Donnerstag, 5. Dezember 2024

Lörrach/TübingenVorteil Gutschriftverfahren

[21.07.2017] Dank eines Gutschriftverfahrens entfallen in Tübingen und Lörrach nicht nur die manuelle Erfassung und Kontierung der Abrechnungsdateien. Die Kommunen profitieren auch von schlankeren Prozessen, mehr Transparenz und einer zeitnahen Bezahlung ohne Skontoverlust.

Lörrach und Tübingen sind Pioniere bei der elektronischen Abwicklung öffentlicher Aufträge. Sie arbeiten mit medienbruchfreien Verfahren und greifen dafür auf die webbasierte Technologie von Anbieter TEK-Service zurück. Seit Anfang 2000 bestellen in den beiden baden-württembergischen Kommunen autorisierte Mitarbeiter im jeweils eigenen Einkaufssystem der Verwaltung. Ausgeschriebene Rahmenverträge decken die spezifischen Bedarfe der Rathäuser, Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Gärtnereien oder der Eigenbetriebe. Bestellungen werden von den autorisierten Mitarbeitern am Arbeitsplatz erfasst, kontiert und automatisch an den jeweils zuständigen Lieferanten weitergeleitet. Da auf elektronische Leistungsverzeichnisse zurückgegriffen werden kann, vereinfachten sich periodisch durchgeführte Ausschreibungsverfahren, womit sich über die Jahre die Verzahnung von digitalisiertem Einkauf und Vergabe etabliert hat. Die Einführung der elektronischen Abrechnung erschien in der Konsequenz nur folgerichtig. Dabei wurden die beiden Städte auf das Gutschriftverfahren von TEK aufmerksam, das sich bei anderen Kommunen bereits bewährt hat: TEK erstellt für die Kunden zum Monatsende das Abrechnungsdokument Gutschrift, das auf den durch die Besteller getätigten und zur Zahlung freigegebenen Beschaffungsvorgängen basiert. Die Daten sind vollständig kontiert, durch automatisierte Verfahrensabläufe geprüft und stehen damit sowohl für die Verwaltung als auch deren Lieferanten zur elektronischen Verarbeitung zur Verfügung. Digitalisierte, transparente und effiziente Verfahrensabläufe sowie eine zeitnahe Rechnungsbegleichung ohne Skontoverlust sind die Folge. „Die Gefahr von falschen Rechnungslegungen sowie hohe Aufwände in der Rechnungsverarbeitung sind folglich passé“, erklärt Monika Schmidt, Vorsitzende des TEK-Aufsichtsrats die Rollenverteilung bei der E-Abrechnung.

Wegbereiter Lörrach und Tübingen

Die 49.000-Einwohner-Stadt Lörrach beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. Eigene Untersuchungen deuteten im Jahr 2014 auf erhebliche verwaltungsinterne Aufwände der Rechnungsverarbeitung hin, weshalb sich die Verantwortlichen für die TEK-Lösung entschieden. Ein wesentliches Ziel war der durchgängig digitale Verfahrensablauf. „Ausschreibung beziehungsweise Vergabe, Einkauf und Abrechnung lassen sich nur dann wirklich transparent und effizient gestalten, wenn sie als Gesamtprozess verstanden werden“, sagt Annette Rebmann-Schmelzer, Fachbereichsleiterin Zentrale Dienste und Ratsarbeit bei der Stadt Lörrach. „Mit der Entscheidung für das Gutschriftverfahren haben wir die Lücke geschlossen.“ Nach rund zweieinhalb Jahren konnte das Verfahren innerhalb kurzer Zeit implementiert werden. In diesem Zeitraum erfolgte die Abstimmung über Formate und Schnittstellen zu SAP zwischen der Firma TEK, dem Fachbereich Finanzen der Stadt Lörrach und deren Rechenzentrum. Auch Sonderwünsche wie ein Barcode zur elektronischen Belegarchivierung wurden berücksichtigt. Anfang 2017 ging das Gutschriftverfahren in Lörrach schließlich an den Start. „Aktuell steuern wir rund 14.000 Artikel mit einem Jahresbeschaffungsvolumen von 250.000 Euro über das Einkaufssystem“, sagt Rebmann-Schmelzer.
In der rund 87.000 Einwohner zählenden Stadt Tübingen beschäftigen rund 30 Behörden etwa 2.500 Arbeitnehmer. Bei der Stadtverwaltung sind rund 1.600 Mitarbeiter angestellt, davon etwa 950 in der Kernverwaltung, 450 bei den Kindertageseinrichtungen und 180 bei den Kommunalen Servicebetrieben. Dazu kommen die in Tübingen tätigen Beamten und Selbstständigen. Da es sich bei den Bestellungen im Wesentlichen um Massenartikel handelt, liegt der Vorteil des Gutschriftverfahrens eindeutig in der Wirtschaftlichkeit und Prozessoptimierung, wie Günter Lehmann, Leiter der Fachabteilung Stadtkasse in Tübingen, deutlich macht: „Die zuverlässig auf Basis der Ausschreibung erstellten Abrechnungen ersparen allen Beteiligten Zeit und Kosten“, sagt Lehmann. „Aufgrund der transparenten Darstellung besteht kein weiterer Klärungsbedarf zwischen Lieferant und Besteller. Unsere Lieferanten müssen außerdem keine Rechnungen mehr erstellen und erhalten zeitnah und pünktlich ihr Geld.“ Durch den konsequenten Ausbau digitalisierter Abläufe kann laut dem Abteilungsleiter mit vergleichsweise wenig Personal ein großes Aufgabengebiet abgedeckt und der Arbeitsalltag in der Universitätsstadt erleichtert werden. „Müssen keine Papierstapel mehr abgearbeitet werden, entstehen wertvolle Freiräume für eine strategische Gestaltung in der Verwaltung“, merkt Lehmann an.

Arbeitserleichterung als größter Gewinn

Der größte Gewinn durch die TEK-Technologie ergab sich sowohl für Lörrach als auch für Tübingen aus den vereinfachten Prozessen und besseren Steuerungsmöglichkeiten. Annette Rebmann-Schmelzer erklärt: „Die Kosten für einen Bestellvorgang liegen, unabhängig davon, was ein Artikel kostet, laut aktuellen Untersuchungen bei 90 Euro, die einer Rechnungsbearbeitung bei 15 Euro. Berücksichtigt man, dass die Zahl der Rechnungen einer Stadt ungefähr der ihrer Einwohner entspricht, zeigt sich, dass es weniger um die Preise als vielmehr um die Arbeitserleichterung aufgrund der neugestalteten Prozesse geht.“ Rückblickend waren die beiden Projekte auch für TEK spannend, meint Aufsichtsratsvorsitzende Monika Schmidt. „Immerhin galt es, zwei Kunden, einen identischen Prozess, ein identisches Finanzsystem (SAP), zwei jeweils unterschiedliche Schnittstellen und Formate (XML und Text), zwei unterschiedliche Rechenzentren (KIRU und KIVBF) sowie zwei Lieferanten unter einen Hut zu bringen. Umso erfreulicher, wenn Effekte kundenseitig spürbar werden.“

Tobias Möldner ist freier Journalist in München.




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