Frankfurt am MainZentral beschaffen
Seit Mitte der 1990er-Jahre wurden IT-Equipment und IT-Dienstleistungen von den Fachämtern und Eigenbetrieben der Stadt Frankfurt am Main meistens eigenverantwortlich beschafft. Geschuldet ist das der dezentralen Ressourcenverantwortung. Lediglich Netzwerk-Komponenten, zentrale Rechenzentren-Server-Infrastruktur, Telefonie oder Basis-Software wurden zentral vom städtischen Amt für Informations- und Kommunikationstechnik eingekauft. Anders ausgedrückt: Rund drei Dutzend städtische Organisationseinheiten beschafften heterogene IT-Produkte und -Dienstleistungen für über 12.000 Anwender der Stadt – einschließlich der Schulverwaltung. Das ungefähre Gesamtvolumen belief sich im Jahr 2012 auf mehr als 26 Millionen Euro. Inzwischen ist die technologische Entwicklung fortgeschritten, was unter anderem zentralere Architekturansätze, höhere Automatisierungsgrade oder neue Prozessabläufe ermöglicht. Vor diesem Hintergrund hat das Dezernat für Reformprojekte, Bürgerservice und IT im vergangenen Jahr ein Konzept entwickelt, anhand dessen der städtische IT-Einkauf größtenteils neu aufgestellt wurde. Im Herbst 2014 wurde es vom Magistrat der Stadt Frankfurt am Main beschlossen. Das Konzept sieht eine ausgewogene Balance aus zentraler Beschaffung von Standardprodukten und dezentraler Beschaffung von Spezialprodukten vor. So sollen die wirtschaftlichen Gesichtspunkte, wie sinkende Sachkosten durch Systemstandards oder eine vereinheitlichte Systemumgebung, gestärkt werden. Insgesamt zwölf Kategorien zugeordnet, werden passgenaue Lieferungen und Leistungen für die Bedarfsstellen angestrebt. Zu den Kategorien zählen etwa Arbeitsplatzrechner, Peripheriegeräte oder Basis-Software. Die Bündelung von Standardbedarfen soll Mengenrabatte ermöglichen und der Support-Aufwand durch weniger eingesetzte IT-Produkte reduziert werden. Darüber hinaus soll mittelbar die Einkaufsorganisation gestrafft werden, unter anderem durch prozess- und kundenorientiert ausgerichtete Arbeitsabläufe, ein verbessertes Vertrags-, Lizenz- und perspektivisch Asset-Management oder weniger Redundanzen und Schnittstellen.
Vergabeplattform bündelt digital
In Frankfurt liegt das Hauptaugenmerk darauf, vorrangig bei den Sachkosten Einsparpotenziale zu erzielen. Die Verantwortlichen gehen dabei, basierend auf Vergleichswerten anderer Städte, von jährlich wenigstens 1,3 Millionen Euro aus. Die optimierten Geschäftsprozesse sollen nicht nur Arbeitsspitzen in den Fachämtern und Eigenbetrieben abfedern. Auch steigende Anforderungen an Beschaffungsprozesse, etwa aufgrund von Nachhaltigkeitskriterien oder des EU-Rechts, sollen sie auffangen. Die Frankfurter können beim ämterübergreifenden Prozessmodell ganz im Sinne von E-Procurement auf die vorhandenen und bewährten IT-Tools der Stadtkämmerei aufsetzen. Was noch fehlt, ist eine programmtechnisch unterstützte Bedarfserfassung und -planung, welche die Verantwortlichen anstreben. Der so genannte Vergabe-Manager dient dabei der digitalen Erfassung und Abwicklung städtischer Ausschreibungen. Alle Vergabearten, von der freihändigen Vergabe bis zum offenen (EU-weiten) Verfahren, sind dort abgebildet und lassen sich je nach Auftragswert auswählen. Über das Modul Vergabeplattform werden die Vergabedokumente veröffentlicht. Per webbasierender Lösung haben die Bewerber im Bieter-Cockpit die Möglichkeit, die Ausschreibungsunterlagen kostenlos herunterzuladen. Es ermöglicht außerdem, die Vergabeunterlagen digital und ohne Medienbrüche zu bearbeiten sowie Angebote elektronisch abzugeben. Dazu unterstützt das Bieter-Cockpit die Unternehmen bei der Zusammenstellung der Angebotsdaten. Sie können damit ein nach dem deutschen Signaturgesetz qualifiziertes signiertes und verschlüsseltes Angebot auf die Vergabeplattform der Stadt Frankfurt am Main übertragen. Möglich ist sowohl eine fortgeschrittene Signatur als auch das Mantelbogenverfahren für die Angebotsabgabe. Bei Letzterem muss ein der Vergabe zugeordneter Bogen ausgedruckt und unterschrieben auf dem Postweg übersandt werden, sofern der Bieter keine Signaturkarte besitzt. Bei der Einkaufsplattform handelt es sich um das elektronische Einkaufs- und Katalogsystem der Stadt Frankfurt am Main. Dort können aus Katalogen von Geschäftspartnern Artikel des Allgemeinbedarfs, etwa Büromaterial, Büromöbel, Hygieneartikel und bald auch IT-Produkte ausgewählt und über ein Warenkorbsystem bestellt werden. Die Kataloge sind das Produkt von Ausschreibungen (Rahmen-Vereinbarungen) sowie von allgemeinen Rabatt- und Liefervereinbarungen mit Lieferanten. Über die Nutzung der Kataloge, aber auch per Freitextbestellung bei weiteren Lieferanten werden innerhalb der Einkaufsplattform Bestellscheine erzeugt. Dabei übermittelt die Einkaufsplattform die notwendigen Bestellschein- und Buchungsdaten über eine Schnittstelle an das SAP-System. Der Bestellschein lässt sich dann manuell oder per E-Mail an den Lieferanten übersenden.
Zentral organisieren
Eine der größten Herausforderungen bei der nun laufenden Realisierung des Magistratsbeschlusses zur Einführung eines zentralen IT-Einkaufs war es, dezentrale Stellen oder Stellenanteile in eine neue zentrale Organisationseinheit zu verlagern. Hierzu haben alle Frankfurter Dezernate ihren Beitrag geleistet, um das für die Stadt insgesamt vorteilhafte Vorhaben zu fördern. Inzwischen sind die Stellenbesetzungsverfahren abgeschlossen, sodass das neue Sachgebiet im Amt für Informations- und Kommunikationstechnik bis zum Sommer vollzählig personell besetzt sein wird. Unvermeidliche Übergangszeiträume werden mit Zwischenlösungen überbrückt. In einem ersten Schritt profitieren die Fachämter und Eigenbetriebe bereits jetzt von einer Kooperationsvereinbarung mit ekom21, dem größten kommunalen IT-Dienstleister Hessens, in der Rechtsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts. So können verschiedene Hard- und Software-Komponenten aus dem Angebot von ekom21 ohne großen Aufwand direkt von der städtischen Einkaufsplattform zu attraktiven Konditionen ausgewählt, geordert und abgerechnet werden. Nach zentralen Vorarbeiten, wie der Definition von Beschaffungsstandards, Bedarfsermittlungen, Vergabe- und Vertragskonstellationen oder Green-IT-Anforderungen, werden stadtweite Rahmenverträge angestrebt. Darüber hinaus hat das Software-Lizenzwesen an Bedeutung gewonnen. Parallel dazu werden schon jetzt weitere, für die Stadt wichtige IT-Vorhaben vorangetrieben. Dazu zählen Ausschreibungen für zentrale Netzwerkkomponenten, die Modernisierung des städtischen Web-Auftritts durch einen Relaunch von frankfurt.de, die Ergänzung durch ein zentrales Wissensmanagement sowie ein Mitarbeiterportal oder die Umstellung der Telefonie auf Voice over IP (VoIP) – Projekte mit Kosten in zweistelliger Millionenhöhe. Im Ergebnis stellt die Stadt Frankfurt am Main damit wichtige Weichen, um für zentrale Herausforderungen auf dem E-Government- und IT-Sektor gewappnet zu sein.
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