Kreis ViersenWorkflow für Rechnungen
Papier geht in der Verwaltung für gewöhnlich einen langen Weg: Seit Jahrzehnten landen die Rechnungen üblicherweise in Papierform auf den Schreibtischen der Sachbearbeiter. Dann werden sie gestempelt, mitunter kopiert, verteilt, bearbeitet, im Aktenschrank der Fachämter abgeheftet und in der Kreiskasse archiviert. Bevor der Kreis den Rechnungsbetrag auszahlt, kommt das Dokument vom Posteingang zur rechnerischen und sachlichen Überprüfung, die Mitarbeiter müssen die Daten für die Rechnungserstellung ermitteln und erfassen. Eine einseitige Rechnung in Papierform hat einen drei- bis vierfachen Papiereinsatz zur Folge, etwa weil Vordrucke zur Kassenanordnung ausgefüllt und Kopien für die Akten gemacht werden müssen.
Großes Einsparpotenzial
Bei einem Gesamtvolumen von etwa 30.000 Rechnungen im Jahr ergibt sich für die Kreisverwaltung Viersen vor diesem Hintergrund ein großes Einsparpotenzial. Mit der sukzessiven Einführung des digitalen Rechnungsworkflows wird die Bearbeitung von Rechnungen schneller und wesentlich nachhaltiger. Denn das Papier muss nicht mehr zwischen Arbeitsplätzen, Abteilungen oder ganzen Verwaltungsstandorten hin- und hertransportiert werden. Das wirkt sich positiv auf die Durchlaufzeiten aus. Der Kreis bearbeitet Rechnungen dann vollständig elektronisch und medienbruchfrei ohne jegliche Ausdrucke. Und es ist jederzeit für alle am Prozess Beteiligten nachvollziehbar, in welchem Bearbeitungszustand sich die Rechnung gerade befindet.
Als zentrale Technologiekomponenten der papierlosen Rechnungsbearbeitung setzt der Kreis Viersen FlexiCapture von ABBYY und die eGov-Suite von Fabasoft in Verbindung mit der SAP-Finanzbuchhaltung ein. Über ABBYY-FlexiCapture werden die wesentlichen Metadaten einer Rechnung durch die optische Zeichenerkennung automatisiert erfasst. Hierbei erfolgt ein Abgleich mit der in SAP hinterlegten Geschäftspartner-Datenbank einschließlich einer entsprechenden Vorauswahl durch das System. Darüber hinaus gewährleistet die integrierte Dublettenprüfung, dass Rechnungen von vornherein nicht doppelt bearbeitet oder mehrfach ausgezahlt werden.
Datenqualität im Workflow-Modul
Die Kämmerei wird bereits bei der Verifizierung der automatisiert ermittelten Angaben eingebunden, sodass die Datenqualität im Workflow-Modul von Fabasoft gesteigert wird. Dementsprechend werden die durch ABBYY erkannten Rechnungs- und Geschäftspartnerdaten von den Haushaltssachbearbeitern überprüft und – falls erforderlich – korrigiert oder nachgepflegt.
Für den Einsatz einer zentralen Scan-Stelle ist es unabdingbar, die ersten Erfahrungen mit der Erkennungssoftware zu sammeln. Die automatisierte Zusammenstellung von PDF-Dokumenten ist hierbei ein wesentlicher Vorteil. Insofern können Papierrechnungen mit Trennblättern zu einzelnen Dateien vorselektiert werden, um den Aufwand eines manuellen Eingriffs weiter zu reduzieren. Die sich anschließende Rechnungsbearbeitung unterliegt gerade im kommunalen Bereich diversen Vorschriften. Hierunter fallen das Vier-Augen-Prinzip und die Unterzeichnung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit ebenso wie die Erteilung der Anordnungsfreigabe in Abhängigkeit von den jeweiligen Befugnissen. Der auf Basis von Fabasoft programmierte Rechnungsworkflow bietet vor diesem Hintergrund detaillierte Konfigurationsmöglichkeiten, um auf spezifische Konstellationen in einzelnen Abteilungen reagieren zu können.
Unmittelbar im System ablegen
Darüber hinaus werden die Mitarbeiter der Kämmerei und Kreiskasse ihren Aufgaben entsprechend eingebunden. In diesem Kontext stehen beispielsweise Postkorb-Lösungen, Auswahllisten oder wertgrenzenbasierte Benutzergruppen als Konfigurationsalternativen zur Verfügung.
Der wesentliche Vorteil der Nutzung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) als Basis der Rechnungsworkflow-Lösung ist, dass die Verwaltung die digitalen Belege unmittelbar im System ablegen kann. So ist nicht nur die Rechnungsbearbeitung selbst revisionssicher und transparent, vielmehr können die Rechnungsdokumente, mit den jeweiligen Buchungsbelegen aus SAP versehen, direkt im DMS archiviert werden. Hierdurch wird Archivplatz gespart, und mittels Volltextsuche sind Belege viel schneller wieder auffindbar. Eine entsprechende Absprungmarke aus SAP garantiert, dass eine Suchmöglichkeit auch in die andere Richtung funktioniert – nämlich bei der Prüfung und Freigabe der Auszahlungen durch die Kreiskasse. Der digitalisierte Beleg ist somit auch direkt aus der Finanzbuchhaltung abrufbar. Insgesamt ist der Auszahlungsprozess für alle Beteiligten jederzeit transparent. Die Sachbearbeiter können somit Anfragen von Unternehmen beantworten, unabhängig davon, an welcher Stelle sie auftreten. Der digitale Rechnungsworkflow erlaubt zudem die Bearbeitung im Homeoffice, was eine nachhaltige Aufgabenerledigung zusätzlich fördert.
Von Anfang an dabei
Das Projekt wird zentral von der Abteilung „Organisations- und Personalentwicklung, E-Government“ koordiniert, welche die IT und die betroffenen Fachbereiche entsprechend einbindet. Die Zusammenarbeit mit den Beschäftigten aus den Fachämtern sowie aus den Bereichen Finanzen und IT bringt viele interessante Erkenntnisse und Aspekte für die tägliche Arbeit. Für die Verantwortlichen ist es deshalb wichtig, bei der Einführung einzelner Teilprojekte im DMS jeweils von Anfang an dabei zu sein.
Im Kern handelt es sich letztlich um ein Organisationsprojekt. Aus diesem Grund betrachtet die Kreisverwaltung im Zuge der sukzessiven Einführung des Rechnungsworkflows in jeder Organisationseinheit die Prozesse erneut. So müssen beispielsweise die Konfigurationen individuell erstellt und der Teilaktenplan zur Bearbeitung festgelegt werden. Insofern ist die Einführung des Rechnungsworkflows bei der Kreisverwaltung das übergreifende Pilotprojekt zur elektronischen Aktenbearbeitung.
Wie bei allen Digitalisierungsprojekten kommt es darauf an, die Mitarbeiter von den Vorteilen des Systems zu überzeugen. Dabei darf der Aufwand bei der Einführung nicht unterschätzt werden. Insbesondere zu Beginn bestehen jedoch auch umfassende Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten, sodass die Nutzerfreundlichkeit des Systems nach und nach optimiert werden kann.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März 2020 von Kommune21 im Schwerpunkt Finanzwesen erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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