DetmoldSprungbrett für die Karriere
Frau Mikus, es heißt, der Fachkräftemangel und der demografische Wandel bedrohen die Leistungsfähigkeit von Kommunalverwaltungen. Stimmt das oder wird übertrieben?
Das stimmt durchaus. Den Kommunen werden immer mehr Aufgaben gesetzlich zugewiesen und die Krisenzeit, in der wir leben, bringt auch im Personalwesen viele zusätzliche Herausforderungen mit sich. Derzeit ist die Lage so, dass wir auf Stellenausschreibungen teilweise keine einzige Bewerbung erhalten. Deswegen kann ich sagen, dass der Fachkräftemangel für die Kommunalverwaltung ein Thema ist, dem wir uns dringend stellen müssen, um zukunftsfähig zu bleiben.
Welche Strategien der Personalentwicklung setzen Sie um?
Wir sind derzeit dabei, die Personalentwicklung und das Personal-Management mit externer Beratung neu aufzusetzen. Bisher beschäftigen wir uns eher mit einzelnen Bausteinen und wollen das Thema nun ganzheitlich angehen. Natürlich versuchen wir zunächst, möglichst viel Personal selbst auszubilden. Und wir gehen an die Technischen Hochschulen, um künftige Absolventen für uns zu gewinnen. Das Berufsfeld öffentlicher Sektor ist leider nicht im Fokus der Studierenden, deshalb wollen wir früh das Interesse an der Verwaltung wecken.
Welche weiteren Maßnahmen ergreifen Sie?
Wir arbeiten an unserem Image und betonen, dass es sehr sinnstiftend ist, in der öffentlichen Verwaltung zu arbeiten. Wir wollen auch zeigen, dass eine Behörde agil sein kann. Intern haben wir ein neues Format entwickelt, einen Pitch beim Verwaltungsvorstand. Hier sind alle Mitarbeitenden aufgerufen mitzumachen, sich bei Projekten mit eigenen Ideen einzubringen und diese in einem fünfminütigen Pitch vorzustellen. Das ist in der ersten Runde super gelaufen. Die Ideen flossen in eine Strategie ein, daraus ist ein Förderprojekt mit entsprechender Mittelausstattung geworden. Das hat den Mitarbeitenden gezeigt, dass sie sich einbringen und eine Wirkung erzielen können. Ein weiterer Aspekt bei der Personalentwicklung ist die individuelle Förderung, um Mitarbeitende in Führungspositionen zu bringen. Wir bieten künftig die Möglichkeit, sich jenseits von Stellenbeschreibungen und Tätigkeitsfeldern zu qualifizieren. Manche Mitarbeitende übernehmen etwa eine Projektleitung, die höherwertiger ist als die aktuelle Funktion. Das ist ein Sprungbrett für andere Aufgaben.
Sie kommen aus der freien Wirtschaft. Wo sehen Sie die wesentlichen Unterschiede zu einer Stadtverwaltung?
Große Organisationen ähneln sich, ob nun Privatwirtschaft oder öffentliche Verwaltung, deshalb habe ich keinen Kulturschock erlebt. Ein Unterschied ist, dass wir in der Verwaltung das Instrument Bezahlung nicht in gleicher Weise nutzen können wie die Wirtschaft. Wir möchten hier mit Projektarbeit gegensteuern, für die wir Zulagen bezahlen können. Im Übrigen stehen auch für Fortbildungsprogramme nicht so viele Mittel zur Verfügung wie in der freien Wirtschaft.
„Wir betonen, dass es sehr sinnstiftend ist, in der öffentlichen Verwaltung zu arbeiten.“
Häufig ist die Rede von einem Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung. Was heißt das genau?
Angesichts der Aufgaben und Strategien müssen wir in den Kommunalverwaltungen vernetzter kooperieren und Hierarchien abbauen. Leider spiegelt sich das immer noch vorhandene Silodenken auch in der Art der Zusammenarbeit wider. Allerdings ermöglichen jetzt digitale Tools den direkten Austausch. Man kann unkompliziert zu Videokonferenzen einladen, um bestimmte Themen zu besprechen. Hier findet schon ein Wandel statt. Es hängt aber vom Mindset des Einzelnen ab, ob man auf Augenhöhe miteinander umgeht und sich dutzt oder siezt. Darauf ist noch nicht jede Führungskraft eingestellt, aber der Prozess ist im Gang.
Wie können Führungskräfte diesen Kulturwandel aktiv vorantreiben?
Die Verwaltungsspitzen müssen Vorbild sein für alle nachgeordneten Ebenen. Wir müssen vorleben, was wir predigen, sonst funktioniert es nicht. Und die Führungskräfte müssen durch Gespräche Verständnis schaffen und Ängste nehmen. Denn der Wandel muss sich in den Köpfen erst noch durchsetzen, zwingende Voraussetzung dafür ist beständige Kommunikation.
Die Digitalisierung soll die Leistungsfähigkeit der Verwaltung auch bei weniger Personal aufrechterhalten. Ist das so?
Die Digitalisierung ist ein entscheidender Modernisierungsschritt für die Verwaltung und kann dazu beitragen, das verstaubte Image abzulegen. Wenn Verfahren digitalisiert sind, wird das dem Fachkräftemangel auf jeden Fall entgegenwirken. Allerdings kann temporär durch Digitalisierungsprojekte ein erhöhter Personaleinsatz nötig werden. Es ist auch klar, dass wir weiterhin Menschen brauchen, die die Bürger vor Ort beraten. Aber viele Antragsverfahren laufen in Detmold inzwischen online und dadurch kann künftig einiges an Luft geschaffen werden. In bestimmten Bereichen können wir Personal umorganisieren und so Kapazitäten für andere Aufgaben frei machen.
Wie werden sich die Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung verändern, wenn die Digitalisierung erfolgreich ist?
Ich glaube schon, dass die Arbeit künftig einfacher organisiert werden kann. Videokonferenzen, Tools für Online-Zusammenarbeit und Kommunikation sorgen dafür, dass die Kommunalverwaltungen mehr Zeit haben für die Beratung in Bereichen, die sich nicht digitalisieren lassen. So kann der Servicegedanke stärker in den Vordergrund rücken. Allerdings darf man die persönlichen Treffen nicht vernachlässigen, sonst geht das Gemeinschaftsgefühl verloren, das gilt auch für den Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2023 von Kommune21 im Schwerpunkt Personalwesen erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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