InterviewVernünftiges Umdenken
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ekom21-Geschäftsführer Ulrich Künkel
(Bildquelle: ekom21)
Herr Künkel, mit welcher Strategie geht Hessen die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) an?
Hessen hat eine Strategie verabschiedet, bei der es nicht nur um das OZG geht. Wir verfolgen einen umfassenden Ansatz der Digitalisierung von Städten, Gemeinden und Landkreisen. Das OZG ist sicher eine Initialzündung. Es schafft einen gewissen Komfort bei Verwaltungsleistungen für Bürger und Wirtschaft. Es bringt aber keine Effizienzgewinne für die Verwaltungen, wenn die Folgestrategie fehlt. Aber genau darum geht es uns. Wir wollen das Verwaltungshandeln effizienter machen.
Wie soll das aussehen?
Wenn alle Antragsdaten digital vorliegen, können sie auch gleich elektronisch weiterverarbeitet werden, etwa auf Basis der E-Akte. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass elektronische Akten und digitale Vorgangsbearbeitung unerlässlich und die Basis für eine moderne Kommunalverwaltung sind. Außerdem hört die Digitalisierung ja nicht in den Rathäusern auf. Sie betrifft alle Bereiche der Gesellschaft. Das Stichwort hier lautet Smart City oder Smart Region.
Wie weit sind Sie in Hessen vorangekommen mit der OZG-Umsetzung?
Ein großes Stück des Weges liegt bereits hinter uns. Das liegt auch daran, dass Hessen die Umsetzung mit einem Kooperationsmodell organisiert hat. Das hessische Innenministerium, das hessische Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung, die kommunalen Spitzenverbände, die Kommunen und die ekom21 als der kommunale IT-Dienstleister haben eine Zusammenarbeit vereinbart. Ziel ist es, sich gegenseitig zu unterstützen, um die Vorgaben des OZG bis Ende 2022 umzusetzen. Eine Koordinierungsstelle steuert die Umsetzung und sorgt dafür, dass die Kommunen selbst mitarbeiten. Zudem haben wir so genannte Digitalisierungsfabriken eingerichtet. Hier wird umgesetzt, was vorher am Reißbrett entworfen wurde. Daran arbeiten nicht nur ekom21-Leute, sondern insbesondere die Mitarbeiter aus den Kommunen. Mit ihrer Fachkompetenz sorgen sie dafür, dass etwas Vernünftiges herauskommt und die Qualität stimmt.
Welche Prozesse sind fertig?
Wir haben bereits einige Prozesse umgesetzt, beispielsweise den elektronischen Führerscheinantrag (EFA), den ALG-II-Antrag oder waffenrechtliche Erlaubnisse. Bei einer ganzen Reihe von Feldern ist das Land Hessen Federführer, etwa in den Bereichen Zoll und Steuern, auch im Bereich kommunale Abgaben und Steuern wurden OZG-konforme Prozesse erstellt. Insgesamt sind 110 bis 120 Prozesse bereits fertig oder in Arbeit.
Der Bund hat zusätzlich drei Milliarden Euro für die Digitalisierung der Ämter und Behörden bereitgestellt. Wie kommen die Kommunen und ihre Dienstleister an die Mittel?
Wir haben noch keine Mittel bekommen, noch fehlen ja die Regelungen für die Verteilung. Ich denke, wir als ekom21 werden keine Gelder direkt aus dem Fördertopf erhalten. Die Mittel sollen über die Länder verteilt werden. Diese müssen dann entscheiden, welche Gelder sie selbst beanspruchen und welche sie weiterleiten. Es gibt aber eine Absprache zwischen uns und dem Digitalisierungsministerium, dass uns bei Leistungen wie dem elektronischen Führerscheinantrag, die bundesweit nachgefragt werden, die Betriebskosten vergütet werden. Wir hoffen auch, dass für Support und Pflege der Anwendungen Mittel fließen. Bislang machen wir das unentgeltlich.
„Ich denke, wir haben mit den genannten Strukturen alle Voraussetzungen geschaffen, um das Ziel 2022 zu erreichen.“
Welche Rolle spielt die ekom21-Plattform civento bei der Digitalisierung?
civento ist ein ganz wichtiger Baustein für die erfolgreiche Digitalisierung der Verwaltungen in Hessen. Die Plattform bietet die Möglichkeit, sehr schnell Prozesse zu entwickeln. Als Prozess-Designer muss man sich keine Gedanken mehr über die Infrastruktur machen. Basiskomponenten wie E-Payment, Nutzerkonten oder Melderegisterabrufe sind integriert. Zudem gibt es Schnittstellen zu den kommunalen Finanzsystemen. Außerdem setzen wir mit civento den Bibliotheksgedanken um. Alle Kommunen können auf die Prozesse, die mit civento gebaut werden, zugreifen und sie auf eigene Bedürfnisse hin anpassen. In der Grundstruktur von civento ist also das Einer-für-Alle-Prinzip bereits umgesetzt.
Wo kommen denn die Prozess-Designer her?
Wir folgen hier dem Community-Gedanken. Denn die Prozess-Designer sitzen in den Rathäusern und Landratsämtern. Wir bieten ein Ausbildungsprogramm an, mit dem wir Mitarbeiter der Verwaltung zu Prozess-Designern ausbilden. Sie bauen die Prozesse für ihre Verwaltung und für andere mit. Mehr als 60 Kommunen haben dieses Angebot bereits genutzt.
Welchen Einfluss hat die Covid-19-Pandemie auf die OZG-Umsetzung?
Es ist klar geworden, dass Kommunen, die sich bereits auf den Weg der Digitalisierung gemacht haben, besser vorbereitet waren. Sie konnten beispielsweise sehr schnell die Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Viele Kommunen ziehen jetzt Maßnahmen vor, andere haben erkannt, dass es keinen Weg zurück gibt. Die Krise hat also zu einem vernünftigen Umdenken bei denjenigen geführt, die in die falsche Richtung gedacht haben.
Ist der OZG-Zeitplan zur Umsetzung bis 2022 realistisch?
Ich denke, wir haben mit den genannten Strukturen alle Voraussetzungen geschaffen, um das Ziel 2022 zu erreichen. Wir haben jedenfalls 2021 zum OZG-Fabrikjahr ausgerufen. Die Infrastruktur steht und die Methoden haben sich bewährt, wir werden also 2021 Masse und Klasse produzieren.
Wann ist es aus Ihrer Sicht soweit, dass in den Kommunen flächendeckend digital gearbeitet wird?
Die Digitalisierung muss innerhalb der Verwaltungen schrittweise vorangebracht werden. Das wird nicht schlagartig und ämterübergreifend geschehen. Iterativ und agil müssen sich die Kommunen die verschiedenen Handlungsfelder erschließen. Unsere Plattform civento unterstützt dabei. Sie dient ja nicht nur der OZG-Umsetzung, sondern ist eine Art Betriebsplattform für die elektronische Vorgangsbearbeitung innerhalb der Verwaltung. Das Land Hessen hat entschieden, dass civento allen Kommunen in Hessen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Wir gehen davon aus, dass wir bis Anfang 2021 in allen hessischen Kommunen eine civento-Steckdose gelegt haben. Das alleine nützt natürlich nichts, deshalb liefern wir gleich ein Set von Prozessen mit aus. Wir installieren also gewissermaßen nicht nur die Steckdose, sondern liefern den Toaster und den Föhn gleich mit. Damit sind alle Kommunen in Hessen Anfang des Jahres in der Lage, Anträge digital zu bearbeiten.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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