REPORTWissen und Web 2.0
Verwaltung ist Wissen – unter diesem Motto fand am 18. und 19. Mai 2010 der Kongress Neue Verwaltung in Leipzig statt. Das Motto zog: Der Veranstalter vermeldete in diesem Jahr einen Besucherrekord: Über 1.100 Teilnehmer hatten sich zum 11. E-Government-Kongress der dbb akademie angemeldet.
Zur Eröffnung des Kongresses wies Willi Russ, Vorsitzender der dbb akademie, auf den Zusammenhang von Wissenserwerb und Fortbildung hin: „Die öffentliche Verwaltung verfügt über Unmengen von Informationen. Diese zielgerichtet und mit Unterstützung modernster Technik nutzbar zu machen und Wissen daraus zu generieren, stellt eine große Herausforderung dar.“ Darüber hinaus werde die Informationstechnik die Anforderungen an das Personal weiter verändern. „Persönliche Qualifikationen wie Team-Geist, Kommunikationsfähigkeit, Kreativität und ein hohes Maß an Eigenverantwortung sind in modernen Arbeitswelten mehr denn je gefragt“, erklärte Russ und appellierte an die besondere Verantwortung der Führungskräfte für die Entwicklung und Fortbildung des Personals.
Transformierende Wirkung von Web 2.0
Christoph Lahmann, IT-Beauftragter des Landes Niedersachsen, betonte in seinem Eingangsvortrag „E-Government und Web 2.0“ die Notwendigkeit, eine geänderte Verwaltungskultur zu schaffen, um das vorhandene Wissenspotenzial effizient zu nutzen. Der niedersächsische Chief Information Officer (CIO) stellte fest, dass sich die Entwicklung von E-Government bisher an den vorhandenen Verwaltungsstrukturen orientiere. Es gebe zwar gute, anspruchsvolle Projekte, diese seien jedoch nicht revolutionär. In Zeiten des Web 2.0, also des Mitmach-Internet, könne der bisherige Ansatz nicht mehr aufrechterhalten werden. Lahmann konstatierte eine transformierende Wirkung von Web 2.0 auf die öffentliche Verwaltung. Dies sei bisher kaum erkannt und untersucht.
Soziale Netzwerke, Wikis, Podcasts oder Blogs führen laut Lahmann einen Wandel der öffentlichen Kultur herbei: „Am Horizont erscheint der Citizen 2.0, der als Digital Native in die Internet-Welt hineingeboren ist.“ Social Media habe großes Potenzial für die Bürgerbeteiligung insbesondere auf kommunaler Ebene. Denkbar sei der Aufbau einer IT-Architektur für Bürgerbeteiligung mit Tools für die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen. Schon heute gebe es in den Kommunen gute Beispiele für Online-Partizipation. In den E-Government-Strategien sei Web 2.0 jedoch noch nicht angekommen. Auch in seinem eigenen Bereich gebe es nur punktuell Projekte mit Web-2.0-Funktionalitäten, wie den niedersächsischen Bildungsserver oder das E-Learning-Portal der Polizei. Als kommunales Beispiel nannte Lahmann die Web-2.0-Offensive der Stadt Osnabrück, die über die Portale Facebook, YouTube, Twitter, flickr und MySpace multimedial kommuniziert.
Am Bedürfnis der Nutzer vorbei
Lahmann beklagte allerdings auch, dass die vorhandenen E-Government-Angebote zu wenig genutzt würden. Verwaltungsportale gingen häufig an den Bedürfnissen der Nutzer vorbei. Lahmann: „Eine Lebenslage lässt sich eben nicht nur verwaltungszentriert abbilden.“ Nötig seien „vermaschte Szenarien“, also die Integration von Daten und Informationen aus anderen Portalen: „Denkbar ist hier eine Ausgestaltungsform, bei der die Verwaltung Teilhaber an Informationen und Prozessen wird, die aus völlig anderen, populären Portalen oder Plattformen heraus initiiert werden.“ Es sei nun die Aufgabe der öffentlichen Hand Web-2.0-Lösungen schnell in die E-Government-Strategien zu integrieren und ein entsprechendes rechtliches und organisatorischen Rahmenwerk zu schaffen. Lahmann ist überzeugt: „Die Nutzung von Social Media führt zu einem umfassenden Wandel im Umgang der Menschen miteinander, Verwaltungen müssen dem Rechnung tragen.“
Web 2.0 contra Hierarchie
In der folgenden Podiumsdiskussion machte Lahmann darauf aufmerksam, dass die Instrumente des Web 2.0 dem Hierarchiedenken der öffentlichen Verwaltung entgegengesetzt seien. „Man kann doch nicht einen Wiki-Eintrag vom Vorgesetzten schlusszeichnen lassen“, sagte der Niedersachsen-CIO. Auch bei Projekten in Team-Arbeit entstehe das Hierarchieproblem. Mehr Verantwortung müsse nach unten delegiert werden und die Teilnahme an Projekt-Teams als positives Merkmal gelten. Problematisch sei das Laufbahnkonzept der öffentlichen Verwaltung und die Tatsache, dass Fach- und Führungslaufbahn nicht gleichrangig seien. Ein IT-Architekt beispielsweise passe als hochspezialisierter Mitarbeiter in kein Laufbahnkonzept.
Mobilisierung des Wissens
Helmut Krcmar, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität München, übernahm es, das Motto des dbb-Kongresses näher zu beleuchten. Er referierte über neue Wege des Wissensmanagements als Voraussetzung für die Bewältigung des Wandels. „Beim Wissensmanagement ist alles gesagt, aber nichts erreicht“, stellte Krcmar fest. Deshalb müsse immer wieder deutlich gemacht werden, weshalb sich die öffentliche Hand um Wissensmanagement bemühen sollte. Drei Faktoren bestimmten die Entwicklung: der demografische Wandel, Änderungen im Prozess-Management – Kundenorientierung erfordere ein Fall-Management in allen Lebenslagen – sowie der Aufbau von effizienten und interoperablen IT-Infrastrukturen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen plädierte Krcmar für eine Wissensmobilisierung. Das Wissen stecke in den Köpfen, die Informationen in den Akten, so Krcmar. Als Instrumente des Wissensmanagements stünden Fachdatenbanken, Portale, Wikis, Wissensgemeinschaften oder Social Tagging als besondere Form der Verschlagwortung von Internet-Inhalten zur Verfügung. Viele Einzelne könnten so ihr Wissen teilen. Wichtig sei nun, dass dieses Wissen zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sei. Gelinge dies, stünde der öffentlichen Verwaltung entscheidungsrelevantes Wissen fallbezogen zur Verfügung. Krcmar: „Diese Mobilisierung des Wissens ist Voraussetzung für die Verwaltungsmodernisierung.“
E-Government 2015
Die IT-gestützte Verwaltungsmodernisierung war Thema der zentralen Podiumsdiskussion am zweiten Kongresstag. Über „E-Government 2015 – Wie geht es weiter mit der nationalen E-Government-Strategie?“ diskutierten Martin Schallbruch, IT-Direktor im Bundesministerium des Innern, Horst Westerfeld, Staatssekretär und Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie, Martin Hube, Geschäftsfeldleiter Vorhaben- und Programm-Management beim CIO im niedersächsischen Innenministerium, sowie Peter Spohn, Vorsitzender des Lenkungsausschusses Public Sector beim Branchenverband BITKOM.
Nationale E-Government-Strategie erst Ende 2010
Während der Diskussion wurde deutlich, dass die für Sommer geplante nationale E-Government-Strategie erst Ende des Jahres vorliegen wird. IT-Direktor Martin Schallbruch sagte: „Wir haben ein Konzept erstellt und sind derzeit in der Beratung, um das Papier noch in diesem Jahr im IT-Planungsrat verabschieden zu können.“ Eine Arbeitsgruppe des neuen IT-Planungsrates soll in den nächsten sechs Monaten eine beschlussfähige Version der Strategie erstellen.
Horst Westerfeld, CIO des Landes Hessen, machte darauf aufmerksam, dass die Strategie eigentlich ausgearbeitet und auch schon mehrfach diskutiert sei. Die Leitlinien und Grundsätze lauteten: Orientierung am Anwendernutzen, mehr Bürgerservices, mehr Partizipation über Internet-Portale sowie die weitere Entwicklung des Projektes D115 zur Einführung des einheitlichen Behördenrufs. Für Martin Hube ist es allein schon ein Erfolg, wenn die Strategie vorliegt. Es gehe letztlich darum, die einzelnen E-Government-Vorhaben der Länder zu harmonisieren. Peter Spohn sagte, er erwarte von der nationalen E-Government-Strategie vor allem eine noch stärkere Nutzerorientierung. Er stelle sich vor, dass im Jahr 2020 ein Portal Deutschland-Online existiert, das Verwaltungsservices aller staatlicher Ebenen und Institutionen bündelt und Antworten auf alle möglichen Fragen der Bürger an einer Stelle geben kann.
Kein Portal Deutschland-Online?
Diese Vision teilten Martin Schallbruch und Horst Westerfeld nicht. Ein Portal für alle Anliegen wird es nicht geben, so der Hessen-CIO. Die Vielfalt der Dienstleistungen sei einfach zu groß. Auch der IT-Direktor des Bundes zweifelte: „Ich glaube nicht, dass wir im Jahr 2020 ein Portal haben werden, das alle Lebenslagen abbildet.“ Es sei aber das Ziel der nationalen E-Government-Strategie, einen einheitlichen Ansprechpartner in der Verwaltung für alle Anliegen zu schaffen und diesen auch multikanalfähig zu machen.
Eine Anregung von Peter Spohn sollten die Vertreter von Bund und Ländern jedoch aufgreifen. Beim IT-Planungsrat müssten die Kommunen besser beteiligt werden. „Wenigstens in der Optik sollten Städte, Gemeinden und Landkreise stärkere Berücksichtigung finden“, forderte Spohn.
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