BöblingenVerbundleitstelle statt Insellösung

Mit dem BMS-Supervisor-Portal hat die Stadt Böblingen alle ihre Liegenschaften im Blick.
(Bildquelle: OAS)
Mit 52.000 Einwohnern ist die Große Kreisstadt Böblingen ein wichtiger Ballungsraum im Zentrum Baden-Württembergs. Entsprechend umfangreich sind die Aufgaben des Amtes für Gebäudemanagement. 200 Liegenschaften befinden sich im Besitz der Kommune. Rechnet man kleinere Objekte heraus, bleiben rund 150 Gebäude, die betreut, gepflegt, wirtschaftlich betrieben und auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten werden müssen. Jede der Liegenschaften hat ihr eigenes lokales Gebäudemanagement – und für jede Liegenschaft kommen im Laufe der Betriebsjahre bestimmte Probleme auf. Dazu zählen eine nicht mehr zeitgemäße Energieeffizienz, explodierende Heizkosten, fehlende Übersichten und langsame Reaktionszeiten bei Ausfällen, was letztlich zu unzufriedenen Nutzern führt.
Als die Böblinger Verwaltung im Jahr 2022 entschied, das städtische Gebäudemanagement zu sanieren und zu modernisieren, hatte sie eine zentrale Anforderung. „Es darf keine Insellösung werden“, erinnert sich Michael Gamerdinger von MG e-consulting aus Holzgerlingen, Berater für das technische Gebäude- und Energiemanagement der Stadt. Stattdessen sollte eine globale Lösung gefunden werden. Schon einige Jahre zuvor hatte die Kommune verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung einer zukunftsfähigen Gebäuderegelung geprüft. In dieser Zeit kam sie mit OAS Open Automation Systems in Kontakt, einem Anbieter für offene Energiemanagement- und Gebäudeautomationssysteme. „Die Stadt war auf der Suche nach einem Komplettanbieter für einen zentralen Server mit aufgeschaltetem Building-Management-System (BMS) und einer nutzerfreundlichen Visualisierung“, beschreibt OAS-Geschäftsführer Ralf Rostock die Anforderungen. „Gleichzeitig legte sie großen Wert darauf, dass die Software auf einem gängigen und vor allem offenen Standard basiert.“ Beide Anforderungen konnte OAS vollumfänglich abbilden.
Eine zukunftsweisende Partnerschaft
OAS ist zertifizierter Partner von Tridium, einem global agierenden Unternehmen für offene Automatisierungslösungen. Mit dem Niagara-Framework bietet Tridium eine Plattform an, über die hersteller- und protokollunabhängig verschiedenste Systeme und Geräte verwaltet und gesteuert werden können. Die umfassende Software-Infrastrukur ermöglicht es laut Hersteller, Betriebsdaten in Echtzeit mit jenen Personen und Systemen zu verbinden, die Workflows beispielsweise in intelligenten Gebäuden, Rechenzentren oder Smart Cities verwalten. „Unsere Lösungen bauen auf diesem offenen Niagara-Framework auf“, erklärt OAS-Geschäftsführer Rostock.
Nach erfolgreicher Ausschreibung machten sich die Stadt und Open Automation Systems gemeinsam mit den OAS-Systempartnern PGA Automation und Elektro-Service-Müller rasch an die Umsetzung: Die technischen Anlagen mussten modernisiert und saniert, eine neue Gebäudeleittechnik installiert und eine webfähige Visualisierung in Form einer Niagara-Supervisor-Verbundleitstelle aufgebaut werden.
Drei große Modernisierungsprojekte
Die Projektierung, Planung und Ausschreibung war kurz vor Weihnachten 2022 abgeschlossen. Im April 2023 starteten dann die Arbeiten an drei großen Böblinger Liegenschaften: dem Albert-Einstein-Gymnasium, der Erich-Kästner-Grundschule und der Albert-Schweizer-Realschule. Die Sanierung des größten Objekts, des Albert-Einstein-Gymnasiums, wurde als erstes in Angriff genommen – und das nicht ohne Grund, wie Michael Gamerdinger erklärt: „Als riesiger
(Bildquelle: OAS)
Glasbau ist das Albert-Einstein-Gymnasium eine energetische Herausforderung. Konstruktionsbedingt kühlt es schnell aus, entsprechend hoch ist der Energieverbrauch. Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass die vorhandene Regelungstechnik hoffnungslos veraltet war.“ Optimistischer fiel die Analyse der Erich-Kästner-Grundschule aus. Hier konnte die Stadt auf bestehender Technik aufbauen und auch die vorhandenen Bussysteme weiter nutzen. „Die Mitarbeiter von Elektro-Service Müller kamen, nahmen alles auf und meldeten zurück, was weiterverwendet werden konnte. Das war eine ganze Menge, darunter auch ältere bestehende Standards wie der Modbus“, äußert sich Michael Gamerdinger wertschätzend. Die bislang größten Herausforderungen brachte die Sanierung der Albert-Schweizer-Realschule mit sich. Die dortige Regelung stammte noch aus den 1960er-Jahren, war technisch abgängig und nicht mehr funktionsfähig.
Regelung, Steuerung, Monitoring
Im Zuge der Modernisierung mussten zunächst die bestehenden Gebäudeautomationssysteme sowie die Schaltschränke der Schulgebäude auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Funktionsfähige Anlagenteile wie Ventile und Stellantriebe wurden nach Möglichkeit weiterverwendet und auf neue, Niagara-basierte Automationsplattformen aufgeschaltet. Letztere arbeiten mit dem Building Automation and Control network BACnet, einem herstellerunabhängigen Kommunikationsprotokoll für die Gebäudeautomation. Auch die vorhandenen Umwälzpumpen konnten über diese Schnittstellen eingebunden werden. Am Ende gelang die Integration und Vernetzung aller Fremdsysteme via BACnet. Im letzten Schritt wurden die Automationsplattformen mit einer vom Building Management System (BMS) unabhängigen, grafischen Web-Browser-Funktionalität ausgestattet.
Dank der integrierten Datenbasis über alle angeschlossenen Gebäudeeinheiten erhalten die Anwender über das BMS-Portal nun Echtzeitzugriff auf sämtliche verfügbare Messdaten. Sie profitieren dabei von ganzheitlichen Auswertungen und einer anschaulichen Darstellung. Gleichwohl stehen nicht alle Daten allen Nutzern gleichermaßen zur Verfügung. Um den erhöhten Anforderungen an die Datensicherheit im kommunalen Bereich Rechnung zu tragen, hat OAS für Böblingen individuelle Navigations- und Bedienelemente für verschiedene Rollen und Benutzer entwickelt – vom Hausmeister einer einzelnen Schule bis hin zum Administrator.
Erhebliche Ressourceneinsparungen
(Bildquelle: OAS)
Für die Stadt Böblingen ist klar: Regelung, Anlagenvisualisierung und Energiemanagement gehen Hand in Hand. Allein die technische Erschließung der bestehenden Anlagen brachte zahlreiche Ressourcen- und Energiefresser zutage. Sie reichten vom defekten Fernwärmeübergabeventil, das auch in geschlossenem Zustand große Mengen Wasser führte, bis hin zur Lüftungsanlage einer Sporthalle, die seit ihrer Aktivierung im Dauerbetrieb arbeitete. Wie groß die Einsparungen im Energie- und Ressourcenverbrauch tatsächlich sind, lässt sich erst sagen, wenn auch die historischen Daten ausgewertet wurden.
In Kooperation mit OAS konnte die Gebäudetechnik darüber hinaus um eine Vielzahl relevanter Datenpunkte ergänzt werden. Vor allem in den Schulgebäuden wurden Zonen- und Einzelraumregelungen implementiert und die bestehenden Lüftungsanlagen in den Fachklassenräumen mit speziellen Luftqualitätsfühlern ausgestattet. Diese erfassen die Messdaten pro Raum und können zwischen unbelegten und belegten Räumen unterscheiden. In den schulischen Liegenschaften informiert außerdem eine CO2-Ampel Lehrer und Schüler live über die Luftqualität.
Weitere Objekte werden folgen
In Zukunft sollen alle 150 Objekte der Stadt Böblingen modernisiert und vernetzt werden. Der wichtigste Schritt ist laut Michael Gamerdinger bereits getan: „Die größten Energieverbraucher der Stadt sind im Monitoringsystem. Jetzt arbeiten wir uns vom Großen ins Kleine. Für uns hat sich OAS als idealer Systempartner erwiesen. Alle Herausforderungen konnten auf Zuruf gelöst werden und das Ergebnis spricht für sich selbst, spätestens, wenn uns die ersten Vergleichszahlen vorliegen.“ Natalie Kopestenski vom städtischen Amt für Gebäudemanagement ergänzt: „Mit Unterstützung von OAS können wir erstmals wirklich schnell und übersichtlich auf all unsere Daten zugreifen und diese komfortabel auswerten. Für die Stadt Böblingen ist das ein großer Schritt in eine effizientere Zukunft.“
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