Freitag, 15. November 2024

Smart SchoolVon Vorreitern lernen

[21.05.2021] Deutschland hinkt bei der Digitalisierung der Schulen deutlich hinterher. Ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie gelingt es immer noch nicht, flächendeckend Homeschooling anzubieten. Smart Schools zeigen, wie digitaler Fernunterricht gelingen kann.
Auch eine leistungsfähige und zuverlässige digitale Infrastruktur ist ausschlaggebend für ein zukunftsfähiges Bildungssystem.

Auch eine leistungsfähige und zuverlässige digitale Infrastruktur ist ausschlaggebend für ein zukunftsfähiges Bildungssystem.

(Bildquelle: Yuliya Baranych / 123rf.com)

In der Corona-Pandemie hat sich das deutsche Bildungssystem als wenig resilient erwiesen. Flächendeckend alle Schülerinnen und Schüler per Homeschooling zu unterrichten, gelingt nicht. Oft fehlt dafür die technische Ausstattung, ebenso mangelt es an Konzepten für den digitalen Fernunterricht und an Digitalkompetenz bei den Lehrkräften.
Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom fällt das allgemeine Krisen-Management der deutschen Bildungspolitik denn auch krachend durch: 30 Prozent der befragten Bürger vergeben dafür die Schulnote 5 (mangelhaft), 29 Prozent die Note 6 (ungenügend). Insgesamt ergab sich eine Durchschnittsnote von 4,5 – Versetzung stark gefährdet. Noch strenger in ihrem Urteil sind die Eltern schulpflichtiger Kinder: Hier ist die Durchschnittsnote eine glatte 5,0. Auch die allgemeine Fähigkeit der Schulen, in Pandemie-Zeiten digitalen Fernunterricht anzubieten, fällt überwiegend durch. Unter den Eltern benoten hier 40 Prozent mit 5 und ein Viertel mit 6.

Erfahrungen und Enttäuschung

Die schlechten Noten spiegeln die persönlichen Erfahrungen der Menschen und ihre Enttäuschung wider. Auch ohne Corona-Pandemie hätten sich früher oder später die jahre­langen Versäumnisse bei der Digitalisierung der Schulen gerächt. Für ein zukunftsfähiges Bildungssys­tem kommt es jetzt vor allem auf drei Elemente an: eine leistungsfähige und zuverlässige digitale Infrastruktur, die Weiterqualifizierung der Lehrkräfte und nicht zuletzt pädagogische Konzepte, um digitale Technologien gewinnbringend in den Unterricht einzubinden.
Viele Schulen fühlen sich jedoch überfordert mit der Frage, wie sie den digitalen Wandel konkret angehen können. Die notwendigen finanziellen Mittel für die IT-Infrastruktur sind inzwischen zwar vorhanden, allerdings oft nur mit großem bürokratischem Aufwand abrufbar. Und während über Schul-Clouds und flächendeckendes WLAN gesprochen wird, scheitert dies vielerorts schon an einer zuverlässigen Infrastruktur und Breitband-Versorgung. Nicht zuletzt fehlt es an Weiterbildungsangeboten für die Lehrkräfte sowie passenden Unterrichtskonzepten für einen sinnvollen Einsatz digitaler Medien.

Auf Unterstützung angewiesen

Während die Verantwortung für die Aus- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer in der Zuständigkeit der Länder liegt, sind die Kommunen für Gebäude und Ausstattung der Schulen verantwortlich. Bei der digitalen Inhouse-Infrastruktur sind die Schulen auf Unterstützung angewiesen, hier ist vor allem der Schulträger in der Pflicht. Ein häufig angeführtes Argument lautet, dass die Sanierung von Schul­gebäuden deutlich wichtiger sei und verfügbare Mittel primär an dieser Stelle investiert werden müssten. Natürlich ist die Instandhaltung von Dächern und Schultoiletten wichtig – das darf jedoch nicht zu Ungunsten der digitalen Infrastruktur gehen. Angesichts dieser ­Herausforderungen ist der mittlerweile auf insgesamt 6,5 Milliarden Euro aufgestockte DigitalPakt Schule ein Meilenstein, um die Kommunen bei deren Bewältigung zu unterstützen. Er kann jedoch erst der Anfang der Bemühungen sein.

Als Gemeinschaftsaufgabe verstehen

Best-Practice-Beispiele aus digitalen Vorreiterschulen zeigen, wie der digitale Wandel in Gang gesetzt werden kann und was es zu beachten gibt. Digitalisierung ist dabei als Gemeinschaftsaufgabe zu verstehen, die nicht mit dem Engagement einzelner Fachlehrer oder IT-Beauftragter stehen und fallen darf. Wie der Weg zu einer Smart School erfolgreich gestaltet werden kann, zeigt unter anderem das Erich Gutenberg Berufskolleg (EGB). Die Berufsschule in Köln war deutschlandweit eine der ersten Schulen, welche die Idee eines digital gestützten synchronen Lernens auf Distanz konzeptionell entwickelt hat und ab 2016 umzusetzen begann – ohne damals das Szenario einer weltweiten Pandemie vor Augen zu haben. Die Einrichtung verfolgt seit vielen Jahren ein eigenes Smart-School-Konzept, in dem auch der Distanzunterricht – beim EGB heißt dies school@home – Berücksichtigung findet.

Synchroner Distanzunterricht

Technisch umgesetzt wurde das Programm bereits ab dem Jahr 2013 zunächst mittels Skype und der Lernplattform Office 365, heute arbeiten alle Berufsschulklassen und Vollzeit-Bildungsgänge mit der Lösung Microsoft Teams. Auf Basis dieser Technologie realisiert das EGB zu Corona-Zeiten einen Distanzunterricht, der sich zu fast 100 Prozent dem normalen Stundenplan annähert. Alle Dokumente werden digital gespeichert. Die Kommunikation und Koordination des Schulalltags erfolgen über Video, Audio, E-Mail oder Chat. Teams-Sitzungen – geplant über den digitalen Kalender – ermöglichen einen synchronen Distanzunterricht mit Einzel- oder Gruppenarbeit und der gemeinsamen Besprechung von Lernergebnissen im Plenum. Unterrichtssequenzen können aufgezeichnet werden und stehen so als Lernmaterial, als Lernsicherung oder als Informationsmaterial für fehlende Schüler zur Verfügung. Die Resonanz der Schüler auf diese alternative Unterrichtsform ist durchweg positiv – in Evaluationen sprechen die Schüler sogar von einem effektiveren Unterricht als vor Ort.

Zentrale Infrastruktur

Die Bedeutung einer Lernplattform für Schulen wird gerade in der jetzigen Situation sehr deutlich vor Augen geführt. Schuleigene ­E-Mail-Adressen ermöglichen dann auch die Kommunikation zwischen Schülern und/oder Lehrern ohne externe Dienste wie WhatsApp oder andere Messenger-Dienste. Auch nach der Corona-Pandemie wird sich das Lernen nicht mehr nur auf die Schule beschränken, sondern an vielen weiteren Orten wie dem eigenen Zuhause oder dem Ausbildungsunternehmen stattfinden. Lernplattformen als zentrale Infrastruktur einer Schule sind deshalb das Lernkonzept der Zukunft – learning with any device, anytime, anywhere.
Für diesen Ansatz hat der Bitkom das Erich Gutenberg Berufskolleg als Smart School ausgezeichnet. Mit dem Titel würdigt der Verband jährlich Schulen für herausragende Digitalisierungskonzepte. Sie sollen weitere Einrichtungen für den Weg ins digitale Zeitalter inspirieren. Um einen gegenseitigen Lernprozess zu unterstützen, gilt es, den Best-Practice-Austausch im Bildungssektor zu fördern. Mit dem mittlerweile auf 81 Standorte angewachsenen Netzwerk Smart School möchte der Bitkom dazu einen Beitrag leisten.

Daniel Breitinger ist Referent Bildungspolitik beim Digitalverband Bitkom.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Schul-IT
Schüler mit Laptop und Tablet im Klassenzimmer hören Lehrer zu

Baden-Württemberg: KI-Zentrum Schule gegründet

[23.10.2024] Das neue KI-Zentrum Schule des Landes Baden-Württemberg soll Schulen dabei unterstützen, Künstliche Intelligenz lernförderlich nutzbar zu machen. Angesiedelt ist es im Heilbronner Innovationspark Künstliche Intelligenz. mehr...

v.l.: Pforzheims Bürgermeister Frank Fillbrunn; Vera Wasserbäch, Projektleiterin des DigitalPakt Schule im ABS; Martin Hoffmann, Schulleiter der Fritz-Erler-Schule Pforzheim.

Pforzheim: DigitalPakt Schule abgeschlossen

[02.10.2024] Die 36 Bildungseinrichtungen der Stadt Pforzheim verfügen jetzt über alle Möglichkeiten für einen modernen und digitalen Unterricht. Zum erfolgreichen Abschluss des Großprojekts „DigitalPakt Schule 2019 – 2024“ leistete insbesondere die reibungslose Zusammenarbeit von Schulen und Stadtverwaltung einen großen Beitrag. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Pilotprojekt zum Lernen mit KI

[02.10.2024] Im Rahmen eines Pilotprojekts wird in Nordrhein-Westfalen der Einsatz generativer KI in den Fächern Mathematik und Deutsch erprobt. Wissenschaftlich begleitet wird das Vorhaben namens KIMADU von der Universität Siegen. mehr...

Die Anbindung von Schulen an das Gigabitnetz ist eine wichtige Voraussetzung für digitales Lernen. Das Saarland ging diese Aufgabe zentralisiert an – mit Erfolg.

Saarland: Note Eins für Netzanbindung der Schulen

[10.09.2024] 98 Prozent aller saarländischen Schulen können jetzt auf Gigabitbandbreiten zugreifen. Damit nimmt das Land beim Gigabit-Internet an Schulen die Spitzenposition unter allen Bundesländern ein. Der Ausbau wurde nicht von einzelnen Kommunen, sondern zentral koordiniert. mehr...

Potsdam hat inzwischen 46 Schulen mit Breitbandanbindungen und digitaler Technik ausgestattet. Finanziert wurde dies aus Eigenmitteln sowie aus Mitteln des DigitalPakts.

Potsdam: Schuldigitalisierung kommt voran

[06.09.2024] In Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam wurden seit dem Jahr 2020 46 Schulen in öffentlicher Trägerschaft mit Breitbandanbindungen und digitaler Technik wie Smartboards und Beamern ausgestattet. Finanziert wurde dies aus Eigenmitteln der Stadt sowie aus Mitteln des Digitalpakts Schule. mehr...

Steven Pollok
interview

Digitalgestützte Bildung: Gesamtpaket für neues Lernen

[05.09.2024] Samsung will den digitalen Entwicklungsprozess der Schulen mit ganzheitlichen Konzepten begleiten. Dazu gehören nicht nur innovative und dennoch nutzerfreundliche Produkte, sondern auch Hilfestellungen rund um die Handhabung, wie Steven Pollok, Director Display Division bei Samsung Electronics, erklärt. mehr...

An nordrhein-westfälischen Schulen soll der Einsatz von VR-Technologie im Unterricht erprobt werden.

Nordrhein-Westfalen: Virtual Reality im Klassenzimmer

[03.09.2024] Das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen stellt rund 3.000 VR-Brillen zur Erprobung neuer innovativer Technologien im Unterricht bereit. Das Pilotprojekt nimmt gezielt auch die Lehrkräfteausbildung in den Blick. mehr...

Klassenräume mit digitalen Präsentationsflächen auszustatten gehört zum Digitalisierungskonzept für Schulen in Braunschweig.

Braunschweig: DigitalPakt-Mittel ausgeschöpft

[23.08.2024] Der DigitalPakt Schule erlaubte der Stadt Braunschweig Fortschritte bei der Ausstattung ihrer Schulen. Nahezu alle Schulen verfügen inzwischen über einen Glasfaseranschluss, viele ebenfalls über digitale Präsentationsflächen. Für die Betreuung und Instandhaltung fordert die Stadt weitere Mittel von Bund und Land. mehr...

Ki hält in den Schulen von zwölf Bundesländern Einzug. Eine Umfrage des eco zeigt indes große Skepsis in der Bevölkerung.

eco-Umfrage: Skepsis gegenüber KI an Schulen

[13.08.2024] Künstliche Intelligenz hält Einzug in deutschen Schulen: Zwölf Bundesländer bieten nach den Ferien KI-Lösungen an. Eine Umfrage des eco zeigt allerdings, dass gut 60 Prozent einen KI-Einsatz als Unterstützung für Schülerinnen und Schüler negativ bewerten. mehr...

ITK Rheinland: Digitalisierung von Schulen

[12.08.2024] Die ITK Rheinland hat jetzt alle Schulen in Neuss und Meerbusch mit iPads ausgestattet. Die neuen Lernmittel und stabilere Internetverbindungen haben einen positiven Effekt auf den Unterricht. mehr...

Von Schulen angeschaffte IT-Geräte müssen gewartet und mitunter ersetzt werden – auch dafür wird der Digitalpakt 2.0 dringend gebraucht.

Deutscher Städtetag: Schnell Klarheit für den Digitalpakt 2.0

[01.08.2024] Viele Schulen warten dringend auf eine Fortsetzung des Digitalpakts, der im Mai auslief. Ob dafür im nächsten Bundeshaushalt Geld eingeplant ist, bleibt unklar. Der Deutsche Städtetag fordert das Bundesbildungsministerium auf, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen. Blieben die Mittel aus, drohe Schulen ein Rückfall in die digitale Steinzeit. mehr...

Karlsruhe: Zukunftsfähiger IT-Support an Schulen

[23.07.2024] Die Stadt Karlsruhe will eine zukunftsfähige Strategie für den IT-Support an ihren Schulen finden. Ein IT-Beratungsunternehmen wurde beauftragt, um festzustellen, ob sich langfristig das Outsourcing an eine externe Firma oder eher eine stadtinterne Lösung eignet. Der Schulbeirat entschied sich nun für letzteres. mehr...

Alle Lehrkräfte im Landesdienst Brandenburgs sollen mobile Endgeräte erhalten.

Brandenburg: Mobilgeräte für alle Lehrkräfte

[15.07.2024] Im Land Brandenburg wird Schule noch digitaler: Alle Lehrkräfte sollen mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden. Dazu wendet das Land verbleibende Mittel aus dem DigitalPakt, aber auch Landesmittel auf. Finanziert wird nicht nur die Beschaffung, sondern im Bedarfsfall auch die datenschutzkonforme Administration der Geräte. mehr...

Die digitale Ausstattung der Schulen zu finanzieren bleibt für Länder und Kommunen ein Kraftakt

Bundesrat: Länder erhöhen Druck beim DigitalPakt 2.0

[10.07.2024] Mit dem DigitalPakt Schule hat der Bund Länder und Kommunen bei Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur unterstützt – bis Mai dieses Jahres. Nun verhandeln Bund und Länder über die Anschlussfinanzierung. Im Bundesrat sprachen sich die Länder für eine verlässliche Fortführung bis 2030 aus. mehr...

Kreis Darmstadt-Dieburg: Bug-los glücklich

[05.07.2024] An seinen 81 Schulen will der Kreis Darmstadt-Dieburg einen zum jeweiligen Unterrichtsstil passenden IT-Einsatz ermöglichen. Er bietet deshalb Schulungen für die Lehrkräfte an, stellt IT-Fachkräfte für die Technik zur Verfügung und setzt eine cloudbasierte zuverlässige Software ein. mehr...