Donnerstag, 5. Dezember 2024

InterviewSolides Bilanzwissen

[30.06.2016] Von Nürnberg bis Spiekeroog – Kommunen aller Größenklassen nutzen die Software des Anbieters hallobtf!. Kommune21 sprach mit Geschäftsführer Matthias Breitenfelder über die Vorteile einer Spezial-Software für den kommunalen Gesamtabschluss.
Matthias Breitenfeuer

Matthias Breitenfeuer, Geschäftsführer von hallobtf!

(Bildquelle: hallobtf!)

Herr Breitenfelder, Ihr Unternehmen hat sich mit der Software Doppik al dente! auf den kommunalen Gesamtabschluss spezialisiert. Worum geht es beim Gesamtabschluss?

Kommunen haben ja häufig einen großen Teil ihrer Aufgaben in eigenständige Unternehmen ausgelagert. Sie betätigen sich wirtschaftlich als Konzerne mit typischerweise zwei, zehn oder manchmal auch mehr als hundert Unternehmen unterschiedlicher öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsformen. Im Gesamtabschluss geht es um ein zusammenfassendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage dieser kommunalen Konzerne. Der Gesamtabschluss ist das kommunalrechtliche Pendant zum privatwirtschaftlichen Konzernabschluss.

Müssen nicht in erster Linie große Kommunen einen solchen Abschluss erstellen?

Der Gesamtabschluss betrifft gleichermaßen große wie kleine Kommunen. Unser größter Kunde ist derzeit die Stadt Nürnberg mit etwa 500.000 Einwohnern. Aber auch unseren kleinsten Kunden kennen viele: Die Gemeinde Spiekeroog, eine Nordsee-Insel mit 775 Einwohnern. Man kann übrigens auch nicht sagen, dass die Größe des kommunalen Konzerns mit der Einwohnerzahl korreliert: Wir haben Großstädte mit nur zwei Konzernunternehmen und kleine Mittelstädte mit mehr als zehn Betrieben im Vollkonsolidierungskreis.

Für die Kommunen ist die Aufstellung mit großem Aufwand verbunden. Wo liegt der Nutzen des Gesamtabschlusses?

Man kann nicht erwarten, dass durch die Aufstellung eines Gesamtabschlusses sofort und unmittelbar ein Nutzen entsteht, etwa im Hinblick auf die Steuerung des kommunalen Konzerns. Wir müssen hier längerfristig denken. Nach vielen Jahren gewöhnen wir uns jetzt an den Gedanken, die kommunale Verwaltung nicht mehr als Obrigkeit, sondern als Dienstleister wahrzunehmen. Daher ist es nur logisch, dass wir die Kommune mit ihren Eigen- und Beteiligungsunternehmen auch wirtschaftlich als das sehen, was sie ist: als einen Dienstleistungskonzern, der dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Greifbare Konsequenzen aus dieser veränderten Sicht werden sich erst in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren ergeben.

„Man sollte auch nicht allzu theoretisch an die Sache herangehen.“
Haben die Kommunen denn das Personal und das Know-how, um einen Gesamtabschluss fachgerecht aufzustellen?

Der Gesamtabschluss ist eigentlich kein Hexenwerk. Unerlässliche Grundlage ist jedoch ein solides Bilanzwissen. Wir erleben immer wieder, dass die Aufgabe Mitarbeitern übertragen wird, denen dieses Wissen fehlt. Diese stehen dann auf verlorenem Posten. Umgekehrt fällt es erfahrenen Bilanzbuchhaltern in der Regel nicht schwer, sich mit den Begriffen und der Methodik des Gesamtabschlusses vertraut zu machen. Hierzu bieten wir ein zweitägiges Einsteiger-Seminar unter dem Titel ‚Gesamtabschluss wirklich selbst schaffen‘ an, das bereits von mehr als 500 Teilnehmern besucht wurde. Die Teilnahme ist übrigens kostenfrei.

Welche Rolle spielen die Erleichterungen, die manche Bundesländer den Kommunen einräumen?

Nicht alle Länder haben klare und durchdachte Vorschriften für den Gesamtabschluss erlassen. Vermutlich mit bester Absicht wurden in die Gesetze Erleichterungen hinein formuliert, die eigentlich keine sind. Paradebeispiel ist der Verzicht auf die einheitliche Bewertung gemäß Paragraph 308 HGB. Im Gesamtabschluss werden dann Äpfel mit Birnen verglichen, was natürlich die Aussagekraft der Gesamtbilanz stark einschränkt. Dabei ist dies – zumindest bei Einsatz einer geeigneten Software – nun wahrlich nicht der Punkt, der in der Praxis die meiste Arbeit macht.

Was spricht für eine spezielle Software für den Gesamtabschluss, kann das nicht genauso gut mit Excel erledigt werden?

Einige Kommunen – darunter durchaus auch Großstädte – haben tatsächlich ihren ersten Gesamtabschluss mit Excel erstellt. Das Problem tritt dann häufig im zweiten Jahr auf: Die Buchungen des ersten Jahres müssen konsistent fortgeführt werden. Auch bezüglich einer lückenlosen Plausibilitätsprüfung, Dokumentation, Nachvollziehbarkeit und Übersichtlichkeit ist eine gute Gesamtabschluss-Software gegenüber einer Excel-Lösung klar im Vorteil. Ganz zu schweigen von der Datensicherheit.

Was zeichnet eine gute Software aus?

Eine geeignete Software kann die Arbeit am Gesamtabschluss erheblich erleichtern. Vor allem sollte sie einen festen Rahmen und eine Orientierung für die Mitarbeiter vorgeben, die zum ersten Mal einen Gesamtabschluss aufstellen. Unsere Software Doppik al dente! wurde speziell für den kommunalen Gesamtabschluss entwickelt. Beispielsweise nutzt das Programm für die Übernahme der betrieblichen Jahresabschlüsse die Standard-Reports des jeweiligen Finanzverfahrens. Sofern diese im Excel-Format vorliegen, werden sie eingelesen. Eine manuelle Bearbeitung ist nicht erforderlich. Auch die Konten des jeweiligen betrieblichen Kontenplans werden automatisch in die Konzernkonten übersetzt.

Was muss eine kommunale Konzernabschluss-Software noch können?

Es ist natürlich wichtig, dass man mit der Software alle typischen Leistungs- und Geldflüsse im kommunalen Konzern fachgerecht behandeln kann. Hierzu gehören beispielsweise Investitionszuschüsse der Kommune, konzerninterne Ausleihungen oder auch Anlagenverkäufe im Konzern. Sobald Anlagevermögen betroffen ist, müssen auch die Abschreibungen automatisch gebucht werden. Eine weitere Herausforderung ist die auto­matische Aufwands- und Ertragsabstimmung zwischen Brutto- und Nettobuchern.

Viele der gebräuchlichen Finanzverfahren enthalten auch Funktionen zur Konzernkonsolidierung. Wäre eine solche integrierte Lösung nicht besser geeignet als eine Spezial-Software?

Das Thema Integration stellt sich beim Gesamtabschluss nicht. Ohnehin müssen hierfür die Daten aus den unterschiedlichen Finanzverfahren der Konzernbetriebe gewonnen und zusammengeführt werden. Natürlich wäre es aus IT-Sicht einfacher, das bestehende Finanzverfahren für den Gesamtabschluss zu nutzen, anstatt eine zusätzliche Software zu installieren. Dennoch haben sich bereits nahezu 100 Kommunen, darunter bislang zwölf Großstädte, für Doppik al dente! entschieden. Sie waren der Meinung, dass die fachlichen Vorteile der Lösung eindeutig überwiegen.

Welches sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Aufstellung des ersten Gesamtabschlusses?

Zu nennen sind hier die richtige Orientierung, ein praxisbezogenes Vorgehen und natürlich auch ein entsprechendes kommunal­taugliches Werkzeug. Man sollte auch nicht allzu theoretisch an die Sache herangehen. Zwar sind die Schaffung des organisatorischen Rahmens, die Festlegung von Abläufen und Terminen, die Bestimmung von Ansatz- und Bewertungsvorschriften und die Dokumentation all dessen in einer Gesamtabschlussrichtlinie wichtig. Dennoch sollte man einfach anfangen, die Jahresabschlussdaten der Betriebe in die Hand nehmen und sehen, was auf einen zukommt.

Interview: Alexander Schaeff




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