Kfz-WesenUmfassendes Know-how
Frau Dr. Häußler, Herr Häußler, Telecomputer feiert in diesem Jahr das 40-jährige Firmenjubiläum. Wie hat sich der Markt für kommunale Fachverfahren in dieser Zeit verändert?
Peter Häußler: In den 1970er-Jahren war der Markt definiert durch Großrechner. Erst durch die Einführung des Personal Computers Anfang der 1980er-Jahre entstand ein vielfältiges Angebot an Fachverfahren für Kommunen, programmiert von spezialisierten Software-Firmen. Es gab unter diesen Neuentwicklungen bereits Programme für das kameralistische Finanzwesen, für Meldeverfahren oder die Liegenschaftsverwaltung. Das Angebot von Telecomputer umfasste in dieser Zeit Verfahren für die Kfz-Zulassungs-, Fahrerlaubnis- und Bußgeld-Behörden.
Wie sieht heute das Produkt-Portfolio von Telecomputer aus?
Sibylle Häußler: Bundesweit bieten wir unsere integrierten kommunalen Fachverfahren mit einem Komplettangebot in Bezug auf diverse Fachverfahren wie Kfz-Zulassung, Führerschein, Wohngeld, Ordnungswidrigkeiten, Bildungs- und Teilhabepaket sowie die jeweils in die Fachverfahren integrierte elektronische Akte an. Unser Angebot umfasst bereits seit Ende der 1990er-Jahre zunehmend diverse E-Government-Dienste. Wir waren 1998 der erste Anbieter, der eine internetbasierte Wunschkennzeichenlösung auf den Markt gebracht hat, heute umfasst unser Angebot mehrere Dutzend E-Government-Lösungen. Diese ergänzen zum einen unsere IKOL-Fachverfahren um diverse Online-Funktionalitäten, zum anderen bieten wir auch autonome Lösungen wie die Online-Terminvergabe an. In allen Online-Geschäftsprozessen können unsere E-Government-Lösungen um diverse Schnittstellen – etwa zur elektronischen Identifizierung mittels eID oder zu E-Payment-Verfahren – ergänzt werden. Zusätzlich lassen sich all diese webbasierten Dienste in die Portallösungen verschiedener Hersteller integrieren.
Was sind aus Ihrer Sicht die Erfolgsfaktoren für Ihr Unternehmen?
Peter Häußler: Natürlich hat sich in den vergangenen 40 Jahren auch das Tätigkeitsfeld der Firma Telecomputer gewandelt: Ich habe die Firma als reines Software-Entwicklungshaus gegründet, jetzt ist Telecomputer ein Fullservice-Dienstleister im kommunalen Software-Markt. Wir bieten unseren Kunden auch umfassende Dienstleistungen an: Beratung, Entwicklung, Installation, Support, Arbeitskreise, Schulungen und den Betrieb von Fachverfahren als Cloud-Lösung. Zusätzlich haben wir unser Know-how im Bereich der Beratung und Implementierung von IT-Security-Lösungen erweitert. Und wir kümmern uns um oftmals vergessene Randaspekte aus dem IT-Bereich, etwa die einfache Integration von unterschiedlichen Peripheriegeräten, also Druckern, Scannern, Unterschriften-Tablets oder Terminal-Lösungen.
„Wir waren der erste Anbieter, der eine internetbasierte Wunschkennzeichenlösung auf den Markt gebracht hat.“
Welche Zusatzfunktionen zu den Fachverfahren bieten Sie den Kunden an?
Sibylle Häußler: Bezogen auf die einzelnen Fachverfahren bieten wir verschiedene Zusatzfunktionen an. Ein Beispiel ist unsere Software AKZ-DSN-Erkennung. Sie ermöglicht in Verbindung mit dem Objekt-Scanner Fujitsu ScanSnap SV600 das Abfotografieren des originalen Kennzeichenschilds sowie das automatisierte Auslesen und Prüfen aller aufgeklebten Plaketten. Über eine optische Zeichenerkennung wird das amtliche Kennzeichen erfasst und automatisch an das Fachverfahren IKOL-KFZ übergeben.
Peter Häußler: Ein weiteres Beispiel: In Führerscheinstellen lassen sich Selbstbedienungsterminals verschiedener Hersteller in den Bearbeitungsablauf unseres Fachverfahrens IKOL-FS einbinden. Über das SB-Terminal können Bürger schnell und leicht bedienbar Foto und Unterschrift für die Bestellung des Kartenführerscheins selbstständig erfassen. Das am SB-Terminal aufgenommene Foto und die digital geleistete Unterschrift werden per Knopfdruck in IKOL-FS übernommen. Der Sachbearbeiter veranlasst dann die Bestellung des Kartenführerscheins bei der Bundesdruckerei.
Eigentlich wären die Kfz-An- und Abmeldung ja besonders für E-Government-Angebote geeignet. Wie ist hier der Stand?
Peter Häußler: Für die erste kommunale Online-Massenanwendung wählte der Bund das Kfz-Zulassungswesen. In der ersten Stufe des Projekts i-Kfz kann der Bürger die Funktion Online-Antrag auf internetbasierte Außerbetriebsetzung von zu Hause aus durchführen. Die geradezu revolutionäre künftige Stufe 3 im i-Kfz-Projekt sieht vollautomatisierte Verwaltungsakte vor. Die Kfz-Ummeldung wird komplett online durch den Bürger erledigt und die Verwaltung praktisch nur noch darüber informiert. Den Online-Antrag auf Abmeldung im i-Kfz-Projekt gibt es seit 2015 – mit minimaler Akzeptanz in der Praxis. Von daher kann keinesfalls von einer Massenanwendung gesprochen werden. Falls es gesetzlich so beschlossen wird, könnte der Antrag auf Online-Anmeldung im Jahr 2018 kommen.
Wie sind Sie hier positioniert?
Sibylle Häußler: Bisher haben wir die internetbasierte Außerbetriebsetzung mit unserer i-Kfz-Lösung in mehreren Projekten umgesetzt. Etwa im bundesweit verfügbaren STVA-Portal und bei der Landeslösung in Brandenburg – beide in Kooperation mit dem IT-Dienstleister regio iT – sowie mit der durchgängigen Lösung im Land Mecklenburg-Vorpommern im Verbund mit der DVZ-MV Schwerin. Selbstverständlich werden wir unseren Kunden und Partnern auch die dritte i-Kfz-Stufe zum gesetzlich geforderten Zeitpunkt zur Verfügung stellen.
Wo sehen Sie noch Hürden, um das i-Kfz-Projekt komplett umzusetzen?
Peter Häußler: Zum einen fehlen bei den Bürgern noch die grundsätzlichen Voraussetzungen für die digitale Kommunikation mit der Kommune. Denn wer verfügt schon über die dazu nötige Ausstattung, also Personalausweis mit freigeschalteter eID-Funktion, nPA-Lesegeräte oder aktuelle Software wie die AusweisApp 2? Zum anderen sehen wir teilweise einen höheren Aufwand auf die Kfz-Zulassungsbehörden zukommen. Sie müssen in Stufe 2 und 3 des i-Kfz-Projekts zunehmend als Schlichtungsstellen für abgelehnte oder nicht-plausible Online-Anliegen der Bürger fungieren.
Wie stellt sich Telecomputer den künftigen Herausforderungen?
Sibylle Häußler: Es steht ein Redesign unserer IKOL-Fachverfahren an – unter Berücksichtigung aktueller softwaretechnischer Trends und Anforderungen, also moderne Backend-Technologien, neue browserbasierte Clients und natürlich auch neue Funktionalitäten. Als eine unserer wichtigsten Aufgaben sehen wir – gemeinsam mit unseren Partnern – die Vorbereitung und softwaretechnische Realisierung der im Jahr 2018 zu erwartenden Produktivsetzung der Stufe 3 des i-Kfz-Projekts. Und schließlich werden wir die Einbindung von Peripheriegeräten verbessern und rein USB-basierte Geräte mittels eigenentwickelten Device-Adaptern ins Netzwerk integrieren, sodass sie zentral gemanagt werden können. Mit diesen Entwicklungen sehen wir eine große Chance, dass die Anwender ihre bisher genutzten Peripheriegeräte auch in moderne IT-Infrastrukturen überführen können, ohne dass teure Neubeschaffungen notwendig werden.
Dieser Beitrag ist in der April-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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