Kreis PeineVerbund sorgt für Entlastung
Im niedersächsischen Kreis Peine haben sich fünf der sieben kreisangehörigen Kommunen – die Gemeinden Edemissen, Hohenhameln, Ilsede, Lengede und Wendeburg – zu einem Vergabeverbund mit der Kreisverwaltung zusammengeschlossen. „Diese Form der interkommunalen Zusammenarbeit ist sowohl nach dem Kommunalrecht (NKomZG) als auch dem Vergaberecht möglich“, erklärt dazu Arno Kruse, Leiter der Zentralen Vergabestelle des Landkreises. „Dabei bleiben die Rechte und Pflichten der Gemeinde in Bezug auf die Aufgabenerfüllung unberührt; die Gemeinde bleibt Herr des Vergabeverfahrens.“
Mit der Vergaberechtsreform 2016 wurde auch in den Vergabevorschriften eine solche Zusammenarbeit vorgesehen. Nach § 120 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) können sich öffentliche Auftraggeber zur Unterstützung bei der Durchführung ihrer Vergabeverfahren einer Zentralen Beschaffungsstelle anschließen. Im Kreis Peine wird die Zusammenarbeit zwischen Kreisverwaltung und jeweiliger Gemeinde im Rahmen einer Zweckvereinbarung konkretisiert und besiegelt. Die Vergabeverfahren der Gemeinden können dann mit fachlicher und technischer Unterstützung der Kreisverwaltung durchgeführt werden – von der Bekanntmachung bis zum Zuschlag.
Keine Frage des Ob, sondern des Wie
„Der Vergabeverbund aus Landkreis und Gemeinden ist insbesondere für die Wirtschaftsunternehmen im Kreis Peine und der umliegenden Region ein großer Vorteil und stellt eine deutliche Arbeitserleichterung dar“, sagt Arno Kruse. „Denn sie müssen bei Ausschreibungen des Landkreises und der Gemeinden nicht auf verschiedene E-Vergabe-Portale mit unterschiedlicher Darstellung und Funktion zugreifen, sondern können alle Ausschreibungen über ein gemeinsames Vergabeportal im Internet abrufen, bearbeiten und Angebote abgeben. Und das rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.“ Hunderte Unternehmen aus dem Peiner Land, der Region und darüber hinaus würden bereits von den Vorzügen der elektronischen Teilnahme an Ausschreibungen des Kreises und der angeschlossenen Gemeinden profitieren. „Der Kreis Peine nutzt die E-Vergabe mittlerweile nun schon im siebten Jahr und bietet den Unternehmen und Gemeinden in der Zusammenarbeit somit ein hohes Maß an Anwendungssicherheit“, betont Kruse. Zum Einsatz komme seit dem Jahr 2011 das Vergabe-Management-System Deutsche eVergabe des Anbieters Healy Hudson.
„Die elektronische, papierlose Abwicklung der Vergabeverfahren gewährleistet eine schnelle, effiziente und kostensparende Verfahrensabwicklung für die Vergabestellen und Bieterunternehmen und unterstützt die Mitarbeiter in den Vergabestellen bei der rechtssicheren Erstellung der Ausschreibungsunterlagen“, so der Leiter der Zentralen Vergabestelle weiter. „Bei der Vielzahl der von uns bereits durchgeführten Vergabeverfahren wird die Effizienz der E-Vergabe im Vergleich zur bisherigen konventionellen Papierform besonders deutlich und ist daher bei unserer Arbeit auch nicht mehr wegzudenken.“
Da die Kommunen zur Einführung der elektronischen Vergabe verpflichtet sind – bis Oktober 2018 für EU-weite Vergaben, ab dem Jahr 2020 auch für nationale Vergaben –, habe sich die Frage nach dem Ob eines Einsatzes der E-Vergabe mittlerweile erübrigt. Künftig gehe es nur noch darum, wie eine Vergabestelle die elektronische Verfahrensabwicklung möglichst schnell und gut umsetzen kann, meint Arno Kruse. „Die Möglichkeit der gemeinsamen Wahrnehmung der Aufgaben in einer Zentralen Beschaffungsstelle von Landkreis und Gemeinden, mit Unterstützung durch ein funktionierendes E-Vergabe-Management-System und der fachlichen Spezialisierung und Erfahrung der dort eingesetzten Mitarbeiter, stellt eine gute und wirtschaftliche Alternative zur eigenständigen Bewältigung dieser Aufgabe dar“, ist er überzeugt.
Wirtschaftliche Alternative
Dies und die Rechtssicherheit bei der Abwicklung der zunehmend komplexer werdenden Vergabeverfahren nennen auch die kreisangehörigen Kommunen als wichtige Gründe für den Beitritt zum Vergabeverbund. So sagt Rainer Hoffmann, Erster Gemeinderat und Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters bei der Gemeinde Edemissen: „Aufgrund der gestiegenen Anforderungen an die Vergabepraxis und der Verkomplizierung der Vergabeverfahren durch den Gesetzgeber ist es für kleinere Kommunen fast unmöglich, eine eigene Vergabestelle zu unterhalten.“ Leider sei es gängige Praxis bei Gesetzgebungsverfahren, die Aufgabenhäufungen sowie die Personal- und Finanzhoheit kleinerer Kommunen fast vollständig außer Acht zu lassen. „Die gestiegenen personellen und gesetzlichen Anforderungen steigen nicht proportional zu den vorhandenen Ressourcen der Verwaltungen“, verdeutlicht Hoffmann. „Für 20 bis 30 Ausschreibungsverfahren ist es für kleinere Kommunen wirtschaftlich nicht vertretbar, eine eigene Vergabestelle vorzuhalten und die fast halbjährlich vom Gesetzgeber geänderten Vergabevorschriften einzuarbeiten. Die Entscheidung für eine Zusammenarbeit mit der Zentralen Vergabestelle des Landkreises ist auch zur Entlastung meiner Mitarbeiter gefasst worden.“
Und Carsten Hille, Fachdienstleiter Hoch- und Tiefbau bei der Gemeinde Ilsede, erklärt: „Insbesondere bei der Abwicklung geförderter Baumaßnahmen ist eine rechtssichere Vergabe einzelner Leistungen und Gewerke – gerade im Hinblick auf drohende Sanktionen – von besonderer Bedeutung.“ Die 21.000-Einwohner-Gemeinde Ilsede hat im Februar 2016 die Zweckvereinbarung zur Nutzung der gemeinsamen Zentralen Vergabestelle unterzeichnet. Nach Angaben von Carsten Hille ist seitdem eine schnellere und effizientere Abwicklung der Verfahren festzustellen, da neben der Vergabestelle und der Gemeinde Ilsede das in der Regel ebenfalls zu beteiligende Rechnungsprüfungsamt von Anfang an in den Vergabeprozess eingebunden ist. Hille: „Eventuelle Problemstellungen können so bereits vor Beginn eines Vergabeverfahrens behoben werden, was die rechtssichere und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung erhöht.“
Verfahren werden schneller abgewickelt
Auch in der Gemeinde Hohenhameln – diese kooperiert seit Mitte 2016 mit der Zentralen Vergabestelle des Kreises Peine – wurden die Vorteile der Zusammenarbeit bei der Vergabe schnell sichtbar: Die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung ermöglicht nach Angaben der Gemeinde einen effektiveren Personaleinsatz sowie eine stärkere Spezialisierung und geht mit einem größeren fachlichen Know-how einher. Die Qualität der Ausschreibungen könne dadurch verbessert und die Verfahrensdauer beschleunigt werden. Nicht zuletzt werde die Rechtssicherheit der Verfahrensabwicklung erhöht. „Inzwischen wurden über 35 Vergabeverfahren unterschiedlichster Art durchgeführt, die diese Einschätzung bestätigen“, erklärt Frank Meißner vom Fachbereich Allgemeine Verwaltung und Soziales der Gemeinde Hohenhameln. „Das immer komplexer werdende nationale und europäische Vergaberecht wird für die Gemeinde an zentraler Stelle vorgehalten und sorgt zusammen mit der elektronischen Abwicklung der Verfahren für hohe Effizienz.“
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2018 von Kommune21 im Schwerpunkt E-Einkauf erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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