Mittwoch, 8. Januar 2025

Kreis ViersenVorreiter für BIM

[30.01.2019] Der Bereich Gebäudemanagement des Kreises Viersen setzt auf die Methode Building Information Modeling (BIM), um drei in Planung befindliche Bauprojekte nach den Prinzipien der zirkulären Wertschöpfung umzusetzen.
Neubau des Viersener Kreisarchivs: Pilot für den Einsatz von BIM.

Neubau des Viersener Kreisarchivs: Pilot für den Einsatz von BIM.

(Bildquelle: Kreis Viersen)

Bauvorhaben im öffentlichen Bereich gestalten sich zunehmend komplexer. Rasante technische Entwicklungen, wachsende Vorschriften und Regelwerke, Internationalisierung und gestiegene Ansprüche an die Nachhaltigkeit stellen an Fachplaner und Fachämter hohe Anforderungen.
Grund genug für den nordrhein-westfälischen Kreis Viersen, sich im Rahmen des geplanten Kreisarchiv-Neubaus intensiv mit einer innovativen, auf digitalen Werkzeugen basierenden Methode zu beschäftigen, die sowohl den Prozess der Planung und des Baus als auch des Gebäudebetriebs ganzheitlich unterstützt und optimiert. Mit der Einführung von Building Information Modeling, kurz: BIM, startet nun das erste Pilotprojekt, das sich durch mehr Transparenz bei der Kommunikation und Zusammenarbeit in den Projekten auch für andere Kommunen als Vorbild erweisen kann. Aktiv begleitet wird der Kreis Viersen dabei von namhaften externen BIM-Experten sowie der IRBau (Initiative für Ressourcenschonende Bauwirtschaft, Berlin).

Prinzip der zirkulären Wertschöpfung

Auf Initiative der Verwaltungsspitze erfolgen der Bau des Kreisarchivs sowie zu einem späteren Zeitpunkt des neuen Straßenverkehrsamts und einer Förderschule nach den Prinzipien der zirkulären Wertschöpfung. Will heißen: Es soll damit zum einen mehr Energie erzeugt als verbraucht werden. Zum anderen ist das Ziel, möglichst alle Baustoffe und Materialien – vom Beton über den Fußbodenbelag bis hin zu den Möbeln – nach ihrer Nutzung wiederverwenden zu können. Denn schwindende Ressourcen machen es unerlässlich, den Materialeinsatz im Bauwesen zu überdenken und rohstoffschonender zu gestalten.
Das setzt ein genaues, auch nach Jahren oder Jahrzehnten noch abrufbares Wissen über die verbauten Materialien, Massen, Einbauorte und Einbauzustände voraus. Sind die Konstruktionselemente vergossen, verschraubt, verleimt oder verblattet? Aus welchem Material besteht die Fassadendämmung? Welche Kunststoffe befinden sich in den Kabelkanälen? Und womit wurde der Teppichboden auf den Estrich geklebt? Mit den Antworten auf diese Fragen lassen sich Kreislaufpotenziale ermitteln und durch Weiterverwendung ein Stoff- beziehungsweise Mehrwert generieren, aber auch weitere Kostenbelastungen bei einer notwendigen Entsorgung berechnen.
Um die zirkuläre Wertschöpfung berücksichtigen zu können, ist der konsequente Einsatz von BIM Voraussetzung. Auf Grundlage eines digitalen Bauwerkmodells, dem BIM-Koordinationsmodell, werden sämtliche Prozesse im Verlauf eines Bauprojekts virtuell dargestellt und innerhalb einer Datenbank die zugehörigen grafischen, geografischen und alphanumerischen Parameter und Kennwerte zugeordnet.
Dafür liefern alle Baubeteiligten die Daten ihrer Leistungen und Produkte, die im Kommunikationsportal des BIM-Systems zusammengeführt werden. Ein offenes Modell ermöglicht den Zugriff aus unterschiedlichen Systemen und Programmen mit einer dem Bedarf entsprechend festgelegten Rollenverteilung. Gespeichert wird das BIM-Modell in einer zentralen Datenbank der Abteilung Gebäudemanagement des Kreises Viersen. Das Hosting der Daten übernimmt das Kommunale Rechenzentrum Niederrhein (KRZN).

Gebäude erhalten digitalen Zwilling

Für die übergangslose Verfügbarkeit der digitalen Daten durch die Phasen des Planens, Bauens und Betreibens erhält jedes reale Gebäude einen digitalen Zwilling mit den wichtigsten Angaben zu den verwendeten Materialien. Digital lässt sich damit sehr genau prüfen, auf welchem Stand die Gebäude sind und wo ein Eingriff ansteht – ein wichtiger Faktor für ein präzises Erhaltungsmanagement. So stehen auf Abfrage beispielsweise Informationen über den Zeitrahmen für den Austausch von Baustoffen und Bauteilen zur Verfügung. Auf der anderen Seite sind schnelle Reaktionen bei einer Warnung vor schädlichen Stoffen möglich. Auch hier wird ersichtlich, ob, wo und in welchen Mengen ein Stoff verbaut wurde. Ohne BIM ließe sich das nur schwer nachvollziehen, die Informationen wären nicht belastbar.
Die Bestandsdaten zu den Gebäuden liefert das BIM-System auf einem sehr hohen Niveau. Damit entfällt der bisherige Mehraufwand bei der Beschaffung und Pflege der Bestandsdaten im Facility Management. Die im Kreis Viersen eingesetzte Lösung Liegenschafts- und Gebäudemanagement von Axians Infoma soll zukünftig die Informationen aus den BIM-Modell-Daten erhalten, sodass beispielsweise im Zuge der Betreiberverantwortung die Daten sofort bereitstehen ohne mühselige Recherche in Ordnern und Archiven. In Zeiten schrumpfender Personalkapazitäten und steigender Anforderungen an eine betreiberverantwortliche Immobilienbewirtschaftung ist das ein großer Vorteil.

3D reicht nicht mehr aus

Eines steht fest: Im modernen Gebäude-Management ist ein digitaler Zugang zu den Gebäuden zwingend erforderlich. Die Darstellung dreidimensionaler Pläne reicht heute nicht mehr aus. Es muss ganz eindeutig sein, welches Material verwendet wurde und welche Risiken darin liegen. Ziel des Kreises Viersen ist es, mithilfe der BIM-Methode das Prinzip der zirkulären Wertschöpfung bei Neubauten und – nach den ersten Erfahrungen und der Entwicklung einer systematischen Vorgehensweise – in einer zweiten Stufe bei Sanierungen im Bestand anzuwenden. Auf diese Weise lässt sich auch in 40 Jahren bei einem Austausch der Fenster noch feststellen, dass das Holz der Rahmen keine Lösungsmittel enthält und ohne Probleme dem Stoffkreislauf zugeführt werden kann. Voraussetzung dafür ist einerseits ein Umdenken bei den Planungsprozessen; andererseits müssen sich alle Beteiligten auf eine digitale Kommunikationsebene einstellen und diese konsequent nutzen.
Welche Stoffe und Materialien sich in den Gebäuden befinden, ist aber auch für die Kämmereien eine wichtige Information. Denn die noch ungeklärte Frage lautet: Wie können nachhaltige Gebäude nach dem Neuen Kommunalen Finanz-Management (NKF) in Zukunft abgeschrieben werden? Gelten sie doch im Sinne der zirkulären Wertschöpfung als Rohstofflager, die nie vollständig abgeschrieben werden? Hierin liegt auch eine politische Herausforderung, Neuland zu betreten.

BIM ist eine Investition in die Zukunft

Für den Kreis Viersen bedeutet die Umsetzung von Building Information Modeling nicht nur die Gewissheit, dass sich nachhaltiges Bauen damit in der Praxis sinnvoll umsetzen lässt. Vielmehr ist es ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung. Transparentere Prozesse, neue Wege, um die Komplexität der Arbeit besser handhabbar zu machen und die mit jedem Projekt einhergehende Steigerung der Fachkompetenz sind dabei wichtige Faktoren. Zugleich ist BIM als Investition in die Zukunft zu sehen. Denn beim momentan bestehenden Fachkräftemangel sollten sich Mitarbeiter auf das Wesentliche konzentrieren können und nicht Gebäudedaten zusammentragen müssen. Eine Bewirtschaftung der Objekte wird daher in Zukunft ohne die Erfassung der Gebäudedaten im BIM kaum mehr rationell möglich sein.
Mit der Planung des Kreisarchivs nach den Prinzipien der zirkulären Wertschöpfung hat der Kreis Viersen die Vorreiterrolle bei der Umsetzung von Building Information Modeling in der öffentlichen Verwaltung übernommen – und trägt damit der Zukunft des Bauens Rechnung.

Bruno Wesch ist Leiter Gebäudemanagement im Kreis Viersen.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Fachverfahren
Eine Frau und zwei Männer, gekleidet unter anderem mit gelber Warnweste und Baustellenschutzhelm, stehen auf einer Baustelle und blicken auf einen Laptop bzw Papierunterlagen.
bericht

Gifhorn: Digitale Baugenehmigung

[20.12.2024] Bei der Stadt Gifhorn können Baugenehmigungen ab sofort online, rechtssicher und medienbruchfrei beantragt werden. Das Projekt hat die niedersächsische Kommune mit dem Unternehmen MACH ProForms umgesetzt. mehr...

AKDB: Erleichterte Anhörung von Ordnungswidrigkeiten

[20.12.2024] Ihren Onlinedienst zur Anhörung von Ordnungswidrigkeiten hat die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) auf eine neue technische Basis gestellt. Von der Modernisierung profitieren Bürger und Behörden gleichermaßen: Das Verfahren ist schneller, einfacher und nutzerfreundlicher. mehr...

Kreis Göttingen: Digitale Vergabe von Kitaplätzen

[19.12.2024] 
Als erste Kreisverwaltung setzt der Landkreis Göttingen die Lösung NOLIS | Kita-Platz für eine vollständig digitale Kitaplatzvergabe ein. Für weitere fünf Gemeinden im Kreisgebiet ist damit ab sofort eine Onlinevoranmeldung möglich. mehr...

Reihe von Autos, die in einer Straße parkt,, der Bildhintergrund ist unscharf.

Lemgo: Parkausweis per Klick

[18.12.2024] In Lemgo können Bewohnerparkausweise ab sofort vollständig digital beantragt werden. Ein schlanker, automatisierter Prozess spart den Gang zum Amt und erleichtert die Bearbeitung. Möglich wurde dies durch eine Lösung des Dienstleisters OWL-IT. mehr...

Braut mit Blumenstrauß bekommt den Hochzeitsring angesteckt

Rheinland-Pfalz: Einfacher heiraten

[13.12.2024] In Rheinland-Pfalz können Brautpaare die Anmeldung zur Eheschließung künftig ohne den Gang zum Amt über das Internet vornehmen. Das Land führt dazu den von der Hansestadt Bremen entwickelten Service „Ehe digital“ ein. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Workout macht fit für BIM

[12.12.2024] Um die Kommunen des Landes fit zu machen für das digitale Bauen und Planen, hat das nordrhein-westfälische Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung die Schulungsreihe „Kommunal.BIMsprint NRW“ aufgesetzt. mehr...

Hand mit Handy auf dem Potsdams Kitaportal läuft

Potsdam: Kitaportal gestartet

[11.12.2024] Über ein Kitaportal verfügt jetzt die Stadt Potsdam und verbessert damit ihren Service für Eltern und Personensorgeberechtigte. mehr...

Ein Kind spielt mit Bauklötzen auf dem Boden.
bericht

Kitalösungen: Freiräume geschaffen

[29.11.2024] Die Stadt Nürnberg arbeitet seit rund einem Jahr mit dem Fachverfahren adebisKITA. Über Schnittstellen zum Kitaportal und zur Software SAP HCM können insbesondere die Kita­leitungen entlastet werden; und das manuelle Erfassen von Daten ist obsolet geworden. mehr...

Illustration: Drei Personen sitzen auf Stühlen wartend vor einer mutmaßlichen Bürotür.

Schwerin: Wohnsitz online anmelden möglich

[29.11.2024] In Schwerin können Bürgerinnen und Bürger ihren Wohnsitz ab sofort digital anmelden. Mit der Elektronischen Wohnsitzanmeldung (eWA) entfällt der Behördengang. Der Service wurde nach dem EfA-Prinzip entwickelt und wird von immer mehr Kommunen nachgenutzt. mehr...

ITEBO: Virtuelles Bauamt rege genutzt

[28.11.2024] Mehr als 250.000 elektronische Baugenehmigungen sind in den vergangenen Jahren über das virtuelle Bauamt ITeBAU von Anbieter ITEBO abgewickelt worden. In diesem Jahr wurde die Integration der Standards XBau 2.3.1 und XTA2 für die Bauaufsichtsbehörden umgesetzt. mehr...

Kreis Saarlouis: Minister informiert sich über digitalen Bauantrag

[27.11.2024] Im Saarland ist der Digitale Bauantrag Anfang Juli in den Silent-Go-live-Betrieb gestartet. Nun hat sich Digitalminister Jürgen Barke im pilotierenden Landkreis Saarlouis über den Projektfortschritt informiert. mehr...

Gruppenfoto das (v.l.) Bürgermeister Tobias Handtke, Miriam Rathmann, Tim Beckmann, Stefan Pahmeier (per Videokonferenz auf einem Bildschirm zugeschaltet), Steffen Matthees, Jan Behrenbruch und Partho Banerjea zeigt.
bericht

Neu Wulmstorf: Kundenorientiertes Meldewesen

[22.11.2024] Um den Bürgerservice im Meldewesen kundenorientierter zu gestalten, setzt Neu Wulmstorf eine Software zur Terminverwaltung, -buchung und Besucherlenkung ein. Ein per Schnittstelle integriertes Selbsterfassungssystem für Passfoto und Unterschrift steht ebenfalls zur Verfügung. mehr...

Foto von Philipp Martin und Juliane Schmeling vom Fraunhofer FOKUS sowie Nadja Scholz und Marie-Theres Mayer bei der Präsentation von SoFinData.

Berlin: SoFinData im Probe-Echtbetrieb

[18.11.2024] Mit SoFinData steht in Berlin eine neuartige landesweite Planungs- und Steuerungsgrundlage für die Sozial- und Finanzplanung zur Verfügung. Die vorrangig auf Open-Source-Lösungen basierende Plattform ist seit November im Probe-Echtbetrieb. mehr...

Ein deutscher Reisepass, das deutsche Grundgesetzbuch und eine Deutschlandflagge liegen auf einer marmorierten Unterlage.

Essen: Einbürgerungsbehörde startet E-Verfahren

[14.11.2024] Die Einbürgerungsbehörde der Stadtverwaltung Essen stellt auf ein digitalisiertes Antragsverfahren um. Das Verfahren soll so von bislang 1,5 Jahren auf vier Monate verkürzt werden. mehr...

NRW: Die digitale Baugenehmigung startet

[13.11.2024] Die Stadt und der Kreis Borken sowie der Märkische Kreis haben jetzt gemeinsam mit dem Unternehmen Prosoz Herten den vollständig digitalen Baugenehmigungsprozess eingeführt. Das neue System soll den Weg für eine landesweite Digitalisierung im Bauwesen in Nordrhein-Westfalen ebnen. mehr...