Donnerstag, 5. Dezember 2024

InterviewStrategien für den Ausbau

[27.05.2022] Da Förderverfahren lange dauern, stocken vielerorts die Planungen für den Glasfaserausbau. Mit der richtigen Strategie lässt sich das vermeiden. Was es dabei alles zu beachten gilt, erläutert Dirk Fieml, CEO der tktVivax Group.
Dirk Fieml

Dirk Fieml, CEO der tktVivax Group

(Bildquelle: Jens Frank)

Herr Fieml, man liest immer wieder, dass die Fördermittel nicht ausgeschöpft werden und der Breitbandausbau schneller gehen könnte. Woran liegt das?

Zunächst muss man feststellen, dass die Förderverfahren sehr langwierig sind und sich teilweise über zwei, drei Jahre erstrecken. Vielerorts sind also die Anträge in Vorbereitung oder wurden bereits gestellt, aber eben noch nicht bewilligt.

Was können Kommunen tun, um schneller voranzukommen?

Sie sollten nicht nur auf die Fördermittel setzen, sondern auch den eigenwirtschaftlichen Ausbau vo­rantreiben. Beides muss sich ergänzen. Im Rahmen der 3.3er-Förderung des Bundes sollte jede Kommune untersuchen, was förderfähig wäre und was nicht. Gleichzeitig lohnt es sich bereits in dieser Phase, mit Investoren darüber zu sprechen, ob es Interesse gibt, sich in der jeweiligen Region eigenwirtschaftlich zu betätigen. Hier ändert sich der Markt derzeit enorm, weil viele Investoren – vor allem solche aus dem Ausland – den deutschen Breitbandausbau als Chance begreifen und teilweise Summen im Millionenbereich investieren wollen. So besteht die Möglichkeit, schnell mit dem eigenwirtschaftlichen Ausbau zu starten, weil man hier kein langwieriges Verfahren durchlaufen und die benötigten Fördermittel nur dort beantragen muss, wo keine Ausbauzusagen von möglichen Investoren bestehen. Die Gebäude, bei denen sich eine wirtschaftliche Erschließung nicht darstellen lässt, können dann im Zuge des geförderten Ausbaus erschlossen werden.

Bis zu 90 Prozent der Kosten eines Glasfasernetzes entfallen auf den Tiefbau, die Montage und das verwendete Material. Was ist zu beachten, um die Kosten im Griff zu behalten?

Die Weichen für den Erfolg eines Glasfaserprojekts werden schon bei der Auswahl des Beratungspartners gestellt. Denn nicht jedes Ingenieurbüro, das sich mit allgemeinen Infrastrukturprojekten beschäftigt, bringt die notwendige Spezial-Expertise für ein Glasfasernetz mit. Zudem ist der Planungsprozess zwar naturgemäß der allererste Kostenfaktor eines Ausbauprojekts, dennoch müssen bereits an dieser Stelle die Folgekosten bedacht werden. Es bringt wenig, wenn ein Einkäufer schon in dieser Phase ausschließlich auf den Preis achtet. Wichtig ist auch, sich nicht allein auf die IT zu verlassen. Zwar wird der Planungsprozess damit enorm beschleunigt. Doch abhängig von der Qualität des Inputs ist das Ergebnis einer softwaregestützten Planung oft sehr ungenau und sollte daher immer manuell ergänzt und angereichert werden. Neben möglichen Unstimmigkeiten bei der Trassenführung können an dieser Stelle beispielsweise so genannte „vergessene Adressen“ identifiziert werden.

„Es bringt wenig, wenn ein Einkäufer schon in der Planungsphase ausschließlich auf den Preis achtet.“
Was verbirgt sich dahinter?

Das sind Hausanschlüsse, die in den benutzten Datenbanken fehlen. Etwa weil das kartografische Material fehlerhaft aufgearbeitet wurde, falsche vorhandene Bandbreiten hinterlegt sind oder weil das Haus gar keine Straßenadresse hat. Aber auch die digital vorliegenden Daten, etwa diejenigen des Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystems ALKIS, können fehlerhaft oder unvollständig sein. Die Ursache liegt in unserem föderalen System. Denn die erste Erfassung erfolgt immer auf der untersten, also der kommunalen Ebene. Bis sie beim Bundesamt für Geodäsie ankommt, kann viel Zeit vergehen. Sie liefert aber die Datenbasis für das Markt­erkundungsverfahren. Das führt nicht selten dazu, dass den Projektträgern nicht der aktuelle Stand als Planungsbasis für den Breitbandausbau zur Verfügung steht. Vergessene Adressen nachträglich anzuschließen ist aber meist gar nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich. Gleichzeitig ist der Ärger dann groß und vor allem öffentlich, weil sich die Betroffenen in der Regel lautstark zu Wort melden. Deswegen sollte man beispielsweise ein eigenes Internet-Portal für das Breitbandprojekt aufbauen, über das Adressen aktiv abgefragt werden. Mit Unterstützung der tktVivax-Tochter Vivax Solution konnten wir ein solches Verfahren bereits in unterschiedlichen Ausbauvorhaben implementieren. In einem solchen Portal können die Anfragen der Bürgerinnen und Bürger automatisiert mit der für das Förderverfahren eingereichten Adressliste abgeglichen werden.

Wie kann man sonstige Kostenfallen vermeiden?

Man sollte die Planung von einem unabhängigen Beratungspartner umsetzen lassen und schon in der Feinplanung ein enges Korsett für die Ausführung schnüren. Das ist auch im Sinne des Tiefbauers. Denn je weniger Spielraum er hat, desto genauer kann er das Projekt kalkulieren. Je ungenauer die Vorgaben in einer Ausschreibung sind, desto teurer bietet ein Tiefbauer an, da er dann üblicherweise einen Risikoaufschlag einkalkuliert. Man sollte zudem darauf achten, dass der Planungspartner in der Lage ist, den Netzausbau auch während der Umsetzung zu begleiten. Denn in jedem Projekt kommt es zu unvorhersehbaren Vorfällen. Dann ist es entscheidend, dass der Planungspartner schnell vor Ort ist und die Planung entsprechend anpasst. Vor allem im geförderten Ausbau ist das von entscheidender Bedeutung. Werden hier durch Abweichungen während der Umsetzung plötzlich Formalien nicht mehr eingehalten, die Voraussetzung für die Förderfähigkeit sind, besteht das akute Risiko, ganz aus der Förderung zu fallen. Und das ist bei den in der Regel im zweistelligen Millionenbereich liegenden Investitionskosten ein absolut nicht tragbares Risiko.

Interview: Uwe Pagel, Geschäftsführer der Press‘n‘Relations GmbH, Ulm


Stichwörter: Breitband, Förderverfahren


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