JenaÜber IT hinausdenken
Im Jahr 2005 gliederte die Stadtverwaltung Jena ihre IT-Abteilung in einen Eigenbetrieb aus. Aus einem integrierten IT-Bereich wurde ein externer Dienstleister mit entsprechenden Dienstleistungsverträgen. Die Auftraggeberrolle wurde durch einen IT-Koordinator besetzt, welcher die Einhaltung der Verträge überwachte und die Anforderungen der einzelnen Fachbereiche und Ämter an den Dienstleister prüfte und weiterreichte. Erst sieben Jahre später wurde die Festlegung getroffen, die Auftraggeberrolle und vor allem die Rolle der Strategieentwicklung zu stärken. Im Februar 2013 nahm das Team IT-Strategie und E-Government, angegliedert im Bereich des Oberbürgermeisters, seine Arbeit auf. Der Team-Leiter bekam die Rolle des CIO zugeordnet und hatte damit neben dem Auftrag auch die Legitimation, eine Gesamtstrategie zu entwerfen und durchzusetzen. Warum benötigt eine Stadtverwaltung eine IT-Strategie? Diese Frage scheint legitim zu sein, beinhaltet jedoch mindestens zwei Missverständnisse. Die Durchdringung unserer Lebenswelt mit digitalen Systemen, vom Smartphone bis zur intelligenten Gebäudeleittechnik, vom selbstfahrenden Auto bis zum Bürgerserviceportal, lässt die Grenzen der einzelnen Handlungsfelder, hier Stadt, Wohnung, Unternehmen, dort Verwaltung, Schule und Bürgerbüro, verwischen. Die Digitalisierung verbindet Systeme und Geschäftsprozesse. Es geht schon lange nicht mehr um den Einsatz von Informationstechnologie zur Verbesserung der Prozessausführung. Digitalisierung verändert Prozesse nachhaltig, generiert völlig neue Abläufe und schafft neue Bedingungen für die Nachvollziehbarkeit behördlicher Vorgänge und die Transparenz von Verwaltung. Eine IT-Strategie mutiert zur Digitalisierungsstrategie. Die Digitalisierungsstrategie umfasst die gesamte Stadt, von der die Verwaltung nur ein Teil ist. Sie beschreibt Aufgaben und Zielstellungen für die Ausgestaltung und Umsetzung der Digitalisierungsprozesse im Verwaltungshandeln und in der täglichen Lebenswelt von Bürgern und Unternehmen.
Druck auf die Verwaltung wächst
Eine Grundfrage ist, wie viel Spielraum eine Stadt und eine Stadtverwaltung für die digitale Ausgestaltung von Prozessen in ihrer Organisation tatsächlich besitzen und welche Abläufe bereits durch omnipräsente Verwaltungsvorschriften hinlänglich beschrieben sind. Verwaltungsvorschriften beschreiben formalisierbare Prozesse. Sie sind ein Regelwerk für bekannte und beschreibbare Vorgänge. Bei näherer Betrachtung wird man allerdings feststellen, dass diese nur einen Teil des Verwaltungshandelns ausmachen. Wie in jeder Organisation wird ein nicht geringer Teil der Arbeit von informellen Prozessen bestimmt. Team-Arbeit, Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, partizipative Prozesse mit Bürgern und Unternehmen, Schulung und Weiterbildung sind nur in Ansätzen oder gar nicht in Verwaltungsvorschriften beschrieben. In den vergangenen 20 Jahren war der Einsatz von Informationstechnologie wesentlich von der Kenngröße Effizienzgewinn geprägt. Spätestens seit der zweiten Dekade dieses Jahrhunderts, verbunden mit dem Siegeszug von E-Commerce und Smartphone, wächst die Erwartungshaltung der Bürger und Unternehmen an die Verwaltung: Sie soll eine aus der Perspektive unterschiedlichster digitaler Services betrachtete, vergleichbare Qualität bieten. Der Druck auf die Verwaltung wächst – nicht nur wegen des zunehmenden Aufwandes für die Erbringung der Dienstleistungen. Themen wie die Online-Vergabe von Kita-Plätzen, der mobile Zugriff auf urbane Mobilitätsdaten, CityWLAN oder Transparenz erzeugen ebenfalls Druck auf die Digitalisierung und das Innovationsverhalten der Verwaltung.
Jena wird digital
Etwas altmodisch heißt das Jenaer Konzept „Entwicklung der Informationstechnologie der Stadt Jena 2015-2025“. Es beinhaltet 16 Leitlinien für diese Entwicklungsprozesse. So heißt es darin zum Beispiel: „Die Stadt Jena betrachtet Bürger und Unternehmen als Partner und pflegt einen kooperativen und fairen Kommunikationsstil. Dies schließt die Nutzung interaktiver Kommunikationskanäle gleichermaßen ein wie den diskriminierungsfreien Zugang zu Informationen für alle Bürger, Print-, TV- und Online-Medien sowie deren Vertreter. Die Stadt Jena entwickelt ein Instrumentarium zur Online-Beteiligung von Bürgern und Kindern und Jugendlichen zu wichtigen kommunalpolitischen Fragen.“ Deutlich wird, dass es im Rahmen der Digitalisierung immer schwieriger wird, Form und Inhalt zu trennen. In einer weiteren Leitlinie heißt es: „Alle künftigen Systeme (Internet-Portale, Plattformen, Social-Media-Angebote) werden so konzipiert und umgesetzt, dass sie den Anforderungen aus der Nutzung mobiler Endgeräte gerecht werden.“ Auch hier geht es nicht nur um eine rein technische Vorgabe, sondern um die Analyse und Verbesserung praktisch aller Prozesse hinsichtlich ihrer Digitalisierung und Mobilisierung. Die enge Verzahnung von Stadt, Stadtverwaltung und Industrie machen die Leitlinien ebenfalls deutlich: „Die Stadt Jena fördert in enger Kooperation mit den Hochschulen und den Branchenorganisationen sowie führenden Unternehmen die IT-Industrie durch gezieltes Standortmarketing. Das Potenzial der IT-Industrie wird gezielt für die Umsetzung von IT-Vorhaben genutzt.“ Diese Leitlinie zeigt, dass die Entwicklung der Digitalisierungsstrategie einer Stadt nicht losgelöst von den speziellen Infrastrukturbedingungen betrachtet werden kann. Jena ist eine wachsende Stadt, hat jedoch in den heutigen Stadtgrenzen nur bedingt Wachstumsmöglichkeiten. Die Kommune wird deshalb von der digitalen Transformation profitieren, da mit der Digitalisierung die Wertschöpfung in der Industrie mit geringerem Ressourceneinsatz erhöht werden kann. Dies kann ein wichtiger Standortfaktor werden. Mit schon heute 5.000 Arbeitsplätzen in der Digitalindustrie ist bereits eine gute Grundlage geschaffen. Fazit: Die IT-Strategie einer Stadt ist ein durch die Digitalisierungsbrille gesehenes Innovationsprogramm, das vor keinem Bereich, keinem Arbeitsplatz und keinem Arbeitsprozess Halt macht. Vor allem aber ist sie eine Klammer für interdisziplinäres Handeln in der Verwaltung.
Dieser Beitrag ist in der März-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Potsdam: Onlinedienst für Fundsachen
[03.12.2024] Verlorene oder gefundene Gegenstände können in Potsdam jetzt auch online gemeldet werden. Der neue Service erleichtert das Verfahren sowohl für Finderinnen und Finder als auch für Suchende. mehr...
Augsburg: Digitaler Stadtplan zur Barrierefreiheit
[26.11.2024] Mit dem digitalen Stadtplan Augsburg barrierefrei hat die bayerische Kommune ein neues Projekt gestartet, das Menschen mit Behinderung detaillierte Informationen zur Barrierefreiheit von Orten und Gebäuden bietet. Alle Angaben wurden durch Begehungen vor Ort überprüft und digital erfasst. mehr...
Leipzig: Baumaßnahmen-Dashboard ist online
[26.11.2024] Die Stadt Leipzig hat ein Online-Dashboard zur Schul- und Kitabaustrategie veröffentlicht. Es bietet aktuelle Einblicke in laufende und geplante Baumaßnahmen im Bildungsbereich, übersichtlich dargestellt auf einer Stadtkarte mit detaillierten Informationen zu jedem Projekt. mehr...
Nürnberg: E-Government-Beauftragte der Stadt ausgezeichnet
[19.11.2024] Nürnbergs E-Government-Beauftragte, Eugenia Strasser, ist mit dem WIN-Award der Vogel IT-Akademie ausgezeichnet worden. Sie belegt somit den zweiten Platz als Woman of the Year 2024. mehr...
Köln: Bürgerfreundliche Bescheide ausgezeichnet
[18.11.2024] Das Public Service Lab hat die Stadt Köln für ihr Projekt Formularwerkstätten mit dem Preis für gute Verwaltung 2024 ausgezeichnet. Das Kölner Innovationsbüro hilft Fachämtern dabei, Formulare verständlicher zu gestalten und so den Zugang zu staatlichen Angeboten zu verbessern. mehr...
Bitkom: Neuer Geschäftsbereich „Public Sector“
[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom strukturiert sich neu: Die Geschäftsbereiche „Public Sector“ und „Digitale Gesellschaft“ werden eigenständige Kompetenzbereiche. Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitale Souveränität rücken stärker in den Fokus. mehr...
Immobilienmanagement: Stadt Eisenach setzt Maßstäbe
[11.11.2024] Eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen verpflichtet Kommunen zum sicheren Betrieb ihrer Immobilien. Die Stadt Eisenach hat durch Digitalisierung und Prozessoptimierung die Verwaltung ihrer Immobilien neu strukturiert. Dabei setzte die Kommune auf externe Unterstützung und internen Kompetenzaufbau. mehr...
Brandenburg: Werbekampagne für Onlinedienste
[08.11.2024] Eine Werbekampagne soll Brandenburgerinnen und Brandenburger auf die bereits verfügbaren digitalen Verwaltungsdienste aufmerksam machen. Das Land stellt für Kommunen Printmaterialien und Downloads bereit, mit denen Bürgerinnen und Bürger ohne großen Aufwand über verfügbare Online-Dienste informiert werden können. mehr...
Wiesbaden: Vernetzt zur digitalen Transformation
[05.11.2024] Die Stadt Wiesbaden ist dem Netzwerk NExT beigetreten, um durch Austausch mit über 2.000 Fachleuten innovative Ansätze für eine bürgerorientierte Verwaltung zu entwickeln und Best Practices anderer Städte zu nutzen. mehr...
Brake: Gewerbesteuerbescheid wird digital
[29.10.2024] Die Stadt Brake (Unterweser) ist die erste Kommune Niedersachsens, die Gewerbesteuerbescheide digital über ELSTER versendet. Das Pilotprojekt von Axians Infoma und KDO zeigt, wie medienbruchfreie Verwaltungsprozesse die Verwaltung, aber auch die Steuerpflichtigen selbst entlasten können. mehr...
Frankfurt am Main: Erweiterung für die Urbane Datenplattform
[28.10.2024] Die Stadt Frankfurt am Main hat ihre Urbane Datenplattform weiterentwickelt, diese ermöglicht jetzt auch den Zugang zu Echtzeitdaten über die Lufttemperatur. Die Plattform setzt auf die Smart-City-Lösung von ekom21, um Umwelt- und Klimadaten öffentlich zugänglich zu machen und um sich besser für anstehende Klimaveränderungen zu rüsten. mehr...
NExT-Studie: Networking als Ressource
[28.10.2024] Netzwerken kann bei der Verwaltungstransformation ein echter Motor für Veränderungen sein. Empirisch erforscht ist dieser Effekt bisher noch nicht. Das will eine Studie des netzwerks NExT jetzt ändern. Für eine Online-Umfrage werden noch Mitwirkende gesucht. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Ausflugsziele mit der App entdecken
[25.10.2024] Die App entdecke.nrw fördert den Regionaltourismus in Nordrhein-Westfalen und bietet Informationen zu über 500 Ausflugszielen. Nutzer können Orte wie Museen und Naturschutzgebiete entdecken, unterstützt durch eine praktische Umgebungssuche und einen integrierten Routenplaner. mehr...
Digitalisierung: Chancen nutzen, Herausforderungen meistern
[24.10.2024] Kommunen stehen zunehmend unter Druck, ihre Dienstleistungen digital anzubieten. Und es gibt durchaus ungenutzte Potenziale, die Bund, Länder und Kommunen erheblich entlasten könnten. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Starkregenschutz aus der Hosentasche
[24.10.2024] In Nordrhein-Westfalen wurde eine App entwickelt, die Bürgern helfen soll, den Überflutungsschutz ihrer Häuser zu überprüfen und sich über Schutzmaßnahmen ihrer Kommune zu informieren. Die FloodCheck-App, bisher nur in ausgewählten Städten verfügbar, wird nun landesweit ausgerollt. mehr...