Donnerstag, 5. Dezember 2024

Serie 115Wissensschätze pflegen

[04.04.2012] Für den Aufbau einer Wissensdatenbank und die Etablierung von Prozessen für die Pflege der Dokumente in einem Service-Center ist es entscheidend, eine Analyse der tatsächlichen Nutzung durchzuführen.

Dokumente sind das Herzstück eines Call Centers. Denn die Qualität der Beauskunftung steht und fällt mit der Qualität der Inhalte. Aus diesem Grund sind die Integration der richtigen Wissensquellen sowie die strukturierte Aufarbeitung und permanente Pflege der relevanten Dokumente erfolgskritisch.
Die Erfahrung zeigt: Das Festlegen von Redaktionsprozessen, Dokumentenstrukturen und -verantwortlichen muss rechtzeitig erfolgen, möglichst bereits während der Konzeptionsphase vor dem Aufbau eines Service-Centers. Es gilt, die Informationsversorgung der Call-Center-Mitarbeiter bestmöglich zu organisieren. Einer der inhaltlichen Dreh- und Angelpunkte beim Aufbau eines Service-Centers ist die Erstellung eines Leistungskatalogs. Sinnvoll ist es, mit einem schmalen Katalog zu starten. Dafür bietet sich das Leistungsspektrum von D115 an, welches Informationen zu den 100 häufigsten Anliegen enthält. Hierzu existiert bereits ein gut strukturierter Wissenspool, der sich im zweijährigen Pilotbetrieb des einheitlichen Behördenrufs bewährt hat. Allerdings gibt es bei diesen Themen oftmals Besonderheiten, die Informationen zum Verfahren, zu den mitzubringenden Unterlagen und Gebühren enthalten und von jeder Kommune als Leistungs­beschreibung hinzugefügt werden müssen. Zu einem auf die Anforderungen der Service-Center-Arbeit zugeschnittenen Wissenspool gehört ferner ein elektronisches Telefonbuch, das die Organisationsstruktur und Zuständigkeiten innerhalb der Behörde beschreibt sowie Kontakt- und Rauminformationen bietet. Handlungs- beziehungsweise Arbeitsanweisungen und sonstige Dokumente, wie Bedienungsanleitungen und Dokumentationen, ergänzen den kommunalen Wissens­pool. Darüber hinaus ermöglichen auch einige Landesportale den Zugriff auf relevante D115-Inhalte.

Orientierung an D115-Dokumenten

Bei der Dokumentenerstellung empfiehlt sich eine Orientierung am standardisierten Inhaltsmuster der D115-Dokumente. Homogene Leistungsberichte ermöglichen eine ebenenübergreifende Wissenssuche und eine gleichbleibende Auskunftsqualität. Für das Format gilt die Spezifikation XD115, die mit Erklärungen und Beispielen versehen unter www.115.de abgerufen werden kann. Erfolgskritisch für die Nutzbarkeit im D115-Service-Center sind neben dem standardisierten Aufbau vor allem die inhaltliche Qualität und Aktualität der Leistungsberichte. Diese sollten mit Blick auf die Arbeitssituation der Call-Center-Beschäftigten aufgebaut und gestaltet sein. Auch visuelle und stilistische Kriterien wie einheitlicher Aufbau, kurze Absätze und verständliche Sprache sind wichtig. Ebenso muss beispielsweise das Feld Gebühren immer befüllt sein, auch wenn keine Kosten anfallen. Hilfreich ist zudem eine integrierte themenspezifische FAQ-Liste.
Eine Möglichkeit, bestehende kommunale Web-Seiten für die Auskunft im Rahmen der einheitlichen Behördenrufnummer zu qualifizieren, ist das so genannte Micro Tagging. Durch die Auszeichnung mit bestimmten Steuerzeichen lassen sich bestehende Dokumente wiederverwenden. Über das D115-Mikroformat kann eine Software die relevanten Informationen so interpretieren, dass sie maschinenverarbeitbar und damit für die Beauskunftung durch Service-Center-Mitarbeiter geeignet sind. Als Datenaustauschformat innerhalb des D115-Wissenspools dient ferner XML. Für die am einheitlichen Behördenruf teilnehmenden Kommunen ist ein spezieller Editor verfügbar. Diese Java-Anwendung ermöglicht es, einzelne Leistungsberichte zu erstellen, zu bearbeiten und im XD115-Format als XML-Datei zu speichern.

Analyse der Nutzung entscheidend

Besondere Ereignisse wie die Umweltprämie oder drohende Krankheitserreger wie das EHEC-Virus führen zu einem erhöhten Informationsbedarf der Öffentlichkeit. Hier gilt es, schnellstmöglich geeignete Informationen für den D115-Wissenspool bereitzustellen. Eine Möglichkeit bieten Ad-hoc-Meldungen, die im Ausnahmefall auch ohne D115-Leistungsbericht Aussagen über die Informationslage sowie weiterführende Inhalte, zum Beispiel in einer Pressemitteilung, erlauben. Auch für diese Dokumente gelten entsprechende Strukturen und Formate. Systemseitig sollte ein integriertes Nachrichtenkonzept den Lebenszyklus von Informationen steuern und die Aufwände für die Versorgung, Selektion, Nutzung und Pflege von Neuigkeiten minimieren. Nicht nur die Inhalte und die Dokumentenformate sind entscheidend für das Funktionieren eines kommunalen Service-Centers. Der Wissenstransfer hin zum Bürger funktioniert nur, wenn die Pflege- und Nutzungsprozesse stimmen. Denn die Verantwortlichen müssen sicherstellen, dass neues Wissen ins System gelangt und alte, nicht mehr gültige Informationen herausgenommen werden. Viele Projekte scheitern in der Praxis daran, dass Wissensdatenbanken ohne die Analyse der tatsächlichen Nutzung konzipiert werden. Betrachtet man die Abläufe für die Erstellung und Aktualisierung von Lösungsdokumenten, stellt sich zum einen die Frage, ob es einen dokumentierten Pflegeprozess gibt, welche Rollen involviert sind und welche Schritte bis zum neuen/aktualisierten Dokument durchlaufen werden. Zum anderen ist zu klären, welche Kategorien und Formate zur Verfügung stehen und in welchen Abständen die Wiedervorlage der Dokumente erfolgt.
Wie der Pflegeprozess muss auch der Nutzungsprozess organisiert sein. So muss klar geregelt werden, in welchen Situationen die Nutzung der Wissensdatenbank Pflicht und in welchen der Zugriff freigestellt ist. Das Bestätigen oder Nicht-Bestätigen der Nachrichten und die Reaktionen auf Feedback sind ebenfalls zu definieren. Systemseitig kommt einem integrierten Berechtigungskonzept eine Schlüsselfunktion zu. Berechtigungen wie Lese-, Lehr- und Schreibrechte beziehungsweise deren Kombinationen müssen individuell, flexibel und rasch konfigurierbar sein.

Dr. Thomas Gerick ist Leiter Unternehmenskommunikation bei der USU AG, Möglingen.




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