Digitale BildungStrategie benötigt
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Stolberg: Am Ritzefeld-Gymnasium gehört der digitale Unterricht zum Alltag.
(Bildquelle: AixConcept)
Im Bereich Schule und Unterricht haben Bildungsverantwortliche mit klaren Entscheidungen und Einfallsreichtum auf die Corona-Krise reagiert. Glücklich schätzen konnten sich alle Schulen, die vorbereitet waren und bereits vor der Krise digitales Lernen im pädagogischen Prozess eingesetzt und sich für professionelles Schul-IT-Management mit Lernplattformen entschieden hatten.
Wer jedoch etwas genauer hinschaut, sieht, dass die Digitalisierung in pädagogischen Prozessen immer noch am Anfang steht. Die Umsetzung des Homeschoolings, also des Fernunterrichts oder Distanzlernens, bei dem das gemeinsame Arbeiten in der Klasse durch plattformgesteuertes Unterrichten zu Hause ersetzt wird, ist von Voraussetzungen abhängig, die längst nicht überall gegeben sind.
Vom flächendeckenden Ausbau noch weit entfernt
In den vergangenen Jahren haben Bund und Länder mehr Geld für den Ausbau des digitalen Lernens bereitgestellt als in den zehn Jahren zuvor. Die Politik hat erkannt, dass der flächendeckende Ausbau der Infrastruktur notwendig ist, bevor über weitere Pläne nachgedacht werden kann. Die Bereitstellung von Fördermitteln bedeutet aber leider nicht, dass dieser Schritt bereits vollzogen ist.
Dass Schulen ein Medienkonzept erarbeiten müssen und Schulträger einen Medienentwicklungsplan, stellt die Verantwortlichen vor eine große Herausforderung. Und nur wenige sind in der Lage, ein auf Zahlen, Daten und Fakten basierendes, schlüssiges Ergebnis zu liefern. Wie auch? Aufgabe von Pädagogen und Verwaltung war und ist es nicht, in kurzer Zeit so viel IT-Fachkenntnis zu erwerben, dass sie beurteilen können, welche Lösungen in ihrer Schule zum Einsatz kommen sollen, um professionell und nachhaltig arbeiten zu können. Hinzu kommt, dass der Ausbau der Infrastruktur nicht über Nacht geschieht, sondern sich über viele Monate hinzieht, weil zum Beispiel Baumaßnahmen nur in den Ferien stattfinden können. Realität ist, dass Deutschland vom flächendeckenden Ausbau breitbandiger Verbindungen noch weit entfernt ist, vor allem in ländlichen Regionen.
Unzufriedenheit und Frust
Ortsunabhängiger Unterricht benötigt mehr als ein Mobiltelefon. Viele Mindestvoraussetzungen werden durch Handys schlicht nicht erfüllt. Stichwort Medienkompetenzfelder. Meist gibt es weder die notwendige plattformübergreifende Software noch werden rechtliche Rahmenbedingungen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingehalten.
Die Mehrheit der Schulen stand jedoch praktisch über Nacht vor der Aufgabe, eine Lösung zu finden. Manche Schulen nutzten Standard-Mail-Anbieter, andere ungeprüfte Messenger oder Dateiablagen, um den Unterricht zu ermöglichen. Kaum jemand hatte eine professionelle Lernplattform zur Verfügung. Oft führte dieses Improvisieren nach kurzer Zeit zu Unzufriedenheit und Frust bei den Pädagogen und Eltern.
Aspekte wie Sicherheit, geordneter Austausch von Daten, (Gruppen-)Chat per Video und Kooperation, Eingriff durch den Pädagogen, Versenden von Aufgaben und Hilfsmitteln, kurz: ein möglichst umfassendes Abbilden von Unterricht, wie es mit einer adäquaten Schul-IT-Plattform möglich ist, fehlte. Dies bekamen auch die Eltern in ihrer Rolle als Hilfspädagogen zu spüren. Diese allgemeine Unzufriedenheit bemerkte die Branche: Als Anbieter einer Schul-IT-Lösung hat das Unternehmen AixConcept in kurzer Zeit hunderte von Anfragen erhalten.
Teilhabe und IT-Vorkenntnisse der Lehrkräfte
Zusätzlich zu den Aspekten wie Sicherheit und Unterrichtsorganisation kamen zwei Mängel zum Vorschein, die zwar regelmäßig bei der Kultusministerkonferenz angesprochen werden, aber offensichtlich noch nicht in den Schulen angekommen sind: Teilhabe und IT-Vorkenntnisse der Lehrkräfte. Teilhabe bedeutet, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass jede Familie ein Endgerät für jedes schulpflichtige Kind zur Verfügung stellen kann.
Mit IT-Vorkenntnissen ist die fehlende oder unzureichende Aus- und Fortbildung – und damit die vorherige Erfassung des Kenntnisstands – der Pädagogen in den vergangenen Jahren gemeint. Maximal 20 Prozent des Lehrpersonals setzten vor der Corona-Krise regelmäßig IT im Unterricht ein. Wohlgemerkt: Der Einsatz ist an deutschen Schulen seit Jahren keine freiwillige Option mehr, sondern fachübergreifend verpflichtend. Allerdings ist auch klar, dass die eingesetzte Lösung funktionieren sollte, also pädagogische Prozesse abbilden und unterstützen kann. In der Regel ist das über pädagogisch angepasste Spezialprogramme möglich. Leider wird hier aber immer noch improvisiert und gebastelt. Tatsächlich wird eine Festlegung auf Industrie-Standards benötigt, alles andere ist ein fauler Kompromiss.
Lernraum Schule virtuell erweitert
Dass das Arbeiten zu Hause gut funktionieren kann, haben viele Unternehmen und Institutionen bewiesen. Hunderttausende Mitarbeiter haben im Homeoffice über Wochen hinweg erfolgreich gearbeitet. Und viele Schulen, die sich schon länger mit der Umsetzung befassen, haben die Herausforderung des Distanzlernens mit Unterstützung bewältigen können. Der gravierende Unterschied zu den oben beschriebenen Fällen war: Sie waren technisch vorbereitet, sie hatten einen Masterplan und ein Umsetzungskonzept für den Unterricht. Von Anfang an war dort somit klar, welche Infrastruktur, welche Hard- und Software, welche Administrations- und IT-Management-Lösung eingesetzt werden. So war schon vorher definiert, was benötigt wird, damit parallel mit Apple-, Windows- und Android-Endgeräten gearbeitet werden kann.
Das galt auch für Einrichtungen, die bereits Schul-IT-Lösungen im Einsatz hatten. Dort konnte der Lernraum Schule einfach virtuell erweitert werden. Inhaltliche Qualität und Struktur blieben erhalten, weil ein IT-erfahrenes Kollegium gar nicht erst improvisieren musste, sondern Unterricht (fast) wie bisher durchführen konnte. Beispiele solcher Schulen sind das Ritzefeld-Gymnasium in Stolberg in Nordrhein-Westfalen, die Deutschherrenschule in der nordrhein-westfälischen Stadt Hürth und die Maria-Ward-Realschule in Schrobenhausen in Bayern.
Flexibel auf Technologieentwicklungen reagieren
Was kann aus der Krise in der Pädagogik gelernt werden? Zumindest ist deutlich geworden, was verbessert werden muss. Fördermittel für die Schulen werden auch in den kommenden Jahren notwendig sein, um ausgereifte IT-Standards zu schaffen. In Zukunft wird mehr benötigt als Endgeräte und Infrastruktur. Ein langfristiger Plan muss ausgearbeitet werden, der konsequenterweise beim Studium beginnt, die Aus- und Fortbildung von Pädagogen als lebenslange Aufgabe erkennt, und wichtige Bereiche wie die Finanzierung von Services, Wartung und Administration der Schul-IT-Landschaft nicht ausklammert. Mit anderen Worten: Es ist eine professionelle Herangehensweise vonnöten, die sich an der Realität orientiert und flexibel auf Technologieentwicklungen und Entwicklungssprünge reagieren kann.
Vielleicht ist Corona auch ein Startschuss, denn die Krise hat deutlich gezeigt, wie groß die politische und pädagogische Aufgabe tatsächlich ist, damit Schulen auch unter solchen Bedingungen funktionieren können.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe August 2020 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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