Serie Smart CitiesWo das Datenherz schlägt
Urbane Datenplattformen stellen einen Teil der zentralen Infrastruktur für eine Smart City dar: Sie sind die Drehscheibe für statische und dynamische Daten aus verschiedenen Quellen in der Stadt. Hier laufen zum Beispiel Verkehrs- und Klimadaten, Echtzeitdaten verschiedener in der Stadt installierter Sensoren sowie unterschiedliche Daten aus der Verwaltung zusammen. Eine urbane Datenplattform bündelt diese Daten an einer zentralen Stelle, wo sie dann mit unterschiedlichen Datenkonsumenten geteilt werden können. Beispielsweise können kommunale Ressorts ihre Daten auf der urbanen Datenplattform ablegen, um der Stadtgesellschaft Zugriff auf sie zu ermöglichen.
Die Datenplattform erlaubt also den geregelten Zugriff auf zielgruppenspezifische Daten. Diese können auch visuell aufbereitet sein, beispielsweise indem sie mit begleitenden Infotexten angereichert werden. Darüber hinaus kann eine urbane Datenplattform die Grundlage für weitere Dienste bilden: Sie erlaubt Anbietern von Software-Lösungen und Dienstleistungen den Zugriff auf entsprechende Datensätze, damit sie Nutzen stiftende Angebote für die Stadtgesellschaft realisieren. Eine weitere Funktionalität ist die Möglichkeit zur Weiterverarbeitung von Daten. Damit lassen sich höherwertige Daten schaffen, die automatisiert aus unterschiedlichen Quellen erzeugt werden. So unterschiedlich wie die Datensätze sind auch die Anwendungsmöglichkeiten urbaner Datenplattformen: Über Parkplatzsensoren kann zum Beispiel übermittelt werden, welche Parkplätze belegt sind, um Parkplatzsuchende direkt zum nächsten freien Platz zu leiten. Droht etwa ein Hochwasser, können Bürgerinnen und Bürger frühzeitig gewarnt werden. Darüber hinaus sind urbane Datenplattformen die Grundlage für digitale Zwillinge, mit deren Hilfe komplexe Simulationen und Visualisierungen möglich werden.
Entwicklungsgemeinschaft Urbane Datenplattformen
Auch die meisten der 73 vom Bund geförderten Modellprojekte Smart Cities setzen urbane Datenplattformen ein, verfolgen jedoch unterschiedliche Ansätze zur Planung und Implementierung. Um sich über praktische Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Lösungen weiterzuentwickeln, hat sich aus den Modellprojekten Smart Cities heraus die Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft „Urbane Datenplattformen“ gegründet. Beim Kick-off im Herbst 2022 waren 61 Vertreterinnen und Vertreter aus 44 Modellprojekten dabei. Ziel der langfristig und strategisch angelegten Gruppe ist es, sich auf gemeinsame Konzeptionen, Datenmodelle und Schnittstellen zu verständigen. Am Ende soll eine Art Anleitung stehen, aus der Kommunen sich anhand verschiedener Bausteine ihre eigene urbane Datenplattform bereitstellen können. Die einzelnen Bausteine werden dabei als Open-Source-Angebote zur Verfügung gestellt. So können auch Kommunen, die nur über begrenzte eigene personelle und finanzielle Ressourcen verfügen, an Entwicklungen zu urbanen Datenplattformen partizipieren.
Derzeit steht die Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft noch ganz am Anfang: Zunächst gilt es, eine gemeinsame fachliche Grundlage zum technischen Konzept einer urbanen Datenplattform sowie zu der Projektdurchführung von Software-Projekten zu erzielen, um sie dann im nächsten Schritt mit praktischen Erfahrungen anzureichern. Da die Realisierung einer urbanen Datenplattform wesentliche Weichen für den kommunalen Umgang mit Daten setzt, adressiert die Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft auch grundlegende datenstrategische Fragen. Themenbezogene Arbeitsgruppen zu Data Governance, Architekturen für Datenplattformen oder zur Customer Journey bearbeiten intensiv bestimmte Aspekte einer urbanen Datenplattform. Dabei werden unter anderem Erfolg versprechende Ansätze gesammelt und nach Relevanz ausgewählt.
Südwest-Cluster teilt Erkenntnisse
Mehrere Modellprojekte Smart Cities im Südwesten Deutschlands arbeiten bereits ganz konkret zusammen und bauen gemeinsam eine intelligente urbane Datenplattform auf. Ziel der bundeslandübergreifenden Entwicklungspartnerschaft im so genannten Südwest-Cluster ist eine modular aufgebaute und skalierbare Plattform mit Schnittstellen zu weiteren Datenquellen. Das Projekt soll den Bürgerinnen und Bürgern neben Daten-Cockpits auch eigene Apps und zentrale Zugangsmöglichkeiten zu Fachverfahren verschaffen. Im Rahmen der jeweils erstellten Smart-City-Strategien der beteiligten Modellprojekte ist das Vorhaben fest verankert, im ersten Schritt sind die Landkreise Bitburg-Prüm, Kusel, Mayen-Koblenz, St. Wendel sowie die Region Linz am Rhein beteiligt. Die technische Grundlage auf Basis von Open Source Software sollen andere Kommunen, insbesondere Landkreise, später nachnutzen können. Dass ein Großteil der teilnehmenden Partner aus dem gleichen Bundesland stammt, bietet dabei die Chance, von vornherein Schnittstellen zu landesweiten Datenquellen zu fokussieren und standardmäßig zum Vorteil aller Kommunen einzubinden.
Ihre Erkenntnisse spielen die Arbeitsgruppen vierteljährlich in die Gesamtgruppe zurück. Das macht den Mehrwert der projektübergreifenden Zusammenarbeit besonders deutlich: Anstatt Fragen der Server-Infrastruktur oder juristische Feinheiten zur Offenlegung bestimmter Daten in jeder Kommune neu zu beantworten, führen die Ergebnisse der Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft dazu, dass Kommunen den Freiraum gewinnen, sich direkt dem Nutzen einer urbanen Datenplattform zu widmen. Allen anderen Kommunen in Deutschland werden die Erkenntnisse der Arbeitsgruppen von der Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities zur Verfügung gestellt.
Studienergebnisse kostenfrei einsehen
Im Rahmen der Begleitforschung des Förderprogramms Modellprojekte Smart Cities des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ist im Februar 2023 zudem die Studie „Urbane Datenplattformen – Von der Idee bis zur Umsetzung: Entscheidungshilfen für Kommunen“ erschienen. Sie soll Städte und Regionen in die Lage versetzen, zentrale Entscheidungen bei der Einführung einer Datenplattform unter lokalen Gegebenheiten zu treffen, und kann kostenfrei bestellt oder heruntergeladen werden.
Teil 2: Urbane Datenplattformen
Teil 3: Digitale Zwillinge
Teil 4: Smarte Regionen
Teil 5: Resilienz und Klimaanpassung
Teil 6: Raumwirkung der Digitalisierung
Teil eins der Serie Smart Cities
https://www.smart-city-dialog.de/modellprojekte
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe April 2023 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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