Ludwigshafen/MünchenStrategie vs. Flurfunk
Ideen, Hinweise und Feedback der Bürger bekommen und aufgreifen – heute wissen Politik und Verwaltung, wie wichtig Beteiligung für erfolgreiche Projekte und Planungen ist. Innerhalb der Behörden verhält sich das nicht anders. Begriffe wie Change Management oder Mitarbeitermotivation deuten an, dass es für die Umsetzung von Projekten und Veränderungen unerlässlich ist, die Mitarbeiter mitzunehmen. Einige Verwaltungen führen deshalb beispielsweise regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch. Doch sind bestehende Instrumente wie standardisierte Fragebögen ausreichend, wenn Lösungen für komplexe Probleme der Organisationsentwicklung gefunden werden sollen? Ludwigshafen am Rhein und die bayerische Landeshauptstadt München gehen hier neue Wege. Die Stadtverwaltung von Ludwigshafen am Rhein steht durch das altersbedingte Ausscheiden erfahrener Mitarbeiter, die Konkurrenz um qualifizierte Köpfe auf dem Arbeitsmarkt und gesellschaftliche Veränderungsprozesse unter großem Veränderungsdruck. Aufgaben und deren Erfüllung sind neu zu bewerten und an sich verändernde Gegebenheiten anzupassen. Um eine moderne, arbeitsfähige Verwaltung zu schaffen, die den Herausforderungen des demografischen Wandels konstruktiv begegnet, wurde mit der Neuen Ressourcensteuerung (NRS) ein organisatorisches Verfahren mit einem partizipativen Ansatz verknüpft. Von ihr soll gleichzeitig ein Modernisierungsschub für die Verwaltung ausgehen. Ein Drehkreuz des NRS-Prozesses bildet eine von der Agentur Zebralog entwickelte Plattform, auf der mittels verschiedener Dialogformate die Mitarbeiter an unterschiedlichen Themen und Fragestellungen beteiligt werden. Eine Online-Bibliothek sorgt dafür, dass alle Verfahrensschritte und Entscheidungen immer transparent sind. Als Grundlage dient die Dialogzentrale, eine Drupal-basierte Open-Source-Lösung. Das passt zur Philosophie der Offenheit in Ludwigshafen. Aber nicht nur auf der Plattform, sondern auch im Rahmen von Gesprächsrunden werden Themen zur NRS bearbeitet. Auf der Plattform werden die Mitarbeiter wiederum über alle Prozessschritte informiert – vom Sachstand des Verfahrens über die nächsten Schritte bis hin zu getroffenen Entscheidungen. Ziel ist ein partizipativ entwickeltes Konzept, das Veränderungsprozesse ermöglicht, die von den Mitarbeitern mitgetragen werden.
Ideen für ein neues Intranet
Ähnliches setzt München um. Das Intranet der bayerischen Landeshauptstadt ist in die Jahre gekommen. Einfachere Kommunikations- und schnellere Informationswege, eine leichtere Bedienung – Stichwort Usability – und ein zentrales Wissensmanagement müssen her. Die Zusammenarbeit, auch zwischen unterschiedlichen Verwaltungsbereichen, soll attraktiver, strukturierter, moderner, informativer und informeller werden. Dabei nimmt die Stadt den Begriff nutzerzentrierte Entwicklung sehr ernst und möchte das neue Intranet von Anfang an an den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausrichten. Dafür wurde unter dem Motto „ZusammenArbeit gemeinsam gestalten“ im Januar 2016 eine gemeinsam mit Zebralog konzipierte Beteiligungsplattform bereitgestellt. Darauf können die Mitarbeiter der Landeshauptstadt ihre Anregungen, Ideen und Wünsche für ein neues Intranet diskutieren, bewerten und vertiefen. Aus diesen Rückmeldungen wird dann ein Anforderungskatalog und schließlich ein neues Intranet entwickelt. Die Beteiligung ist rege und stimmt zuversichtlich, dass auch das neue Intranet aktiv genutzt und mit Leben gefüllt wird. Wie in der Gesellschaft muss Beteiligung auch innerhalb einer Organisation erst erlernt werden. Gerade bei Verwaltungen sind Partizipation und offener Dialog quer zu bestehenden Hierarchien Neuland. Die Führungsspitze bringt die Mitarbeiter in den Dialog, um deren Beiträge für komplexe Entscheidungsprozesse nutzen zu können. Themen und Ideen werden nicht mehr nur in der Kaffeeküche diskutiert oder anonym eingesammelt, sondern explizit erfragt und im Dialog offen diskutiert und entwickelt. Auf diese Weise werden Pro und Kontras für alle sichtbar.
Vorab die Mitarbeiter befragen
Dieser Kulturwechsel wird von vielen Mitarbeitern gerne mit Leben gefüllt, wie die positiven Erfahrungen aus Ludwigshafen und München zeigen. Neue offene und dialogische Formen der Mitarbeiterbeteiligung sind mit neuen Herausforderungen verknüpft und werden von den bestehenden Hierarchien, Abhängigkeitsverhältnissen, Machtstrukturen sowie der Kollegialität beeinflusst. Äußert sich ein Mitarbeiter bei allen Themen offen, wenn er weiß, dass sein Vorgesetzter mitliest? Und wie stark können Vorgesetzte ihre Mitarbeiter kritisieren? Bei der Mitarbeiterbeteiligung in Ludwigshafen geht es beispielsweise um die Bewertung von Aufgaben, die allesamt von Menschen erfüllt werden. In einem ersten Schritt wurde deshalb transparent und partizipativ ein Kriterienkatalog erarbeitet. Wer sich beteiligen möchte, kann bei jedem Beitrag entscheiden, ob er diesen mit Klarnamen oder Pseudonym abgibt. Es ist wichtig, je nach Thema der Beteiligung und Größe der Organisation vorab zu entscheiden, welche Schutzmechanismen zu treffen sind. Welche gemeinsamen Regeln müssen vereinbart werden, damit eine offene und faire Beteiligung stattfinden kann? In Ludwigshafen haben Stadtvorstand und Personalrat deshalb auch eine mit den Mitarbeitern gemeinsam erarbeitete Startvereinbarung geschlossen. Natürlich besteht auch in Verwaltungen Skepsis gegenüber neuen Dialogangeboten. Führungskräfte können hier Vertrauen schaffen, indem sie Dialogergebnisse ernst nehmen und umfassende Rückmeldung geben. Offene Beteiligungsprozesse in der Verwaltung bringen unabhängig vom Thema immer einen Kulturwandeleffekt mit sich. Anstatt Entscheidungen von oben zu treffen, werden vorab die Mitarbeiter gefragt. Sowohl in Ludwigshafen als auch in München bringen sich diese mit hohem Engagement in den Prozess ein. Ihre Beiträge sind qualitativ hochwertig und eröffnen neue Sichtweisen im Problemlösungsprozess.
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