115Telefonischer Lotse
Rundes Jubiläum feiert die Behördennummer 115: Zehn Jahre nach dem Start in den Regelbetrieb kann eine positive Bilanz gezogen werden. Über 550 Kommunen, 14 Länder und die gesamte Bundesverwaltung haben sich seit 2011 dem gemeinsamen Vorhaben angeschlossen (wir berichteten). Seit 2018 ist die 115 zudem ohne Ortsvorwahl aus dem Ausland erreichbar. Das Anruf- und das Gesprächsaufkommen sind über die Jahre kontinuierlich gestiegen: Zu Beginn des Regelbetriebs verzeichneten die lokalen 115-Service-Center durchschnittlich 170.000 Anrufe pro Monat, im Jahr 2019 stieg das Gesprächsaufkommen auf 215.000 und 2020 pandemiebedingt sogar auf fast 300.000 Anrufe pro Monat. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wurde offensichtlich, dass die Behördennummer 115 bei Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen als erster Anlaufpunkt für Fragen rund um die Verwaltung bekannt ist.
In diesem Jahr hat der 115-Verbund die Weichen für eine Weiterentwicklung gestellt, welche die Behördennummer zum unverzichtbaren Bestandteil des modernen digitalen Bürgerservice machen soll. Geplant ist, neben dem bewährten telefonischen Kern zukünftig auch digitale Zugangswege anzubieten, zum Beispiel einen Chatbot, ein Sprachdialogsystem und ein Kontaktformular. Damit erweitert die 115 ihre Erreichbarkeit auf 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche und kann neue Nutzergruppen ansprechen.
115 als starker Partner der OZG-Umsetzung
Eine repräsentative Befragung für den Deutschland-Index 2021 hat die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) in Ländern und Kommunen untersucht und bestätigt, dass immer mehr Menschen ihre Behördengänge online erledigen. Die 115 hat sich auf die Fahnen geschrieben, Bürgerinnen und Bürger durch die neue Vielfalt an Online-Leistungen zu lotsen. Neben der telefonischen Beauskunftung sollen künftig auch Fragen begleitend zur Nutzung von Online-Angeboten der öffentlichen Verwaltung beantwortet werden. Hierfür sollen Portalangebote und Behördennummer sinnvoll verknüpft werden. Das macht die Behördennummer 115 zu einem starken Partner der OZG-Umsetzung. Wie dies konkret realisiert werden kann, wird in den nächsten Monaten in Arbeitsgruppen und Gremien des 115-Verbunds sowie der OZG-Akteure erarbeitet und diskutiert werden.
Trotz der Digitalisierung bleibt die telefonische Erreichbarkeit wichtig. Denn viele Menschen wollen Informationen persönlich und mündlich erhalten. Ein Medium ersetzt deshalb nicht das andere, sondern beide ergänzen einander. Eines der besonderen Merkmale der Behördennummer ist, dass sie als gemeinsames Vorhaben von Kommunen, Ländern und dem Bund gestaltet ist und auf freiwilliger Basis funktioniert. Alle föderalen Ebenen sind Träger des 115-Service und gestalten gleichberechtigt den 115-Verbund. Austausch und föderal übergreifende Gremienarbeit waren und sind für diesen essenziell. Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor der Behördennummer ist ihr Serviceversprechen und das damit verbundene Qualitätsmanagement. „Nutzerorientierung ist die DNA der 115“, brachte es Markus Richter, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik, auf der 8. Teilnehmerkonferenz des 115-Verbunds am 10. Juni 2021 im Roten Rathaus in Berlin auf den Punkt.
Verbundübergreifendes Wissensmanagement
Grund genug für eine Betrachtung des Werdegangs: Wie gestaltete sich der Start der 115, welche Highlights waren zu erleben und welche Perspektiven zeichnen sich ab?
#bild2 Im Dezember 2006 griff der IT-Gipfel der Bundesregierung die Idee einer einheitlichen Behördenrufnummer nach dem Vorbild der 311 in New York City auf. Zur Umsetzung wurde die Projektgruppe D115 im Bundesministerium des Innern unter maßgeblicher Unterstützung des Landes Hessen gegründet, die im Frühjahr 2007 ihre Arbeit aufnahm. Es folgte ein Interessenbekundungsaufruf zur Teilnahme an dem Pilotprojekt, dem erste Kommunen folgten. Alle Pilotteilnehmer brachten Erfahrungen, Beiträge und Ideen ein. Es wurde der größtmögliche Nenner erarbeitet, der Bund, Länder und Kommunen verbindet. Im November 2007 erschien ein vom BMI und dem Land Hessen gemeinsam erstelltes Grobkonzept, das die Grundzüge für den Aufbau und Betrieb der Behördennummer beschrieb.
Ein wichtiger Meilenstein wurde im Dezember 2007 mit der Zuteilung der Rufnummer 115 durch die Bundesnetzagentur erreicht. Damit konnte die technische Umsetzung beginnen. Hier stand neben der korrekten Weiterleitung von Anrufenden an die für sie zuständigen 115-Service-Center auch das Wissensmanagement im Fokus – schließlich sollten allen 115-Servicekräften die gleichen Informationen zu Behördenleistungen zur Verfügung stehen. Dieses verbundübergreifende Wissensmanagement ist ein weiterer Erfolgsschlüssel der Behördennummer.
Merkel wählt die 115
Im September 2008 wurde das Feinkonzept für die einheitliche Behördennummer veröffentlicht und erste 115-Agentinnen und -Agenten in den Modellregionen geschult. Mit der Bereitstellung der notwendigen Technikmodule startete im März 2009 mit einer Handvoll Kommunen der zweijährige Pilotbetrieb in den Modellregionen. Zu diesem Zeitpunkt konnten rund zehn Millionen Einwohner der am Testbetrieb teilnehmenden Kommunen den Service der 115 nutzen. Bereits im April 2009 gingen 119.000 Anrufe über die Nummer ein, in den folgenden Monaten lag die Zahl der monatlichen Gespräche bei durchschnittlich 160.000.
Highlights waren auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zu verzeichnen. So gewann das Projekt der Behördennummer 115 im September 2009 im E-Government-Wettbewerb von Bearingpoint und Cisco den ersten Preis in der Kategorie Innovation (wir berichteten). Die Auszeichnung zeigte, dass sich die bisherige Arbeit gelohnt hatte und war Ansporn für die weiteren Aufgaben, die noch zu bewältigen waren. Auf dem IT-Gipfel im Dezember 2009 in Darmstadt informierte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel über den Stand des Projekts. Dabei überzeugte sie sich durch einen Anruf bei der 115 selbst von der Qualität des Services.
Während des Pilotbetriebs wurden weitere Schritte zur Vorbereitung des Regelbetriebs realisiert. Im März 2010 nahm beispielsweise das Gebärdentelefon der 115 seinen Dienst auf. Nach dem Abschluss der Pilot- und Projektphase begann schließlich am 14. April 2011 der offizielle Regelbetrieb. Im Dezember 2011 wurde die Bundesverwaltung mit über 80 Behörden und Institutionen vollständig an die 115 angeschlossen. Ein wahres Rekordjahr war 2012: Über 150 neue Kommunen traten dem Verbund bei. Damit verdoppelte sich die Teilnehmerzahl in jenem Jahr nahezu. Seitdem hat sich die Zahl der 115-Teilnehmer stetig erhöht.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe August 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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