Donnerstag, 5. Dezember 2024

Dokumenten-ManagementVom Exoten zum Standard

[09.10.2014] Seit zehn Jahren setzt die Stadt Witten auf ein Dokumenten-Management-System. In dieser Zeit hat sich die Lösung vom Exoten über eine Randerscheinung zum hausweiten Standard entwickelt. Die Papierakten verlassen nach und nach die Verwaltung.
Das Wittener Rathaus wird papieraktenfrei.

Das Wittener Rathaus wird papieraktenfrei.

(Bildquelle: Jörg Fruck)

Im März 2004 beschloss der Wittener Verwaltungsvorstand, ein Dokumenten-Management-System (DMS) einzuführen. Vorgesehen war ein Pilotprojekt mit dem Steueramt. Ein hochmotiviertes Team machte sich in der nordrhein-westfälischen Stadt an die Arbeit. Von der Organisation über das Personal, das Archiv, die Rechnungsprüfung und den Personalrat bis hin zur Datenverarbeitung beteiligten sich alle wesentlich Betroffenen. Das Wissen über Dokumenten-Management-Systeme war in Witten zwar beschränkt, doch sollte das Rad nicht neu erfunden werden. Deshalb informierte sich das Team bei anderen Behörden, auf Messen und sonstigen Informationsveranstaltungen. Aber andere Kommunen waren selbst noch nicht weit und auf Messen verschreckte die Produktvielfalt eher.

Externes Wissen erleichtert Einführung

Auch aus einem anderen Grund erlahmte der anfängliche Schwung: Das Projekt wurde nebenamtlich geleitet. Regelmäßige Sitzungen, nachvollziehbare Protokolle und klare Entscheidungen werden dadurch erschwert, obwohl das die Mindestvoraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt sind. Das erkannte auch die Wittener Verwaltungsleitung und reagierte mit zwei Maßnahmen. Zum einen wurde eine neue, ausschließlich mit dem Dokumenten-Management-System betraute Projektleitung eingerichtet, zum anderen wurde neutrales Fachwissen hinzugezogen – am Anfang zwingend erforderlich. Dank einer DMS-kompetenten, aber produktneutralen Beratung durch die Firma Zöller&Partner konnte Witten in einem europaweiten Teilnahmewettbewerb eine gute Software erwerben. 31 Interessenten haben ihre Angebote eingereicht. Letztlich entschied sich Witten für die Lösung des Anbieters Optimal Systems.
Gut zwei Jahre nach dem Einführungsbeschluss war das DMS in der Wittener Verwaltung aber noch immer ein Exot. Abgesehen von den Projektmitarbeitern war das Wissen über Dokumenten-Management-Systeme im Hause weiterhin sehr überschaubar. Um diesen Zustand schnell und nachhaltig zu ändern, wurde ein DMS-Kern-Team gebildet, welches als Lenkungsgremium fungierte. Dieses Team hat unter anderem entschieden, überall dort, wo ein DMS eingeführt wird, auch ein Teilprojekt einzurichten. Das Kern-Team bereitet Beschlüsse des Verwaltungsvorstands vor und trifft Grundsatzentscheidungen. Geführt wird es von der DMS-Projektleitung und besteht aus den entscheidungstragenden Personen der schon genannten Organisationsbereiche. Die Teilprojekte sind für die operative DMS-Einführung im jeweiligen Organisationsbereich verantwortlich. Sie bestehen aus Mitarbeitern des Bereichs, der Organisation und der Datenverarbeitung und werden von der DMS-Projektleitung gelenkt. Archiv, Datenschutz oder Personalrat werden eingebunden. Wichtig ist, dass unter den Mitarbeitern der betroffenen Bereiche sowohl Führungskräfte als auch Sachbearbeiter vertreten sind.

Schrittweise Umstellung

Der Projektablauf ist standardisiert. Jedes Teilprojekt befasst sich mit circa 40 Projektbausteinen, bevor der Organisationsbereich mit der E-Akte arbeitet. Gegen Projektende werden die Betroffenen hausintern geschult. Zudem verlassen die Papierakten die Verwaltung. Sie werden von einem Dienstleister nach jeweiliger formeller Auftragsvergabe gescannt. Die gescannten Dokumente landen in E-Akten, die Papierdokumente werden datenschutzgerecht vom Dienstleister vernichtet. Papier, das einmal das Haus verlassen hat, kommt nicht wieder.
Die erste wirkliche DMS-Umstellung erfolgte in der Wittener Wohngeldstelle. Das Amt für Datenverarbeitung, die Wohnberechtigung, das Rechtsamt, das Sozialamt, die Ausländerabteilung, das Rechnungsprüfungsamt und einige andere Bereiche folgten. Ein Mitglied des Verwaltungsvorstands arbeitet seit Jahren mit dem Programm, alle anderen steigen noch in diesem Jahr um. Aktuell verabschiedet sich das Organisations- und Personalamt von den Papierakten. Mit jeder Umstellung rückt das Dokumenten-Management-System mehr in das Bewusstsein der Mitarbeiter. Vorteile der E-Akte und der E-Zusammenarbeit werden zunehmend erkannt. Arbeiteten zu Beginn nur wenige mit der Randerscheinung E-Akte, ist DMS heute Standard im Haus. Die DMS-Nachfrage ist sogar deutlich größer, als die Möglichkeiten der Einführung.
Witten hat sich auch deshalb für ein Dokumenten-Management-System entschieden, um die bislang in Papierakten befindlichen Daten an zentraler Stelle im Haus zu lagern. Als Orientierungskriterium lassen sich der KGSt-Aktenplan, andere Aktenpläne oder der jeweilige Produktplan anwenden. Letzterer wird in Witten nur noch einmal pro Jahr, nämlich hinsichtlich der Aufbewahrungszeiten, betrachtet. Ansonsten übernimmt das DMS problemlos die Ordnungsfunktion und bietet gleichzeitig erheblich mehr Komfort sowohl bei den Fall- als auch bei den Sachakten.

Gewappnet für aktuelle Herausforderungen

Witten möchte das Wissen der Mitarbeiter bewahren, obwohl in den kommenden acht Jahren 30 Prozent die Altersgrenze erreichen. Und bei einer Haushaltssicherungsgemeinde gehören Ausbildung und Neueinstellungen überwiegend zum Fremdwortrepertoire. Bislang war das Wissen in Papierakten, Ablagekörben, zahlreichen Laufwerken, im E-Mail-Programm und in den Köpfen der Mitarbeiter gespeichert. Dieses Wissen soll, so weit möglich, zusammengeführt und für alle auffindbar genutzt werden. Mitarbeiter sollen nicht mehr zu ihren Akten wandern müssen, sondern diese an zentraler Stelle im Hause zur Verfügung haben. Dank des Dokumenten-Management-Systems ist außerdem das Suchen von Unterlagen keine Herausforderung mehr. Ohne großen Aufwand können Mitarbeiter finden, was ihre Kollegen abgelegt haben. Darüber hinaus sind andere Arbeitsformen, etwa die Telearbeit, ebenso möglich, wie neue organisatorische Entscheidungen.
In Witten zeigt sich jetzt, dass es zielführend war, sich frühzeitig mit dem Thema DMS zu beschäftigen. Denn das hat die Stadt in die Lage versetzt, den Herausforderungen des heutigen Umfelds gerecht zu werden.

Volker Staupe ist Projektleiter DMS der Stadt Witten.




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