SindelfingenStrategisch steuern
Seit den 1980er-Jahren steht New Public Management (NPM) als Oberbegriff für eine Reihe von Reformbewegungen in der Verwaltung. Der Fokus liegt dabei auf einer verbesserten Planung, Steuerung und Kontrolle von Verwaltungsleistungen. Die Verwaltungsmodernisierung der deutschen Kommunen orientiert sich am Referenzkonzept Neues Steuerungsmodell (NSM) der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt), welches der Grundlogik des New Public Management entspricht. Ziel war es, die Kommunalverwaltung in ein öffentliches Dienstleistungsunternehmen umzuwandeln. Im Wesentlichen besteht das NSM aus den Elementen strategische Steuerung durch Politik und Verwaltung, Output-Steuerung, Reform der Ressourcenbewirtschaftung, Schaffung von Wettbewerbsstrukturen, mehr Mitarbeiterorientierung, Personal-Management sowie Bürger- und Kundenorientierung.
Mehr als 20 Jahre sind seitdem vergangen, die Reformwelle hat jede Kommune auf die eine oder andere Art erfasst. Zwischenzeitlich gibt es vielfältige Erkenntnisse zu den Chancen, aber auch den Grenzen von Reformen im Sinne des Neuen Steuerungsmodells. Im internationalen Vergleich erfolgte in Deutschland die Aufnahme des NPM-Gedankens Anfang der 1990er-Jahre relativ spät. Zwar orientierte sich eine überwältigende Mehrheit der Kommunen am Reformleitbild des NSM, jedoch wurden in der Regel lediglich einzelne Elemente implementiert; das Gesamtkonzept wurde dagegen nur in wenigen Kommunen realisiert.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
In der kritischen Auseinandersetzung klafft somit eine Lücke zwischen den theoretischen Ansprüchen des Neuen Steuerungsmodells und der Wirklichkeit in der Verwaltungspraxis. So obliegt etwa nach dem Konzept des NSM die strategische Steuerung dem Gemeinderat, während der Verwaltungsspitze die operativen Entscheidungen zustehen. Diese strikte Trennung der Zuständigkeiten hat sich in der Realität nie umsetzen lassen. Die politische Rationalität richtet sich nach aktuellen Themenstellungen und der Möglichkeit, für einzelne Anliegen in den entscheidenden Gremien Mehrheiten zu finden. Es hat sich daher die Erkenntnis durchgesetzt, dass es kein allgemeingültiges Gesamtkonzept zur Modernisierung gibt, sondern von jeder Kommune aufgrund ihrer Bedürfnisse entwickelt werden muss.
In Sindelfingen gab es bereits Ende der 1990er-Jahre erste Bestrebungen, die Elemente des NSM umzusetzen: 1998 wurde gemeinsam von der Verwaltung, dem Gemeinderat und den Bürgern das Stadtleitbild 2000 PLUS entwickelt. Als Servicestelle für die Einwohner entstand das Bürgerbüro Sindelfingen; zudem wurde eine Stabsstelle Controlling beim Oberbürgermeister geschaffen und in Teilbereichen ein Berichtswesen eingeführt. Trotz der Umsetzungsabsichten blieb das NSM jedoch in den theoretischen Ansätzen stecken. Aufgrund der schwierigen Haushaltslage und den wenigen gesetzlichen Vorgaben und Erfahrungen anderer Kommunen rückte das Thema in Sindelfingen zunächst wieder in den Hintergrund.
Doppik als Katalysator
Die Erfahrungen der Stadt mit dem Neuen Steuerungsmodell fließen jedoch in die Fortsetzung der Verwaltungsreform ein. Als Katalysator für die Elemente des NSM hat sich die Reform des Haushalts- und Rechnungswesens herausgestellt. Seit dem 1. Januar 2012 ist Sindelfingen im Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) angekommen. Innerhalb von 15 Monaten wurde das Rechnungssystem erfolgreich von der Kameralistik auf die Doppik umgestellt und die Finanz-Software DZ-Kommunalmaster Doppik auf Basis von SAP ERP Financials eingeführt. Als Basis für ein funktionierendes Controlling werden nun sukzessive die Kosten- und Leistungsrechnung, das Berichtswesen und der Steuerungskreislauf ausgebaut. Mithilfe der Elemente des NKHR wurde die Grundlage für ein strategisches und operatives Controlling geschaffen. In den nächsten Jahren wird schrittweise ein outputorientierter Steuerungskreislauf etabliert.
Zudem wurde ein neuer Strategieprozess unter dem Motto „Sindelfingen 2025 – Stadtentwicklung im Dialog“ gestartet. Dabei wurde unter breiter Bürgerbeteiligung eine Strategie für Sindelfingens Zukunft entwickelt. Die Bürger hatten die Möglichkeit, Leitlinien, Maßnahmen und Projekte für den Gemeinderat vorzuschlagen. Die städtischen Ziele werden nun gemeinsam mit dem Gemeinderat und der Verwaltungsspitze auf Grundlage der Bürgerempfehlung festgelegt. Damit liefert der Strategieprozess die Basis für den Steuerungskreislauf. Nach den ersten ernüchternden Erfahrungen soll zudem auf Basis des neuen Haushalts- und Rechnungswesens erneut eine Controlling-Stelle in der Sindelfinger Verwaltung eingerichtet werden. Wichtig ist dabei, dass der Nutzen der neuen Instrumente für die Stadtverwaltung und den Gemeinderat erkennbar ist. Die Controlling-Stelle soll die kommunalpolitische Führung bei der Zielsetzung, Planung und Kontrolle unterstützen und ist für den Aufbau eines adäquaten Informationssystems verantwortlich.
Neuer Schwung für die Reform
Nach einer Phase der Ernüchterung zum Thema Neues Steuerungsmodell erhält die Verwaltungsreform in Sindelfingen und in vielen anderen Kommunen durch die Einführung des NKHR also wieder Schwung. Es dient als wichtige Basis für die Informationsgewinnung und -versorgung der kommunalpolitischen Führung. Darauf können weitere Elemente der Steuerung aufgebaut werden und die entsprechenden Informationen sollen verstärkt in den Führungs- und Steuerungskreislauf einfließen. Sindelfingen setzt sich zum Ziel, einen strategischen Steuerungskreislauf und ein flächendeckendes Controlling in der Stadtverwaltung zu etablieren, um aus den NKHR-Elementen einen wirklichen Nutzen für die gesamtstädtische Steuerung zu ziehen. Die Weichen hierfür sind durch den Umstieg von der Kameralistik zur kommunalen Doppik bereits gestellt.
Dieser Beitrag ist in der März-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Finanzwesen erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
KDO: Finanzstatistiken mit einem Klick
[03.12.2024] Die Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg (KDO) hat eine neue Möglichkeit zum Datenaustausch für die Kassen- und Jahresrechnungsstatistik in KDO-doppik&more auf Basis von SAP S/4HANA integriert. mehr...
Borkum: Darlehensverwaltung mit VOIS
[28.11.2024] Das Fachverfahren VOIS|DALE für die Darlehensverwaltung führt die ostfriesische Stadt Borkum ein. Eine entsprechende Bestellung ging bei Anbieter ab-data ein. mehr...
d.velop / Nagarro: Rechnungsprozesse in der Cloud
[14.10.2024] Die Unternehmen d.velop und Nagarro haben eine Kooperation vereinbart. Ziel ist es, den gemeinsamen Kunden durchgängig digitale Rechnungsprozesse basierend auf der SAP-S/4HANA-Cloud anzubieten, die über die SAP Business Technology Platform (SAP BTP) bezogen werden können. mehr...
Salzlandkreis: Neue Finanzmanagement-Lösung
[11.10.2024] Der Salzlandkreis arbeitet seit Jahresanfang mit der Finanzmanagement-Lösung der KDO. Der nächste Meilenstein ist der Wechsel auf SAP S/4HANA. mehr...
Gewerbesteuerbescheid: Digitalisierung nimmt Fahrt auf
[10.10.2024] Entwicklung, Anbindung und Erprobung des digitalen Gewerbesteuerbescheids kommen gut voran. Kommunen können von dem Verfahren stark profitieren – und erhalten noch bis Jahresende Unterstützung bei der Einführung. mehr...
Hamburg: Haushaltsplan-Entwurf online
[23.07.2024] Der Haushaltsplan-Entwurf für die Jahre 2025 und 2026 der Freien und Hansestadt Hamburg ist jetzt online verfügbar. Neben dem aktuellen Entwurf sind nun auch die historische Entwicklung der Hamburger Finanzdaten ab dem Jahr 2017 und frühere Haushaltspläne einzusehen. mehr...
Kreis Fürth: E-Signatur vereinfacht Rechnungsworkflow
[09.07.2024] Der Landkreis Fürth hatte sich im Jahr 2022 entschlossen, den Signaturservice der AKDB einzuführen und damit den Rechnungsworkflow zu beschleunigen. Mit dem Ergebnis ist die Kommune mehr als zufrieden. mehr...
Leipzig: IT-gestütztes Vertragsmanagement
[03.07.2024] Mithilfe von IT-Dienstleister GISA führt die Stadtverwaltung Leipzig ein IT-gestütztes Vertragsmanagement ein. Die Lösung soll einen entscheidenden Beitrag zur Verwaltung von Verträgen in den verschiedenen Fachbereichen leisten. mehr...
E-Rechnung: Pflicht als Chance
[25.06.2024] Das Wachstumschancengesetz verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen ab 2025 zur elektronischen Rechnungsstellung für inländische B2B-Umsätze. Dies könnte auch für die öffentliche Verwaltung eine Chance sein, den digitalen Wandel voranzutreiben. mehr...
E-Rechnungsgipfel 2024: Rechtliche Aspekte im Fokus
[21.06.2024] Insbesondere mit den rechtlichen Vorgaben und Anforderungen im Zusammenhang mit der Pflicht zur Einführung der E-Rechnung hat sich der diesjährige E-Rechnungsgipfel beschäftigt. mehr...
E-Rechnung: Für den Ansturm rüsten
[20.06.2024] Die E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich kommt. Kommunen sollten jetzt ihre IT darauf ausrichten. Ein Sechs-Stufen-Plan, der als roter Faden Wege und technologische Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, kann dabei helfen. mehr...
Monheim am Rhein: KI ordnet Bankbelege
[27.03.2024] Die nordrhein-westfälische Stadt Monheim am Rhein optimiert die Zuordnung von Bankbelegen mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Mit diesem Projekt konnte sich die Kommune unter anderem einen Finalistenplatz beim Axians Infoma Innovationspreis 2023 sichern. mehr...
E-Rechnung: Der Umstieg kommt
[26.03.2024] Das Wachstumschancengesetz wird zu einem Anstieg von E-Rechnungen im XML-Format sowie zu einer Verpflichtung zum Versand von E-Rechnungen für steuerpflichtige kommunale Eigenbetriebe führen. Dies erfordert eine entsprechende technische Infrastruktur. mehr...
Saskia: Vorhang auf für die neue Finanz-Software
[20.03.2024] Das Unternehmen Saskia startet mit der Auslieferung seiner neuen webbasierten Finanz-Software SASKIA.H2R. Im Laufe dieses Jahres soll die Lösung das Vorgängerverfahren SASKIA.de-IFR abgelöst haben. mehr...
Bad Nauheim: Zahlungen schneller abwickeln
[26.01.2024] Anfang Januar hat die Stadt Bad Nauheim Steuerbescheide erstmals mit der Finanz-Software von Anbieter Datev erstellt. Der Systemwechsel bringt unter anderem eine einfachere und schnellere Zahlungsabwicklung mit sich. mehr...