MünsterVorreiter beim nPA
Die bundesweite Fachdiskussion, bei welchen Dienstleistungen die elektronische Identität (eID) das persönliche Erscheinen oder Unterschreiben ersetzen kann, dauert an. Viele Befürworter des neuen Personalausweises haben große Erwartungen an das geplante E-Government-Gesetz des Bundes: Soll es doch den Handlungsspielraum der Behörden ausbauen und der eID-Funktion des neuen Personalausweises weitere Nutzungsmöglichkeiten erschließen. Auch wenn die mit dem Gesetzentwurf verbundene Euphorie durch die Korrekturwünsche des Bundesrates zunächst einmal einen Dämpfer erhalten hat: Der Gesetzentwurf steht für die berechtigte Hoffnung, das E-Government mithilfe der Online-Möglichkeiten des neuen Personalausweises entscheidend voranzubringen.
Gemäß dem Henne-Ei-Prinzip wirkte sich die zunächst geringe Anzahl an eID-Anwendungen negativ auf die Bereitschaft der Bürger aus, die elektronische Identitätsfunktion freischalten zu lassen. Die mangelnde Akzeptanz der Bürgerschaft wiederum verringerte das Interesse der Anbieter, entsprechende Anwendungen zur Verfügung zu stellen. Hinzu kommt, dass ein Lesegerät zum Auslesen der eID benötigt wird. Und auch die auf den ersten Blick einfach erscheinende Formalie, die Transport-PIN in eine selbst zu wählende persönliche PIN umzuwandeln, stellt für viele eine Hemmschwelle dar. Und da die Bürger im Durchschnitt nur alle 18 Monate Kontakt zu ihrer Kommunalverwaltung haben, brauchen die Kommunen dringend weitere eID-Mitstreiter. Gefragt sind hierbei nicht zuletzt staatliche Behörden und die Wirtschaft.
Mehrfach verwendbare Bausteine
Die Stadtverwaltung Münster hat schon frühzeitig beschlossen, die Möglichkeiten der eID-Funktion für ihre E-Government-Vorhaben zu nutzen. Als Folge können die Bürger der Vorreiterstadt heute bereits eine ganze Reihe kommunaler Dienstleistungen, die bislang ein persönliches Erscheinen oder eine Unterschrift per Hand erforderten, online beantragen. Von Anfang an verfolgte die Stadt Münster den Ansatz, ein möglichst breites Angebot zu machen. Dem hohen Aufwand für die Bereitstellung einzelner Dienstleistungen begegnete sie mit mehrfach verwendbaren Bausteinen. Das war anfangs zwar etwas aufwändiger, zahlt sich aber mit jeder neu hinzukommenden Anwendung aus. So können auch für Antragsprozesse mit überschaubaren Fallzahlen sinnvolle eID-Anwendungen zur Verfügung gestellt werden, was wiederum eine wesentliche Voraussetzung für ein flächendeckendes Angebot ist.
Die Technologieplattform steht auch den Kommunen zur Verfügung, die seit Jahren mit der Stadt Münster über eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung verbunden sind. Da lag die Idee nahe, die Lizenzkosten für die eID-Zertifikate ebenfalls auf mehrere Schultern zu verteilen. Hierzu waren einige Fragen zu klären, die schließlich zu einer klarstellenden Mitteilung der Vergabestelle für Berechtigungszertifikate beim Bundesverwaltungsamt führten: So können die Mitglieder der Kooperation jetzt auch solche Dienste auf Basis eines gemeinsam genutzten eID-Zertifikats anbieten, die im kommunalen Bereich zu den „Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ zählen. In diese Kategorie fällt beispielsweise die Beantragung eines Führungszeugnisses.
Auf der CeBIT 2011 – also weniger als sechs Monate nach Einführung des neuen Personalausweises – konnte der städtische IT-Dienstleister citeq bereits die ersten funktionierenden Online-Anwendungen für den neuen Personalausweis präsentieren. Bei den Lesegeräten kam der Stadt das Glück des Tüchtigen zu Hilfe: Im Rahmen eines Förderprogramms des Bundesinnenministeriums erhielt sie circa 65.000 Lesegeräte, die sie kostenlos an die Bürger verteilen konnte.
Universität als Standortvorteil
Da Münster eine große Universität hat, ist der Anteil junger Menschen in der westfälischen Stadt relativ hoch. Diese Bevölkerungsgruppe ist neuen Medien gegenüber eher positiv eingestellt und muss alle sechs Jahre einen neuen Personalausweis beantragen – Bürger über 24 müssen das nur alle zehn Jahre tun. Diesen Standortvorteil nutzen neben der Stadtverwaltung auch die Stadtwerke sowie die in Münster ansässige LVM-Versicherung, die ebenfalls Anwendungen für den neuen Personalausweis zur Verfügung stellt. Mit diesen drei Anbietern haben die Münsteraner das breiteste eID-Diensteangebot Deutschlands.
Um interkommunale Kooperationen zu fördern, engagiert sich Münster in einer von Oberbürgermeister Markus Lewe initiierten Initiative zur Zusammenarbeit der nordrhein-westfälischen Großstädte in zehn verschiedenen Aufgabengebieten. Die Leitung der Arbeitsgruppe zur Zusammenarbeit bei den Anwendungen rund um den neuen Personalausweis hat die Stadt Münster übernommen.
Ausblick
Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Online-Anträge mit Nutzung der eID-Funktion in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Diese positive Prognose basiert auf der Tatsache, dass in Deutschland bereits heute über fünf Millionen neue Personalausweise mit eingeschalteter eID-Funktion im Umlauf sind. Damit gewinnt die elektronische Identität zunehmend auch für die Wirtschaft an Attraktivität. Entsprechend dynamisch entwickeln sich die Zahlen der realisierten und geplanten eID-Verfahren. Allein durch das E-Government-Förderprojekt des Bundesinnenministeriums sollen zu den bundesweit aktuell 130 Anwendungen etwa 40 weitere hinzukommen. Münster steuert neben einem guten Dutzend bereits genutzter Anwendungen eine in der Entwicklung befindliche bei, mit der nach dem Motto „Aus zwei mach eins“ auch verschachtelte Beantragungen von Neben- und Zielantragsverfahren in einem einzigen Antrag erledigt werden können. Erstmals vorgestellt wird die Anwendung auf der CeBIT 2013 im Public Sector Parc auf dem Stand des Bundesinnenministeriums.
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