ein effizientes Übergangsmanagement gefragt: Relevante Informationen der bisherigen Einrichtungen mit Schulsozialarbeit sollten zusammen mit den Erfahrungen aus dem „Kompetenz-Entwicklungs-Programm im Übergang Schule-Beruf“ (KEP) in einer Software erfasst werden, und als Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern der Anschlussmaßnahmen dienen. Hinzu kam der Wunsch der eingesetzten Schulsozialarbeiter, ihre Arbeit mit einer Software-Lösung zu unterstützen. „Es gab zwar bereits eine Access-Datenbank, sie wurde aber nur für einen einzigen Prozess genutzt. Dass sich die vielfältigen Arbeitsabläufe in der Schulsozialarbeit mit einer Branchenlösung sinnvoll unterstützen lassen könnten, wurde mit der Zeit an unterschiedlichen Stellen immer wieder deutlich“, erläutert Dan Pascal Goldmann, Abteilungsleiter Schulsozialarbeit der Landeshauptstadt Wiesbaden, die Entscheidung, sich auf die Suche nach einer passenden Software-Lösung zu machen.
Diese sollte neben der Erfassung der Stammdaten der eingesetzten Fachkräfte sowie der teilnehmenden Schüler verschiedene Prozesse abbilden können: die Dokumentation und Verwaltung von Klassenbetreuungen und Gruppenangeboten; die Ergebnisse der Kompetenzfeststellung der einzelnen Schüler; die Ergebnisse des jeweils anzustrebenden Übergangsziels; die Dokumentation zusätzlicher Qualifizierungsmaßnahmen in der Berufsorientierung mit einer Einschätzung der Ergebnisse; Abgangs- und Übergangsstatistiken der Schulsozialarbeit sowie bei Bedarf die fortlaufende Falldokumentation in der Einzelfallarbeit. Letzteres sollte vermeiden, dass sensible Daten aus Aktenordnern entwendet werden können, was gerade in der Ferienzeit im Zuge von Schuleinbrüchen immer häufiger vorkommt.
Suche nach dem richtigen Produkt schwieriger als gedacht
„Wir sind mit der – im Nachhinein etwas naiven – Vorstellung gestartet, dass eine solche Branchen-Software für die Schulsozialarbeit binnen sechs Monaten gefunden, gekauft und installiert werden könnte. Größere Herausforderungen hatten wir erst bei der Einführung und insbesondere der Schulung der Mitarbeiter erwartet. Die Realität hat uns gelehrt, dass die Frage nach dem richtigen Produkt die eigentliche Herausforderung ist“, gesteht Dan Pascal Goldmann. Denn nur wenige Software-Anbieter sind auf einen sozialen Bereich spezialisiert. Um eine praxistaugliche Lösung zu finden, erkundigte sich die Stadt Wiesbaden schließlich bei ihren Kooperationspartnern, welche Programme dort im Einsatz sind. Die Alternative wäre gewesen, selbst eine Software zu programmieren – der Weg über einen externen Anbieter bietet allerdings größere Sicherheiten und ist mittel- und langfristig gesehen günstiger und professioneller.
Von einer städtischen Jugendhilfe-Einrichtung kam schließlich der entscheidende Tipp: Die Firma LAP Consult konzentriert sich mit ihren Lösungen speziell auf die Soziale Arbeit, weil auch ihre Geschäftsführer ursprünglich aus diesem Bereich stammen. Der IT-Dienstleister stellte den Verantwortlichen der Stadt zunächst ein Grundgerüst vor, anhand dessen gemeinsam ein Pflichtenheft erarbeitet wurde, was im Ergebnis zugleich die Struktur der neuen Software für die Schulsozialarbeit darstellte. Nach der ersten Kontaktaufnahme im Juli 2011 fiel folglich schnell die Entscheidung zur Zusammenarbeit mit dem Hamburger Dienstleister.
Gut vorbereitet in den Echtbetrieb
In einer ersten Projektphase wurden zunächst die Inhalte der Schulsozialarbeit in das Programm überführt. Weil es in dieser Phase wichtig war, so genau wie möglich zu arbeiten, wurde ihr entsprechend viel Zeit eingeräumt: Die Mitarbeiter sollten erst mit der Software im Echtbetrieb arbeiten, nachdem die Inhalte im Detail definiert wurden. Eine erste Testversion von LAP Change 5 wurde im Herbst 2013 an fünf Einrichtungen der Schulsozialarbeit erprobt. Nach der Auswertung wurde die Lösung auf MySQL portiert – Voraussetzung für den Betrieb an den städtischen Rechnern. Auch die neue Version wurde zunächst getestet, bevor sie im Frühjahr 2014 dann auf allen städtischen Rechnern der Schulsozialarbeit eingerichtet wurde. Aufgrund von Verzögerungen bei der Schulung der Mitarbeiter erfolgte die tatsächliche Einführungsphase dann im Schuljahr 2014/2015. Seit dem darauffolgenden Schuljahr läuft die Software im Echtbetrieb.
Ein differenziertes Rollenkonzept sorgt dafür, dass jeder nur die Daten einsehen kann, für die er auch befugt ist. Auf der Praxisebene haben die Schulsozialarbeiter Zugriff auf relevante Informationen zu ihren Schülern sowie zu den Betreuungsorten der eigenen Schule und vereinbarte Nebenbetreuungsorte, zum Beispiel im Falle von schulübergreifenden Maßnahmen. Sie nutzen das Tool zur Einzelfalldokumentation, aber auch für die Arbeit mit Klassen und Gruppen. Nicht zuletzt dokumentiert die Software den Berufsorientierungspfad der Schüler. Auf der Verwaltungsebene haben die Koordinatoren zum Planen von schulübergreifenden Angeboten Zugriff auf sämtliche Stammdaten, können jedoch nicht die Falldokumentationen der einzelnen Schüler einsehen. Die Leitungsebene schließlich hat das Recht zum Lesen und Auswerten von Daten, zum Beispiel zum Erstellen einer Abgangs- und Übergangsstatistik.
Auf dem richtigen Weg
Nachdem die Software nun das zweite Jahr im Einsatz war, lässt sich auch ein erstes Resümee ziehen: „Von einem ganz und gar reibungslosen Ablauf können wir zwar noch nicht sprechen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir auf einem guten Weg sind“, fasst Dan Pascal Goldmann zusammen. Da im ersten Jahr noch nicht alle Anwendungen der Software zum Einsatz kamen, im zweiten Schuljahr aber deutlich mehr Standards vorgegeben und somit mehr Funktionen angewendet wurden, treten manche kleinen Fehler erst jetzt zutage und werden derzeit in einer Art Fein-Tuning durch den Dienstleister behoben. In zwei weiteren Schuljahren soll die Lösung dann ganz und gar rund laufen und aus dem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken sein.
Die Nachfrage nach datenbasierten Lösungen nimmt auch in anderen Bereichen der Sozialen Arbeit spürbar zu. Dan Pascal Goldmann ist sich daher sicher, dass die Stadt Wiesbaden mit der Einführung der Fach-Software den richtigen Weg beschritten hat: „Wir waren in der Schulsozialarbeit ein Pilotprojekt. Von unseren Erfahrungen können sicher auch andere Einrichtungen in Deutschland profitieren.“
http://www.lap-consult.com
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