E-Government internationalTop-Performer der EU
Ende Mai 2014 hat die Europäische Kommission den elften E-Government-Benchmark veröffentlicht. Seit dem Jahr 2001 bietet er Einblick in den aktuellen Stand des E-Governments in Europa und gleicht diesen seit 2012 mit den Zielen des E-Government-Aktionsplans der EU-Kommission ab. Im Jahr 2010 wurde der Benchmark einem Redesign unterzogen. Mit dem diesjährigen Report liegt zum ersten Mal eine vollständige Bilanz unter dem neuen Studiendesign vor. Die Ergebnisse basieren auf einer Befragung von 28.000 Bürgern der EU27+-Staaten sowie der Analyse von Online-Angeboten in ausgewählten Lebenslagen.
Quantität vor Qualität
Der Benchmark zeigt, dass im europäischen E-Government weiterhin das Prinzip „Quantität vor Qualität“ gilt. Online-Services der öffentlichen Verwaltung sind zwar zunehmend verfügbar, ihre Nutzung hat aber im Vergleich zu den Vorjahren tendenziell abgenommen. Gründe hierfür sind unter anderem der unkomfortable Zugang zu den Online-Services sowie die mangelnde Transparenz bezüglich des Umgangs mit persönlichen Daten und der Leistungserbringung.
Die europaweiten E-Government-Angebote wurden auf Fortschritte und Potenziale hin untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse:
• Es besteht Nachholbedarf bei der Nutzerzentrierung. Obwohl 78 Prozent der Länder Hilfe-, Support- und Feedback-Funktionen zu ihren Online-Diensten anbieten, bleibt die Bewertung der tatsächlichen Nutzererfahrung mit 58 Prozent hinter diesem Wert zurück.
• Die Transparenz bei der Nutzung von E-Services ist EU-weit sehr gering ausgeprägt. Im EU-Schnitt liegt die Transparenz im Prozess der Leistungserbringung bei 38 Prozent. Prozesse wie der Erhalt einer Empfangsbestätigung für Dokumente werden nur für 40 Prozent der Bürger verbindlich bereitgestellt.
• Der Benchmark untersucht zudem die Verfügbarkeit von fünf Schlüsseltechnologien, die notwendige Voraussetzung dafür sind, das volle Potenzial des E-Governments auszuschöpfen. Nur in der Hälfte der Fälle, in denen Schlüsseltechnologien eingesetzt werden könnten, ist dies derzeit der Fall. Die Verfügbarkeit variiert EU-weit deutlich.
Deutschland macht Boden gut
Basierend auf dem jeweiligen Umsetzungsstand der zentralen Policy-Prioritäten des E-Government-Aktionsplans, teilt der Benchmark die untersuchten Länder in fünf Cluster ein. Das Spitzencluster der Top-Performer im E-Government besteht aus Malta, Finnland und Estland. Diese Länder weisen eine exzellente Performanz in allen Prioritäten auf, bieten technologiegetriebene Services und sind Spitzenreiter bei grenzübergreifenden Dienstleistungen. Der Inselstaat Malta erzielt dabei über alle Indikatoren hinweg die höchste Wertung. Ebenfalls herausragende Performer, allerdings nur innerhalb der eigenen territorialen Grenzen, sind Österreich, Dänemark, Spanien, Litauen, Norwegen und Portugal. Diese Länder verwenden Schlüsseltechnologien erfolgreich, um ein hohes Niveau an Nutzerzentrierung über alle Lebenslagen hinweg zu erreichen. Nachholbedarf besteht allerdings bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen. In Bulgarien, Zypern, Tschechien, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Serbien, der Slowakei und der Schweiz wird dagegen eine geringe Integration von Schlüsseltechnologien dokumentiert. Die übrigen Länder, darunter auch Deutschland, bilden in zwei weiteren Clustern das Mittelfeld.
Im Vergleich zur Vorgängerstudie konnte Deutschland in verschiedenen Bereichen Boden gutmachen. So liegt es bei der Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Online-Dienstleistungen mit 61 beziehungsweise 67 Prozent nur knapp unter den EU-Durchschnittswerten (67 beziehungsweise 72 Prozent). Bei der Bereitstellung von eID-Verfahren und der Anwendung elektronischer Dokumente erreicht Deutschland mit 69 beziehungsweise 90 Prozent sogar einen Spitzenplatz, verglichen mit dem EU-weiten Schnitt von 62 beziehungsweise 57 Prozent. Den größten Rückstand weist Deutschland im Bereich Transparenz auf. Insgesamt erreicht Deutschland 30 Prozent; bei der Transparenz persönlicher Daten sind es 18 Prozent. Vergleichsweise großer Nachholbedarf besteht auch bei der tatsächlichen Nutzung der Online-Services. EU-weit nutzt inzwischen rund ein Drittel (32 Prozent) der Bürger E-Government-Angebote der Verwaltungen. Mit 21 Prozent liegt Deutschland noch hinter diesem Wert zurück.
Empfehlungen für bessere E-Services
Der aktuelle Benchmark liefert Empfehlungen und europaweite Best-Practice-Beispiele, wie Online-Services effizienter organisiert werden können und wie die Interaktion zwischen Behörden und Bürgern effektiver gestaltet werden kann. Der Benchmark zeigt, dass die Bürger mit kommerziellen Online-Dienstleistungen deutlich zufriedener sind als mit öffentlichen Angeboten. Unternehmen gestalten ihre Angebote benutzerfreundlicher und interaktiver und richten sie stärker an den Kundenbedürfnissen aus. Diesen Maßstab legen Bürger auch an E-Government-Services an. Je mehr Austausch bei einer Online-Dienstleistung notwendig ist, desto geringer ist die Zufriedenheit der Bürger. Darunter leiden dann wiederum die Nutzerzahlen der E-Government-Angebote.
Der Ausbau medienbruchfreier nationaler und internationaler E-Government-Lösungen wird auch durch mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Behörden verzögert. Gegenwärtig werden viele Gelder für die Entwicklung gleicher Lösungen ausgegeben, die nicht vollständig kompatibel sind. Eine zentrale Empfehlung des Benchmarks lautet daher, die behördliche Zusammenarbeit auf drei Ebenen zu intensivieren: über fachliche Zuständigkeiten, über föderale Ebenen und über nationale Grenzen hinweg.
In den Jahren 2014 und 2015 wird der E-Government-Benchmark erneut die Performanz der Mitgliedstaaten in den ausgewählten Lebens- und Unternehmenslagen messen. Das ermöglicht es den Ländern, ihren Fortschritt nachzuverfolgen und Verbesserungen umzusetzen. Auch für Deutschland bietet der Benchmark Möglichkeiten, sich an guten Angeboten der europäischen Nachbarstaaten zu orientieren und so noch schneller voranzukommen.
Dieser Beitrag ist in der August-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt E-Government international erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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