Donnerstag, 5. Dezember 2024

Online-ServicesWirtschaft im Fokus?

[11.06.2012] Unternehmen greifen bislang noch selten auf elektronische Verwaltungsverfahren zurück. Damit sich dies ändert, braucht E-Government vor allem mehr Nutzerorientierung und professionelles Marketing.
Wirtschaft will verstärkt E-Government nutzen.

Wirtschaft will verstärkt E-Government nutzen.

(Bildquelle: MEV Verlag)

E-Government ist die Zukunft. Bislang kommt die Online-Kommunikation gerade zwischen Unternehmen und Staat aber noch nicht so recht in Fahrt. Darauf weisen nicht zuletzt die jährlichen Datensammlungen des Statistischen Bundesamtes hin, das untersucht, wie und wie intensiv Unternehmen E-Government-Angebote nutzen. Demnach kommunizieren in der Gruppe der Unternehmen mit Internet-Anschluss (82 Prozent aller Firmen) zwar immer mehr online mit der Verwaltung: 2011 waren es bereits 73 Prozent, im Vergleich zu 38 Prozent im Jahr 2005. Die Kommunikation findet aber vorrangig in der Form statt, dass Unternehmen Informationen abrufen (54 Prozent) sowie Formulare herunterladen und elektronisch zurücksenden (63 beziehungsweise 51 Prozent). Vollständig elektronisch abzuwickelnde Verwaltungsverfahren nutzen bislang nur 29 Prozent der Unternehmen.

Gründe für zögerliche E-Government-Nutzung

Bund, Länder und Kommunen investieren viel Geld in das Entwicklungsfeld E-Government. Unternehmen sind neben den Bürgern eine wichtige Zielgruppe für Online-Dienstleistungen des Staates. Warum begegnet die Wirtschaft diesen Angeboten also so zurückhaltend? Die Untersuchung des Statistischen Bundesamtes nennt Gründe hierfür. In Reihenfolge ihrer statistischen Bedeutung lauten diese:
• Elektronische Verfahren erfordern immer noch Briefwechsel oder persönliche Anwesenheit,
• Bedenken bezüglich Vertraulichkeit und Datenschutz,
• fehlendes Wissen über Verfügbarkeit elektronischer Daten,
• elektronische Verfahren sind zu kompliziert und zeitaufwändig.
Geht man davon aus, dass dies tatsächlich die wichtigsten Restriktionen sind, die der Nutzung von E-Government durch Unternehmen entgegenstehen, drängt sich die Frage auf, wie wirtschaftsfreundliche Angebote im Hinblick darauf aussehen müssten.

Medienbruchfreie Verfahren

Der erste und der letzte Punkt gehören inhaltlich zusammen: Medienbruchfreie und zugleich unkomplizierte Prozesse sind aus Sicht der Wirtschaft das A und O für erfolgreiches E-Government. Denn Unternehmer fragen sich vor allem, ob sie dadurch Zeit und Geld sparen und ob es für sie einfacher wird. E-Government birgt die Chance für beides und erfüllt die Anforderung auch bereits, indem es Nutzer unabhängig von Öffnungs- und Wartezeiten macht, insbesondere aber, weil mehr Transparenz und Einfachheit im Formularwesen geschaffen sowie Verwaltungsverfahren im Zuge der Einführung von E-Government-Lösungen analysiert und gestrafft werden. Die Elektronifizierung vorhandener Prozesse allein verspricht in der Regel allerdings noch keinen durchschlagenden Erfolg. E-Government und Prozessoptimierung müssen Hand in Hand gehen. Die Chancen für eine erleichterte Online-Authentifizierung, die sich aus dem vom Bundesinnenministerium vorbereiteten E-Government-Gesetz ergeben dürften, sollte die Verwaltung unbedingt nutzen, um mehr medienbruchfreie Verfahren anzubieten. Eine Umfrage der Handelskammer Hamburg unter Unternehmen in der Hansestadt hat gezeigt, dass sich die Mehrheit der bereits E-Government-erfahrenen Firmen der potenziellen Vorteile von E-Government bewusst ist und sich davon perspektivisch eine Bürokratiekostenersparnis verspricht. Zugleich aber haben die befragten Unternehmen die bestehenden E-Government-Angebote eher kritisch bewertet.
Wenn relativ viele Unternehmen im Hinblick auf E-Government Vertraulichkeits- und Datenschutzbedenken anmelden, überrascht dies nicht. In ihrer amtlichen Korrespondenz mit Behörden geben Firmen betriebswirtschaftliche und technische Interna preis – also Daten, die gerade im Verhältnis zu Wettbewerbern hochsensibel sein können. Allerdings sind Datenschutzerwägungen bei der E-Government-Entwicklung in der Realität selten unterrepräsentiert. Offensichtlich verdient also die Sorgfalt, mit der die Verwaltung hier in aller Regel agiert, mehr öffentliche Wahrnehmung.

Professionelles Marketing gefragt

Insgesamt besteht, wie einführend festgestellt, ein Trend hin zur Online-Kommunikation mit der Verwaltung. Die Umfrage der Handelskammer Hamburg ergab ein ähnliches Bild: Demnach stellt die Kommunikation via Web bereits heute die zweithäufigste Kontaktform zwischen Hamburger Unternehmen und Verwaltung dar. Mehr noch: Ein Großteil der Unternehmen wünscht sich, mehr Transaktionen online abwickeln zu können. Viel spricht dafür, dass dieser Wunsch mit wachsender Netzaffinität der Zielgruppe mehr und mehr zur Erwartung wird. Auf der anderen Seite kennt ein Fünftel der Befragten die bestehenden Online-Services gar nicht. Zu professionellen Angeboten gehört deshalb auch ein professionelles Marketing.

Wirtschaft einbeziehen

Aus Sicht der Wirtschaft muss E-Government medienbruchfrei ablaufen, einfach, transparent und sicher sein. Ausschlaggebend für die Nutzerzahlen wird neben einer effektiven Vermarktung in der Regel sein, ob die Fallbearbeitung per E-Government einen Zeitvorteil gegenüber der konventionellen Fallbearbeitung bringt. Das ist messbar und sollte bei der Entwicklung der Angebote systematisch erprobt werden. E-Government-Verantwortliche in der Verwaltung müssen die Bedürfnisse und Interessen der Nutzergruppe Unternehmen besser verstehen lernen und in den Fokus stellen, damit ihre Lösungen mehr Abnehmer finden. Das ebenfalls legitime Interesse der Verwaltung an der Elektronifizierung ihrer Prozesse und damit verbundenen Effizienzgewinnen ist dagegen abzuwägen. Wie in jedem Verkaufsprozess gilt jedoch: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Damit dies funktioniert, sollte die Einbindung der Wirtschaft in die Entwicklung neuer E-Government-Angebote Standard werden. Auch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess eines Angebots am Markt können Unternehmen als Input-Geber wesentlich unterstützen. Um den Abgleich mit der Zielgruppe praktisch zu erreichen, bieten sich Kooperationen mit Kammern und Verbänden an.

Christoph Herting ist Leiter der Abteilungen Mittelstandspolitik und Einheitlicher Ansprechpartner der Handelskammer Hamburg.




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